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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Das Geld als Massstab der Preise.
mässigsten vorgenommen werden, mag man dasselbe immerhin
einen Preismassstab nennen. *)

Die gleiche Ursache bewirkt, dass das Geld auch das vor-
züglichste Mittel zur Anlage aller jener Vermögensbestandtheile
ist, mittelst welcher der Besitzer andere Güter (sei es nun Ge-
nuss- oder Productionsmittel) einzutauschen beabsichtiget. Die-
jenigen Vermögenstheile, welche ein wirthschaftendes Individuum
dazu bestimmt, um sich mittelst derselben Genussmittel einzu-

Schätzung hinderliche Eigenthümlichkeiten der zum Gelde gewordenen Waare
dem entgegenstehen, auch thatsächlich vorgenommen werden. Dies letztere
ist aber nicht eine nothwendige Folge des Geldcharakters einer Waare,
und lassen sich sehr wohl Fälle denken, dass eine Waare, die den Geld-
charakter nicht besitzt, zum "Preismesser" würde, oder doch von mehreren
Waaren, die den Geldcharakter erlangt haben, nur die eine, oder die andere.
Die Function als Preismesser ist demnach nicht nothwendigerweise an die-
jenigen Waaren geknüpft, welche den Geldcharakter erlangt haben, nicht
eine nothwendige Consequenz dieses letztern, am wenigsten aber Voraus-
setzung und Ursache desselben. Das Geld ist allerdings der Regel nach, und
das Metallgeld wegen der hohen Fungibilität desselben und der relativ grossen
Stabilität der seinen Werth bestimmenden Momente thatsächlich zugleich ein
sehr zweckmässiger Preismesser. Andere Waaren, welche den Geldcharakter
erlangten (Waffen, Metallgeräthe, Bronceringe u. dgl. m.) sind dagegen wohl
nie als Preismesser verwendet worden. Diese letztere Function liegt demnach
nicht in dem Begriffe des Geldes, und wenn bei einigen Nationalökonomen
dieser letztere in dem des "Werthmassstabes" geradezu aufgeht, so liegt
hierin eine Verkennung der wahren Natur des Geldes.
*) Das Geld, als Massstab im Güterverkehre der Menschen wird schon
von Aristoteles (Ethic. Nicom. V, 8 und IX, 1,) beobachtet. Von den Schrift-
stellern, welche den Ursprung des Geldes ausschliesslich, oder doch vor-
wiegend auf das Bedürfniss der wirthschaftenden Menschen nach einem Mass-
stabe des "Tauschwerthes," beziehungsweise der Preise, und den Geldcharakter
der edlen Metalle auf ihre besondere Eignung zu diesem Zwecke zurück-
führen, seien hier erwähnt: Broggia (Delle monete, 1743, C. I, S. 304 ed.
Cust.); Neri (Osservazioni, 1751, Cap. VI, Art. I, §. 14 ff.); Galiani
(Della moneta, 1750, Lib. I, c. 1, S. 23 ff. und Lib. II. C. 1, S. 120 ff. der
ed. 1831); Genovesi (Lezioni, Part. II, C. 2, 4, 1769); Hutcheson
(A system of moral philosophy, 1755; Book II, Ch. XII, §. 2); Ricardo
(Principles of P. E. Chap. III, S. 46, ed. 1846); Storch (Cours d'econ. poli-
tique, Petersb. 1815, I, Introd. gen., S. 8 ff.); Stein (System d. Staats-
wissenschaft, 1852, I, S. 217 ff.); Schäffle (Das gesellschaftliche System
der menschlichen Wirthschaft, 1867, §. 60 ff.).

Das Geld als Massstab der Preise.
mässigsten vorgenommen werden, mag man dasselbe immerhin
einen Preismassstab nennen. *)

Die gleiche Ursache bewirkt, dass das Geld auch das vor-
züglichste Mittel zur Anlage aller jener Vermögensbestandtheile
ist, mittelst welcher der Besitzer andere Güter (sei es nun Ge-
nuss- oder Productionsmittel) einzutauschen beabsichtiget. Die-
jenigen Vermögenstheile, welche ein wirthschaftendes Individuum
dazu bestimmt, um sich mittelst derselben Genussmittel einzu-

