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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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höhung der Arbeitskraft ihren beschleunigten Versch'eiss nicht kom-
pensirt.

Man weiss, dass mit vorübergehenden, im vorigen Kapitel erklärten
Ausnahmen, veränderte Produktivität der Arbeit nur dann einen Grössen-
wechsel im Werth der Arbeitskraft und daher in der Grösse des Mehr-
werths bewirkt, wenn die Produkte der betroffenen Industriezweige in den
gewohnheitsmässigen Konsum des Arbeiters eingehen. Diese Schranke
fällt hier fort. Ob die Grösse der Arbeit extensiv oder intensiv wechsle,
ihrem Grössenwechsel entspricht ein Wechsel in der Grösse ihres Werth-
produkts, unabhängig von der Natur des Artikels, worin sich dieser
Werth darstellt.

Steigerte sich die Intensivität der Arbeit in allen Industriezweigen, so
würde der neue höhere Intensivitätsgrad nun seinerseits zum gewöhnlichen
gesellschaftlichen Normalgrad der Arbeit und hörte damit auf als extensive
Grösse zu zählen. Indess blieben selbst dann die durchschnittlichen Inten-
sivitätsgrade der Arbeit bei verschiednen Nationen verschieden und modi-
ficirten daher die Anwendung des Werthgesetzes auf unterschiedne Natio-
nalarbeitstage. Der intensivere Arbeitstag der einen Nation stellt sich in
höherem Geldausdruck dar als der minder intensive der andern12).

C) Produktivkraft und Intensivität der Arbeit con-
stant, Arbeitstag variabel
.

Der Arbeitstag kann nach zwei Richtungen variiren. Er kann ver-
kürzt
oder verlängert werden.

Verkürzung des Arbeitstags unter den gegebnen Be-
dingungen, d. h. gleichbleibender Produktivkraft und Intensivität der Ar-
beit, lässt den Werth der Arbeitskraft und daher die nothwendige
Arbeitszeit unverändert. Sie verkürzt die Mehrarbeit und den Mehrwerth.
Mit der absoluten Grösse des letztern fällt auch seine relative Grösse, d. h.
seine Grösse im Verhältniss zur gleichbleibenden Werthgrösse der Arbeits-

12) "All things being equal, the English manufacturer can turn out a con-
siderably larger amount of work in a given time than a foreign manufacturer, so
much as to counterbalance the difference of the working days, between 60 hours
a week here and 72 or 80 elsewhere." ("Reports of Insp. of Fact. for
31st Oct. 1855", p. 65.) Grössere gesetzliche Verkürzung des Arbeitstags in
den kontinentalen Fabriken wäre das unfehlbarste Mittel zur Verminderung dieser
Differenz zwischen der kontinentalen und der englischen Arbeitsstunde.

höhung der Arbeitskraft ihren beschleunigten Versch’eiss nicht kom-
pensirt.

Man weiss, dass mit vorübergehenden, im vorigen Kapitel erklärten
Ausnahmen, veränderte Produktivität der Arbeit nur dann einen Grössen-
wechsel im Werth der Arbeitskraft und daher in der Grösse des Mehr-
werths bewirkt, wenn die Produkte der betroffenen Industriezweige in den
gewohnheitsmässigen Konsum des Arbeiters eingehen. Diese Schranke
fällt hier fort. Ob die Grösse der Arbeit extensiv oder intensiv wechsle,
ihrem Grössenwechsel entspricht ein Wechsel in der Grösse ihres Werth-
produkts, unabhängig von der Natur des Artikels, worin sich dieser
Werth darstellt.

Steigerte sich die Intensivität der Arbeit in allen Industriezweigen, so
würde der neue höhere Intensivitätsgrad nun seinerseits zum gewöhnlichen
gesellschaftlichen Normalgrad der Arbeit und hörte damit auf als extensive
Grösse zu zählen. Indess blieben selbst dann die durchschnittlichen Inten-
sivitätsgrade der Arbeit bei verschiednen Nationen verschieden und modi-
ficirten daher die Anwendung des Werthgesetzes auf unterschiedne Natio-
nalarbeitstage. Der intensivere Arbeitstag der einen Nation stellt sich in
höherem Geldausdruck dar als der minder intensive der andern12).

