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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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Die neuere Nationalökonomik hat, wie gesagt, diese Frage
scharfsinnigen und tiefeingehenden Erörterungen unterzogen. Der
Weg, welchen sie dabei eingeschlagen hat, schien ihr durch die
Natur der Dinge vorgeschrieben. Das Object, um dessen Ver-
theilung es sich handelte, war die Masse der producirten Güter,
der Grund, auf welchen ein Jeder seinen Anspruch gründete,
seine Theilnahme an der Production, sei es mit seiner Person,
sei es mit seinem Besitze. Hierdurch war die Methode gegeben,
die verschiedenen einzelnen Factoren der Production der Betrach-
tung zu unterziehen und zu erforschen, unter welchen Bedingungen
sie zur Production mitwirken. So stellte sich der hervorgebrachte
Reichthum in verschiedene Theile zergliedert dar, welche den Ar-
beitern als Lohn, den Capitalisten als Gewinn oder Zins, den
Grundeigenthümern als Rente, endlich wohl auch der Regie-
rungsgewalt als Steuer 1) zufließen.

Indessen stellte sich die Nothwendigkeit einer Ergänzung die-
ser Eintheilung alsbald heraus. Einestheils zeigte sich, daß das
Resultat der einzelnen productiven Factoren ein ganz anderes
war, wenn man sie in ihrer Vereinzelung dachte, als wenn man
sie sich zu gemeinsamer Wirksamkeit verbunden vorstellte. Neben
jenen productiven Factoren trat mithin die Kraft, welche sie auf
ein gemeinschaftliches Ziel richtete, als eine neue Quelle der
Production hervor. Andererseits konnte der Umstand nicht un-
beachtet bleiben, daß der Antheil, welchen Capitalisten, Arbeiter,
Grundherren erhielten, sich auf den Werth des zu producirenden
Products bezog, daß aber der Werth des wirklich producirten
Products häufig von diesem mehr oder minder abwich, so daß
sich bald ein Ueberschuß, bald ein Ausfall nach jener Vertheilung
ergab, über welchen die Wissenschaft denn doch auch Rechnung

1) So Rossi Distribution de la richesse, 3. Vorlesung, am Schlusse.
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Die neuere Nationaloͤkonomik hat, wie geſagt, dieſe Frage
ſcharfſinnigen und tiefeingehenden Eroͤrterungen unterzogen. Der
Weg, welchen ſie dabei eingeſchlagen hat, ſchien ihr durch die
Natur der Dinge vorgeſchrieben. Das Object, um deſſen Ver-
theilung es ſich handelte, war die Maſſe der producirten Guͤter,
der Grund, auf welchen ein Jeder ſeinen Anſpruch gruͤndete,
ſeine Theilnahme an der Production, ſei es mit ſeiner Perſon,
ſei es mit ſeinem Beſitze. Hierdurch war die Methode gegeben,
die verſchiedenen einzelnen Factoren der Production der Betrach-
tung zu unterziehen und zu erforſchen, unter welchen Bedingungen
ſie zur Production mitwirken. So ſtellte ſich der hervorgebrachte
Reichthum in verſchiedene Theile zergliedert dar, welche den Ar-
beitern als Lohn, den Capitaliſten als Gewinn oder Zins, den
Grundeigenthuͤmern als Rente, endlich wohl auch der Regie-
rungsgewalt als Steuer 1) zufließen.

Indeſſen ſtellte ſich die Nothwendigkeit einer Ergaͤnzung die-
ſer Eintheilung alsbald heraus. Einestheils zeigte ſich, daß das
Reſultat der einzelnen productiven Factoren ein ganz anderes
war, wenn man ſie in ihrer Vereinzelung dachte, als wenn man
ſie ſich zu gemeinſamer Wirkſamkeit verbunden vorſtellte. Neben
jenen productiven Factoren trat mithin die Kraft, welche ſie auf
ein gemeinſchaftliches Ziel richtete, als eine neue Quelle der
Production hervor. Andererſeits konnte der Umſtand nicht un-
beachtet bleiben, daß der Antheil, welchen Capitaliſten, Arbeiter,
Grundherren erhielten, ſich auf den Werth des zu producirenden
Products bezog, daß aber der Werth des wirklich producirten
Products haͤufig von dieſem mehr oder minder abwich, ſo daß
ſich bald ein Ueberſchuß, bald ein Ausfall nach jener Vertheilung
ergab, uͤber welchen die Wiſſenſchaft denn doch auch Rechnung

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[3/0015] Die neuere Nationaloͤkonomik hat, wie geſagt, dieſe Frage ſcharfſinnigen und tiefeingehenden Eroͤrterungen unterzogen. Der Weg, welchen ſie dabei eingeſchlagen hat, ſchien ihr durch die Natur der Dinge vorgeſchrieben. Das Object, um deſſen Ver- theilung es ſich handelte, war die Maſſe der producirten Guͤter, der Grund, auf welchen ein Jeder ſeinen Anſpruch gruͤndete, ſeine Theilnahme an der Production, ſei es mit ſeiner Perſon, ſei es mit ſeinem Beſitze. Hierdurch war die Methode gegeben, die verſchiedenen einzelnen Factoren der Production der Betrach- tung zu unterziehen und zu erforſchen, unter welchen Bedingungen ſie zur Production mitwirken. So ſtellte ſich der hervorgebrachte Reichthum in verſchiedene Theile zergliedert dar, welche den Ar- beitern als Lohn, den Capitaliſten als Gewinn oder Zins, den Grundeigenthuͤmern als Rente, endlich wohl auch der Regie- rungsgewalt als Steuer 1) zufließen. Indeſſen ſtellte ſich die Nothwendigkeit einer Ergaͤnzung die- ſer Eintheilung alsbald heraus. Einestheils zeigte ſich, daß das Reſultat der einzelnen productiven Factoren ein ganz anderes war, wenn man ſie in ihrer Vereinzelung dachte, als wenn man ſie ſich zu gemeinſamer Wirkſamkeit verbunden vorſtellte. Neben jenen productiven Factoren trat mithin die Kraft, welche ſie auf ein gemeinſchaftliches Ziel richtete, als eine neue Quelle der Production hervor. Andererſeits konnte der Umſtand nicht un- beachtet bleiben, daß der Antheil, welchen Capitaliſten, Arbeiter, Grundherren erhielten, ſich auf den Werth des zu producirenden Products bezog, daß aber der Werth des wirklich producirten Products haͤufig von dieſem mehr oder minder abwich, ſo daß ſich bald ein Ueberſchuß, bald ein Ausfall nach jener Vertheilung ergab, uͤber welchen die Wiſſenſchaft denn doch auch Rechnung 1) So Roſſi Distribution de la richesse, 3. Vorleſung, am Schluſſe. 1 *

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/15>, abgerufen am 23.04.2024.