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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Chemische Arbeit der Verdauungswerkzeuge.
in das untere Ende des Mastdarmes einführt, so dass er noch aus der
Aftermündung theilweise hervorsteht; er wird durch noch so heftiges
Drängen nicht aus dem After befördert. -- Darum ist auch in der That
das Kothen der Bauchpresse nicht allein überlassen; insbesondere ist
eine thätige Mitwirkung der peristaltischen Bewegung des ganzen abstei-
genden Dickdarmes und dem levator ani (dem Afteröffner) zugestanden.
Wahrscheinlich betheiligen sich auch m. coccygeus und transversus perinaei
prof. an dem Akte, welche hinten und vorne dem andrängenden Kothe
einen Widerhalt entgegenstellen. Siehe Kohlrausch am angezogenen Orte.

Chemische Arbeit der Verdauungssäfte.

Eine chemische Untersuchung der Umwandelungen, welche die Speisen
während ihres Aufenthaltes im Darmkanale erfahren, muss zu ermitteln
suchen: a) Den Unterschied, welcher zwischen der Zahl und Anordnung
der Atome in den veränderten und unveränderten Nahrungsstoffen besteht.
Die Zahl der Atome hat die Elementaranalyse festzustellen; die Anordnung
ist darum zu berücksichtigen, weil die Verdauungssäfte meist weniger
die Zusammensetzung als die Löslichkeit, die Verwandtschaften und die
Spaltbarkeit der einfachen Nahrungsstoffe ändern. -- b) Es ist der Ein-
fluss festzustellen, den jeder einzelne Drüsensaft auf jeden einzelnen
Nahrungsstoff ausübt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Drüsen-
saft von veränderlicher Zusammensetzung ist, es müssen also die ver-
schiedenen Modifikationen eines und desselben Saftes zur Prüfung
kommen; da ferner jeder Saft ein Gemenge verschiedener chemischer
Stoffe ist, so muss der Versuch gemacht werden, zu ermitteln, wie sich
jeder einzelne Bestandtheil desselben an einer durch den Gesammtsaft
eingeleiteten Veränderung betheiligt; ferner erzeugt zuweilen ein Saft an
einem und demselben Nahrungsstoff mehrere Umwandlungen, es ist also
festzustellen die Reihenfolge, in der die betreffenden Umformungen ge-
schehen, und in wie fern dieselben bedingt sind von dem Aggregatzu-
stande und den isomeren Modifikationen, in denen das Nahrungsmittel der
Einwirkung des Saftes ausgesetzt wird. Alle diese Beziehungen müssen natür-
lich nach ihrem Umfange und nach ihrer Geschwindigkeit bestimmt werden,
mit anderen Worten in welcher Zeit und in welcher Menge der Nahrungs-
stoff durch die Gewichtseinheit des Saftes von bekannter Zusammensetzung
umgeändert wird. -- c) Darauf würde zu erledigen sein, welche Ver-
änderungen ein Nahrungsmittel erfährt, wenn es der Reihe nach mit den
verschiedenen in Betracht kommenden Säften behandelt wird, oder aber
wenn die natürlich vorkommenden Combinationen der Verdauungsflüssig-
keiten gleichzeitig auf dasselbe wirken. -- d) Endlich müssten mit verschie-
denen quantitativ genau bestimmten Mengen einfacher Nahrungsmittel (den
Speisen) dieselben Versuche vorgenommen werden, welche für jeden einzel-
nen Nahrungsstoff vorgeschrieben wurden. In allen Fällen würde angegeben

Chemische Arbeit der Verdauungswerkzeuge.
in das untere Ende des Mastdarmes einführt, so dass er noch aus der
Aftermündung theilweise hervorsteht; er wird durch noch so heftiges
Drängen nicht aus dem After befördert. — Darum ist auch in der That
das Kothen der Bauchpresse nicht allein überlassen; insbesondere ist
eine thätige Mitwirkung der peristaltischen Bewegung des ganzen abstei-
genden Dickdarmes und dem levator ani (dem Afteröffner) zugestanden.
Wahrscheinlich betheiligen sich auch m. coccygeus und transversus perinaei
prof. an dem Akte, welche hinten und vorne dem andrängenden Kothe
einen Widerhalt entgegenstellen. Siehe Kohlrausch am angezogenen Orte.

Chemische Arbeit der Verdauungssäfte.

