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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Schweissdrüsen; Schweissbildung.
Schweissbildung abhängt, so tritt sie nicht nothwendig mit der Tempe-
raturerhöhung ein (trockne Hitze), ja sie scheint nicht einmal eine noth-
wendige Bedingung (kalte Schweisse). -- Die Absonderung wird gestei-
gert durch den Genuss von sehr viel Wasser und durch den Gebrauch
einzelner flüchtiger Stoffe (?). Beim hydrotherapeutischen Verfahren soll
die von einem Erwachsenen abgesonderte Schweissmenge bis zu 800 Gr.
in 1 bis 11/2 Stunde steigen können. Die einmal eingeleitete Schweiss-
bildung unterbricht sich allmählig von selbst, wenn auch die günstigsten
Bedingungen zu ihrer Erhaltung bestehen (Gillibert). -- Die Thätig-
keit der einzelnen Drüsen ist von einander unabhängig, wie aus der lo-
kalen Schweissbildung hervorgeht.

4. Schweissbereitung. Die fetten und die flüchtigen Säuren gehen
unzweifelhaft aus den Epithelien hervor, da namentlich die Drüsen, welche
einen starkriechenden Schweiss hervorbringen, reichlich mit Fett gefüllte
Zellen bergen. -- Die Absonderung der Salzlösung würde man we-
gen ihres periodischen Auftretens, und auch darum, weil leidenschaft-
liche Erregungen öfter mit Schweissbildung gepaart sind, wohl bereit-
willig von einer Beihülfe der Nerven ableiten, wenn nur irgend eine Art
von Nerv zu den Drüsen verfolgt werden könnte. -- Da die von Blut
strotzende Haut leicht und die zusammengezogene nicht schwitzt, so
wäre daran zu denken, dass eine Erschlaffung der Gefässmuskeln und
die daraus entspringende Erweiterung des Gefässlumens eine nothwendige
Bedingung zur Einleitung der Schweissbildung sei. Damit ist es aber
nicht zu vereinigen, dass die Absonderung, welche schon eingetreten war,
auch wieder zurücktritt, trotz der noch bestehenden Blutfülle. Sollte
etwa die Haut der Schweissdrüsen sich unabhängig von Nerven und
Muskeln verändern können?

5. Aus den Drüsen, welchen Muskeln fehlen, kann der Inhalt nur
durch die absondernden Kräfte selbst ausgetrieben werden; die Muskeln in
den grössern Drüsen sind vielleicht geeignet, den zähflüssigen Inhalt, der
auf ihrem Grund sitzt, zu entleeren. -- Der auf die Hautoberfläche ergos-
sene Saft wird uns bei der thierischen Wärme noch einmal Veranlassung
zu Bemerkungen geben.

Harnwerkzeuge.
A. Nieren.

1. Anatomischer Bau. Ein jedes Haarkanälchen beginnt in der
Nierenrinde mit einem kugeligen Säckchen und geht dann in einen
engen Schlauch über, der gewunden durch die Rinde, gestreckt durch
das Nierenmark hinläuft. Auf diesem Wege verbindet sich vorerst ein
jedes unter einem spitzigen Winkel mit einem benachbarten Röhrchen;
und der aus beiden zusammengeflossene Schlauch läuft wieder mit einem
ähnlich entstandenen Nachbar zusammen. Diese Verbindungen wieder-

Schweissdrüsen; Schweissbildung.
Schweissbildung abhängt, so tritt sie nicht nothwendig mit der Tempe-
raturerhöhung ein (trockne Hitze), ja sie scheint nicht einmal eine noth-
wendige Bedingung (kalte Schweisse). — Die Absonderung wird gestei-
gert durch den Genuss von sehr viel Wasser und durch den Gebrauch
einzelner flüchtiger Stoffe (?). Beim hydrotherapeutischen Verfahren soll
die von einem Erwachsenen abgesonderte Schweissmenge bis zu 800 Gr.
in 1 bis 1½ Stunde steigen können. Die einmal eingeleitete Schweiss-
bildung unterbricht sich allmählig von selbst, wenn auch die günstigsten
Bedingungen zu ihrer Erhaltung bestehen (Gillibert). — Die Thätig-
keit der einzelnen Drüsen ist von einander unabhängig, wie aus der lo-
kalen Schweissbildung hervorgeht.

4. Schweissbereitung. Die fetten und die flüchtigen Säuren gehen
unzweifelhaft aus den Epithelien hervor, da namentlich die Drüsen, welche
einen starkriechenden Schweiss hervorbringen, reichlich mit Fett gefüllte
Zellen bergen. — Die Absonderung der Salzlösung würde man we-
gen ihres periodischen Auftretens, und auch darum, weil leidenschaft-
liche Erregungen öfter mit Schweissbildung gepaart sind, wohl bereit-
willig von einer Beihülfe der Nerven ableiten, wenn nur irgend eine Art
von Nerv zu den Drüsen verfolgt werden könnte. — Da die von Blut
strotzende Haut leicht und die zusammengezogene nicht schwitzt, so
wäre daran zu denken, dass eine Erschlaffung der Gefässmuskeln und
die daraus entspringende Erweiterung des Gefässlumens eine nothwendige
Bedingung zur Einleitung der Schweissbildung sei. Damit ist es aber
nicht zu vereinigen, dass die Absonderung, welche schon eingetreten war,
auch wieder zurücktritt, trotz der noch bestehenden Blutfülle. Sollte
etwa die Haut der Schweissdrüsen sich unabhängig von Nerven und
Muskeln verändern können?

