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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

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Ferner: man spricht Gott nicht nur seine Güte ab,
wenn man behauptet: er habe den Blitz bloß zur Rache
erschaffen; sondern man versündiget sich auch an seiner
Weisheit. Der Weise erwählt, seine Absicht zu er-
reichen, allezeit die einfachsten und nur wenige Mittel,
und es ist gewiß ein Beweiß von einem Mangel der
Klugheit, wenn man zu dem was man durch wenige,
einfache und geringe Mittel bewürken kan; gro-
se, weitläufige und unnöthige Vorkehrungen machet.
Gott kan nun, wenn er will, die Welt, wie wir ge-
sehen haben, auch durch Dinge strafen, die er auf der
andern Seite zu einem sehr heilsamen Endzweck ange-
wendet. Z. E. durch Feuer, Luft, Wasser u. d. g.
Braucht er also ein besonderes Element zu schaffen,
daß er bloß zur Strafe bestimmt, und welches sonst
keinen Nutzen bringt? Ist es nicht weit mehr Weiß-
heit, wenn Gott durch ein und eben dasselbige Element
die Welt straft und seegnet? Und hiese dieses nicht die
Wesen ohne Noth vervielfältigen, wenn Gott nicht
diese Ordnung befolgte?

Zweyter Beweiß. Ein hartnäckiger Gegner
wird einwenden. Gottes Güte bleibe unangetastet,
wenn man gleich annehme; daß Gott dieses Element
nur zur Strafe der Menschen erschaffen habe, da die
Strafen Gottes allezeit die Besserung der Menschen
zum Grund haben. Daher muß ich dem ersten Be-
weiß einen Zweyten beyfügen, der auch diese Einwen-
dung zugleich mit entkräftet. Er lautet also:

Durch den Blitz wird im Ganzen sehr wenig
Schaden auf der Welt angerichtet; aber es werden
auch die Menschen wenig dadurch gebessert.

Daß der Schade den der Blitz anrichtet nicht
groß seye, beweist die Erfahrung. Daß der Blitz

grossen

Ferner: man ſpricht Gott nicht nur ſeine Guͤte ab,
wenn man behauptet: er habe den Blitz bloß zur Rache
erſchaffen; ſondern man verſuͤndiget ſich auch an ſeiner
Weisheit. Der Weiſe erwaͤhlt, ſeine Abſicht zu er-
reichen, allezeit die einfachſten und nur wenige Mittel,
und es iſt gewiß ein Beweiß von einem Mangel der
Klugheit, wenn man zu dem was man durch wenige,
einfache und geringe Mittel bewuͤrken kan; gro-
ſe, weitlaͤufige und unnoͤthige Vorkehrungen machet.
Gott kan nun, wenn er will, die Welt, wie wir ge-
ſehen haben, auch durch Dinge ſtrafen, die er auf der
andern Seite zu einem ſehr heilſamen Endzweck ange-
wendet. Z. E. durch Feuer, Luft, Waſſer u. d. g.
Braucht er alſo ein beſonderes Element zu ſchaffen,
daß er bloß zur Strafe beſtimmt, und welches ſonſt
keinen Nutzen bringt? Iſt es nicht weit mehr Weiß-
heit, wenn Gott durch ein und eben daſſelbige Element
die Welt ſtraft und ſeegnet? Und hieſe dieſes nicht die
Weſen ohne Noth vervielfaͤltigen, wenn Gott nicht
dieſe Ordnung befolgte?

Zweyter Beweiß. Ein hartnaͤckiger Gegner
wird einwenden. Gottes Guͤte bleibe unangetaſtet,
wenn man gleich annehme; daß Gott dieſes Element
nur zur Strafe der Menſchen erſchaffen habe, da die
Strafen Gottes allezeit die Beſſerung der Menſchen
zum Grund haben. Daher muß ich dem erſten Be-
weiß einen Zweyten beyfuͤgen, der auch dieſe Einwen-
dung zugleich mit entkraͤftet. Er lautet alſo:

Durch den Blitz wird im Ganzen ſehr wenig
Schaden auf der Welt angerichtet; aber es werden
auch die Menſchen wenig dadurch gebeſſert.

Daß der Schade den der Blitz anrichtet nicht
groß ſeye, beweiſt die Erfahrung. Daß der Blitz

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[84/0100] Ferner: man ſpricht Gott nicht nur ſeine Guͤte ab, wenn man behauptet: er habe den Blitz bloß zur Rache erſchaffen; ſondern man verſuͤndiget ſich auch an ſeiner Weisheit. Der Weiſe erwaͤhlt, ſeine Abſicht zu er- reichen, allezeit die einfachſten und nur wenige Mittel, und es iſt gewiß ein Beweiß von einem Mangel der Klugheit, wenn man zu dem was man durch wenige, einfache und geringe Mittel bewuͤrken kan; gro- ſe, weitlaͤufige und unnoͤthige Vorkehrungen machet. Gott kan nun, wenn er will, die Welt, wie wir ge- ſehen haben, auch durch Dinge ſtrafen, die er auf der andern Seite zu einem ſehr heilſamen Endzweck ange- wendet. Z. E. durch Feuer, Luft, Waſſer u. d. g. Braucht er alſo ein beſonderes Element zu ſchaffen, daß er bloß zur Strafe beſtimmt, und welches ſonſt keinen Nutzen bringt? Iſt es nicht weit mehr Weiß- heit, wenn Gott durch ein und eben daſſelbige Element die Welt ſtraft und ſeegnet? Und hieſe dieſes nicht die Weſen ohne Noth vervielfaͤltigen, wenn Gott nicht dieſe Ordnung befolgte? Zweyter Beweiß. Ein hartnaͤckiger Gegner wird einwenden. Gottes Guͤte bleibe unangetaſtet, wenn man gleich annehme; daß Gott dieſes Element nur zur Strafe der Menſchen erſchaffen habe, da die Strafen Gottes allezeit die Beſſerung der Menſchen zum Grund haben. Daher muß ich dem erſten Be- weiß einen Zweyten beyfuͤgen, der auch dieſe Einwen- dung zugleich mit entkraͤftet. Er lautet alſo: Durch den Blitz wird im Ganzen ſehr wenig Schaden auf der Welt angerichtet; aber es werden auch die Menſchen wenig dadurch gebeſſert. Daß der Schade den der Blitz anrichtet nicht groß ſeye, beweiſt die Erfahrung. Daß der Blitz groſſen

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Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/100>, abgerufen am 28.03.2024.