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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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trägt auf dem Haupte den geflügelten Hut, und
ist mit einem kurzen Mantel bekleidet.

Merkur und Vesta waren beide die Menschen
lehrende wohlthätige Wesen, und der Gesang ver-
eint ihr Lob. In allen Häusern und Pallästen
der Götter und der Menschen hat Vesta ihren
eignen Sitz, und ihre alte Ehre; -- der ersten
und der letzten Vesta
wird bei jedem Gastmahle
süßer Wein mit Ehrfurcht ausgegossen. --

Der Sohn des Jupiter und der Maja, der
Bote der Götter mit dem goldenen Stabe, der
Geber vieles Guten, bewohnet mit der Vesta die
Häuser der Sterblichen, und beide sind einander
lieb, weil beide, in schöner Uebereinstimmung,
nützliche Künste lehren
. --

Merkur.

In diese leichte Götterbildung hüllte die Phan-
tasie der Alten die Begriffe von schneller Erfin-
dungskraft, List
, und Gewandtheit ein, die
sich sowohl in der täuschenden Ueberredung,
als in dem leicht vollführten scherzenden Dieb-
stahl
zeigte, worüber selbst der Beraubte, wenn er
die kühne Schalkheit wahrnahm, lächeln mußte. --

Schalkheit und List ist hier mit der Macht der
Gottheit und mit Unsterblichkeit gepaart, -- denn
nichts war unheilig in der Vorstellungsart der

traͤgt auf dem Haupte den gefluͤgelten Hut, und
iſt mit einem kurzen Mantel bekleidet.

Merkur und Veſta waren beide die Menſchen
lehrende wohlthaͤtige Weſen, und der Geſang ver-
eint ihr Lob. In allen Haͤuſern und Pallaͤſten
der Goͤtter und der Menſchen hat Veſta ihren
eignen Sitz, und ihre alte Ehre; — der erſten
und der letzten Veſta
wird bei jedem Gaſtmahle
ſuͤßer Wein mit Ehrfurcht ausgegoſſen. —

Der Sohn des Jupiter und der Maja, der
Bote der Goͤtter mit dem goldenen Stabe, der
Geber vieles Guten, bewohnet mit der Veſta die
Haͤuſer der Sterblichen, und beide ſind einander
lieb, weil beide, in ſchoͤner Uebereinſtimmung,
nuͤtzliche Kuͤnſte lehren
. —

Merkur.

In dieſe leichte Goͤtterbildung huͤllte die Phan-
taſie der Alten die Begriffe von ſchneller Erfin-
dungskraft, Liſt
, und Gewandtheit ein, die
ſich ſowohl in der taͤuſchenden Ueberredung,
als in dem leicht vollfuͤhrten ſcherzenden Dieb-
ſtahl
zeigte, woruͤber ſelbſt der Beraubte, wenn er
die kuͤhne Schalkheit wahrnahm, laͤcheln mußte. —

Schalkheit und Liſt iſt hier mit der Macht der
Gottheit und mit Unſterblichkeit gepaart, — denn
nichts war unheilig in der Vorſtellungsart der

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[155/0199] traͤgt auf dem Haupte den gefluͤgelten Hut, und iſt mit einem kurzen Mantel bekleidet. Merkur und Veſta waren beide die Menſchen lehrende wohlthaͤtige Weſen, und der Geſang ver- eint ihr Lob. In allen Haͤuſern und Pallaͤſten der Goͤtter und der Menſchen hat Veſta ihren eignen Sitz, und ihre alte Ehre; — der erſten und der letzten Veſta wird bei jedem Gaſtmahle ſuͤßer Wein mit Ehrfurcht ausgegoſſen. — Der Sohn des Jupiter und der Maja, der Bote der Goͤtter mit dem goldenen Stabe, der Geber vieles Guten, bewohnet mit der Veſta die Haͤuſer der Sterblichen, und beide ſind einander lieb, weil beide, in ſchoͤner Uebereinſtimmung, nuͤtzliche Kuͤnſte lehren. — Merkur. In dieſe leichte Goͤtterbildung huͤllte die Phan- taſie der Alten die Begriffe von ſchneller Erfin- dungskraft, Liſt, und Gewandtheit ein, die ſich ſowohl in der taͤuſchenden Ueberredung, als in dem leicht vollfuͤhrten ſcherzenden Dieb- ſtahl zeigte, woruͤber ſelbſt der Beraubte, wenn er die kuͤhne Schalkheit wahrnahm, laͤcheln mußte. — Schalkheit und Liſt iſt hier mit der Macht der Gottheit und mit Unſterblichkeit gepaart, — denn nichts war unheilig in der Vorſtellungsart der

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/199>, abgerufen am 29.03.2024.