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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Electrische Einwirkungen. Nachbilder.
Sehnerven rühren; ferner die bei sehr empfindlichen Zuständen auf-
tretenden, vor dem Auge hin und her fahrenden Funken, welche durch
die in den Capillarnetzen der a. centralis retinae verlaufenden Blutkör-
perchen veranlasst werden, und endlich wohl auch das sogenannte
Schattenfeld, welches in einem feinem Lichtstaub besteht, der beim
Schliessen der Augenlieder in selbst dunklen Räumen über die ganze
Ausbreitung der Retina beobachtet wird.

C. Elektrische Einwirkungen *). Abgesehen von den Feuer-
erscheinungen, durch welche die Electrizität erregend auf die Retina
wirkt, ist sie auch auf andere Art, nach Analogie ihrer Einwirkung
auf die übrigen Nerven zur Auslösung der Lichtempfindung geschickt.
-- Es scheint sowohl der an Intensität constante, als schwankende
Strom Lichtempfindung zu erregen, so jedoch, dass bei der Schwan-
kung des Stroms das Licht lebhafter wird. Nach Pfaff, Ritter und
Purkinje erkennt der Sehnerv auch die Strömungsrichtung der
Elektrizität, und zwar soll der im Nerven aufsteigende (von der
Peripherie zum Gehirn gerichtete) Strom lebhafter wirken, als der
absteigende. Das Licht selbst, welches zur Empfindung kommt, ist
ein farbiges; nach Purkinje erscheinen violette und gelbliche Far-
bentöne, die sich jedoch nicht gleichmässig über die Sehfläche aus-
breiten, sondern von dunklen Stellen unterbrochen sind. Mit der Um-
kehr der Strömung verändert sich auch die Oertlichkeit der Licht- und
Schattenflächen in der Art, dass die früher dunklen Stellen hell und
die hellen dunkel werden.

2. Beharrungsvermögen; Nachbilder **).

Ein Lichtstrahl, der zu der Retina gedrungen ist, setzt sie in ver-
schwindend kleiner Zeit in Erregung, wie daraus hervorgeht, dass wir
das momentane Licht eines electrischen Funkens nicht allein sehen,
sondern auch die mit ihm beleuchteten Gegenstände erkennen. Volk-
mann.
Diese Erregungszustände der Retina werden aber nicht ebenso
momentan von der Seele empfunden; denn ein dunkler kreisförmiger
Gegenstand, der sich vor einer weissen Grundlage mit einer bedeu-
tenden Geschwindigkeit bewegt, bildet in der Empfindung einen dunk-
len Streifen, eine Thatsache, aus der hervorgeht, dass die unmittelbar
hinter dem dunklen Körper ins Auge fallenden weissen Strahlen nicht
augenblicklich zur bewussten Empfindung kommen; d'Arcy.

Die einmal zum Bewusstsein gekommene Lichtempfindung ver-
schwindet aber nicht momentan mit der Entfernung des objektiven
Lichtes; es bleibt eine Nachwirkung, ein Nachbild, zurück, welche

*) Du Bois-Reymond, Thier. Electricität I. 284 u. 345.
**) Volkmann, Artikel Sehen. Wagners Handwörterbuch. -- Radicke, Handbuch d. Optik
II. Bd. 255 u. f. Ausserdem die erwähnten Abhandlungen von Brücke in Fechner. -- Tour-
tual
Jahresbericht über Fortschritt der Physiol. des Gesichtssinnes in Müllers Archiv. --
Plateau Poggend. Annalen Bd. 32 u. Annal. de chimie et physique LVIII. Bd.

Electrische Einwirkungen. Nachbilder.
Sehnerven rühren; ferner die bei sehr empfindlichen Zuständen auf-
tretenden, vor dem Auge hin und her fahrenden Funken, welche durch
die in den Capillarnetzen der a. centralis retinae verlaufenden Blutkör-
perchen veranlasst werden, und endlich wohl auch das sogenannte
Schattenfeld, welches in einem feinem Lichtstaub besteht, der beim
Schliessen der Augenlieder in selbst dunklen Räumen über die ganze
Ausbreitung der Retina beobachtet wird.

C. Elektrische Einwirkungen *). Abgesehen von den Feuer-
erscheinungen, durch welche die Electrizität erregend auf die Retina
wirkt, ist sie auch auf andere Art, nach Analogie ihrer Einwirkung
auf die übrigen Nerven zur Auslösung der Lichtempfindung geschickt.
— Es scheint sowohl der an Intensität constante, als schwankende
Strom Lichtempfindung zu erregen, so jedoch, dass bei der Schwan-
kung des Stroms das Licht lebhafter wird. Nach Pfaff, Ritter und
Purkinje erkennt der Sehnerv auch die Strömungsrichtung der
Elektrizität, und zwar soll der im Nerven aufsteigende (von der
Peripherie zum Gehirn gerichtete) Strom lebhafter wirken, als der
absteigende. Das Licht selbst, welches zur Empfindung kommt, ist
ein farbiges; nach Purkinje erscheinen violette und gelbliche Far-
bentöne, die sich jedoch nicht gleichmässig über die Sehfläche aus-
breiten, sondern von dunklen Stellen unterbrochen sind. Mit der Um-
kehr der Strömung verändert sich auch die Oertlichkeit der Licht- und
Schattenflächen in der Art, dass die früher dunklen Stellen hell und
die hellen dunkel werden.

