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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

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jungen von allen Süßigkeiten so viel genießen lassen, als sie wollen, bis endlich durch Uebermaaß im Genuß Eckel davor entsteht, und sie dann nichts mehr kosten mögen. Und so ists wahrhaftig mit den halb sinnlichen und halb geistigen Vergnügungen, dergleichen die Schauspiele sind, auch, und dieses Mittel hier um so sicherer anzuwenden, weil Schauspiele an und vor sich noch kein schädliches Vergnügen sind. -- Da nun aber meinem Freunde gleich Anfangs solche Hindernisse in den Weg gelegt wurden, so ist es für den Psychologen ganz leicht begreiflich, wie nach und nach diese herrschende Neigung in solche lichte Flamme ausbrechen konnte, deren Würkungen in der That erstaunlich waren, und den guten Jüngling zuletzt bis an die Grenzen des Wahnsinns hätten führen können. --

Aus dem nemlichen Grunde läßt es sich auch begreifen, warum bei der vernünftigen Behandlung seines Vaters mein Freund wirklich mehr gebessert wurde, als durch die ihm vorgelegten Hindernisse, seine Neigung zu befriedigen. -- Denn auch die immer noch widernatürliche Heftigkeit, womit er den Entschluß der Besserung auszuführen anfieng, indem er seine gesammelten Schauspiele verbrannte, würkte wahrscheinlich zur nachmaligen gänzlichen Besserung nicht so viel, als die fortgesetzte Erlaubniß, die Schauspiele zuweilen besuchen zu dürfen. --

Schade ists aber immer, daß er die geschriebenen Schauspiele nicht aufbewahrt hat, denn sie würden,


jungen von allen Suͤßigkeiten so viel genießen lassen, als sie wollen, bis endlich durch Uebermaaß im Genuß Eckel davor entsteht, und sie dann nichts mehr kosten moͤgen. Und so ists wahrhaftig mit den halb sinnlichen und halb geistigen Vergnuͤgungen, dergleichen die Schauspiele sind, auch, und dieses Mittel hier um so sicherer anzuwenden, weil Schauspiele an und vor sich noch kein schaͤdliches Vergnuͤgen sind. — Da nun aber meinem Freunde gleich Anfangs solche Hindernisse in den Weg gelegt wurden, so ist es fuͤr den Psychologen ganz leicht begreiflich, wie nach und nach diese herrschende Neigung in solche lichte Flamme ausbrechen konnte, deren Wuͤrkungen in der That erstaunlich waren, und den guten Juͤngling zuletzt bis an die Grenzen des Wahnsinns haͤtten fuͤhren koͤnnen. —

Aus dem nemlichen Grunde laͤßt es sich auch begreifen, warum bei der vernuͤnftigen Behandlung seines Vaters mein Freund wirklich mehr gebessert wurde, als durch die ihm vorgelegten Hindernisse, seine Neigung zu befriedigen. — Denn auch die immer noch widernatuͤrliche Heftigkeit, womit er den Entschluß der Besserung auszufuͤhren anfieng, indem er seine gesammelten Schauspiele verbrannte, wuͤrkte wahrscheinlich zur nachmaligen gaͤnzlichen Besserung nicht so viel, als die fortgesetzte Erlaubniß, die Schauspiele zuweilen besuchen zu duͤrfen. —

Schade ists aber immer, daß er die geschriebenen Schauspiele nicht aufbewahrt hat, denn sie wuͤrden,

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[115/0115] jungen von allen Suͤßigkeiten so viel genießen lassen, als sie wollen, bis endlich durch Uebermaaß im Genuß Eckel davor entsteht, und sie dann nichts mehr kosten moͤgen. Und so ists wahrhaftig mit den halb sinnlichen und halb geistigen Vergnuͤgungen, dergleichen die Schauspiele sind, auch, und dieses Mittel hier um so sicherer anzuwenden, weil Schauspiele an und vor sich noch kein schaͤdliches Vergnuͤgen sind. — Da nun aber meinem Freunde gleich Anfangs solche Hindernisse in den Weg gelegt wurden, so ist es fuͤr den Psychologen ganz leicht begreiflich, wie nach und nach diese herrschende Neigung in solche lichte Flamme ausbrechen konnte, deren Wuͤrkungen in der That erstaunlich waren, und den guten Juͤngling zuletzt bis an die Grenzen des Wahnsinns haͤtten fuͤhren koͤnnen. — Aus dem nemlichen Grunde laͤßt es sich auch begreifen, warum bei der vernuͤnftigen Behandlung seines Vaters mein Freund wirklich mehr gebessert wurde, als durch die ihm vorgelegten Hindernisse, seine Neigung zu befriedigen. — Denn auch die immer noch widernatuͤrliche Heftigkeit, womit er den Entschluß der Besserung auszufuͤhren anfieng, indem er seine gesammelten Schauspiele verbrannte, wuͤrkte wahrscheinlich zur nachmaligen gaͤnzlichen Besserung nicht so viel, als die fortgesetzte Erlaubniß, die Schauspiele zuweilen besuchen zu duͤrfen. — Schade ists aber immer, daß er die geschriebenen Schauspiele nicht aufbewahrt hat, denn sie wuͤrden,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/115>, abgerufen am 24.04.2024.