Schätzung hinderliche Eigenthümlichkeiten der zum Gelde gewordenen Waare
dem entgegenstehen, auch thatsächlich vorgenommen werden. Dies letztere
ist aber nicht eine nothwendige Folge des Geldcharakters einer Waare,
und lassen sich sehr wohl Fälle denken, dass eine Waare, die den Geld-
charakter nicht besitzt, zum „Preismesser“ würde, oder doch von mehreren
Waaren, die den Geldcharakter erlangt haben, nur die eine, oder die andere.
Die Function als Preismesser ist demnach nicht nothwendigerweise an die-
jenigen Waaren geknüpft, welche den Geldcharakter erlangt haben, nicht
eine nothwendige Consequenz dieses letztern, am wenigsten aber Voraus-
setzung und Ursache desselben. Das Geld ist allerdings der Regel nach, und
das Metallgeld wegen der hohen Fungibilität desselben und der relativ grossen
Stabilität der seinen Werth bestimmenden Momente thatsächlich zugleich ein
sehr zweckmässiger Preismesser. Andere Waaren, welche den Geldcharakter
erlangten (Waffen, Metallgeräthe, Bronceringe u. dgl. m.) sind dagegen wohl
nie als Preismesser verwendet worden. Diese letztere Function liegt demnach
nicht in dem Begriffe des Geldes, und wenn bei einigen Nationalökonomen
dieser letztere in dem des „Werthmassstabes“ geradezu aufgeht, so liegt
hierin eine Verkennung der wahren Natur des Geldes.
*) Das Geld, als Massstab im Güterverkehre der Menschen wird schon
von Aristoteles (Ethic. Nicom. V, 8 und IX, 1,) beobachtet. Von den Schrift-
stellern, welche den Ursprung des Geldes ausschliesslich, oder doch vor-
wiegend auf das Bedürfniss der wirthschaftenden Menschen nach einem Mass-
stabe des „Tauschwerthes,“ beziehungsweise der Preise, und den Geldcharakter
der edlen Metalle auf ihre besondere Eignung zu diesem Zwecke zurück-
führen, seien hier erwähnt: Broggia (Delle monete, 1743, C. I, S. 304 ed.
Cust.); Neri (Osservazioni, 1751, Cap. VI, Art. I, §. 14 ff.); Galiani
(Della moneta, 1750, Lib. I, c. 1, S. 23 ff. und Lib. II. C. 1, S. 120 ff. der
ed. 1831); Genovesi (Lezioni, Part. II, C. 2, 4, 1769); Hutcheson
(A system of moral philosophy, 1755; Book II, Ch. XII, §. 2); Ricardo
(Principles of P. E. Chap. III, S. 46, ed. 1846); Storch (Cours d’écon. poli-
tique, Petersb. 1815, I, Introd. gen., S. 8 ff.); Stein (System d. Staats-
wissenschaft, 1852, I, S. 217 ff.); Schäffle (Das gesellschaftliche System
der menschlichen Wirthschaft, 1867, §. 60 ff.).
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[277/0295] Das Geld als Massstab der Preise. mässigsten vorgenommen werden, mag man dasselbe immerhin einen Preismassstab nennen. *) Die gleiche Ursache bewirkt, dass das Geld auch das vor- züglichste Mittel zur Anlage aller jener Vermögensbestandtheile ist, mittelst welcher der Besitzer andere Güter (sei es nun Ge- nuss- oder Productionsmittel) einzutauschen beabsichtiget. Die- jenigen Vermögenstheile, welche ein wirthschaftendes Individuum dazu bestimmt, um sich mittelst derselben Genussmittel einzu- *) *) Das Geld, als Massstab im Güterverkehre der Menschen wird schon von Aristoteles (Ethic. Nicom. V, 8 und IX, 1,) beobachtet. Von den Schrift- stellern, welche den Ursprung des Geldes ausschliesslich, oder doch vor- wiegend auf das Bedürfniss der wirthschaftenden Menschen nach einem Mass- stabe des „Tauschwerthes,“ beziehungsweise der Preise, und den Geldcharakter der edlen Metalle auf ihre besondere Eignung zu diesem Zwecke zurück- führen, seien hier erwähnt: Broggia (Delle monete, 1743, C. I, S. 304 ed. Cust.); Neri (Osservazioni, 1751, Cap. VI, Art. I, §. 14 ff.); Galiani (Della moneta, 1750, Lib. I, c. 1, S. 23 ff. und Lib. II. C. 1, S. 120 ff. der ed. 1831); Genovesi (Lezioni, Part. II, C. 2, 4, 1769); Hutcheson (A system of moral philosophy, 1755; Book II, Ch. XII, §. 2); Ricardo (Principles of P. E. Chap. III, S. 46, ed. 1846); Storch (Cours d’écon. poli- tique, Petersb. 1815, I, Introd. gen., S. 8 ff.); Stein (System d. Staats- wissenschaft, 1852, I, S. 217 ff.); Schäffle (Das gesellschaftliche System der menschlichen Wirthschaft, 1867, §. 60 ff.). *) Schätzung hinderliche Eigenthümlichkeiten der zum Gelde gewordenen Waare dem entgegenstehen, auch thatsächlich vorgenommen werden. Dies letztere ist aber nicht eine nothwendige Folge des Geldcharakters einer Waare, und lassen sich sehr wohl Fälle denken, dass eine Waare, die den Geld- charakter nicht besitzt, zum „Preismesser“ würde, oder doch von mehreren Waaren, die den Geldcharakter erlangt haben, nur die eine, oder die andere. Die Function als Preismesser ist demnach nicht nothwendigerweise an die- jenigen Waaren geknüpft, welche den Geldcharakter erlangt haben, nicht eine nothwendige Consequenz dieses letztern, am wenigsten aber Voraus- setzung und Ursache desselben. Das Geld ist allerdings der Regel nach, und das Metallgeld wegen der hohen Fungibilität desselben und der relativ grossen Stabilität der seinen Werth bestimmenden Momente thatsächlich zugleich ein sehr zweckmässiger Preismesser. Andere Waaren, welche den Geldcharakter erlangten (Waffen, Metallgeräthe, Bronceringe u. dgl. m.) sind dagegen wohl nie als Preismesser verwendet worden. Diese letztere Function liegt demnach nicht in dem Begriffe des Geldes, und wenn bei einigen Nationalökonomen dieser letztere in dem des „Werthmassstabes“ geradezu aufgeht, so liegt hierin eine Verkennung der wahren Natur des Geldes.

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/295>, abgerufen am 29.03.2024.