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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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König Etzel's Schwert.
Der Kaiser spricht zu Ritter Hug:
"Du hast für mich dein Schwert verspellt,
Des Eisens ist bei mir genug,
Geh, wähl' dir eins, das dir gefällt!"
Hug schreitet durch den Waffensaal,
Wo stets der graue Schaffner sitzt.
"Der Kaiser giebt mir freie Wahl
Aus Allem was da hangt und blitzt!"
Er prüft und wägt. Von ihrem Ort
Langt er die Schwerter mannigfalt --
"Sprich, wessen ist das große dort,
Gewaltig, heidnisch, ungestalt?"
"Des Würgers Etzel!" flüstert scheu
Der Graue, der es hält in Hut.
"Des Hunnenkönigs! Meiner Treu,
So lechzt und dürstet es nach Blut!"
"Laß ruhn. Es hat genug gewürgt!
Die todte Wuth erwecke nicht!"
"Gieb her! Dem ist der Sieg verbürgt,
Der mit dem Schwert des Hunnen ficht!"
König Etzel's Schwert.
Der Kaiſer ſpricht zu Ritter Hug:
„Du haſt für mich dein Schwert verſpellt,
Des Eiſens iſt bei mir genug,
Geh, wähl' dir eins, das dir gefällt!“
Hug ſchreitet durch den Waffenſaal,
Wo ſtets der graue Schaffner ſitzt.
„Der Kaiſer giebt mir freie Wahl
Aus Allem was da hangt und blitzt!“
Er prüft und wägt. Von ihrem Ort
Langt er die Schwerter mannigfalt —
„Sprich, weſſen iſt das große dort,
Gewaltig, heidniſch, ungeſtalt?“
„Des Würgers Etzel!“ flüſtert ſcheu
Der Graue, der es hält in Hut.
„Des Hunnenkönigs! Meiner Treu,
So lechzt und dürſtet es nach Blut!“
„Laß ruhn. Es hat genug gewürgt!
Die todte Wuth erwecke nicht!“
„Gieb her! Dem iſt der Sieg verbürgt,
Der mit dem Schwert des Hunnen ficht!“
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[[219]/0233] König Etzel's Schwert. Der Kaiſer ſpricht zu Ritter Hug: „Du haſt für mich dein Schwert verſpellt, Des Eiſens iſt bei mir genug, Geh, wähl' dir eins, das dir gefällt!“ Hug ſchreitet durch den Waffenſaal, Wo ſtets der graue Schaffner ſitzt. „Der Kaiſer giebt mir freie Wahl Aus Allem was da hangt und blitzt!“ Er prüft und wägt. Von ihrem Ort Langt er die Schwerter mannigfalt — „Sprich, weſſen iſt das große dort, Gewaltig, heidniſch, ungeſtalt?“ „Des Würgers Etzel!“ flüſtert ſcheu Der Graue, der es hält in Hut. „Des Hunnenkönigs! Meiner Treu, So lechzt und dürſtet es nach Blut!“ „Laß ruhn. Es hat genug gewürgt! Die todte Wuth erwecke nicht!“ „Gieb her! Dem iſt der Sieg verbürgt, Der mit dem Schwert des Hunnen ficht!“

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. [219]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/233>, abgerufen am 29.03.2024.