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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Phenylsäure, Hippursäure.
und leimgebenden Substanzen in lösliche Modifikationen zu verwan-
deln, soll sie im Magensaft (Lehmann) wichtig werden. Aus-
serdem gehört sie zu den mannigfachen Säuren, deren kalische Salze
im thierischen Körper in kohlensaure umgewandelt werden können,
ein Vorgang, durch den sie offenbar zur Wärmeerzeugung im lebenden
Wesen beiträgt.

Die Milchsäure wird theils mit den Nahrungsmitteln aufgenom-
men, theils aus ihnen, und namentlich aus den zuckerhaltigen, gebildet.

Für die Bildung der Milchsäure beim Gähren des äpfelsauren Kalkes, unter Ein-
fluss des Caseins, welche Kohl beobachtete (Pharmazeutisches Centralblatt 1851.
I. Bd. p. 384) dürften im menschlichen Organismus die Bedingungen fehlen.

27. Phenylsäure (Kreosot), C12 H6 O; HO.

28. Taurylsäure C14 H8 O; HO.

29. Damalursäure C14 H11 O3; HO.

30. Damolsäure.

Diese 4 Säuren sind von Staedeler*) im Harn in Spuren nachgewiesen.
Eigenschaften, durch die sie physiologisch bedeutend würden sind nicht bekannt.
Vorerst sind sie nur merkwürdige Zersetzungsprodukte. Man vermuthet, dass die
ersten beiden Säuren (Phenyl- und Taurylsäure) aus salizinhaltigen Bestand-
theilen der Nahrung, Damalur- und Damolsäure aber aus eiweissartigen Be-
standtheilen entstanden sein möchten.

31) Hippursäure. C18H8NO5; HO. Sie ist spurweise im Blut und
ausserdem nach Genuss von Gemüsse, Benzoe- und Zimmtsäure, im
Harn aufgefunden.

Ihre Atomlagerung kann ausgedrückt werden, entweder durch
[Formel 1] ; HO, d. h. durch Benzoesäure, welche mit einer
Atomgruppe gepaart ist, die sich durch 2 Atome aq. vom Glycocoll
unterscheidet. Zu dieser Aufstellung wird man geführt, weil Hippur-
säure unter dem Einfluss mineralischer Säuren in Glycocoll und Ben-
zoesäure zerfällt, und weil nach dem Genuss von Benzoesäure ein der
genossenen Menge entsprechendes Gewicht Hippursäure im Harn be-
obachtet wird; man ist geneigt anzunehmen, dass jene Benzoesäure
auf ihrem Wege durch den thierischen Körper sich mit dem Atomcom-
plex C4H3NO2 verbunden habe, weil dieser schon im thierischen Kör-
per beobachtet ist; ausserdem entwickeln noch zahlreiche Einflüsse,
z. B. trockne Destillation, Bleihyperoxyd, die Fäulniss aus ihr Benzoe-
säure. -- Oder man kann in ihr die Atomstellung durch [Formel 2] ;
HO ausdrücken, da sie sich unter dem Einfluss von salpetriger Säure
(NO3) in N, HO und C18H7O7; HO, ähnlich der sogenannten Amid-
säure spaltet (Strecker).

Ihre physiologische Bedeutung ist unbekannt. Sie muss innerhalb
des Thierkörpers entstehen, da sie niemals als Nahrung genossen wird.
Die Entdeckung, dass sie im Harn nach Aufnahme von Benzoe- und

*) Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1850. -- Lieb. Annalen 1850.

Phenylsäure, Hippursäure.
und leimgebenden Substanzen in lösliche Modifikationen zu verwan-
deln, soll sie im Magensaft (Lehmann) wichtig werden. Aus-
serdem gehört sie zu den mannigfachen Säuren, deren kalische Salze
im thierischen Körper in kohlensaure umgewandelt werden können,
ein Vorgang, durch den sie offenbar zur Wärmeerzeugung im lebenden
Wesen beiträgt.

Die Milchsäure wird theils mit den Nahrungsmitteln aufgenom-
men, theils aus ihnen, und namentlich aus den zuckerhaltigen, gebildet.

Für die Bildung der Milchsäure beim Gähren des äpfelsauren Kalkes, unter Ein-
fluss des Caseins, welche Kohl beobachtete (Pharmazeutisches Centralblatt 1851.
I. Bd. p. 384) dürften im menschlichen Organismus die Bedingungen fehlen.

27. Phenylsäure (Kreosot), C12 H6 O; HO.

28. Taurylsäure C14 H8 O; HO.

29. Damalursäure C14 H11 O3; HO.

30. Damolsäure.

Diese 4 Säuren sind von Staedeler*) im Harn in Spuren nachgewiesen.
Eigenschaften, durch die sie physiologisch bedeutend würden sind nicht bekannt.
Vorerst sind sie nur merkwürdige Zersetzungsprodukte. Man vermuthet, dass die
ersten beiden Säuren (Phenyl- und Taurylsäure) aus salizinhaltigen Bestand-
theilen der Nahrung, Damalur- und Damolsäure aber aus eiweissartigen Be-
standtheilen entstanden sein möchten.