C) Produktivkraft und Intensivität der Arbeit con-
stant, Arbeitstag variabel
.

Der Arbeitstag kann nach zwei Richtungen variiren. Er kann ver-
kürzt
oder verlängert werden.

Verkürzung des Arbeitstags unter den gegebnen Be-
dingungen, d. h. gleichbleibender Produktivkraft und Intensivität der Ar-
beit, lässt den Werth der Arbeitskraft und daher die nothwendige
Arbeitszeit unverändert. Sie verkürzt die Mehrarbeit und den Mehrwerth.
Mit der absoluten Grösse des letztern fällt auch seine relative Grösse, d. h.
seine Grösse im Verhältniss zur gleichbleibenden Werthgrösse der Arbeits-

12) „All things being equal, the English manufacturer can turn out a con-
siderably larger amount of work in a given time than a foreign manufacturer, so
much as to counterbalance the difference of the working days, between 60 hours
a week here and 72 or 80 elsewhere.“ („Reports of Insp. of Fact. for
31st Oct. 1855“, p. 65.) Grössere gesetzliche Verkürzung des Arbeitstags in
den kontinentalen Fabriken wäre das unfehlbarste Mittel zur Verminderung dieser
Differenz zwischen der kontinentalen und der englischen Arbeitsstunde.
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[511/0530] höhung der Arbeitskraft ihren beschleunigten Versch’eiss nicht kom- pensirt. Man weiss, dass mit vorübergehenden, im vorigen Kapitel erklärten Ausnahmen, veränderte Produktivität der Arbeit nur dann einen Grössen- wechsel im Werth der Arbeitskraft und daher in der Grösse des Mehr- werths bewirkt, wenn die Produkte der betroffenen Industriezweige in den gewohnheitsmässigen Konsum des Arbeiters eingehen. Diese Schranke fällt hier fort. Ob die Grösse der Arbeit extensiv oder intensiv wechsle, ihrem Grössenwechsel entspricht ein Wechsel in der Grösse ihres Werth- produkts, unabhängig von der Natur des Artikels, worin sich dieser Werth darstellt. Steigerte sich die Intensivität der Arbeit in allen Industriezweigen, so würde der neue höhere Intensivitätsgrad nun seinerseits zum gewöhnlichen gesellschaftlichen Normalgrad der Arbeit und hörte damit auf als extensive Grösse zu zählen. Indess blieben selbst dann die durchschnittlichen Inten- sivitätsgrade der Arbeit bei verschiednen Nationen verschieden und modi- ficirten daher die Anwendung des Werthgesetzes auf unterschiedne Natio- nalarbeitstage. Der intensivere Arbeitstag der einen Nation stellt sich in höherem Geldausdruck dar als der minder intensive der andern 12). C) Produktivkraft und Intensivität der Arbeit con- stant, Arbeitstag variabel. Der Arbeitstag kann nach zwei Richtungen variiren. Er kann ver- kürzt oder verlängert werden. Verkürzung des Arbeitstags unter den gegebnen Be- dingungen, d. h. gleichbleibender Produktivkraft und Intensivität der Ar- beit, lässt den Werth der Arbeitskraft und daher die nothwendige Arbeitszeit unverändert. Sie verkürzt die Mehrarbeit und den Mehrwerth. Mit der absoluten Grösse des letztern fällt auch seine relative Grösse, d. h. seine Grösse im Verhältniss zur gleichbleibenden Werthgrösse der Arbeits- 12) „All things being equal, the English manufacturer can turn out a con- siderably larger amount of work in a given time than a foreign manufacturer, so much as to counterbalance the difference of the working days, between 60 hours a week here and 72 or 80 elsewhere.“ („Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1855“, p. 65.) Grössere gesetzliche Verkürzung des Arbeitstags in den kontinentalen Fabriken wäre das unfehlbarste Mittel zur Verminderung dieser Differenz zwischen der kontinentalen und der englischen Arbeitsstunde.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/530>, abgerufen am 29.03.2024.