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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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leicht begreiflich, daß dadurch leicht Senkungen und Einsturz der Ge-
bäude erfolgen kann. Bei den 3 höchstens 4 Fuß, welche man in die
Erde gehen muß, ist aber die Höhe des Abraumes schon mit
einbegriffen. Wollte man wegen Schwäche der tragbaren Erdschicht
nur 2 Fuß in die Erde gehen, so müßte man um das Gebäude
herum eine Aufschüttung von mindestens 2 Fuß hoch machen, damit
die Fundamente vor Frost, Hitze und Nässe hinlänglich sicher sind.

2) Es ist eine gänzlich falsche Ansicht, wenn man meint, daß je
tiefer die Fundamente liegen, das Haus auch um so fester stehe; es
kann, wie wir gesehen haben, bei einer dünnen tragbaren Erdschicht,
unter welcher sich eine weiche befindet, dadurch gerade der Ruin des
Hauses befördert werden. Die Baumeister des Mittelalters wußten
dies sehr gut. So stehen z. B. hier in Greifswald 3 Kirchen, wo-
von die größte etwa 80 Fuß im Lichten der Gewölbe hoch ist, ihr
massiver Thurm hat 300 Fuß Höhe; nichtsdestoweniger sind die Fun-
damente der Thürme und der Kirchen nur 3 Fuß tief. Der Un-
tergrund ist eine sehr mächtige Lehmschicht und in den 5 bis 600
Jahren, wo diese Gebäude stehen, haben die niedrigen Fundamente
durchaus keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gebäude geäußert; man
wird nach dem Vorhergehenden auch leicht übersehen, daß es gänzlich
überflüssig und nur kostenvermehrend gewesen wäre, wenn man die
Fundamente noch tiefer hätte machen wollen.

3) Tiefe Fundamente aber können auch nothwendig werden, und
zwar in folgendem Falle. Gesetzt man hätte, nachdem man den Ab-
raum durchgestochen, eine weiche Erdschicht gefunden, welche zur Grün-
dung nicht tauglich wäre; unter dieser weichen Erdschicht aber befände
sich, in einer bestimmten Tiefe, eine feste und mächtige Erdlage: so
würde man unbedingt am besten thun, den Abraum sowohl als die
weiche Erdlage zu durchstechen und auf der darunter befindlichen festen
Erdlage die Fundamentmauern aufzusetzen. Jn dieser Art gegründet
wurden die Fundamente des nördlichen Kreuzarmes am Dome zu Köln,
50 Fuß tief. Es könnte hierbei auch vorkommen, daß die Schichten
nicht wagerecht wechseln, sondern daß die Fundamente auf einer Stelle
tiefer als auf einer andern gelegt werden müßten. Kämen diese Ab-
weichungen nicht in bedeutenden Abmessungen vor, sondern gleichsam
nur wie Löcher in dem festeren Boden, so kann man sich damit hel-
fen, daß diese weicheren Stellen mit starken Gurtbogen überwölbt wer-
den, worauf man alsdann die übrigen Mauern setzt. Zuweilen kann
ein Baugrund durch Ableitung der ihn durchziehenden Gewässer ver-
bessert werden. Der unzuverlässigste Grund, wenn er auch Jahrhun-

leicht begreiflich, daß dadurch leicht Senkungen und Einſturz der Ge-
bäude erfolgen kann. Bei den 3 höchſtens 4 Fuß, welche man in die
Erde gehen muß, iſt aber die Höhe des Abraumes ſchon mit
einbegriffen. Wollte man wegen Schwäche der tragbaren Erdſchicht
nur 2 Fuß in die Erde gehen, ſo müßte man um das Gebäude
herum eine Aufſchüttung von mindeſtens 2 Fuß hoch machen, damit
die Fundamente vor Froſt, Hitze und Näſſe hinlänglich ſicher ſind.

2) Es iſt eine gänzlich falſche Anſicht, wenn man meint, daß je
tiefer die Fundamente liegen, das Haus auch um ſo feſter ſtehe; es
kann, wie wir geſehen haben, bei einer dünnen tragbaren Erdſchicht,
unter welcher ſich eine weiche befindet, dadurch gerade der Ruin des
Hauſes befördert werden. Die Baumeiſter des Mittelalters wußten
dies ſehr gut. So ſtehen z. B. hier in Greifswald 3 Kirchen, wo-
von die größte etwa 80 Fuß im Lichten der Gewölbe hoch iſt, ihr
maſſiver Thurm hat 300 Fuß Höhe; nichtsdeſtoweniger ſind die Fun-
damente der Thürme und der Kirchen nur 3 Fuß tief. Der Un-
tergrund iſt eine ſehr mächtige Lehmſchicht und in den 5 bis 600
Jahren, wo dieſe Gebäude ſtehen, haben die niedrigen Fundamente
durchaus keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gebäude geäußert; man
wird nach dem Vorhergehenden auch leicht überſehen, daß es gänzlich
überflüſſig und nur koſtenvermehrend geweſen wäre, wenn man die
Fundamente noch tiefer hätte machen wollen.

