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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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Gewinn genauer in seine verschiedenen Bestandtheile aufzulösen,
giebt auf französischem Boden zu einer fundamental-verschiedenen
Anschauungsweise Veranlassung, als deren Hauptvertreter J. B.
Say erscheint. Es ist die Persönlichkeit, auf welche bei der
Production der Hauptnachdruck gelegt wird, und da, wo die
Engländer von Unternehmungen reden, treten bei Say und sei-
nen Schülern die Personen der Unternehmer auf 1). Der Antheil,
welcher ihnen zufällt, erscheint hauptsächlich als Vergeltung ihrer
persönlichen Bemühungen, und es entsteht die Frage, ob man
ihn wegen dieses Charakters nicht ohne Weiteres dem Lohne
zurechnen solle. Indessen zeigen sich bei näherer Prüfung doch
nicht unwesentliche Verschiedenheiten zwischen dem Lohne der ge-
wöhnlichen Arbeiter und der Vergütung, welche der Unterneh-
mer für ihre Thätigkeit in Anspruch nehmen, so wie auf der
andern Seite ein gewisses Verhältniß dieser Vergütung zu den
aufgewendeten Capitalien hervortritt. Hierdurch werden die
meisten deutschen Schriftsteller zu dem Versuche veranlaßt, die
englische und die französische Anschauungsweise zu vermitteln,
wobei sie jedoch selbst meistens entweder in der einen oder in der
andern mehr oder weniger befangen bleiben. Die wahre Ver-
mittelung wird erst dadurch möglich, daß man das Geschäft des
Unternehmers im Gedanken von der Thätigkeit der einzelnen
Productionsfactoren vollständig trennt. -- Dieß ist der Weg, den
Hufeland und Schön angedeutet und den Riedel und von Thünen

1) Bezeichnend in dieser Beziehung ist die Klage John Stuart Mill's,
daß die Gewohnheit der englischen Sprache es nicht gestatte, das Wort
undertaker in demselben Sinne zu gebrauchen, wie die Franzosen ihr en-
treprenenr
S. 479. Doch findet sich undertaker z. B. bei Ad. Smith I, 6:
The profits of the undertaker of the work, who hazards his stock in this
adventure .... The undertaker of the one will expect a yearly profit.
3

Gewinn genauer in ſeine verſchiedenen Beſtandtheile aufzuloͤſen,
giebt auf franzoͤſiſchem Boden zu einer fundamental-verſchiedenen
Anſchauungsweiſe Veranlaſſung, als deren Hauptvertreter J. B.
Say erſcheint. Es iſt die Perſoͤnlichkeit, auf welche bei der
Production der Hauptnachdruck gelegt wird, und da, wo die
Englaͤnder von Unternehmungen reden, treten bei Say und ſei-
nen Schuͤlern die Perſonen der Unternehmer auf 1). Der Antheil,
welcher ihnen zufaͤllt, erſcheint hauptſaͤchlich als Vergeltung ihrer
perſoͤnlichen Bemuͤhungen, und es entſteht die Frage, ob man
ihn wegen dieſes Charakters nicht ohne Weiteres dem Lohne
zurechnen ſolle. Indeſſen zeigen ſich bei naͤherer Pruͤfung doch
nicht unweſentliche Verſchiedenheiten zwiſchen dem Lohne der ge-
woͤhnlichen Arbeiter und der Verguͤtung, welche der Unterneh-
mer fuͤr ihre Thaͤtigkeit in Anſpruch nehmen, ſo wie auf der
andern Seite ein gewiſſes Verhaͤltniß dieſer Verguͤtung zu den
aufgewendeten Capitalien hervortritt. Hierdurch werden die
meiſten deutſchen Schriftſteller zu dem Verſuche veranlaßt, die
engliſche und die franzoͤſiſche Anſchauungsweiſe zu vermitteln,
wobei ſie jedoch ſelbſt meiſtens entweder in der einen oder in der
andern mehr oder weniger befangen bleiben. Die wahre Ver-
mittelung wird erſt dadurch moͤglich, daß man das Geſchaͤft des
Unternehmers im Gedanken von der Thaͤtigkeit der einzelnen
Productionsfactoren vollſtaͤndig trennt. — Dieß iſt der Weg, den
Hufeland und Schoͤn angedeutet und den Riedel und von Thuͤnen

1) Bezeichnend in dieſer Beziehung iſt die Klage John Stuart Mill’s,
daß die Gewohnheit der engliſchen Sprache es nicht geſtatte, das Wort
undertaker in demſelben Sinne zu gebrauchen, wie die Franzoſen ihr en-
treprenenr
S. 479. Doch findet ſich undertaker z. B. bei Ad. Smith I, 6:
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[33/0045] Gewinn genauer in ſeine verſchiedenen Beſtandtheile aufzuloͤſen, giebt auf franzoͤſiſchem Boden zu einer fundamental-verſchiedenen Anſchauungsweiſe Veranlaſſung, als deren Hauptvertreter J. B. Say erſcheint. Es iſt die Perſoͤnlichkeit, auf welche bei der Production der Hauptnachdruck gelegt wird, und da, wo die Englaͤnder von Unternehmungen reden, treten bei Say und ſei- nen Schuͤlern die Perſonen der Unternehmer auf 1). Der Antheil, welcher ihnen zufaͤllt, erſcheint hauptſaͤchlich als Vergeltung ihrer perſoͤnlichen Bemuͤhungen, und es entſteht die Frage, ob man ihn wegen dieſes Charakters nicht ohne Weiteres dem Lohne zurechnen ſolle. Indeſſen zeigen ſich bei naͤherer Pruͤfung doch nicht unweſentliche Verſchiedenheiten zwiſchen dem Lohne der ge- woͤhnlichen Arbeiter und der Verguͤtung, welche der Unterneh- mer fuͤr ihre Thaͤtigkeit in Anſpruch nehmen, ſo wie auf der andern Seite ein gewiſſes Verhaͤltniß dieſer Verguͤtung zu den aufgewendeten Capitalien hervortritt. Hierdurch werden die meiſten deutſchen Schriftſteller zu dem Verſuche veranlaßt, die engliſche und die franzoͤſiſche Anſchauungsweiſe zu vermitteln, wobei ſie jedoch ſelbſt meiſtens entweder in der einen oder in der andern mehr oder weniger befangen bleiben. Die wahre Ver- mittelung wird erſt dadurch moͤglich, daß man das Geſchaͤft des Unternehmers im Gedanken von der Thaͤtigkeit der einzelnen Productionsfactoren vollſtaͤndig trennt. — Dieß iſt der Weg, den Hufeland und Schoͤn angedeutet und den Riedel und von Thuͤnen 1) Bezeichnend in dieſer Beziehung iſt die Klage John Stuart Mill’s, daß die Gewohnheit der engliſchen Sprache es nicht geſtatte, das Wort undertaker in demſelben Sinne zu gebrauchen, wie die Franzoſen ihr en- treprenenr S. 479. Doch findet ſich undertaker z. B. bei Ad. Smith I, 6: The profits of the undertaker of the work, who hazards his stock in this adventure .... The undertaker of the one will expect a yearly profit. 3

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/45>, abgerufen am 28.03.2024.