Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


nichts angenehmers ist, als mit tugendliebenden Ge-
müthern vertraulich zu leben.
Modestin. Dem Herrn Nicander ist schon zur
Genüge bekannt; daß ich meines Ortes eines derer
grössesten Vergnügen daraus schöpffe, wenn mit
aufrichtigen redlichen Gemüthern in vertraulicher
Conversation zubringe. Ob gleich unsere Meinun-
gen im Begriff Theologischer und Philosophischer
Sachen unterschieden seyn mögen.
Alamedan. Alleine wie macht mans; daß man
zu einer recht vertrauten Hertzens-Freundschafft ge-
lange? mich deucht: daß wenn man nicht einerley
Religion und Glaubens-Bekänntniß zugethan ist,
könne man nicht in einer recht einigen vertrauten
Freundschafft leben: ob man gleich einander des-
wegen eben nicht hassen, weniger verfolgen soll.
Nicander. Deswegen hat auch Herr Alamodan
kein rechtes Vertrauen zu mir: weilen er mich vor
einen Ketzer hält; nichts destoweniger liebe ich ihn
doch, wegen seiner aufrichtigen Redlichkeit. Woll-
te aber Herr Theogenes die Gütigkeit haben, uns
zu sagen: wie sie mit Herr Modestin in eine so ge-
naue Freundschafft und Vertraulichkeit gelanget,
wie ich an ihnen wahrnehme, daß sie fast als eine
Seele zu seyn scheinen, werden sie mich sehr ver-
binden.
Theo-


nichts angenehmers iſt, als mit tugendliebenden Ge-
muͤthern vertraulich zu leben.
Modeſtin. Dem Herrn Nicander iſt ſchon zur
Genuͤge bekannt; daß ich meines Ortes eines derer
groͤſſeſten Vergnuͤgen daraus ſchoͤpffe, wenn mit
aufrichtigen redlichen Gemuͤthern in vertraulicher
Converſation zubringe. Ob gleich unſere Meinun-
gen im Begriff Theologiſcher und Philoſophiſcher
Sachen unterſchieden ſeyn moͤgen.
Alamedan. Alleine wie macht mans; daß man
zu einer recht vertrauten Hertzens-Freundſchafft ge-
lange? mich deucht: daß wenn man nicht einerley
Religion und Glaubens-Bekaͤnntniß zugethan iſt,
koͤnne man nicht in einer recht einigen vertrauten
Freundſchafft leben: ob man gleich einander des-
wegen eben nicht haſſen, weniger verfolgen ſoll.
Nicander. Deswegen hat auch Herr Alamodan
kein rechtes Vertrauen zu mir: weilen er mich vor
einen Ketzer haͤlt; nichts deſtoweniger liebe ich ihn
doch, wegen ſeiner aufrichtigen Redlichkeit. Woll-
te aber Herr Theogenes die Guͤtigkeit haben, uns
zu ſagen: wie ſie mit Herr Modeſtin in eine ſo ge-
naue Freundſchafft und Vertraulichkeit gelanget,
wie ich an ihnen wahrnehme, daß ſie faſt als eine
Seele zu ſeyn ſcheinen, werden ſie mich ſehr ver-
binden.
Theo-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0144" n="138"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nichts angenehmers i&#x017F;t, als mit tugendliebenden Ge-<lb/>
mu&#x0364;thern vertraulich zu leben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Dem Herrn <hi rendition="#aq">Nicander</hi> i&#x017F;t &#x017F;chon zur<lb/>
Genu&#x0364;ge bekannt; daß ich meines Ortes eines derer<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Vergnu&#x0364;gen daraus &#x017F;cho&#x0364;pffe, wenn mit<lb/>
aufrichtigen redlichen Gemu&#x0364;thern in vertraulicher<lb/><hi rendition="#aq">Conver&#x017F;ation</hi> zubringe. Ob gleich un&#x017F;ere Meinun-<lb/>
gen im Begriff Theologi&#x017F;cher und Philo&#x017F;ophi&#x017F;cher<lb/>
Sachen unter&#x017F;chieden &#x017F;eyn mo&#x0364;gen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Alamedan.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Alleine wie macht mans; daß man<lb/>
zu einer recht vertrauten Hertzens-Freund&#x017F;chafft ge-<lb/>
lange? mich deucht: daß wenn man nicht einerley<lb/>
Religion und Glaubens-Beka&#x0364;nntniß zugethan i&#x017F;t,<lb/>
ko&#x0364;nne man nicht in einer recht einigen vertrauten<lb/>
Freund&#x017F;chafft leben: ob man gleich einander des-<lb/>
wegen eben nicht ha&#x017F;&#x017F;en, weniger verfolgen &#x017F;oll.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nicander.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Deswegen hat auch Herr <hi rendition="#aq">Alamodan</hi><lb/>
kein rechtes Vertrauen zu mir: weilen er mich vor<lb/>
einen Ketzer ha&#x0364;lt; nichts de&#x017F;toweniger liebe ich ihn<lb/>
doch, wegen &#x017F;einer aufrichtigen Redlichkeit. Woll-<lb/>
te aber Herr <hi rendition="#aq">Theogenes</hi> die Gu&#x0364;tigkeit haben, uns<lb/>
zu &#x017F;agen: wie &#x017F;ie mit Herr <hi rendition="#aq">Mode&#x017F;tin</hi> in eine &#x017F;o ge-<lb/>
naue Freund&#x017F;chafft und Vertraulichkeit gelanget,<lb/>
wie ich an ihnen wahrnehme, daß &#x017F;ie fa&#x017F;t als eine<lb/>
Seele zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinen, werden &#x017F;ie mich &#x017F;ehr ver-<lb/>
binden.</p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Theo-</hi> </hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0144] nichts angenehmers iſt, als mit tugendliebenden Ge- muͤthern vertraulich zu leben. Modeſtin. Dem Herrn Nicander iſt ſchon zur Genuͤge bekannt; daß ich meines Ortes eines derer groͤſſeſten Vergnuͤgen daraus ſchoͤpffe, wenn mit aufrichtigen redlichen Gemuͤthern in vertraulicher Converſation zubringe. Ob gleich unſere Meinun- gen im Begriff Theologiſcher und Philoſophiſcher Sachen unterſchieden ſeyn moͤgen. Alamedan. Alleine wie macht mans; daß man zu einer recht vertrauten Hertzens-Freundſchafft ge- lange? mich deucht: daß wenn man nicht einerley Religion und Glaubens-Bekaͤnntniß zugethan iſt, koͤnne man nicht in einer recht einigen vertrauten Freundſchafft leben: ob man gleich einander des- wegen eben nicht haſſen, weniger verfolgen ſoll. Nicander. Deswegen hat auch Herr Alamodan kein rechtes Vertrauen zu mir: weilen er mich vor einen Ketzer haͤlt; nichts deſtoweniger liebe ich ihn doch, wegen ſeiner aufrichtigen Redlichkeit. Woll- te aber Herr Theogenes die Guͤtigkeit haben, uns zu ſagen: wie ſie mit Herr Modeſtin in eine ſo ge- naue Freundſchafft und Vertraulichkeit gelanget, wie ich an ihnen wahrnehme, daß ſie faſt als eine Seele zu ſeyn ſcheinen, werden ſie mich ſehr ver- binden. Theo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/144
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/144>, abgerufen am 29.03.2024.