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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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für die Geschäftsführung zurechnet 1), bedeutend eingeschränkt.
Allein es wird damit keineswegs in Abrede gestellt, daß der

1) Mit dieser Ansicht hängt es zusammen, wenn manche Schriftsteller
sich große Mühe geben, die dem Unternehmer nöthigen Qualificationen genau
aufzuzählen. -- So z. B. unter den Franzosen J. B. Say (Cours, V, 8.
Traite, II,
7.) und Dunoyer (Buch VI.) und unter den Deutschen Steinlein
(Handbuch der Volkswirthschaftslehre, Bd. I. München 1831. S. 444 ff.);
zugleich mit einem langen Literaturnachweis. Wir von unserm Standpunkt
aus vermögen darauf keinen besondern Werth zu legen, da wir eine bestimmte
Thätigkeit nicht als wesentlich nothwendiges, unentbehrliches Merkmal des
Unternehmers betrachten. Soll jedoch einmal eine specielle Thätigkeit des
Unternehmers angenommen werden, so wird man darunter diejenige verstehen
müssen, die sich auf die Conception der Production, das in Bewegung Setzen
und Zusammenhalten der Productionselemente und die Verwerthung der
Erzeugnisse bezieht. Mit Beziehung hierauf würde man die von einem
Unternehmer geforderten Eigenschaften etwa in folgender Weise classificiren
können:
1) Erkenntniß der wachenden und schlummernden Bedürfnisse und des
Betrags der Mittel, welche das Publicum für deren Befriedigung aufzuwen-
den fähig und geneigt ist, und zwar beider Größen in ihrem steten Wechsel.

2) Fähigkeit, sich ein Ideal der geforderten Producte zu bilden, sowie
Erkenntniß des ökonomisch besten Verfahrens zu ihrer Herstellung und der
anzuwendenden Productionselemente, ihrer abstracten und concreten Leistungs-
fähigkeit, ihres Preises sowohl für den Unternehmer selbst als für etwaige
Concurrenten; eben so Erkenntniß der persönlichen Leistungsfähigkeit der
letzteren im Vergleich mit seiner eignen; als Folge von Alledem die Fähig-
keit, den Preis, zu welchem man selbst und zu welchem Andre zu produciren
vermögen, mit wohlbegründeter Zuversicht zu berechnen.

3) Talent, die in jedem gegebenen Augenblicke zu Gebote stehenden
wohlfeilsten und ausgiebigsten Productionsmittel auszuspüren und für die
Unternehmung zu gewinnen.

4) Talent, die gewonnenen Productionselemente auf die fruchtbrin-
gendste Weise zu verwenden und sie zur Production im Allgemeinen, wie im
Bezug auf ihr Verhältniß gegen einander in die richtige Stellung zu bringen.

5) Talent, die gewonnenen Productionselemente der Unternehmung und
zwar fortdauernd in der höchsten Ausgiebigkeit, zu der man sie bringen kann.
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fuͤr die Geſchaͤftsfuͤhrung zurechnet 1), bedeutend eingeſchraͤnkt.
Allein es wird damit keineswegs in Abrede geſtellt, daß der

1) Mit dieſer Anſicht hängt es zuſammen, wenn manche Schriftſteller
ſich große Mühe geben, die dem Unternehmer nöthigen Qualificationen genau
aufzuzählen. — So z. B. unter den Franzoſen J. B. Say (Cours, V, 8.
Traité, II,
7.) und Dunoyer (Buch VI.) und unter den Deutſchen Steinlein
(Handbuch der Volkswirthſchaftslehre, Bd. I. München 1831. S. 444 ff.);
zugleich mit einem langen Literaturnachweis. Wir von unſerm Standpunkt
aus vermögen darauf keinen beſondern Werth zu legen, da wir eine beſtimmte
Thätigkeit nicht als weſentlich nothwendiges, unentbehrliches Merkmal des
Unternehmers betrachten. Soll jedoch einmal eine ſpecielle Thätigkeit des
Unternehmers angenommen werden, ſo wird man darunter diejenige verſtehen
müſſen, die ſich auf die Conception der Production, das in Bewegung Setzen
und Zuſammenhalten der Productionselemente und die Verwerthung der
Erzeugniſſe bezieht. Mit Beziehung hierauf würde man die von einem
Unternehmer geforderten Eigenſchaften etwa in folgender Weiſe claſſificiren
können:
1) Erkenntniß der wachenden und ſchlummernden Bedürfniſſe und des
Betrags der Mittel, welche das Publicum für deren Befriedigung aufzuwen-
den fähig und geneigt iſt, und zwar beider Größen in ihrem ſteten Wechſel.

