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Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784.

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in den Ephemeridibus societatis Meteorologicae
palatinae
1781. umständlich erzählet werden. Maxi-
milian Theodor,
der Pfälzer und Baiern Churfürst,
ein eben so groser und gründlich gelehrter Naturfor-
scher, als weiser und guter Regent beschloß zuerst unter
den Fürsten Deutschlands die Wetterableiter in seinen
Landen einzuführen. Auf seinem Lustschloß Schwet-
zingen ließ er den ersten Wetterableiter anlegen. Kaum
war es geschehen, so wurde er mit Bitten seiner Unter-
thanen überhäuft, es entweder zu unterlassen, oder
wenigstens sich nicht an einem so gefährlichen Ort auf-
zuhalten. Allein er mußte, um die Vorurtheile zu
widerlegen, diese Bitte seiner Unterthanen versagen.
Er wohnte dem nächsten Sommer auf seinem mit
Wetterableitern versehenen Lustschloß ruhig, während
dem sein Volk bey jedem Wetter ängstlich um sein Le-
ben besorgt war. Das folgende Jahr ließ er auch an
seinem Schloß zu Mannheim einen Wetterableiter an-
richten; zwar nicht ganz ohne Beängstigung, aber
schon mit mehrerer Beruhigung der Einwohner; da sie
wusten, daß ihr Churfürst bereits einen Sommer un-
ter einem Wetterableiter sicher zugebracht hatte. Im
dritten Jahr fiengen schon viele Privatpersonen an,
die Wetterstangen aufrichten zu lassen, und bald wur-
den sie allgemein.

Nun fiel diesem grosem Reichsfürsten auch Chur-
Baiern durch Erbschaft zu. Daher dachte er gleich
darauf, auch sein Müncher Schloß und das Sommer-
Schloß zu Nymphenburg, durch Wetterableiter vor dem
Blitz zu verwahren. Aber hier geschahe, was man kaum
denken sollte. Der Pöbel wurde von der Geistlichkeit an-
gestiftet, sich diesem Unternehmen zu widersetzen. Es
entstund also ein Tumult, und die Wetterableiter mu-
sten unter dem Schutz der Waffen aufgerichtet werden.

Kaum

in den Ephemeridibus ſocietatis Meteorologicae
palatinae
1781. umſtaͤndlich erzaͤhlet werden. Maxi-
milian Theodor,
der Pfaͤlzer und Baiern Churfuͤrſt,
ein eben ſo groſer und gruͤndlich gelehrter Naturfor-
ſcher, als weiſer und guter Regent beſchloß zuerſt unter
den Fuͤrſten Deutſchlands die Wetterableiter in ſeinen
Landen einzufuͤhren. Auf ſeinem Luſtſchloß Schwet-
zingen ließ er den erſten Wetterableiter anlegen. Kaum
war es geſchehen, ſo wurde er mit Bitten ſeiner Unter-
thanen uͤberhaͤuft, es entweder zu unterlaſſen, oder
wenigſtens ſich nicht an einem ſo gefaͤhrlichen Ort auf-
zuhalten. Allein er mußte, um die Vorurtheile zu
widerlegen, dieſe Bitte ſeiner Unterthanen verſagen.
Er wohnte dem naͤchſten Sommer auf ſeinem mit
Wetterableitern verſehenen Luſtſchloß ruhig, waͤhrend
dem ſein Volk bey jedem Wetter aͤngſtlich um ſein Le-
ben beſorgt war. Das folgende Jahr ließ er auch an
ſeinem Schloß zu Mannheim einen Wetterableiter an-
richten; zwar nicht ganz ohne Beaͤngſtigung, aber
ſchon mit mehrerer Beruhigung der Einwohner; da ſie
wuſten, daß ihr Churfuͤrſt bereits einen Sommer un-
ter einem Wetterableiter ſicher zugebracht hatte. Im
dritten Jahr fiengen ſchon viele Privatperſonen an,
die Wetterſtangen aufrichten zu laſſen, und bald wur-
den ſie allgemein.

Nun fiel dieſem groſem Reichsfuͤrſten auch Chur-
Baiern durch Erbſchaft zu. Daher dachte er gleich
darauf, auch ſein Muͤncher Schloß und das Sommer-
Schloß zu Nymphenburg, durch Wetterableiter vor dem
Blitz zu verwahren. Aber hier geſchahe, was man kaum
denken ſollte. Der Poͤbel wurde von der Geiſtlichkeit an-
geſtiftet, ſich dieſem Unternehmen zu widerſetzen. Es
entſtund alſo ein Tumult, und die Wetterableiter mu-
ſten unter dem Schutz der Waffen aufgerichtet werden.

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[11/0027] in den Ephemeridibus ſocietatis Meteorologicae palatinae 1781. umſtaͤndlich erzaͤhlet werden. Maxi- milian Theodor, der Pfaͤlzer und Baiern Churfuͤrſt, ein eben ſo groſer und gruͤndlich gelehrter Naturfor- ſcher, als weiſer und guter Regent beſchloß zuerſt unter den Fuͤrſten Deutſchlands die Wetterableiter in ſeinen Landen einzufuͤhren. Auf ſeinem Luſtſchloß Schwet- zingen ließ er den erſten Wetterableiter anlegen. Kaum war es geſchehen, ſo wurde er mit Bitten ſeiner Unter- thanen uͤberhaͤuft, es entweder zu unterlaſſen, oder wenigſtens ſich nicht an einem ſo gefaͤhrlichen Ort auf- zuhalten. Allein er mußte, um die Vorurtheile zu widerlegen, dieſe Bitte ſeiner Unterthanen verſagen. Er wohnte dem naͤchſten Sommer auf ſeinem mit Wetterableitern verſehenen Luſtſchloß ruhig, waͤhrend dem ſein Volk bey jedem Wetter aͤngſtlich um ſein Le- ben beſorgt war. Das folgende Jahr ließ er auch an ſeinem Schloß zu Mannheim einen Wetterableiter an- richten; zwar nicht ganz ohne Beaͤngſtigung, aber ſchon mit mehrerer Beruhigung der Einwohner; da ſie wuſten, daß ihr Churfuͤrſt bereits einen Sommer un- ter einem Wetterableiter ſicher zugebracht hatte. Im dritten Jahr fiengen ſchon viele Privatperſonen an, die Wetterſtangen aufrichten zu laſſen, und bald wur- den ſie allgemein. Nun fiel dieſem groſem Reichsfuͤrſten auch Chur- Baiern durch Erbſchaft zu. Daher dachte er gleich darauf, auch ſein Muͤncher Schloß und das Sommer- Schloß zu Nymphenburg, durch Wetterableiter vor dem Blitz zu verwahren. Aber hier geſchahe, was man kaum denken ſollte. Der Poͤbel wurde von der Geiſtlichkeit an- geſtiftet, ſich dieſem Unternehmen zu widerſetzen. Es entſtund alſo ein Tumult, und die Wetterableiter mu- ſten unter dem Schutz der Waffen aufgerichtet werden. Kaum

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Zitationshilfe: Luz, Johann Friedrich: Unterricht vom Blitz und den Blitz- oder Wetter-Ableitern. Frankfurt und Leipzig, 1784, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luz_blitz_1784/27>, abgerufen am 16.04.2024.