Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

IX. 64-69.

Eine Frau von melancholischem Temperament und schwärmerischer Gemüthsart, bekam, durch einige misverstandene Stellen aus dem Gesangbuch und der heiligen Schrift, verleitet, eine unüberwindliche Sehnsucht nach dem Tode. Sie verfiel darüber von Zeit zu Zeit in eine Art von Raserei, wider welche alle Bemühungen ihrer Freunde und des ihr zuredenden Predigers fruchtlos waren, bis endlich ein tüchtiger Arzt durch ganz andere Mittel, sie von dieser Krankheit befreiet hat.


X. 69-70.

Ein Knabe von etwa neun Jahren verfiel, nachdem er von einer überstandenen Nervenkrankheit genesen war, in eine Art von Schlafsucht, daß er auch bei Tage, er mochte stehen oder sitzen, unversehens einschlief, und überhaupt weit mehr Zeit schlafend als wachend zubrachte.

Man konnte mit ihm im Schlafe sprechen, und ob er gleich die Augen zu hatte, so nannte er doch auf Befragen, die Sachen die man ihm vorhielt.

Bei seinem Erwachen wuste er von dem allem nichts, was man mit ihm im Schlafe gesprochen hatte. Man konnte aber mit ihm von andern Sachen sprechen, bald schlief er wieder ein, und dann konnte man den Faden der Unterredung, die man vorher im Schlafe mit ihm geführt, fortsetzen.


IX. 64-69.

Eine Frau von melancholischem Temperament und schwaͤrmerischer Gemuͤthsart, bekam, durch einige misverstandene Stellen aus dem Gesangbuch und der heiligen Schrift, verleitet, eine unuͤberwindliche Sehnsucht nach dem Tode. Sie verfiel daruͤber von Zeit zu Zeit in eine Art von Raserei, wider welche alle Bemuͤhungen ihrer Freunde und des ihr zuredenden Predigers fruchtlos waren, bis endlich ein tuͤchtiger Arzt durch ganz andere Mittel, sie von dieser Krankheit befreiet hat.


X. 69-70.

Ein Knabe von etwa neun Jahren verfiel, nachdem er von einer uͤberstandenen Nervenkrankheit genesen war, in eine Art von Schlafsucht, daß er auch bei Tage, er mochte stehen oder sitzen, unversehens einschlief, und uͤberhaupt weit mehr Zeit schlafend als wachend zubrachte.

Man konnte mit ihm im Schlafe sprechen, und ob er gleich die Augen zu hatte, so nannte er doch auf Befragen, die Sachen die man ihm vorhielt.

Bei seinem Erwachen wuste er von dem allem nichts, was man mit ihm im Schlafe gesprochen hatte. Man konnte aber mit ihm von andern Sachen sprechen, bald schlief er wieder ein, und dann konnte man den Faden der Unterredung, die man vorher im Schlafe mit ihm gefuͤhrt, fortsetzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0042" n="42"/><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">IX</hi>. 64-69.</head><lb/>
            <p>Eine Frau von melancholischem Temperament und                         schwa&#x0364;rmerischer Gemu&#x0364;thsart, bekam, durch einige misverstandene Stellen aus                         dem Gesangbuch und der heiligen Schrift, verleitet, eine unu&#x0364;berwindliche                         Sehnsucht nach dem Tode. Sie verfiel daru&#x0364;ber von Zeit zu Zeit in eine Art                         von Raserei, wider welche alle Bemu&#x0364;hungen ihrer Freunde und des ihr                         zuredenden Predigers fruchtlos waren, bis endlich ein tu&#x0364;chtiger Arzt durch                         ganz andere Mittel, sie von dieser Krankheit befreiet hat.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">X</hi>. 69-70.</head><lb/>
            <p>Ein Knabe                         von etwa neun Jahren verfiel, nachdem er von einer u&#x0364;berstandenen                         Nervenkrankheit genesen war, in eine Art von Schlafsucht, daß er auch bei                         Tage, er mochte stehen oder sitzen, unversehens einschlief, und u&#x0364;berhaupt                         weit mehr Zeit schlafend als wachend zubrachte.</p>
            <p>Man konnte mit ihm im                         Schlafe sprechen, und ob er gleich die Augen zu hatte, so nannte er doch auf                         Befragen, die Sachen die man ihm vorhielt.</p>
            <p>Bei seinem Erwachen wuste                         er von dem allem nichts, was man mit ihm im Schlafe gesprochen hatte. Man                         konnte aber mit ihm von andern Sachen sprechen, bald schlief er wieder ein,                         und dann konnte man den Faden der Unterredung, die man vorher im Schlafe mit                         ihm gefu&#x0364;hrt, fortsetzen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0042] IX. 64-69. Eine Frau von melancholischem Temperament und schwaͤrmerischer Gemuͤthsart, bekam, durch einige misverstandene Stellen aus dem Gesangbuch und der heiligen Schrift, verleitet, eine unuͤberwindliche Sehnsucht nach dem Tode. Sie verfiel daruͤber von Zeit zu Zeit in eine Art von Raserei, wider welche alle Bemuͤhungen ihrer Freunde und des ihr zuredenden Predigers fruchtlos waren, bis endlich ein tuͤchtiger Arzt durch ganz andere Mittel, sie von dieser Krankheit befreiet hat. X. 69-70. Ein Knabe von etwa neun Jahren verfiel, nachdem er von einer uͤberstandenen Nervenkrankheit genesen war, in eine Art von Schlafsucht, daß er auch bei Tage, er mochte stehen oder sitzen, unversehens einschlief, und uͤberhaupt weit mehr Zeit schlafend als wachend zubrachte. Man konnte mit ihm im Schlafe sprechen, und ob er gleich die Augen zu hatte, so nannte er doch auf Befragen, die Sachen die man ihm vorhielt. Bei seinem Erwachen wuste er von dem allem nichts, was man mit ihm im Schlafe gesprochen hatte. Man konnte aber mit ihm von andern Sachen sprechen, bald schlief er wieder ein, und dann konnte man den Faden der Unterredung, die man vorher im Schlafe mit ihm gefuͤhrt, fortsetzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/42
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/42>, abgerufen am 23.04.2024.