2) Fähigkeit, ſich ein Ideal der geforderten Producte zu bilden, ſowie
Erkenntniß des ökonomiſch beſten Verfahrens zu ihrer Herſtellung und der
anzuwendenden Productionselemente, ihrer abſtracten und concreten Leiſtungs-
fähigkeit, ihres Preiſes ſowohl für den Unternehmer ſelbſt als für etwaige
Concurrenten; eben ſo Erkenntniß der perſönlichen Leiſtungsfähigkeit der
letzteren im Vergleich mit ſeiner eignen; als Folge von Alledem die Fähig-
keit, den Preis, zu welchem man ſelbſt und zu welchem Andre zu produciren
vermögen, mit wohlbegründeter Zuverſicht zu berechnen.

3) Talent, die in jedem gegebenen Augenblicke zu Gebote ſtehenden
wohlfeilſten und ausgiebigſten Productionsmittel auszuſpüren und für die
Unternehmung zu gewinnen.

4) Talent, die gewonnenen Productionselemente auf die fruchtbrin-
gendſte Weiſe zu verwenden und ſie zur Production im Allgemeinen, wie im
Bezug auf ihr Verhältniß gegen einander in die richtige Stellung zu bringen.

5) Talent, die gewonnenen Productionselemente der Unternehmung und
zwar fortdauernd in der höchſten Ausgiebigkeit, zu der man ſie bringen kann.
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[97/0109] fuͤr die Geſchaͤftsfuͤhrung zurechnet 1), bedeutend eingeſchraͤnkt. Allein es wird damit keineswegs in Abrede geſtellt, daß der 1) Mit dieſer Anſicht hängt es zuſammen, wenn manche Schriftſteller ſich große Mühe geben, die dem Unternehmer nöthigen Qualificationen genau aufzuzählen. — So z. B. unter den Franzoſen J. B. Say (Cours, V, 8. Traité, II, 7.) und Dunoyer (Buch VI.) und unter den Deutſchen Steinlein (Handbuch der Volkswirthſchaftslehre, Bd. I. München 1831. S. 444 ff.); zugleich mit einem langen Literaturnachweis. Wir von unſerm Standpunkt aus vermögen darauf keinen beſondern Werth zu legen, da wir eine beſtimmte Thätigkeit nicht als weſentlich nothwendiges, unentbehrliches Merkmal des Unternehmers betrachten. Soll jedoch einmal eine ſpecielle Thätigkeit des Unternehmers angenommen werden, ſo wird man darunter diejenige verſtehen müſſen, die ſich auf die Conception der Production, das in Bewegung Setzen und Zuſammenhalten der Productionselemente und die Verwerthung der Erzeugniſſe bezieht. Mit Beziehung hierauf würde man die von einem Unternehmer geforderten Eigenſchaften etwa in folgender Weiſe claſſificiren können: 1) Erkenntniß der wachenden und ſchlummernden Bedürfniſſe und des Betrags der Mittel, welche das Publicum für deren Befriedigung aufzuwen- den fähig und geneigt iſt, und zwar beider Größen in ihrem ſteten Wechſel. 2) Fähigkeit, ſich ein Ideal der geforderten Producte zu bilden, ſowie Erkenntniß des ökonomiſch beſten Verfahrens zu ihrer Herſtellung und der anzuwendenden Productionselemente, ihrer abſtracten und concreten Leiſtungs- fähigkeit, ihres Preiſes ſowohl für den Unternehmer ſelbſt als für etwaige Concurrenten; eben ſo Erkenntniß der perſönlichen Leiſtungsfähigkeit der letzteren im Vergleich mit ſeiner eignen; als Folge von Alledem die Fähig- keit, den Preis, zu welchem man ſelbſt und zu welchem Andre zu produciren vermögen, mit wohlbegründeter Zuverſicht zu berechnen. 3) Talent, die in jedem gegebenen Augenblicke zu Gebote ſtehenden wohlfeilſten und ausgiebigſten Productionsmittel auszuſpüren und für die Unternehmung zu gewinnen. 4) Talent, die gewonnenen Productionselemente auf die fruchtbrin- gendſte Weiſe zu verwenden und ſie zur Production im Allgemeinen, wie im Bezug auf ihr Verhältniß gegen einander in die richtige Stellung zu bringen. 5) Talent, die gewonnenen Productionselemente der Unternehmung und zwar fortdauernd in der höchſten Ausgiebigkeit, zu der man ſie bringen kann. 7

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/109>, abgerufen am 23.04.2024.