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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Wasser für steifen Brei erforderlich, welcher dann das 31/2 fache Vo-
lumen des gebrannten Kalkes einnimmt. Diese Vermehrung des Um-
fanges (das Gedeihen) ist für dieselbe Kalksteinart verschieden. Bei
den Mergelkalken findet das Gedeihen nicht statt; weder seine Masse
noch sein Gewicht vermehrt sich beim Löschen.

Wird bei dem Löschen zu wenig Wasser angewendet, so ver-
brennt
er (wie man es nennt, das heißt er wird sandartig und ver-
liert die Bindekraft). Eben das geschieht, wenn der Kalk vor dem
Brennen zu lange der Luft oder gar der Feuchtigkeit ausgesetzt wird,
alsdann löscht er sich zum Theil durch die aus der Luft eingesogene
Feuchtigkeit ab, und wird bei dem Löschen um so magrer, als er län-
ger der Luft ausgesetzt gewesen war.

Gießt man plötzlich zu viel Wasser auf, so ersäuft der Kalk
(wie man es nennt), er löscht dann nicht gehörig durch.

Das gewöhnliche Löschen des Kalkes geschieht in sogenannten
Kalkkasten, 6--8 Fuß lang 4--41/2 Fuß breit, welche aus Brettern
zusammengeschlagen und an den Kanten mit 15--18 Zoll hohen
Seitenwänden versehen sind. An einer der schmalen Seiten haben sie
einen 6--8 Zoll breiten, hölzernen senkrechten Schieber, welcher die
Oeffnung schließt, aus der man den gelöschten Kalk in die vor dem
Kalkkasten gemachte Kalkgrube laufen läßt. Je eher das Löschen nach
dem Brennen geschehen kann, desto besser wird der Kalk, denn auch
das sorgfältigste Verpacken in Tonnen hindert nicht, daß er nicht mehr
oder weniger Feuchtigkeit aus der Luft einsauge und sich selbst zum
Theil ablösche, was man einen abgestandenen Kalk nennt. Man legt
die Steine im Kalkkasten flach auseinander, begießt sie mit so viel
Wasser, daß sie knisternd zerbersten, aufschwellen und in Pulver zer-
fallen. Man gießt dann nach und nach mehr Wasser zu, zerstößt
und zerrührt die Masse mit der Löschkrücke, bis sie sich zu einem
gleichförmigen Brei gestaltet. Dieser wird in die Kalkgrube abgelas-
sen und dann der Kalkkasten aufs Neue gefüllt. Der Kalk ist abge-
löscht, wenn bei dem Löschen der Dampf sich völlig gelegt und der
Kalk nicht mehr schäumt, sondern einer fetten Milch ähnlich ist. Bei
dem Gebrauch muß der Kalk lagenweise und immer in gleicher Höhe
und nicht ungleich aus der Grube genommen werden, weil sonst der
zu oberst liegende Kalk verhärtet und unbrauchbar wird. Daß wei-
ches Wasser zu nehmen, ist bereits bemerkt worden.

Werden Seemuscheln zu Kalk gebrannt und gelöscht, so müssen
sie vor dem Brennen in süßem Wasser sorgfältig von allen Salz-

Waſſer für ſteifen Brei erforderlich, welcher dann das 3½ fache Vo-
lumen des gebrannten Kalkes einnimmt. Dieſe Vermehrung des Um-
fanges (das Gedeihen) iſt für dieſelbe Kalkſteinart verſchieden. Bei
den Mergelkalken findet das Gedeihen nicht ſtatt; weder ſeine Maſſe
noch ſein Gewicht vermehrt ſich beim Löſchen.

Wird bei dem Löſchen zu wenig Waſſer angewendet, ſo ver-
brennt
er (wie man es nennt, das heißt er wird ſandartig und ver-
liert die Bindekraft). Eben das geſchieht, wenn der Kalk vor dem
Brennen zu lange der Luft oder gar der Feuchtigkeit ausgeſetzt wird,
alsdann löſcht er ſich zum Theil durch die aus der Luft eingeſogene
Feuchtigkeit ab, und wird bei dem Löſchen um ſo magrer, als er län-
ger der Luft ausgeſetzt geweſen war.

Gießt man plötzlich zu viel Waſſer auf, ſo erſäuft der Kalk
(wie man es nennt), er löſcht dann nicht gehörig durch.

