Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen.
höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ord-
nung heranzuziehen, dessen complementare Güter im weiteren
Sinne des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grund-
satz, dass die Güterqualität der Güter höherer Ord-
nung dadurch bedingt ist, dass wir über deren
complementäre Güter im obigen Sinne des Wortes
zu verfügen vermögen
.

Nichts vermag uns den grossen ursächlichen Zusammenhang
der Güter lebendiger vor die Augen zu stellen, als dieses Ge-
setz der gegenseitigen Bedingtheit der Güter.

Als im Jahre 1862 der nordamerikanische Bürgerkrieg
Europa die wichtigste Bezugsquelle von Baumwolle verschloss,
ging auch die Güterqualität tausend anderer Güter, deren comple-
mentäres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine die
Arbeitsleistungen der englischen und continentalen in der Baum-
wollfabrication thätig gewesenen Arbeiter, die nunmehr zum
grossen Theile feiern und die öffentliche Mildthätigkeit in An-
spruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (über welche
diese tüchtigen Arbeiter verfügen konnten,) waren die gleichen ge-
blieben und doch verloren dieselben in grossen Quantitäten ihre
Güterqualität, denn das complementäre Gut, die Baumwolle,
blieb aus, und die specifischen Arbeitsleistungen konnten für sich
im Grossen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen
Bedürfnisses herangezogen werden. Es wurden diese Arbeits-
leistungen aber sofort wieder Güter, als das complementäre Gut
derselben, das ist die nöthige Baumwolle, zum Theile durch
gesteigerte Zufuhr aus andern Bezugsorten, zum Theile nach
Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges auch aus der alten
Bezugsquelle wieder disponibel wurde.

Umgekehrt verlieren nicht selten Güter ihre Güterqualität
dadurch, dass die nöthigen Arbeitsleistungen, die zu ihnen in dem
Verhältniss von complementären Gütern stehen, der Verfü-
gung der Menschen nicht unterworfen sind. In Ländern mit
dünner Bevölkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend
eine einzelne Gattung von Culturpflanzen, z. B. Weizen, gebaut
wird, pflegt nach besonders reichen Ernten ein sehr grosser
Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die ländlichen
Arbeiter, an und für sich in geringer Anzahl vorhanden, in

Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen.
höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ord-
nung heranzuziehen, dessen complementare Güter im weiteren
Sinne des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grund-
satz, dass die Güterqualität der Güter höherer Ord-
nung dadurch bedingt ist, dass wir über deren
complementäre Güter im obigen Sinne des Wortes
zu verfügen vermögen
.

Nichts vermag uns den grossen ursächlichen Zusammenhang
der Güter lebendiger vor die Augen zu stellen, als dieses Ge-
setz der gegenseitigen Bedingtheit der Güter.

Als im Jahre 1862 der nordamerikanische Bürgerkrieg
Europa die wichtigste Bezugsquelle von Baumwolle verschloss,
ging auch die Güterqualität tausend anderer Güter, deren comple-
mentäres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine die
Arbeitsleistungen der englischen und continentalen in der Baum-
wollfabrication thätig gewesenen Arbeiter, die nunmehr zum
grossen Theile feiern und die öffentliche Mildthätigkeit in An-
spruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (über welche
diese tüchtigen Arbeiter verfügen konnten,) waren die gleichen ge-
blieben und doch verloren dieselben in grossen Quantitäten ihre
Güterqualität, denn das complementäre Gut, die Baumwolle,
blieb aus, und die specifischen Arbeitsleistungen konnten für sich
im Grossen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen
Bedürfnisses herangezogen werden. Es wurden diese Arbeits-
leistungen aber sofort wieder Güter, als das complementäre Gut
derselben, das ist die nöthige Baumwolle, zum Theile durch
gesteigerte Zufuhr aus andern Bezugsorten, zum Theile nach
Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges auch aus der alten
Bezugsquelle wieder disponibel wurde.

