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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Armuth fürchtet/ und der andere des Reich-
thums allzubegierig ist; Den ersten siehet
man nicht gern/ den andern aber meidet
man so viel möglich/ auch hasset man den-
selben auffs höchste. Die Nothwendigkeit
gibt jenem eine Künheit ein/ und macht/
daß er erschreckliche Gedancken fasl; Aber
der Geitz/ welcher eine schändliche und ab-
scheuliche Passion ist/ macht diesen verächt-
lich bey allen Leuten/ weil er nur seinem
Erben/ und zwar ohne seine Intention/
gutes thut.

L.

Die Liebe/ so ein Geitziger gegen die
weltliche Güter trägt/ ist ihm so schädlich/
als ein Schiffbruch oder Feuersbrunst.
In Summa/ sein Gut dienet ihm auf kei-
ne Weise/ und es wäre ihm eben so gut/ daß
sein Gut vom Feuer verzehret/ oder vom
Meer verschlungen wäre. Das Gold/
dessen seine Kisten voll sind/ ist seinent wegen
gäntzlich verlohren: Mich düncket/ man
könne mit einem Wort sagen/ daß des Gei-
tzigen grosse Schätze eine sehr wolgezierte
Armuth sey.

LI.

Ein geitziger Mann ist keinem Menschen

Nutz

Armuth fuͤrchtet/ und der andere des Reich-
thums allzubegierig iſt; Den erſten ſiehet
man nicht gern/ den andern aber meidet
man ſo viel moͤglich/ auch haſſet man den-
ſelben auffs hoͤchſte. Die Nothwendigkeit
gibt jenem eine Kuͤnheit ein/ und macht/
daß er erſchreckliche Gedancken faſl; Aber
der Geitz/ welcher eine ſchaͤndliche und ab-
ſcheuliche Pasſion iſt/ macht dieſen veraͤcht-
lich bey allen Leuten/ weil er nur ſeinem
Erben/ und zwar ohne ſeine Intention/
gutes thut.

L.

Die Liebe/ ſo ein Geitziger gegen die
weltliche Guͤter traͤgt/ iſt ihm ſo ſchaͤdlich/
als ein Schiffbruch oder Feuersbrunſt.
In Summa/ ſein Gut dienet ihm auf kei-
ne Weiſe/ und es waͤre ihm eben ſo gut/ daß
ſein Gut vom Feuer verzehret/ oder vom
Meer verſchlungen waͤre. Das Gold/
deſſen ſeine Kiſten voll ſind/ iſt ſeinent wegen
gaͤntzlich verlohren: Mich duͤncket/ man
koͤnne mit einem Wort ſagen/ daß des Gei-
tzigen groſſe Schaͤtze eine ſehr wolgezierte
Armuth ſey.

LI.

Ein geitziger Mann iſt keinem Menſchen

Nutz
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[79[69]/0080] Armuth fuͤrchtet/ und der andere des Reich- thums allzubegierig iſt; Den erſten ſiehet man nicht gern/ den andern aber meidet man ſo viel moͤglich/ auch haſſet man den- ſelben auffs hoͤchſte. Die Nothwendigkeit gibt jenem eine Kuͤnheit ein/ und macht/ daß er erſchreckliche Gedancken faſl; Aber der Geitz/ welcher eine ſchaͤndliche und ab- ſcheuliche Pasſion iſt/ macht dieſen veraͤcht- lich bey allen Leuten/ weil er nur ſeinem Erben/ und zwar ohne ſeine Intention/ gutes thut. L. Die Liebe/ ſo ein Geitziger gegen die weltliche Guͤter traͤgt/ iſt ihm ſo ſchaͤdlich/ als ein Schiffbruch oder Feuersbrunſt. In Summa/ ſein Gut dienet ihm auf kei- ne Weiſe/ und es waͤre ihm eben ſo gut/ daß ſein Gut vom Feuer verzehret/ oder vom Meer verſchlungen waͤre. Das Gold/ deſſen ſeine Kiſten voll ſind/ iſt ſeinent wegen gaͤntzlich verlohren: Mich duͤncket/ man koͤnne mit einem Wort ſagen/ daß des Gei- tzigen groſſe Schaͤtze eine ſehr wolgezierte Armuth ſey. LI. Ein geitziger Mann iſt keinem Menſchen Nutz

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 79[69]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/80>, abgerufen am 29.03.2024.