Das gewöhnliche Löſchen des Kalkes geſchieht in ſogenannten
Kalkkaſten, 6—8 Fuß lang 4—4½ Fuß breit, welche aus Brettern
zuſammengeſchlagen und an den Kanten mit 15—18 Zoll hohen
Seitenwänden verſehen ſind. An einer der ſchmalen Seiten haben ſie
einen 6—8 Zoll breiten, hölzernen ſenkrechten Schieber, welcher die
Oeffnung ſchließt, aus der man den gelöſchten Kalk in die vor dem
Kalkkaſten gemachte Kalkgrube laufen läßt. Je eher das Löſchen nach
dem Brennen geſchehen kann, deſto beſſer wird der Kalk, denn auch
das ſorgfältigſte Verpacken in Tonnen hindert nicht, daß er nicht mehr
oder weniger Feuchtigkeit aus der Luft einſauge und ſich ſelbſt zum
Theil ablöſche, was man einen abgeſtandenen Kalk nennt. Man legt
die Steine im Kalkkaſten flach auseinander, begießt ſie mit ſo viel
Waſſer, daß ſie kniſternd zerberſten, aufſchwellen und in Pulver zer-
fallen. Man gießt dann nach und nach mehr Waſſer zu, zerſtößt
und zerrührt die Maſſe mit der Löſchkrücke, bis ſie ſich zu einem
gleichförmigen Brei geſtaltet. Dieſer wird in die Kalkgrube abgelaſ-
ſen und dann der Kalkkaſten aufs Neue gefüllt. Der Kalk iſt abge-
löſcht, wenn bei dem Löſchen der Dampf ſich völlig gelegt und der
Kalk nicht mehr ſchäumt, ſondern einer fetten Milch ähnlich iſt. Bei
dem Gebrauch muß der Kalk lagenweiſe und immer in gleicher Höhe
und nicht ungleich aus der Grube genommen werden, weil ſonſt der
zu oberſt liegende Kalk verhärtet und unbrauchbar wird. Daß wei-
ches Waſſer zu nehmen, iſt bereits bemerkt worden.

Werden Seemuſcheln zu Kalk gebrannt und gelöſcht, ſo müſſen
ſie vor dem Brennen in ſüßem Waſſer ſorgfältig von allen Salz-

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[54/0064] Waſſer für ſteifen Brei erforderlich, welcher dann das 3½ fache Vo- lumen des gebrannten Kalkes einnimmt. Dieſe Vermehrung des Um- fanges (das Gedeihen) iſt für dieſelbe Kalkſteinart verſchieden. Bei den Mergelkalken findet das Gedeihen nicht ſtatt; weder ſeine Maſſe noch ſein Gewicht vermehrt ſich beim Löſchen. Wird bei dem Löſchen zu wenig Waſſer angewendet, ſo ver- brennt er (wie man es nennt, das heißt er wird ſandartig und ver- liert die Bindekraft). Eben das geſchieht, wenn der Kalk vor dem Brennen zu lange der Luft oder gar der Feuchtigkeit ausgeſetzt wird, alsdann löſcht er ſich zum Theil durch die aus der Luft eingeſogene Feuchtigkeit ab, und wird bei dem Löſchen um ſo magrer, als er län- ger der Luft ausgeſetzt geweſen war. Gießt man plötzlich zu viel Waſſer auf, ſo erſäuft der Kalk (wie man es nennt), er löſcht dann nicht gehörig durch. Das gewöhnliche Löſchen des Kalkes geſchieht in ſogenannten Kalkkaſten, 6—8 Fuß lang 4—4½ Fuß breit, welche aus Brettern zuſammengeſchlagen und an den Kanten mit 15—18 Zoll hohen Seitenwänden verſehen ſind. An einer der ſchmalen Seiten haben ſie einen 6—8 Zoll breiten, hölzernen ſenkrechten Schieber, welcher die Oeffnung ſchließt, aus der man den gelöſchten Kalk in die vor dem Kalkkaſten gemachte Kalkgrube laufen läßt. Je eher das Löſchen nach dem Brennen geſchehen kann, deſto beſſer wird der Kalk, denn auch das ſorgfältigſte Verpacken in Tonnen hindert nicht, daß er nicht mehr oder weniger Feuchtigkeit aus der Luft einſauge und ſich ſelbſt zum Theil ablöſche, was man einen abgeſtandenen Kalk nennt. Man legt die Steine im Kalkkaſten flach auseinander, begießt ſie mit ſo viel Waſſer, daß ſie kniſternd zerberſten, aufſchwellen und in Pulver zer- fallen. Man gießt dann nach und nach mehr Waſſer zu, zerſtößt und zerrührt die Maſſe mit der Löſchkrücke, bis ſie ſich zu einem gleichförmigen Brei geſtaltet. Dieſer wird in die Kalkgrube abgelaſ- ſen und dann der Kalkkaſten aufs Neue gefüllt. Der Kalk iſt abge- löſcht, wenn bei dem Löſchen der Dampf ſich völlig gelegt und der Kalk nicht mehr ſchäumt, ſondern einer fetten Milch ähnlich iſt. Bei dem Gebrauch muß der Kalk lagenweiſe und immer in gleicher Höhe und nicht ungleich aus der Grube genommen werden, weil ſonſt der zu oberſt liegende Kalk verhärtet und unbrauchbar wird. Daß wei- ches Waſſer zu nehmen, iſt bereits bemerkt worden. Werden Seemuſcheln zu Kalk gebrannt und gelöſcht, ſo müſſen ſie vor dem Brennen in ſüßem Waſſer ſorgfältig von allen Salz-

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/64>, abgerufen am 28.03.2024.