Umgekehrt verlieren nicht selten Güter ihre Güterqualität
dadurch, dass die nöthigen Arbeitsleistungen, die zu ihnen in dem
Verhältniss von complementären Gütern stehen, der Verfü-
gung der Menschen nicht unterworfen sind. In Ländern mit
dünner Bevölkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend
eine einzelne Gattung von Culturpflanzen, z. B. Weizen, gebaut
wird, pflegt nach besonders reichen Ernten ein sehr grosser
Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die ländlichen
Arbeiter, an und für sich in geringer Anzahl vorhanden, in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="15"/><fw place="top" type="header">Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen.</fw><lb/>
höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ord-<lb/>
nung heranzuziehen, dessen complementare Güter im weiteren<lb/>
Sinne des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grund-<lb/>
satz, <hi rendition="#g">dass die Güterqualität der Güter höherer Ord-<lb/>
nung dadurch bedingt ist, dass wir über deren<lb/>
complementäre Güter im obigen Sinne des Wortes<lb/>
zu verfügen vermögen</hi>.</p><lb/>
            <p>Nichts vermag uns den grossen ursächlichen Zusammenhang<lb/>
der Güter lebendiger vor die Augen zu stellen, als dieses Ge-<lb/>
setz der gegenseitigen Bedingtheit der Güter.</p><lb/>
            <p>Als im Jahre 1862 der nordamerikanische Bürgerkrieg<lb/>
Europa die wichtigste Bezugsquelle von Baumwolle verschloss,<lb/>
ging auch die Güterqualität tausend anderer Güter, deren comple-<lb/>
mentäres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine die<lb/>
Arbeitsleistungen der englischen und continentalen in der Baum-<lb/>
wollfabrication thätig gewesenen Arbeiter, die nunmehr zum<lb/>
grossen Theile feiern und die öffentliche Mildthätigkeit in An-<lb/>
spruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (über welche<lb/>
diese tüchtigen Arbeiter verfügen konnten,) waren die gleichen ge-<lb/>
blieben und doch verloren dieselben in grossen Quantitäten ihre<lb/>
Güterqualität, denn das complementäre Gut, die Baumwolle,<lb/>
blieb aus, und die specifischen Arbeitsleistungen konnten für sich<lb/>
im Grossen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen<lb/>
Bedürfnisses herangezogen werden. Es wurden diese Arbeits-<lb/>
leistungen aber sofort wieder Güter, als das complementäre Gut<lb/>
derselben, das ist die nöthige Baumwolle, zum Theile durch<lb/>
gesteigerte Zufuhr aus andern Bezugsorten, zum Theile nach<lb/>
Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges auch aus der alten<lb/>
Bezugsquelle wieder disponibel wurde.</p><lb/>
            <p>Umgekehrt verlieren nicht selten Güter ihre Güterqualität<lb/>
dadurch, dass die nöthigen Arbeitsleistungen, die zu ihnen in dem<lb/>
Verhältniss von complementären Gütern stehen, der Verfü-<lb/>
gung der Menschen nicht unterworfen sind. In Ländern mit<lb/>
dünner Bevölkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend<lb/>
eine einzelne Gattung von Culturpflanzen, z. B. Weizen, gebaut<lb/>
wird, pflegt nach besonders reichen Ernten ein sehr grosser<lb/>
Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die ländlichen<lb/>
Arbeiter, an und für sich in geringer Anzahl vorhanden, in<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0033] Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen. höherer Ordnung zur Hervorbringung eines Gutes erster Ord- nung heranzuziehen, dessen complementare Güter im weiteren Sinne des Wortes, so ergibt sich demnach der allgemeine Grund- satz, dass die Güterqualität der Güter höherer Ord- nung dadurch bedingt ist, dass wir über deren complementäre Güter im obigen Sinne des Wortes zu verfügen vermögen. Nichts vermag uns den grossen ursächlichen Zusammenhang der Güter lebendiger vor die Augen zu stellen, als dieses Ge- setz der gegenseitigen Bedingtheit der Güter. Als im Jahre 1862 der nordamerikanische Bürgerkrieg Europa die wichtigste Bezugsquelle von Baumwolle verschloss, ging auch die Güterqualität tausend anderer Güter, deren comple- mentäres Gut jene Baumwolle war, verloren. Ich meine die Arbeitsleistungen der englischen und continentalen in der Baum- wollfabrication thätig gewesenen Arbeiter, die nunmehr zum grossen Theile feiern und die öffentliche Mildthätigkeit in An- spruch nehmen mussten. Die Arbeitsleistungen, (über welche diese tüchtigen Arbeiter verfügen konnten,) waren die gleichen ge- blieben und doch verloren dieselben in grossen Quantitäten ihre Güterqualität, denn das complementäre Gut, die Baumwolle, blieb aus, und die specifischen Arbeitsleistungen konnten für sich im Grossen und Ganzen zur Befriedigung keines menschlichen Bedürfnisses herangezogen werden. Es wurden diese Arbeits- leistungen aber sofort wieder Güter, als das complementäre Gut derselben, das ist die nöthige Baumwolle, zum Theile durch gesteigerte Zufuhr aus andern Bezugsorten, zum Theile nach Beendigung des amerikanischen Bürgerkrieges auch aus der alten Bezugsquelle wieder disponibel wurde. Umgekehrt verlieren nicht selten Güter ihre Güterqualität dadurch, dass die nöthigen Arbeitsleistungen, die zu ihnen in dem Verhältniss von complementären Gütern stehen, der Verfü- gung der Menschen nicht unterworfen sind. In Ländern mit dünner Bevölkerung und zumal in solchen, in welchen vorwiegend eine einzelne Gattung von Culturpflanzen, z. B. Weizen, gebaut wird, pflegt nach besonders reichen Ernten ein sehr grosser Mangel an Arbeitsleistungen zu entstehen, indem die ländlichen Arbeiter, an und für sich in geringer Anzahl vorhanden, in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/33
Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/33>, abgerufen am 24.04.2024.