2. Beharrungsvermögen; Nachbilder **).

Ein Lichtstrahl, der zu der Retina gedrungen ist, setzt sie in ver-
schwindend kleiner Zeit in Erregung, wie daraus hervorgeht, dass wir
das momentane Licht eines electrischen Funkens nicht allein sehen,
sondern auch die mit ihm beleuchteten Gegenstände erkennen. Volk-
mann.
Diese Erregungszustände der Retina werden aber nicht ebenso
momentan von der Seele empfunden; denn ein dunkler kreisförmiger
Gegenstand, der sich vor einer weissen Grundlage mit einer bedeu-
tenden Geschwindigkeit bewegt, bildet in der Empfindung einen dunk-
len Streifen, eine Thatsache, aus der hervorgeht, dass die unmittelbar
hinter dem dunklen Körper ins Auge fallenden weissen Strahlen nicht
augenblicklich zur bewussten Empfindung kommen; d’Arcy.

Die einmal zum Bewusstsein gekommene Lichtempfindung ver-
schwindet aber nicht momentan mit der Entfernung des objektiven
Lichtes; es bleibt eine Nachwirkung, ein Nachbild, zurück, welche

*) Du Bois-Reymond, Thier. Electricität I. 284 u. 345.
**) Volkmann, Artikel Sehen. Wagners Handwörterbuch. — Radicke, Handbuch d. Optik
II. Bd. 255 u. f. Ausserdem die erwähnten Abhandlungen von Brücke in Fechner.Tour-
tual
Jahresbericht über Fortschritt der Physiol. des Gesichtssinnes in Müllers Archiv. —
Plateau Poggend. Annalen Bd. 32 u. Annal. de chimie et physique LVIII. Bd.
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[230/0244] Electrische Einwirkungen. Nachbilder. Sehnerven rühren; ferner die bei sehr empfindlichen Zuständen auf- tretenden, vor dem Auge hin und her fahrenden Funken, welche durch die in den Capillarnetzen der a. centralis retinae verlaufenden Blutkör- perchen veranlasst werden, und endlich wohl auch das sogenannte Schattenfeld, welches in einem feinem Lichtstaub besteht, der beim Schliessen der Augenlieder in selbst dunklen Räumen über die ganze Ausbreitung der Retina beobachtet wird. C. Elektrische Einwirkungen *). Abgesehen von den Feuer- erscheinungen, durch welche die Electrizität erregend auf die Retina wirkt, ist sie auch auf andere Art, nach Analogie ihrer Einwirkung auf die übrigen Nerven zur Auslösung der Lichtempfindung geschickt. — Es scheint sowohl der an Intensität constante, als schwankende Strom Lichtempfindung zu erregen, so jedoch, dass bei der Schwan- kung des Stroms das Licht lebhafter wird. Nach Pfaff, Ritter und Purkinje erkennt der Sehnerv auch die Strömungsrichtung der Elektrizität, und zwar soll der im Nerven aufsteigende (von der Peripherie zum Gehirn gerichtete) Strom lebhafter wirken, als der absteigende. Das Licht selbst, welches zur Empfindung kommt, ist ein farbiges; nach Purkinje erscheinen violette und gelbliche Far- bentöne, die sich jedoch nicht gleichmässig über die Sehfläche aus- breiten, sondern von dunklen Stellen unterbrochen sind. Mit der Um- kehr der Strömung verändert sich auch die Oertlichkeit der Licht- und Schattenflächen in der Art, dass die früher dunklen Stellen hell und die hellen dunkel werden. 2. Beharrungsvermögen; Nachbilder **). Ein Lichtstrahl, der zu der Retina gedrungen ist, setzt sie in ver- schwindend kleiner Zeit in Erregung, wie daraus hervorgeht, dass wir das momentane Licht eines electrischen Funkens nicht allein sehen, sondern auch die mit ihm beleuchteten Gegenstände erkennen. Volk- mann. Diese Erregungszustände der Retina werden aber nicht ebenso momentan von der Seele empfunden; denn ein dunkler kreisförmiger Gegenstand, der sich vor einer weissen Grundlage mit einer bedeu- tenden Geschwindigkeit bewegt, bildet in der Empfindung einen dunk- len Streifen, eine Thatsache, aus der hervorgeht, dass die unmittelbar hinter dem dunklen Körper ins Auge fallenden weissen Strahlen nicht augenblicklich zur bewussten Empfindung kommen; d’Arcy. Die einmal zum Bewusstsein gekommene Lichtempfindung ver- schwindet aber nicht momentan mit der Entfernung des objektiven Lichtes; es bleibt eine Nachwirkung, ein Nachbild, zurück, welche *) Du Bois-Reymond, Thier. Electricität I. 284 u. 345. **) Volkmann, Artikel Sehen. Wagners Handwörterbuch. — Radicke, Handbuch d. Optik II. Bd. 255 u. f. Ausserdem die erwähnten Abhandlungen von Brücke in Fechner. — Tour- tual Jahresbericht über Fortschritt der Physiol. des Gesichtssinnes in Müllers Archiv. — Plateau Poggend. Annalen Bd. 32 u. Annal. de chimie et physique LVIII. Bd.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/244>, abgerufen am 28.03.2024.