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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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als Zins zu geben 1)? -- Anders verhält es sich mit den
Arbeitskräften. Ihre vollständige Ausnutzung hängt wesentlich
von dem Willen und somit von dem Interesse des Arbeiters ab.
Sucht man den einen und das andre auch noch so sehr mit ins
Spiel zu ziehen durch Anregung des Ehrgefühls, durch Ein-
führung des Stücklohns und von Tantiemen, so wird es doch
in der Regel nicht gelingen, auf diese Weise die ganze Kraft
des Arbeiters in Wirksamkeit zu setzen 2). Es bleibt daher ein
Fähigkeitstheil übrig, welcher nicht mit zu miethen ist, und der

1) Man kann nicht einwenden: dann behält er ja nichts für sich. Einen
Capitalertrag allerdings nicht, aber wohl den Ertrag seiner Arbeit, zu deren
Verwerthung das Capital ihm die Gelegenheit schafft, und den Unternehmer-
gewinn. Auch vergesse man nicht, daß wir den Unternehmerzins von der
Gefahrprämie durchaus scheiden und einzig und allein den reinen Ertrag des
Capitals darunter verstehen.
2) "In solchen Zeiten, wo durch die Wechselfälle der Conjunctur das
Geschäft große Verluste bringt, und das Vermögen, wie die Ehre des Unter-
nehmers auf dem Spiele steht, ist der Geist desselben von dem einen Ge-
danken, wie er das Unglück von sich abwenden kann, erfüllt, und der Schlaf
flieht ihn auf seinem Lager. Anders verhält es sich in einem solchen Falle mit
dem besoldeten Stellvertreter. Wenn dieser am Tage ordentlich gearbeitet
hat und am Abend ermüdet nach Hause kommt, schläft er mit dem Bewußt-
sein erfüllter Pflicht ruhig ein. Aber die schlaflosen Nächte des Unterneh-
mers sind nicht unproductiv. Hier faßt er Pläne und kommt auf Gedanken
zur Abwendung seines Mißgeschicks, die dem besoldeten Administrator, wie
ernstlich derselbe auch seine Pflicht zu erfüllen streben mag, doch verborgen
bleiben, weil sie erst aus der höchsten Anspannung aller auf einen Punkt
gerichteten Geisteskräfte hervorgehen . . . . Der auf eigne Rechnung und auf
eigne Gefahr arbeitende Unternehmer besitzt bei übrigens gleichen Eigen-
schaften eine größere Leistungsfähigkeit als der besoldete Stellvertreter, wie
groß auch dessen Pflichttreue sein mag, und dieß ist der Grund, warum dem
Unternehmer außer den Administrationskosten noch eine Vergütung zukommt."
v. Thünen a. a. O. S. 83--84. Auch Roscher hebt die Fruchtbarkeit der
schlaflosen Nächte des Unternehmers mit Nachdruck hervor.

als Zins zu geben 1)? — Anders verhaͤlt es ſich mit den
Arbeitskraͤften. Ihre vollſtaͤndige Ausnutzung haͤngt weſentlich
von dem Willen und ſomit von dem Intereſſe des Arbeiters ab.
Sucht man den einen und das andre auch noch ſo ſehr mit ins
Spiel zu ziehen durch Anregung des Ehrgefuͤhls, durch Ein-
fuͤhrung des Stuͤcklohns und von Tantiemen, ſo wird es doch
in der Regel nicht gelingen, auf dieſe Weiſe die ganze Kraft
des Arbeiters in Wirkſamkeit zu ſetzen 2). Es bleibt daher ein
Faͤhigkeitstheil uͤbrig, welcher nicht mit zu miethen iſt, und der

