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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das Wesen der Güter.
wahrer Erkenntniss, das ist, zwischen Wissen und Wohlfahrt der
Menschen, dass erfahrungsmässig bei denjenigen Völkern, welche
an wahren Gütern die ärmsten sind, die Zahl der sogenannten
eingebildeten Güter die grösste zu sein pflegt.

Von einem eigenthümlichen wissenschaftlichen Interesse
sind noch jene Güter, welche von einigen Bearbeitern unserer
Wissenschaft unter der Bezeichnung "Verhältnisse" als eine
besondere Güter-Kategorie zusammengefasst werden. Es werden
hiezu Firmen, Kundschaften, Monopole, Verlagsrechte, Patente,
Realgewerberechte, Autorrechte, von einigen Schriftstellern auch
die Verhältnisse der Familie, der Freundschaft, der Liebe, kirch-
liche und wissenschaftliche Gemeinschaften u. s. f. gerechnet.
Dass ein Theil dieser Verhältnisse die strenge Prüfung derselben
auf ihre Güterqualität nicht zulässt, mag immerhin zugestanden
werden, dass aber ein anderer Theil, z. B. Firmen, Monopole
und Verlagsrechte, Kundenkreise und dergleichen Dinge mehr,
thatsächlich Güter sind, dafür spricht schon der Umstand, dass
wir denselben in zahlreichen Fällen im Verkehre begegnen.
Wenn nichts destoweniger derjenige Theoretiker, welcher sich am
eingehendsten mit diesem Gegenstand beschäftigt hat *), zuge-

*) Schäffle, Theorie der ausschliessenden Verhältnisse, 1867, S. 2 --
Vgl. Steuart: Principles of polit. economy. Basil 1796, II., S. 128 ff., wo
die Güter bereits in Sachen, in persönliche Dienstleistungen und in Rechte
getheilt und zu diesen letztern (ibid. S. 141) auch verkäufliche Privilegien
gerechnet werden; Say zählt zu den Gütern (biens.): Advocatenstuben, Kun-
denkreise eines Kaufmannes, Zeitungsunternehmungen, aber auch den Ruf
eines militärischen Führers etc. (Cours complet III. S. 219, 1828); Her-
mann
(Staatswirthschaftliche Untersuchungen, 1832, S. 2, 3, 7, 289) fasst
unter den Begriff der äusseren Güter eine grosse Anzahl von Lebensverhält-
nissen (Verhältnisse der Geselligkeit, der Liebe, der Familie, des Erwer-
bes etc.) zusammen und stellt dieselben den Sachgütern und persönlichen
Dienstleistungen als eine besondere Kategorie von Gütern entgegen; Roscher
System I., §. 3, rechnet auch den Staat zu den "Verhältnissen," während
Schäffle den Begriff der Verhältnisse auf "übertragbare, durch private Be-
herrschung des Absatzes und Verdrängung der Concurrenz ausschliesslich
gemachte Renten" beschränkt (a. a. O. S. 12), wobei der Begriff der "Rente"
in dem diesem Schriftsteller eigenthümlichen Sinne (Das gesellschaftliche
System der menschlichen Wirthschaft, 1867, S. 192 ff.) zu verstehen ist. Vgl.
auch noch Soden (Nationalökonomie I., §. 26 ff.) und Hufeland (Neue
Grundleg. I., S. 30. d. ed. 1815).

Ueber das Wesen der Güter.
wahrer Erkenntniss, das ist, zwischen Wissen und Wohlfahrt der
Menschen, dass erfahrungsmässig bei denjenigen Völkern, welche
an wahren Gütern die ärmsten sind, die Zahl der sogenannten
eingebildeten Güter die grösste zu sein pflegt.

Von einem eigenthümlichen wissenschaftlichen Interesse
sind noch jene Güter, welche von einigen Bearbeitern unserer
Wissenschaft unter der Bezeichnung „Verhältnisse“ als eine
besondere Güter-Kategorie zusammengefasst werden. Es werden
hiezu Firmen, Kundschaften, Monopole, Verlagsrechte, Patente,
Realgewerberechte, Autorrechte, von einigen Schriftstellern auch
die Verhältnisse der Familie, der Freundschaft, der Liebe, kirch-
liche und wissenschaftliche Gemeinschaften u. s. f. gerechnet.
Dass ein Theil dieser Verhältnisse die strenge Prüfung derselben
auf ihre Güterqualität nicht zulässt, mag immerhin zugestanden
werden, dass aber ein anderer Theil, z. B. Firmen, Monopole
und Verlagsrechte, Kundenkreise und dergleichen Dinge mehr,
thatsächlich Güter sind, dafür spricht schon der Umstand, dass
wir denselben in zahlreichen Fällen im Verkehre begegnen.
Wenn nichts destoweniger derjenige Theoretiker, welcher sich am
eingehendsten mit diesem Gegenstand beschäftigt hat *), zuge-