5. Aus den Drüsen, welchen Muskeln fehlen, kann der Inhalt nur
durch die absondernden Kräfte selbst ausgetrieben werden; die Muskeln in
den grössern Drüsen sind vielleicht geeignet, den zähflüssigen Inhalt, der
auf ihrem Grund sitzt, zu entleeren. — Der auf die Hautoberfläche ergos-
sene Saft wird uns bei der thierischen Wärme noch einmal Veranlassung
zu Bemerkungen geben.

Harnwerkzeuge.
A. Nieren.

1. Anatomischer Bau. Ein jedes Haarkanälchen beginnt in der
Nierenrinde mit einem kugeligen Säckchen und geht dann in einen
engen Schlauch über, der gewunden durch die Rinde, gestreckt durch
das Nierenmark hinläuft. Auf diesem Wege verbindet sich vorerst ein
jedes unter einem spitzigen Winkel mit einem benachbarten Röhrchen;
und der aus beiden zusammengeflossene Schlauch läuft wieder mit einem
ähnlich entstandenen Nachbar zusammen. Diese Verbindungen wieder-

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[254/0270] Schweissdrüsen; Schweissbildung. Schweissbildung abhängt, so tritt sie nicht nothwendig mit der Tempe- raturerhöhung ein (trockne Hitze), ja sie scheint nicht einmal eine noth- wendige Bedingung (kalte Schweisse). — Die Absonderung wird gestei- gert durch den Genuss von sehr viel Wasser und durch den Gebrauch einzelner flüchtiger Stoffe (?). Beim hydrotherapeutischen Verfahren soll die von einem Erwachsenen abgesonderte Schweissmenge bis zu 800 Gr. in 1 bis 1½ Stunde steigen können. Die einmal eingeleitete Schweiss- bildung unterbricht sich allmählig von selbst, wenn auch die günstigsten Bedingungen zu ihrer Erhaltung bestehen (Gillibert). — Die Thätig- keit der einzelnen Drüsen ist von einander unabhängig, wie aus der lo- kalen Schweissbildung hervorgeht. 4. Schweissbereitung. Die fetten und die flüchtigen Säuren gehen unzweifelhaft aus den Epithelien hervor, da namentlich die Drüsen, welche einen starkriechenden Schweiss hervorbringen, reichlich mit Fett gefüllte Zellen bergen. — Die Absonderung der Salzlösung würde man we- gen ihres periodischen Auftretens, und auch darum, weil leidenschaft- liche Erregungen öfter mit Schweissbildung gepaart sind, wohl bereit- willig von einer Beihülfe der Nerven ableiten, wenn nur irgend eine Art von Nerv zu den Drüsen verfolgt werden könnte. — Da die von Blut strotzende Haut leicht und die zusammengezogene nicht schwitzt, so wäre daran zu denken, dass eine Erschlaffung der Gefässmuskeln und die daraus entspringende Erweiterung des Gefässlumens eine nothwendige Bedingung zur Einleitung der Schweissbildung sei. Damit ist es aber nicht zu vereinigen, dass die Absonderung, welche schon eingetreten war, auch wieder zurücktritt, trotz der noch bestehenden Blutfülle. Sollte etwa die Haut der Schweissdrüsen sich unabhängig von Nerven und Muskeln verändern können? 5. Aus den Drüsen, welchen Muskeln fehlen, kann der Inhalt nur durch die absondernden Kräfte selbst ausgetrieben werden; die Muskeln in den grössern Drüsen sind vielleicht geeignet, den zähflüssigen Inhalt, der auf ihrem Grund sitzt, zu entleeren. — Der auf die Hautoberfläche ergos- sene Saft wird uns bei der thierischen Wärme noch einmal Veranlassung zu Bemerkungen geben. Harnwerkzeuge. A. Nieren. 1. Anatomischer Bau. Ein jedes Haarkanälchen beginnt in der Nierenrinde mit einem kugeligen Säckchen und geht dann in einen engen Schlauch über, der gewunden durch die Rinde, gestreckt durch das Nierenmark hinläuft. Auf diesem Wege verbindet sich vorerst ein jedes unter einem spitzigen Winkel mit einem benachbarten Röhrchen; und der aus beiden zusammengeflossene Schlauch läuft wieder mit einem ähnlich entstandenen Nachbar zusammen. Diese Verbindungen wieder-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/270>, abgerufen am 28.03.2024.