1) Man kann nicht einwenden: dann behält er ja nichts für ſich. Einen
Capitalertrag allerdings nicht, aber wohl den Ertrag ſeiner Arbeit, zu deren
Verwerthung das Capital ihm die Gelegenheit ſchafft, und den Unternehmer-
gewinn. Auch vergeſſe man nicht, daß wir den Unternehmerzins von der
Gefahrprämie durchaus ſcheiden und einzig und allein den reinen Ertrag des
Capitals darunter verſtehen.
2) „In ſolchen Zeiten, wo durch die Wechſelfälle der Conjunctur das
Geſchäft große Verluſte bringt, und das Vermögen, wie die Ehre des Unter-
nehmers auf dem Spiele ſteht, iſt der Geiſt deſſelben von dem einen Ge-
danken, wie er das Unglück von ſich abwenden kann, erfüllt, und der Schlaf
flieht ihn auf ſeinem Lager. Anders verhält es ſich in einem ſolchen Falle mit
dem beſoldeten Stellvertreter. Wenn dieſer am Tage ordentlich gearbeitet
hat und am Abend ermüdet nach Hauſe kommt, ſchläft er mit dem Bewußt-
ſein erfüllter Pflicht ruhig ein. Aber die ſchlafloſen Nächte des Unterneh-
mers ſind nicht unproductiv. Hier faßt er Pläne und kommt auf Gedanken
zur Abwendung ſeines Mißgeſchicks, die dem beſoldeten Adminiſtrator, wie
ernſtlich derſelbe auch ſeine Pflicht zu erfüllen ſtreben mag, doch verborgen
bleiben, weil ſie erſt aus der höchſten Anſpannung aller auf einen Punkt
gerichteten Geiſteskräfte hervorgehen . . . . Der auf eigne Rechnung und auf
eigne Gefahr arbeitende Unternehmer beſitzt bei übrigens gleichen Eigen-
ſchaften eine größere Leiſtungsfähigkeit als der beſoldete Stellvertreter, wie
groß auch deſſen Pflichttreue ſein mag, und dieß iſt der Grund, warum dem
Unternehmer außer den Adminiſtrationskoſten noch eine Vergütung zukommt.“
v. Thünen a. a. O. S. 83—84. Auch Roſcher hebt die Fruchtbarkeit der
ſchlafloſen Nächte des Unternehmers mit Nachdruck hervor.
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[104/0116] als Zins zu geben 1)? — Anders verhaͤlt es ſich mit den Arbeitskraͤften. Ihre vollſtaͤndige Ausnutzung haͤngt weſentlich von dem Willen und ſomit von dem Intereſſe des Arbeiters ab. Sucht man den einen und das andre auch noch ſo ſehr mit ins Spiel zu ziehen durch Anregung des Ehrgefuͤhls, durch Ein- fuͤhrung des Stuͤcklohns und von Tantiemen, ſo wird es doch in der Regel nicht gelingen, auf dieſe Weiſe die ganze Kraft des Arbeiters in Wirkſamkeit zu ſetzen 2). Es bleibt daher ein Faͤhigkeitstheil uͤbrig, welcher nicht mit zu miethen iſt, und der 1) Man kann nicht einwenden: dann behält er ja nichts für ſich. Einen Capitalertrag allerdings nicht, aber wohl den Ertrag ſeiner Arbeit, zu deren Verwerthung das Capital ihm die Gelegenheit ſchafft, und den Unternehmer- gewinn. Auch vergeſſe man nicht, daß wir den Unternehmerzins von der Gefahrprämie durchaus ſcheiden und einzig und allein den reinen Ertrag des Capitals darunter verſtehen. 2) „In ſolchen Zeiten, wo durch die Wechſelfälle der Conjunctur das Geſchäft große Verluſte bringt, und das Vermögen, wie die Ehre des Unter- nehmers auf dem Spiele ſteht, iſt der Geiſt deſſelben von dem einen Ge- danken, wie er das Unglück von ſich abwenden kann, erfüllt, und der Schlaf flieht ihn auf ſeinem Lager. Anders verhält es ſich in einem ſolchen Falle mit dem beſoldeten Stellvertreter. Wenn dieſer am Tage ordentlich gearbeitet hat und am Abend ermüdet nach Hauſe kommt, ſchläft er mit dem Bewußt- ſein erfüllter Pflicht ruhig ein. Aber die ſchlafloſen Nächte des Unterneh- mers ſind nicht unproductiv. Hier faßt er Pläne und kommt auf Gedanken zur Abwendung ſeines Mißgeſchicks, die dem beſoldeten Adminiſtrator, wie ernſtlich derſelbe auch ſeine Pflicht zu erfüllen ſtreben mag, doch verborgen bleiben, weil ſie erſt aus der höchſten Anſpannung aller auf einen Punkt gerichteten Geiſteskräfte hervorgehen . . . . Der auf eigne Rechnung und auf eigne Gefahr arbeitende Unternehmer beſitzt bei übrigens gleichen Eigen- ſchaften eine größere Leiſtungsfähigkeit als der beſoldete Stellvertreter, wie groß auch deſſen Pflichttreue ſein mag, und dieß iſt der Grund, warum dem Unternehmer außer den Adminiſtrationskoſten noch eine Vergütung zukommt.“ v. Thünen a. a. O. S. 83—84. Auch Roſcher hebt die Fruchtbarkeit der ſchlafloſen Nächte des Unternehmers mit Nachdruck hervor.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/116>, abgerufen am 28.03.2024.