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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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KAPITEL V.


Der hannibalische Krieg bis zur Schlacht bei
Cannae
.

Durch das Erscheinen der karthagischen Armee diesseit
der Alpen war die Lage der Dinge mit einem Schlag ver-
wandelt und der römische Kriegsplan gesprengt. Von den
beiden römischen Hauptarmeen war die eine in Spanien ge-
landet und dort schon mit dem Feinde handgemein; sie zu-
rückzuziehen war nicht mehr möglich. Die zweite, die unter
dem Oberbefehl des Consuls Tiberius Sempronius nach Africa
bestimmt war, stand glücklicherweise noch in Sicilien; die
römische Zauderei bewies sich hier einmal von Nutzen. Von
den beiden karthagischen nach Italien und Sicilien bestimmten
Geschwadern war das erste durch den Sturm zerstreut und
einige der Schiffe desselben bei Messana von den syrakusani-
schen aufgebracht worden; das zweite hatte vergeblich ver-
sucht Lilybaeon zu überrumpeln und darauf in einem Seege-
fecht vor diesem Hafen den Kürzern gezogen. Indess das
Verweilen dieser Schiffe in den italischen Gewässern war sehr
unbequem; der Consul beschloss, bevor er nach Africa über-
fuhr, die kleinen Inseln um Sicilien zu besetzen und die gegen
Italien operirende karthagische Flotte zu vertreiben. Mit der
Eroberung von Melite und dem Aufsuchen des feindlichen Ge-
schwaders, das er bei den liparischen Inseln vermuthete, wäh-
rend es bei Vibo (Montaleone) gelandet die brettische Küste brand-
schatzte, verging der Sommer. Heer und Flotte standen noch
in Lilybaeon, als der Befehl des Senats an den Consul erging
so schleunig wie möglich zur Vertheidigung der Heimath zurück-

KAPITEL V.


Der hannibalische Krieg bis zur Schlacht bei
Cannae
.

Durch das Erscheinen der karthagischen Armee diesseit
der Alpen war die Lage der Dinge mit einem Schlag ver-
wandelt und der römische Kriegsplan gesprengt. Von den
beiden römischen Hauptarmeen war die eine in Spanien ge-
landet und dort schon mit dem Feinde handgemein; sie zu-
rückzuziehen war nicht mehr möglich. Die zweite, die unter
dem Oberbefehl des Consuls Tiberius Sempronius nach Africa
bestimmt war, stand glücklicherweise noch in Sicilien; die
römische Zauderei bewies sich hier einmal von Nutzen. Von
den beiden karthagischen nach Italien und Sicilien bestimmten
Geschwadern war das erste durch den Sturm zerstreut und
einige der Schiffe desselben bei Messana von den syrakusani-
schen aufgebracht worden; das zweite hatte vergeblich ver-
sucht Lilybaeon zu überrumpeln und darauf in einem Seege-
fecht vor diesem Hafen den Kürzern gezogen. Indeſs das
Verweilen dieser Schiffe in den italischen Gewässern war sehr
unbequem; der Consul beschloſs, bevor er nach Africa über-
fuhr, die kleinen Inseln um Sicilien zu besetzen und die gegen
Italien operirende karthagische Flotte zu vertreiben. Mit der
Eroberung von Melite und dem Aufsuchen des feindlichen Ge-
schwaders, das er bei den liparischen Inseln vermuthete, wäh-
rend es bei Vibo (Montaleone) gelandet die brettische Küste brand-
schatzte, verging der Sommer. Heer und Flotte standen noch
in Lilybaeon, als der Befehl des Senats an den Consul erging
so schleunig wie möglich zur Vertheidigung der Heimath zurück-

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[[406]/0420] KAPITEL V. Der hannibalische Krieg bis zur Schlacht bei Cannae. Durch das Erscheinen der karthagischen Armee diesseit der Alpen war die Lage der Dinge mit einem Schlag ver- wandelt und der römische Kriegsplan gesprengt. Von den beiden römischen Hauptarmeen war die eine in Spanien ge- landet und dort schon mit dem Feinde handgemein; sie zu- rückzuziehen war nicht mehr möglich. Die zweite, die unter dem Oberbefehl des Consuls Tiberius Sempronius nach Africa bestimmt war, stand glücklicherweise noch in Sicilien; die römische Zauderei bewies sich hier einmal von Nutzen. Von den beiden karthagischen nach Italien und Sicilien bestimmten Geschwadern war das erste durch den Sturm zerstreut und einige der Schiffe desselben bei Messana von den syrakusani- schen aufgebracht worden; das zweite hatte vergeblich ver- sucht Lilybaeon zu überrumpeln und darauf in einem Seege- fecht vor diesem Hafen den Kürzern gezogen. Indeſs das Verweilen dieser Schiffe in den italischen Gewässern war sehr unbequem; der Consul beschloſs, bevor er nach Africa über- fuhr, die kleinen Inseln um Sicilien zu besetzen und die gegen Italien operirende karthagische Flotte zu vertreiben. Mit der Eroberung von Melite und dem Aufsuchen des feindlichen Ge- schwaders, das er bei den liparischen Inseln vermuthete, wäh- rend es bei Vibo (Montaleone) gelandet die brettische Küste brand- schatzte, verging der Sommer. Heer und Flotte standen noch in Lilybaeon, als der Befehl des Senats an den Consul erging so schleunig wie möglich zur Vertheidigung der Heimath zurück-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. [406]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/420>, abgerufen am 23.04.2024.