Eine chemische Untersuchung der Umwandelungen, welche die Speisen
während ihres Aufenthaltes im Darmkanale erfahren, muss zu ermitteln
suchen: a) Den Unterschied, welcher zwischen der Zahl und Anordnung
der Atome in den veränderten und unveränderten Nahrungsstoffen besteht.
Die Zahl der Atome hat die Elementaranalyse festzustellen; die Anordnung
ist darum zu berücksichtigen, weil die Verdauungssäfte meist weniger
die Zusammensetzung als die Löslichkeit, die Verwandtschaften und die
Spaltbarkeit der einfachen Nahrungsstoffe ändern. — b) Es ist der Ein-
fluss festzustellen, den jeder einzelne Drüsensaft auf jeden einzelnen
Nahrungsstoff ausübt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Drüsen-
saft von veränderlicher Zusammensetzung ist, es müssen also die ver-
schiedenen Modifikationen eines und desselben Saftes zur Prüfung
kommen; da ferner jeder Saft ein Gemenge verschiedener chemischer
Stoffe ist, so muss der Versuch gemacht werden, zu ermitteln, wie sich
jeder einzelne Bestandtheil desselben an einer durch den Gesammtsaft
eingeleiteten Veränderung betheiligt; ferner erzeugt zuweilen ein Saft an
einem und demselben Nahrungsstoff mehrere Umwandlungen, es ist also
festzustellen die Reihenfolge, in der die betreffenden Umformungen ge-
schehen, und in wie fern dieselben bedingt sind von dem Aggregatzu-
stande und den isomeren Modifikationen, in denen das Nahrungsmittel der
Einwirkung des Saftes ausgesetzt wird. Alle diese Beziehungen müssen natür-
lich nach ihrem Umfange und nach ihrer Geschwindigkeit bestimmt werden,
mit anderen Worten in welcher Zeit und in welcher Menge der Nahrungs-
stoff durch die Gewichtseinheit des Saftes von bekannter Zusammensetzung
umgeändert wird. — c) Darauf würde zu erledigen sein, welche Ver-
änderungen ein Nahrungsmittel erfährt, wenn es der Reihe nach mit den
verschiedenen in Betracht kommenden Säften behandelt wird, oder aber
wenn die natürlich vorkommenden Combinationen der Verdauungsflüssig-
keiten gleichzeitig auf dasselbe wirken. — d) Endlich müssten mit verschie-
denen quantitativ genau bestimmten Mengen einfacher Nahrungsmittel (den
Speisen) dieselben Versuche vorgenommen werden, welche für jeden einzel-
nen Nahrungsstoff vorgeschrieben wurden. In allen Fällen würde angegeben

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[402/0418] Chemische Arbeit der Verdauungswerkzeuge. in das untere Ende des Mastdarmes einführt, so dass er noch aus der Aftermündung theilweise hervorsteht; er wird durch noch so heftiges Drängen nicht aus dem After befördert. — Darum ist auch in der That das Kothen der Bauchpresse nicht allein überlassen; insbesondere ist eine thätige Mitwirkung der peristaltischen Bewegung des ganzen abstei- genden Dickdarmes und dem levator ani (dem Afteröffner) zugestanden. Wahrscheinlich betheiligen sich auch m. coccygeus und transversus perinaei prof. an dem Akte, welche hinten und vorne dem andrängenden Kothe einen Widerhalt entgegenstellen. Siehe Kohlrausch am angezogenen Orte. Chemische Arbeit der Verdauungssäfte. Eine chemische Untersuchung der Umwandelungen, welche die Speisen während ihres Aufenthaltes im Darmkanale erfahren, muss zu ermitteln suchen: a) Den Unterschied, welcher zwischen der Zahl und Anordnung der Atome in den veränderten und unveränderten Nahrungsstoffen besteht. Die Zahl der Atome hat die Elementaranalyse festzustellen; die Anordnung ist darum zu berücksichtigen, weil die Verdauungssäfte meist weniger die Zusammensetzung als die Löslichkeit, die Verwandtschaften und die Spaltbarkeit der einfachen Nahrungsstoffe ändern. — b) Es ist der Ein- fluss festzustellen, den jeder einzelne Drüsensaft auf jeden einzelnen Nahrungsstoff ausübt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Drüsen- saft von veränderlicher Zusammensetzung ist, es müssen also die ver- schiedenen Modifikationen eines und desselben Saftes zur Prüfung kommen; da ferner jeder Saft ein Gemenge verschiedener chemischer Stoffe ist, so muss der Versuch gemacht werden, zu ermitteln, wie sich jeder einzelne Bestandtheil desselben an einer durch den Gesammtsaft eingeleiteten Veränderung betheiligt; ferner erzeugt zuweilen ein Saft an einem und demselben Nahrungsstoff mehrere Umwandlungen, es ist also festzustellen die Reihenfolge, in der die betreffenden Umformungen ge- schehen, und in wie fern dieselben bedingt sind von dem Aggregatzu- stande und den isomeren Modifikationen, in denen das Nahrungsmittel der Einwirkung des Saftes ausgesetzt wird. Alle diese Beziehungen müssen natür- lich nach ihrem Umfange und nach ihrer Geschwindigkeit bestimmt werden, mit anderen Worten in welcher Zeit und in welcher Menge der Nahrungs- stoff durch die Gewichtseinheit des Saftes von bekannter Zusammensetzung umgeändert wird. — c) Darauf würde zu erledigen sein, welche Ver- änderungen ein Nahrungsmittel erfährt, wenn es der Reihe nach mit den verschiedenen in Betracht kommenden Säften behandelt wird, oder aber wenn die natürlich vorkommenden Combinationen der Verdauungsflüssig- keiten gleichzeitig auf dasselbe wirken. — d) Endlich müssten mit verschie- denen quantitativ genau bestimmten Mengen einfacher Nahrungsmittel (den Speisen) dieselben Versuche vorgenommen werden, welche für jeden einzel- nen Nahrungsstoff vorgeschrieben wurden. In allen Fällen würde angegeben

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/418>, abgerufen am 28.03.2024.