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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Das Geld als Massstab der Preise.
und der voraussichtlich dafür zu erzielende Preis ist für das
wirthschaftende Subject A allerdings der Regel nach das Aequi-
valent dieser Güter. Die richtige Bestimmung des Aequivalentes
eines Gutes kann demnach nicht anders, als mit Rücksicht-
nahme auf den Besitzer und die wirthschaftliche Stellung des
Gutes zu demselben vorgenommen werden, und die Bestimmung
des Aequivalentes eines Gütercomplexes, beziehungsweise eines
Vermögens, hat die gesonderte Berechnung des Aequivalentes
der Gebrauchsgüter und jenes der Waaren zur nothwendigen
Voraussetzung *).

Muss nach dem Gesagten, gleichwie die Theorie des
"Tauschwerthes" überhaupt, so auch in nothwendiger Conse-
quenz hievon die Theorie vom Gelde als "Massstab des Tausch-
werthes" insbesondere, als unhaltbar bezeichnet werden, so lehrt
uns doch die Betrachtung der Natur und der Function des
Geldes, dass die verschiedenen Schätzungen, von welchen wir
soeben sprachen (zu unterscheiden von der Messung des "Tausch-
werthes" der Güter), der Regel nach doch am zweckmässigsten in
Gelde erfolgen werden. Der Zweck der beiden erstern Schätzun-
gen ist die Berechnung der Güterquantitäten, für welche eine
Waare in einem gegebenen Zeitpunkte und auf einem gegebenen
Markte veräussert, beziehungsweise erstanden werden könnte.
Diese Güterquantitäten würden, falls die bezüglichen Trans-
actionen thatsächlich zur Ausführung gelangten, der Regel
nach doch nur in Gelde bestehen und die Kenntniss der
Geldsummen, für welche eine Waare veräussert, beziehungs-
weise erstanden werden kann, ist somit naturgemäss der nächste,
in der ökonomischen Aufgabe der Schätzung begründete Zweck
derselben.


*) Der obige Unterschied, welcher in unserer Wissenschaft bisher nicht
genügend beachtet wurde, ist seit langem der Gegenstand sehr eingehender Unter-
suchungen Seitens der Juristen, indem für diese letztern, überall dort, wo
Schadenansprüche vorliegen, und auch in manchen andern Fällen (bei allen
subsidiären Leistungen), die obige Frage practisch wird. Man denke nur
z. B. an den Fall, dass einem Gelehrten von irgend einer Person in unrecht-
mässiger Weise seine Bibliothek entzogen würde. Der "Verkaufspreis"
derselben würde ihm eine sehr ungenügende Entschädigung für seinen Verlust
bieten. Dagegen würde derselbe das richtige Aequivalent der Bibliothek für
einen Erben des Gelehrten sein, für welchen dieselbe überwiegenden Tausch-
werth hätte.
18 *

Das Geld als Massstab der Preise.
und der voraussichtlich dafür zu erzielende Preis ist für das
wirthschaftende Subject A allerdings der Regel nach das Aequi-
valent dieser Güter. Die richtige Bestimmung des Aequivalentes
eines Gutes kann demnach nicht anders, als mit Rücksicht-
nahme auf den Besitzer und die wirthschaftliche Stellung des
Gutes zu demselben vorgenommen werden, und die Bestimmung
des Aequivalentes eines Gütercomplexes, beziehungsweise eines
Vermögens, hat die gesonderte Berechnung des Aequivalentes
der Gebrauchsgüter und jenes der Waaren zur nothwendigen
Voraussetzung *).

Muss nach dem Gesagten, gleichwie die Theorie des
„Tauschwerthes“ überhaupt, so auch in nothwendiger Conse-
quenz hievon die Theorie vom Gelde als „Massstab des Tausch-
werthes“ insbesondere, als unhaltbar bezeichnet werden, so lehrt
uns doch die Betrachtung der Natur und der Function des
Geldes, dass die verschiedenen Schätzungen, von welchen wir
soeben sprachen (zu unterscheiden von der Messung des „Tausch-
werthes“ der Güter), der Regel nach doch am zweckmässigsten in
Gelde erfolgen werden. Der Zweck der beiden erstern Schätzun-
gen ist die Berechnung der Güterquantitäten, für welche eine
Waare in einem gegebenen Zeitpunkte und auf einem gegebenen
Markte veräussert, beziehungsweise erstanden werden könnte.
Diese Güterquantitäten würden, falls die bezüglichen Trans-
actionen thatsächlich zur Ausführung gelangten, der Regel
nach doch nur in Gelde bestehen und die Kenntniss der
Geldsummen, für welche eine Waare veräussert, beziehungs-
weise erstanden werden kann, ist somit naturgemäss der nächste,
in der ökonomischen Aufgabe der Schätzung begründete Zweck
derselben.