31) Hippursäure. C18H8NO5; HO. Sie ist spurweise im Blut und
ausserdem nach Genuss von Gemüsse, Benzoe- und Zimmtsäure, im
Harn aufgefunden.

Ihre Atomlagerung kann ausgedrückt werden, entweder durch
[Formel 1] ; HO, d. h. durch Benzoesäure, welche mit einer
Atomgruppe gepaart ist, die sich durch 2 Atome aq. vom Glycocoll
unterscheidet. Zu dieser Aufstellung wird man geführt, weil Hippur-
säure unter dem Einfluss mineralischer Säuren in Glycocoll und Ben-
zoesäure zerfällt, und weil nach dem Genuss von Benzoesäure ein der
genossenen Menge entsprechendes Gewicht Hippursäure im Harn be-
obachtet wird; man ist geneigt anzunehmen, dass jene Benzoesäure
auf ihrem Wege durch den thierischen Körper sich mit dem Atomcom-
plex C4H3NO2 verbunden habe, weil dieser schon im thierischen Kör-
per beobachtet ist; ausserdem entwickeln noch zahlreiche Einflüsse,
z. B. trockne Destillation, Bleihyperoxyd, die Fäulniss aus ihr Benzoe-
säure. — Oder man kann in ihr die Atomstellung durch [Formel 2] ;
HO ausdrücken, da sie sich unter dem Einfluss von salpetriger Säure
(NO3) in N, HO und C18H7O7; HO, ähnlich der sogenannten Amid-
säure spaltet (Strecker).

Ihre physiologische Bedeutung ist unbekannt. Sie muss innerhalb
des Thierkörpers entstehen, da sie niemals als Nahrung genossen wird.
Die Entdeckung, dass sie im Harn nach Aufnahme von Benzoe- und

*) Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1850. — Lieb. Annalen 1850.
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[32/0046] Phenylsäure, Hippursäure. und leimgebenden Substanzen in lösliche Modifikationen zu verwan- deln, soll sie im Magensaft (Lehmann) wichtig werden. Aus- serdem gehört sie zu den mannigfachen Säuren, deren kalische Salze im thierischen Körper in kohlensaure umgewandelt werden können, ein Vorgang, durch den sie offenbar zur Wärmeerzeugung im lebenden Wesen beiträgt. Die Milchsäure wird theils mit den Nahrungsmitteln aufgenom- men, theils aus ihnen, und namentlich aus den zuckerhaltigen, gebildet. Für die Bildung der Milchsäure beim Gähren des äpfelsauren Kalkes, unter Ein- fluss des Caseins, welche Kohl beobachtete (Pharmazeutisches Centralblatt 1851. I. Bd. p. 384) dürften im menschlichen Organismus die Bedingungen fehlen. 27. Phenylsäure (Kreosot), C12 H6 O; HO. 28. Taurylsäure C14 H8 O; HO. 29. Damalursäure C14 H11 O3; HO. 30. Damolsäure. Diese 4 Säuren sind von Staedeler *) im Harn in Spuren nachgewiesen. Eigenschaften, durch die sie physiologisch bedeutend würden sind nicht bekannt. Vorerst sind sie nur merkwürdige Zersetzungsprodukte. Man vermuthet, dass die ersten beiden Säuren (Phenyl- und Taurylsäure) aus salizinhaltigen Bestand- theilen der Nahrung, Damalur- und Damolsäure aber aus eiweissartigen Be- standtheilen entstanden sein möchten. 31) Hippursäure. C18H8NO5; HO. Sie ist spurweise im Blut und ausserdem nach Genuss von Gemüsse, Benzoe- und Zimmtsäure, im Harn aufgefunden. Ihre Atomlagerung kann ausgedrückt werden, entweder durch [FORMEL]; HO, d. h. durch Benzoesäure, welche mit einer Atomgruppe gepaart ist, die sich durch 2 Atome aq. vom Glycocoll unterscheidet. Zu dieser Aufstellung wird man geführt, weil Hippur- säure unter dem Einfluss mineralischer Säuren in Glycocoll und Ben- zoesäure zerfällt, und weil nach dem Genuss von Benzoesäure ein der genossenen Menge entsprechendes Gewicht Hippursäure im Harn be- obachtet wird; man ist geneigt anzunehmen, dass jene Benzoesäure auf ihrem Wege durch den thierischen Körper sich mit dem Atomcom- plex C4H3NO2 verbunden habe, weil dieser schon im thierischen Kör- per beobachtet ist; ausserdem entwickeln noch zahlreiche Einflüsse, z. B. trockne Destillation, Bleihyperoxyd, die Fäulniss aus ihr Benzoe- säure. — Oder man kann in ihr die Atomstellung durch [FORMEL]; HO ausdrücken, da sie sich unter dem Einfluss von salpetriger Säure (NO3) in N, HO und C18H7O7; HO, ähnlich der sogenannten Amid- säure spaltet (Strecker). Ihre physiologische Bedeutung ist unbekannt. Sie muss innerhalb des Thierkörpers entstehen, da sie niemals als Nahrung genossen wird. Die Entdeckung, dass sie im Harn nach Aufnahme von Benzoe- und *) Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1850. — Lieb. Annalen 1850.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/46>, abgerufen am 25.04.2024.