Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

einer kirchlichen und bürgerlichen Ehe.
nige Hoffnung, welche die weltliche Obrigkeit gehabt hat,
hier eine Vereinigung zu treffen, hat es in den mehrsten
Staaten immer verhindert, die Ehegesetze vollständig zu
machen. Läßt sie aber der Kirche, was der Kirche ist,
und geht blos auf die bürgerliche Würkung der Ehe: so
ist es allemal in ihrer Macht durch eine Nichtduldung oder
Landesverweisung diejenige Ordnung zu erhalten, welche
das gemeine Beste erfordert.


XXXII.
Von den Militair-Ehen der Engländer.

Die Engländer dulden in ihren Armeen keine ledige
Weibspersonen; dagegen können sich ihre Solda-
ten ein Weib vor der Trommel geben lassen; und sich
auch so wieder von ihr scheiden. Diese besondre Art der
Ehen hat unstreitig sehr viel gutes in Vergleichung mit
dem sonst gewöhnlichen Uebel. Der Soldat schützt sein
Weib, womit ihn der Tambour kopulirt hat, gegen je-
den andern, und man hat weniger Beyspiele von solchen,
als von andern gebrochenen Ehen. Ja es haben mich
mehrmals die englischen Officiere versichert, daß es hier
mehr Eifersucht gebe, als in einer christlichen Ehe; viel-
leicht aus eben dem Grunde, warum mancher die Un-
treue seiner Maitresse höher empfindet, als die von sei-
ner echten Frau. Das englische Soldatenweib kann
mit ihres Mannes Kammeraden in einem Zelte liegen,
und keiner wagt es, ihr etwas ungebührliches anzumu-
then. Der Mann macht sich ein eignes Point d' honneur
daraus, dieses durchaus nicht zu gestatten, und wer es

ver-

einer kirchlichen und buͤrgerlichen Ehe.
nige Hoffnung, welche die weltliche Obrigkeit gehabt hat,
hier eine Vereinigung zu treffen, hat es in den mehrſten
Staaten immer verhindert, die Ehegeſetze vollſtaͤndig zu
machen. Laͤßt ſie aber der Kirche, was der Kirche iſt,
und geht blos auf die buͤrgerliche Wuͤrkung der Ehe: ſo
iſt es allemal in ihrer Macht durch eine Nichtduldung oder
Landesverweiſung diejenige Ordnung zu erhalten, welche
das gemeine Beſte erfordert.


XXXII.
Von den Militair-Ehen der Englaͤnder.

Die Englaͤnder dulden in ihren Armeen keine ledige
Weibsperſonen; dagegen koͤnnen ſich ihre Solda-
ten ein Weib vor der Trommel geben laſſen; und ſich
auch ſo wieder von ihr ſcheiden. Dieſe beſondre Art der
Ehen hat unſtreitig ſehr viel gutes in Vergleichung mit
dem ſonſt gewoͤhnlichen Uebel. Der Soldat ſchuͤtzt ſein
Weib, womit ihn der Tambour kopulirt hat, gegen je-
den andern, und man hat weniger Beyſpiele von ſolchen,
als von andern gebrochenen Ehen. Ja es haben mich
mehrmals die engliſchen Officiere verſichert, daß es hier
mehr Eiferſucht gebe, als in einer chriſtlichen Ehe; viel-
leicht aus eben dem Grunde, warum mancher die Un-
treue ſeiner Maitreſſe hoͤher empfindet, als die von ſei-
ner echten Frau. Das engliſche Soldatenweib kann
mit ihres Mannes Kammeraden in einem Zelte liegen,
und keiner wagt es, ihr etwas ungebuͤhrliches anzumu-
then. Der Mann macht ſich ein eignes Point d’ honneur
daraus, dieſes durchaus nicht zu geſtatten, und wer es