*) Schäffle, Theorie der ausschliessenden Verhältnisse, 1867, S. 2 —
Vgl. Steuart: Principles of polit. economy. Basil 1796, II., S. 128 ff., wo
die Güter bereits in Sachen, in persönliche Dienstleistungen und in Rechte
getheilt und zu diesen letztern (ibid. S. 141) auch verkäufliche Privilegien
gerechnet werden; Say zählt zu den Gütern (biens.): Advocatenstuben, Kun-
denkreise eines Kaufmannes, Zeitungsunternehmungen, aber auch den Ruf
eines militärischen Führers etc. (Cours complet III. S. 219, 1828); Her-
mann
(Staatswirthschaftliche Untersuchungen, 1832, S. 2, 3, 7, 289) fasst
unter den Begriff der äusseren Güter eine grosse Anzahl von Lebensverhält-
nissen (Verhältnisse der Geselligkeit, der Liebe, der Familie, des Erwer-
bes etc.) zusammen und stellt dieselben den Sachgütern und persönlichen
Dienstleistungen als eine besondere Kategorie von Gütern entgegen; Roscher
System I., §. 3, rechnet auch den Staat zu den „Verhältnissen,“ während
Schäffle den Begriff der Verhältnisse auf „übertragbare, durch private Be-
herrschung des Absatzes und Verdrängung der Concurrenz ausschliesslich
gemachte Renten“ beschränkt (a. a. O. S. 12), wobei der Begriff der „Rente“
in dem diesem Schriftsteller eigenthümlichen Sinne (Das gesellschaftliche
System der menschlichen Wirthschaft, 1867, S. 192 ff.) zu verstehen ist. Vgl.
auch noch Soden (Nationalökonomie I., §. 26 ff.) und Hufeland (Neue
Grundleg. I., S. 30. d. ed. 1815).
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[5/0023] Ueber das Wesen der Güter. wahrer Erkenntniss, das ist, zwischen Wissen und Wohlfahrt der Menschen, dass erfahrungsmässig bei denjenigen Völkern, welche an wahren Gütern die ärmsten sind, die Zahl der sogenannten eingebildeten Güter die grösste zu sein pflegt. Von einem eigenthümlichen wissenschaftlichen Interesse sind noch jene Güter, welche von einigen Bearbeitern unserer Wissenschaft unter der Bezeichnung „Verhältnisse“ als eine besondere Güter-Kategorie zusammengefasst werden. Es werden hiezu Firmen, Kundschaften, Monopole, Verlagsrechte, Patente, Realgewerberechte, Autorrechte, von einigen Schriftstellern auch die Verhältnisse der Familie, der Freundschaft, der Liebe, kirch- liche und wissenschaftliche Gemeinschaften u. s. f. gerechnet. Dass ein Theil dieser Verhältnisse die strenge Prüfung derselben auf ihre Güterqualität nicht zulässt, mag immerhin zugestanden werden, dass aber ein anderer Theil, z. B. Firmen, Monopole und Verlagsrechte, Kundenkreise und dergleichen Dinge mehr, thatsächlich Güter sind, dafür spricht schon der Umstand, dass wir denselben in zahlreichen Fällen im Verkehre begegnen. Wenn nichts destoweniger derjenige Theoretiker, welcher sich am eingehendsten mit diesem Gegenstand beschäftigt hat *), zuge- *) Schäffle, Theorie der ausschliessenden Verhältnisse, 1867, S. 2 — Vgl. Steuart: Principles of polit. economy. Basil 1796, II., S. 128 ff., wo die Güter bereits in Sachen, in persönliche Dienstleistungen und in Rechte getheilt und zu diesen letztern (ibid. S. 141) auch verkäufliche Privilegien gerechnet werden; Say zählt zu den Gütern (biens.): Advocatenstuben, Kun- denkreise eines Kaufmannes, Zeitungsunternehmungen, aber auch den Ruf eines militärischen Führers etc. (Cours complet III. S. 219, 1828); Her- mann (Staatswirthschaftliche Untersuchungen, 1832, S. 2, 3, 7, 289) fasst unter den Begriff der äusseren Güter eine grosse Anzahl von Lebensverhält- nissen (Verhältnisse der Geselligkeit, der Liebe, der Familie, des Erwer- bes etc.) zusammen und stellt dieselben den Sachgütern und persönlichen Dienstleistungen als eine besondere Kategorie von Gütern entgegen; Roscher System I., §. 3, rechnet auch den Staat zu den „Verhältnissen,“ während Schäffle den Begriff der Verhältnisse auf „übertragbare, durch private Be- herrschung des Absatzes und Verdrängung der Concurrenz ausschliesslich gemachte Renten“ beschränkt (a. a. O. S. 12), wobei der Begriff der „Rente“ in dem diesem Schriftsteller eigenthümlichen Sinne (Das gesellschaftliche System der menschlichen Wirthschaft, 1867, S. 192 ff.) zu verstehen ist. Vgl. auch noch Soden (Nationalökonomie I., §. 26 ff.) und Hufeland (Neue Grundleg. I., S. 30. d. ed. 1815).

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/23>, abgerufen am 29.03.2024.