*) Der obige Unterschied, welcher in unserer Wissenschaft bisher nicht
genügend beachtet wurde, ist seit langem der Gegenstand sehr eingehender Unter-
suchungen Seitens der Juristen, indem für diese letztern, überall dort, wo
Schadenansprüche vorliegen, und auch in manchen andern Fällen (bei allen
subsidiären Leistungen), die obige Frage practisch wird. Man denke nur
z. B. an den Fall, dass einem Gelehrten von irgend einer Person in unrecht-
mässiger Weise seine Bibliothek entzogen würde. Der „Verkaufspreis
derselben würde ihm eine sehr ungenügende Entschädigung für seinen Verlust
bieten. Dagegen würde derselbe das richtige Aequivalent der Bibliothek für
einen Erben des Gelehrten sein, für welchen dieselbe überwiegenden Tausch-
werth hätte.
18 *
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[275/0293] Das Geld als Massstab der Preise. und der voraussichtlich dafür zu erzielende Preis ist für das wirthschaftende Subject A allerdings der Regel nach das Aequi- valent dieser Güter. Die richtige Bestimmung des Aequivalentes eines Gutes kann demnach nicht anders, als mit Rücksicht- nahme auf den Besitzer und die wirthschaftliche Stellung des Gutes zu demselben vorgenommen werden, und die Bestimmung des Aequivalentes eines Gütercomplexes, beziehungsweise eines Vermögens, hat die gesonderte Berechnung des Aequivalentes der Gebrauchsgüter und jenes der Waaren zur nothwendigen Voraussetzung *). Muss nach dem Gesagten, gleichwie die Theorie des „Tauschwerthes“ überhaupt, so auch in nothwendiger Conse- quenz hievon die Theorie vom Gelde als „Massstab des Tausch- werthes“ insbesondere, als unhaltbar bezeichnet werden, so lehrt uns doch die Betrachtung der Natur und der Function des Geldes, dass die verschiedenen Schätzungen, von welchen wir soeben sprachen (zu unterscheiden von der Messung des „Tausch- werthes“ der Güter), der Regel nach doch am zweckmässigsten in Gelde erfolgen werden. Der Zweck der beiden erstern Schätzun- gen ist die Berechnung der Güterquantitäten, für welche eine Waare in einem gegebenen Zeitpunkte und auf einem gegebenen Markte veräussert, beziehungsweise erstanden werden könnte. Diese Güterquantitäten würden, falls die bezüglichen Trans- actionen thatsächlich zur Ausführung gelangten, der Regel nach doch nur in Gelde bestehen und die Kenntniss der Geldsummen, für welche eine Waare veräussert, beziehungs- weise erstanden werden kann, ist somit naturgemäss der nächste, in der ökonomischen Aufgabe der Schätzung begründete Zweck derselben. *) Der obige Unterschied, welcher in unserer Wissenschaft bisher nicht genügend beachtet wurde, ist seit langem der Gegenstand sehr eingehender Unter- suchungen Seitens der Juristen, indem für diese letztern, überall dort, wo Schadenansprüche vorliegen, und auch in manchen andern Fällen (bei allen subsidiären Leistungen), die obige Frage practisch wird. Man denke nur z. B. an den Fall, dass einem Gelehrten von irgend einer Person in unrecht- mässiger Weise seine Bibliothek entzogen würde. Der „Verkaufspreis“ derselben würde ihm eine sehr ungenügende Entschädigung für seinen Verlust bieten. Dagegen würde derselbe das richtige Aequivalent der Bibliothek für einen Erben des Gelehrten sein, für welchen dieselbe überwiegenden Tausch- werth hätte. 18 *

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/293>, abgerufen am 28.03.2024.