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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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KAPITEL IX.


Der Krieg gegen Antiochos von Asien.

In dem Reiche Asien trug das Diadem der Seleukiden
seit dem Jahre 531 der König Antiochos der Dritte, der Ur-
urenkel des Begründers der Dynastie. Auch er war gleich
Philippos mit neunzehn Jahren zur Regierung gekommen und
hatte Thätigkeit und Unternehmungsgeist genug namentlich
in seinen ersten Feldzügen im Osten entwickelt, um ohne
allzu arge Lächerlichkeit im Hofstil der Grosse zu heissen.
Mehr indess durch die Schlaffheit seiner Gegner, namentlich
des ägyptischen Philopator, als durch seine eigene Tüchtigkeit
war es ihm gelungen die Integrität der Monarchie einiger-
massen wiederherzustellen und zuerst die östlichen Satrapien
Medien und Parthyene, dann auch den von Achaeos diesseit
des Tauros in Kleinasien begründeten Sonderstaat wieder mit
der Krone zu vereinigen. Ein erster Versuch das schmerzlich
entbehrte syrische Küstenland den Aegyptern zu entreissen
war im Jahre der trasimenischen Schlacht von Philopator bei
Raphia blutig zurückgewiesen worden und Antiochos hatte
sich wohl gehütet mit Aegypten den Streit wieder aufzuneh-
men, so lange dort ein Mann, wenn auch ein schlaffer, auf
dem Thron sass. Aber nach Philopators Tode (550) schien
der rechte Augenblick gekommen mit Aegypten ein Ende zu
machen; Antiochos verband sich zu diesem Zweck mit Phi-
lippos und hatte sich auf Koilesyrien geworfen, während die-
ser die kleinasiatischen Städte angriff. Als die Römer hier
intervenirten, schien es einen Augenblick, als werde Antiochos

KAPITEL IX.


Der Krieg gegen Antiochos von Asien.

In dem Reiche Asien trug das Diadem der Seleukiden
seit dem Jahre 531 der König Antiochos der Dritte, der Ur-
urenkel des Begründers der Dynastie. Auch er war gleich
Philippos mit neunzehn Jahren zur Regierung gekommen und
hatte Thätigkeit und Unternehmungsgeist genug namentlich
in seinen ersten Feldzügen im Osten entwickelt, um ohne
allzu arge Lächerlichkeit im Hofstil der Groſse zu heiſsen.
Mehr indeſs durch die Schlaffheit seiner Gegner, namentlich
des ägyptischen Philopator, als durch seine eigene Tüchtigkeit
war es ihm gelungen die Integrität der Monarchie einiger-
maſsen wiederherzustellen und zuerst die östlichen Satrapien
Medien und Parthyene, dann auch den von Achaeos diesseit
des Tauros in Kleinasien begründeten Sonderstaat wieder mit
der Krone zu vereinigen. Ein erster Versuch das schmerzlich
entbehrte syrische Küstenland den Aegyptern zu entreiſsen
war im Jahre der trasimenischen Schlacht von Philopator bei
Raphia blutig zurückgewiesen worden und Antiochos hatte
sich wohl gehütet mit Aegypten den Streit wieder aufzuneh-
men, so lange dort ein Mann, wenn auch ein schlaffer, auf
dem Thron saſs. Aber nach Philopators Tode (550) schien
der rechte Augenblick gekommen mit Aegypten ein Ende zu
machen; Antiochos verband sich zu diesem Zweck mit Phi-
lippos und hatte sich auf Koilesyrien geworfen, während die-
ser die kleinasiatischen Städte angriff. Als die Römer hier
intervenirten, schien es einen Augenblick, als werde Antiochos

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[[540]/0554] KAPITEL IX. Der Krieg gegen Antiochos von Asien. In dem Reiche Asien trug das Diadem der Seleukiden seit dem Jahre 531 der König Antiochos der Dritte, der Ur- urenkel des Begründers der Dynastie. Auch er war gleich Philippos mit neunzehn Jahren zur Regierung gekommen und hatte Thätigkeit und Unternehmungsgeist genug namentlich in seinen ersten Feldzügen im Osten entwickelt, um ohne allzu arge Lächerlichkeit im Hofstil der Groſse zu heiſsen. Mehr indeſs durch die Schlaffheit seiner Gegner, namentlich des ägyptischen Philopator, als durch seine eigene Tüchtigkeit war es ihm gelungen die Integrität der Monarchie einiger- maſsen wiederherzustellen und zuerst die östlichen Satrapien Medien und Parthyene, dann auch den von Achaeos diesseit des Tauros in Kleinasien begründeten Sonderstaat wieder mit der Krone zu vereinigen. Ein erster Versuch das schmerzlich entbehrte syrische Küstenland den Aegyptern zu entreiſsen war im Jahre der trasimenischen Schlacht von Philopator bei Raphia blutig zurückgewiesen worden und Antiochos hatte sich wohl gehütet mit Aegypten den Streit wieder aufzuneh- men, so lange dort ein Mann, wenn auch ein schlaffer, auf dem Thron saſs. Aber nach Philopators Tode (550) schien der rechte Augenblick gekommen mit Aegypten ein Ende zu machen; Antiochos verband sich zu diesem Zweck mit Phi- lippos und hatte sich auf Koilesyrien geworfen, während die- ser die kleinasiatischen Städte angriff. Als die Römer hier intervenirten, schien es einen Augenblick, als werde Antiochos

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. [540]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/554>, abgerufen am 28.03.2024.