3) Tiefe Fundamente aber können auch nothwendig werden, und
zwar in folgendem Falle. Geſetzt man hätte, nachdem man den Ab-
raum durchgeſtochen, eine weiche Erdſchicht gefunden, welche zur Grün-
dung nicht tauglich wäre; unter dieſer weichen Erdſchicht aber befände
ſich, in einer beſtimmten Tiefe, eine feſte und mächtige Erdlage: ſo
würde man unbedingt am beſten thun, den Abraum ſowohl als die
weiche Erdlage zu durchſtechen und auf der darunter befindlichen feſten
Erdlage die Fundamentmauern aufzuſetzen. Jn dieſer Art gegründet
wurden die Fundamente des nördlichen Kreuzarmes am Dome zu Köln,
50 Fuß tief. Es könnte hierbei auch vorkommen, daß die Schichten
nicht wagerecht wechſeln, ſondern daß die Fundamente auf einer Stelle
tiefer als auf einer andern gelegt werden müßten. Kämen dieſe Ab-
weichungen nicht in bedeutenden Abmeſſungen vor, ſondern gleichſam
nur wie Löcher in dem feſteren Boden, ſo kann man ſich damit hel-
fen, daß dieſe weicheren Stellen mit ſtarken Gurtbogen überwölbt wer-
den, worauf man alsdann die übrigen Mauern ſetzt. Zuweilen kann
ein Baugrund durch Ableitung der ihn durchziehenden Gewäſſer ver-
beſſert werden. Der unzuverläſſigſte Grund, wenn er auch Jahrhun-
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[70/0080] leicht begreiflich, daß dadurch leicht Senkungen und Einſturz der Ge- bäude erfolgen kann. Bei den 3 höchſtens 4 Fuß, welche man in die Erde gehen muß, iſt aber die Höhe des Abraumes ſchon mit einbegriffen. Wollte man wegen Schwäche der tragbaren Erdſchicht nur 2 Fuß in die Erde gehen, ſo müßte man um das Gebäude herum eine Aufſchüttung von mindeſtens 2 Fuß hoch machen, damit die Fundamente vor Froſt, Hitze und Näſſe hinlänglich ſicher ſind. 2) Es iſt eine gänzlich falſche Anſicht, wenn man meint, daß je tiefer die Fundamente liegen, das Haus auch um ſo feſter ſtehe; es kann, wie wir geſehen haben, bei einer dünnen tragbaren Erdſchicht, unter welcher ſich eine weiche befindet, dadurch gerade der Ruin des Hauſes befördert werden. Die Baumeiſter des Mittelalters wußten dies ſehr gut. So ſtehen z. B. hier in Greifswald 3 Kirchen, wo- von die größte etwa 80 Fuß im Lichten der Gewölbe hoch iſt, ihr maſſiver Thurm hat 300 Fuß Höhe; nichtsdeſtoweniger ſind die Fun- damente der Thürme und der Kirchen nur 3 Fuß tief. Der Un- tergrund iſt eine ſehr mächtige Lehmſchicht und in den 5 bis 600 Jahren, wo dieſe Gebäude ſtehen, haben die niedrigen Fundamente durchaus keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gebäude geäußert; man wird nach dem Vorhergehenden auch leicht überſehen, daß es gänzlich überflüſſig und nur koſtenvermehrend geweſen wäre, wenn man die Fundamente noch tiefer hätte machen wollen. 3) Tiefe Fundamente aber können auch nothwendig werden, und zwar in folgendem Falle. Geſetzt man hätte, nachdem man den Ab- raum durchgeſtochen, eine weiche Erdſchicht gefunden, welche zur Grün- dung nicht tauglich wäre; unter dieſer weichen Erdſchicht aber befände ſich, in einer beſtimmten Tiefe, eine feſte und mächtige Erdlage: ſo würde man unbedingt am beſten thun, den Abraum ſowohl als die weiche Erdlage zu durchſtechen und auf der darunter befindlichen feſten Erdlage die Fundamentmauern aufzuſetzen. Jn dieſer Art gegründet wurden die Fundamente des nördlichen Kreuzarmes am Dome zu Köln, 50 Fuß tief. Es könnte hierbei auch vorkommen, daß die Schichten nicht wagerecht wechſeln, ſondern daß die Fundamente auf einer Stelle tiefer als auf einer andern gelegt werden müßten. Kämen dieſe Ab- weichungen nicht in bedeutenden Abmeſſungen vor, ſondern gleichſam nur wie Löcher in dem feſteren Boden, ſo kann man ſich damit hel- fen, daß dieſe weicheren Stellen mit ſtarken Gurtbogen überwölbt wer- den, worauf man alsdann die übrigen Mauern ſetzt. Zuweilen kann ein Baugrund durch Ableitung der ihn durchziehenden Gewäſſer ver- beſſert werden. Der unzuverläſſigſte Grund, wenn er auch Jahrhun-

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/80>, abgerufen am 29.03.2024.