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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Bacchus in Bünden.
Wo stürzend aus rätischen Klüften der Rhein
Um silberne Hüften sich gürtet den Wein,
Ziehn paukende Masken mit Cymbelgeläut:
"Du Traube von Trimmis, dich wimmeln wir heut!"
Sie treten den Reigen, sie stampfen den Chor,
Da dunkelt's und lodern die Fackeln empor:
Ein Kranz in den Lüften! Ein wirbelndes Paar!
Ein brennender Nacken! Ein purpurnes Haar!
Die Fackeln verlöschen. Es hebt sich der Glanz
Des schimmernden Monds und vergeistert den Tanz --
Ein adliger Jüngling von fremder Gestalt
Bemeistert den Reigen mit Herrschergewalt.
Er schwebt in der Mitte bekränzt und allein
Mit leuchtenden Füßen in himmlischem Schein,
Die Schulter umflattert getigertes Fell,
Er trägt einen Scepter, der kühne Gesell.
Er neigt ihn vor Irma, der träumenden Maid:
"In nachtdunkle Haare taugt blitzend Geschmeid!"
Er greift in den Himmel mit mächtiger Hand,
Er raubt aus den Sternen ein flimmerndes Band:
Bacchus in Bünden.
Wo ſtürzend aus rätiſchen Klüften der Rhein
Um ſilberne Hüften ſich gürtet den Wein,
Ziehn paukende Masken mit Cymbelgeläut:
„Du Traube von Trimmis, dich wimmeln wir heut!“
Sie treten den Reigen, ſie ſtampfen den Chor,
Da dunkelt's und lodern die Fackeln empor:
Ein Kranz in den Lüften! Ein wirbelndes Paar!
Ein brennender Nacken! Ein purpurnes Haar!
Die Fackeln verlöſchen. Es hebt ſich der Glanz
Des ſchimmernden Monds und vergeiſtert den Tanz —
Ein adliger Jüngling von fremder Geſtalt
Bemeiſtert den Reigen mit Herrſchergewalt.
Er ſchwebt in der Mitte bekränzt und allein
Mit leuchtenden Füßen in himmliſchem Schein,
Die Schulter umflattert getigertes Fell,
Er trägt einen Scepter, der kühne Geſell.
Er neigt ihn vor Irma, der träumenden Maid:
„In nachtdunkle Haare taugt blitzend Geſchmeid!“
Er greift in den Himmel mit mächtiger Hand,
Er raubt aus den Sternen ein flimmerndes Band:
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[93/0107] Bacchus in Bünden. Wo ſtürzend aus rätiſchen Klüften der Rhein Um ſilberne Hüften ſich gürtet den Wein, Ziehn paukende Masken mit Cymbelgeläut: „Du Traube von Trimmis, dich wimmeln wir heut!“ Sie treten den Reigen, ſie ſtampfen den Chor, Da dunkelt's und lodern die Fackeln empor: Ein Kranz in den Lüften! Ein wirbelndes Paar! Ein brennender Nacken! Ein purpurnes Haar! Die Fackeln verlöſchen. Es hebt ſich der Glanz Des ſchimmernden Monds und vergeiſtert den Tanz — Ein adliger Jüngling von fremder Geſtalt Bemeiſtert den Reigen mit Herrſchergewalt. Er ſchwebt in der Mitte bekränzt und allein Mit leuchtenden Füßen in himmliſchem Schein, Die Schulter umflattert getigertes Fell, Er trägt einen Scepter, der kühne Geſell. Er neigt ihn vor Irma, der träumenden Maid: „In nachtdunkle Haare taugt blitzend Geſchmeid!“ Er greift in den Himmel mit mächtiger Hand, Er raubt aus den Sternen ein flimmerndes Band:

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/107>, abgerufen am 28.03.2024.