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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Bauchwände; Schwerkraft.
mal in gleichem Sinn die Spannung ändern; denn die Inspiration min-
derte, die Exspiration mehrte sie in beiden, während das Herz für beide
gerade im ungleichen Sinne wirksam war. -- Die besondern Her-
gänge, welche die durch die Brustbewegung veränderten Spannungen in
den Blutstrom einleiten, sind nach den früher mitgetheilten Regeln zu
beurtheilen. Versuche, die den Einfluss der Respirationsbewegung auf
das Blut, gesondert von der des Herzens, bestimmen, sind nicht aus-
geführt.

3. Die Verkürzung oder Erschlaffung der Bauchmuskeln,
wodurch der Inhalt der Unterleibshöhle sehr verschiedene Spannungen
erfährt, muss natürlich auch unterstützend oder hemmend auf den Blut-
strom wirken, da durch die Unterleibshöhle grosse Gefässe eingeschlos-
sen sind. Die Beurtheilung der Verhältnisse bietet keine Schwierigkeit.
Auf einige kleine Besonderheiten werden wir noch später die Rede brin-
gen, z. B. bei der Leber.

4. Die Schwerkraft. Man sollte auf den ersten Blick denken, dass
durch eine Lagenveränderung einzelner Theile eines Röhrenwerks von den Ei-
genschaften des Blutgefässsystems gar keine Bewegung erzeugt werden könnte.
Betrachten wir in der That ein System (Fig. 47.), welches sich dadurch

[Abbildung] Fig. 47.
hervorhebt, dass von
demselben Punkte, dem
Herzen H aus, Röhren
ausgehn und zu ihm zu-
rückkehren, so kann,
vorausgesetzt, dass die
Wandungen unnachgie-
big sind, keine Bewe-
gung dadurch einge-
leitet werden, dass die
einzelnen oder die Ge-
sammtzahl der Röhren
in eine andere Lage
übergehen. Setzen wir
z. B., dass der Röhren-
bogen A V aus der ge-
hobenen Lage I in die
gesenkte II übergeht,
so wird nun allerdings
die Flüssigkeit der
Spitzen bei II, die vor-
her keine Last von Seiten der Schwere zu ertragen hatte, gedrückt werden
durch eine Säule von der senkrechten Höhe o q. Aber dieser Druck
wird mit gleichem Werth ebensowohl durch den Zweig A als durch den

Bauchwände; Schwerkraft.
mal in gleichem Sinn die Spannung ändern; denn die Inspiration min-
derte, die Exspiration mehrte sie in beiden, während das Herz für beide
gerade im ungleichen Sinne wirksam war. — Die besondern Her-
gänge, welche die durch die Brustbewegung veränderten Spannungen in
den Blutstrom einleiten, sind nach den früher mitgetheilten Regeln zu
beurtheilen. Versuche, die den Einfluss der Respirationsbewegung auf
das Blut, gesondert von der des Herzens, bestimmen, sind nicht aus-
geführt.

3. Die Verkürzung oder Erschlaffung der Bauchmuskeln,
wodurch der Inhalt der Unterleibshöhle sehr verschiedene Spannungen
erfährt, muss natürlich auch unterstützend oder hemmend auf den Blut-
strom wirken, da durch die Unterleibshöhle grosse Gefässe eingeschlos-
sen sind. Die Beurtheilung der Verhältnisse bietet keine Schwierigkeit.
Auf einige kleine Besonderheiten werden wir noch später die Rede brin-
gen, z. B. bei der Leber.

4. Die Schwerkraft. Man sollte auf den ersten Blick denken, dass
durch eine Lagenveränderung einzelner Theile eines Röhrenwerks von den Ei-
genschaften des Blutgefässsystems gar keine Bewegung erzeugt werden könnte.
Betrachten wir in der That ein System (Fig. 47.), welches sich dadurch

[Abbildung] Fig. 47.
hervorhebt, dass von
demselben Punkte, dem
Herzen H aus, Röhren
ausgehn und zu ihm zu-
rückkehren, so kann,
vorausgesetzt, dass die
Wandungen unnachgie-
big sind, keine Bewe-
gung dadurch einge-
leitet werden, dass die
einzelnen oder die Ge-
sammtzahl der Röhren
in eine andere Lage
übergehen. Setzen wir
z. B., dass der Röhren-
bogen A V aus der ge-
hobenen Lage I in die
gesenkte II übergeht,
so wird nun allerdings
die Flüssigkeit der
Spitzen bei II, die vor-
her keine Last von Seiten der Schwere zu ertragen hatte, gedrückt werden
durch eine Säule von der senkrechten Höhe o q. Aber dieser Druck
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[103/0119] Bauchwände; Schwerkraft. mal in gleichem Sinn die Spannung ändern; denn die Inspiration min- derte, die Exspiration mehrte sie in beiden, während das Herz für beide gerade im ungleichen Sinne wirksam war. — Die besondern Her- gänge, welche die durch die Brustbewegung veränderten Spannungen in den Blutstrom einleiten, sind nach den früher mitgetheilten Regeln zu beurtheilen. Versuche, die den Einfluss der Respirationsbewegung auf das Blut, gesondert von der des Herzens, bestimmen, sind nicht aus- geführt. 3. Die Verkürzung oder Erschlaffung der Bauchmuskeln, wodurch der Inhalt der Unterleibshöhle sehr verschiedene Spannungen erfährt, muss natürlich auch unterstützend oder hemmend auf den Blut- strom wirken, da durch die Unterleibshöhle grosse Gefässe eingeschlos- sen sind. Die Beurtheilung der Verhältnisse bietet keine Schwierigkeit. Auf einige kleine Besonderheiten werden wir noch später die Rede brin- gen, z. B. bei der Leber. 4. Die Schwerkraft. Man sollte auf den ersten Blick denken, dass durch eine Lagenveränderung einzelner Theile eines Röhrenwerks von den Ei- genschaften des Blutgefässsystems gar keine Bewegung erzeugt werden könnte. Betrachten wir in der That ein System (Fig. 47.), welches sich dadurch [Abbildung Fig. 47.] hervorhebt, dass von demselben Punkte, dem Herzen H aus, Röhren ausgehn und zu ihm zu- rückkehren, so kann, vorausgesetzt, dass die Wandungen unnachgie- big sind, keine Bewe- gung dadurch einge- leitet werden, dass die einzelnen oder die Ge- sammtzahl der Röhren in eine andere Lage übergehen. Setzen wir z. B., dass der Röhren- bogen A V aus der ge- hobenen Lage I in die gesenkte II übergeht, so wird nun allerdings die Flüssigkeit der Spitzen bei II, die vor- her keine Last von Seiten der Schwere zu ertragen hatte, gedrückt werden durch eine Säule von der senkrechten Höhe o q. Aber dieser Druck wird mit gleichem Werth ebensowohl durch den Zweig A als durch den

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/119>, abgerufen am 18.04.2024.