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="123"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">einer kirchlichen und bu&#x0364;rgerlichen Ehe.</hi></fw><lb/>
nige Hoffnung, welche die weltliche Obrigkeit gehabt hat,<lb/>
hier eine Vereinigung zu treffen, hat es in den mehr&#x017F;ten<lb/>
Staaten immer verhindert, die Ehege&#x017F;etze voll&#x017F;ta&#x0364;ndig zu<lb/>
machen. La&#x0364;ßt &#x017F;ie aber der Kirche, was der Kirche i&#x017F;t,<lb/>
und geht blos auf die bu&#x0364;rgerliche Wu&#x0364;rkung der Ehe: &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es allemal in ihrer Macht durch eine Nichtduldung oder<lb/>
Landesverwei&#x017F;ung diejenige Ordnung zu erhalten, welche<lb/>
das gemeine Be&#x017F;te erfordert.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXXII.</hi><lb/>
Von den Militair-Ehen der Engla&#x0364;nder.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Engla&#x0364;nder dulden in ihren Armeen keine ledige<lb/>
Weibsper&#x017F;onen; dagegen ko&#x0364;nnen &#x017F;ich ihre Solda-<lb/>
ten ein Weib vor der Trommel geben la&#x017F;&#x017F;en; und &#x017F;ich<lb/>
auch &#x017F;o wieder von ihr &#x017F;cheiden. Die&#x017F;e be&#x017F;ondre Art der<lb/>
Ehen hat un&#x017F;treitig &#x017F;ehr viel gutes in Vergleichung mit<lb/>
dem &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnlichen Uebel. Der Soldat &#x017F;chu&#x0364;tzt &#x017F;ein<lb/>
Weib, womit ihn der Tambour kopulirt hat, gegen je-<lb/>
den andern, und man hat weniger Bey&#x017F;piele von &#x017F;olchen,<lb/>
als von andern gebrochenen Ehen. Ja es haben mich<lb/>
mehrmals die engli&#x017F;chen Officiere ver&#x017F;ichert, daß es hier<lb/>
mehr Eifer&#x017F;ucht gebe, als in einer chri&#x017F;tlichen Ehe; viel-<lb/>
leicht aus eben dem Grunde, warum mancher die Un-<lb/>
treue &#x017F;einer Maitre&#x017F;&#x017F;e ho&#x0364;her empfindet, als die von &#x017F;ei-<lb/>
ner echten Frau. Das engli&#x017F;che Soldatenweib kann<lb/>
mit ihres Mannes Kammeraden in einem Zelte liegen,<lb/>
und keiner wagt es, ihr etwas ungebu&#x0364;hrliches anzumu-<lb/>
then. Der Mann macht &#x017F;ich ein eignes <hi rendition="#aq">Point d&#x2019; honneur</hi><lb/>
daraus, die&#x017F;es durchaus nicht zu ge&#x017F;tatten, und wer es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0135] einer kirchlichen und buͤrgerlichen Ehe. nige Hoffnung, welche die weltliche Obrigkeit gehabt hat, hier eine Vereinigung zu treffen, hat es in den mehrſten Staaten immer verhindert, die Ehegeſetze vollſtaͤndig zu machen. Laͤßt ſie aber der Kirche, was der Kirche iſt, und geht blos auf die buͤrgerliche Wuͤrkung der Ehe: ſo iſt es allemal in ihrer Macht durch eine Nichtduldung oder Landesverweiſung diejenige Ordnung zu erhalten, welche das gemeine Beſte erfordert. XXXII. Von den Militair-Ehen der Englaͤnder. Die Englaͤnder dulden in ihren Armeen keine ledige Weibsperſonen; dagegen koͤnnen ſich ihre Solda- ten ein Weib vor der Trommel geben laſſen; und ſich auch ſo wieder von ihr ſcheiden. Dieſe beſondre Art der Ehen hat unſtreitig ſehr viel gutes in Vergleichung mit dem ſonſt gewoͤhnlichen Uebel. Der Soldat ſchuͤtzt ſein Weib, womit ihn der Tambour kopulirt hat, gegen je- den andern, und man hat weniger Beyſpiele von ſolchen, als von andern gebrochenen Ehen. Ja es haben mich mehrmals die engliſchen Officiere verſichert, daß es hier mehr Eiferſucht gebe, als in einer chriſtlichen Ehe; viel- leicht aus eben dem Grunde, warum mancher die Un- treue ſeiner Maitreſſe hoͤher empfindet, als die von ſei- ner echten Frau. Das engliſche Soldatenweib kann mit ihres Mannes Kammeraden in einem Zelte liegen, und keiner wagt es, ihr etwas ungebuͤhrliches anzumu- then. Der Mann macht ſich ein eignes Point d’ honneur daraus, dieſes durchaus nicht zu geſtatten, und wer es ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/135
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/135>, abgerufen am 28.03.2024.