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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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wußte. Nach diesem Ausspruch durfte Iphigenie
die Bildsäule der Diana nicht entwenden, und
keinen Verrath an ihrem Wohlthäter dem Könige
Thoas begehen, von dem sie großmüthig entlas-
sen wird.

Troja.

Außerhalb Griechenland war Troja der vorzüg-
lichste Schauplatz der tragischen Begebenheiten,
welche in Gesängen der Nachwelt überliefert, und
auf der Schaubühne dargestellt, in immerwähren-
dem Andenken sich erhielten. -- Vom unerbittli-
chen Fatum selber war die Zerstörung von Troja
einmal beschlossen; zu ihrem Untergang mußte sich
alles fügen; und Götter und Menschen vermoch-
ten nichts gegen den Schluß des Schicksals.

Als Eris, bei der Vermählung des Peleus
mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo
alle Götter und Göttinnen versamlet waren, den
goldnen Apfel mit der Inschrift warf, die ihn der
Schönsten
zutheilte, so wurden Juno, Venus,
und Minerva, unter allen Göttinnen, um den
Preis der Schönheit zu wetteifern, einstimmig
am würdigsten erkannt.

Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida
weidete, sollte den Ausspruch thun. Dieser Hirt
war Paris, ein Sohn des Priamus, der über
Troja herrschte. Als die Göttinnen vor ihm er-

wußte. Nach dieſem Ausſpruch durfte Iphigenie
die Bildſaͤule der Diana nicht entwenden, und
keinen Verrath an ihrem Wohlthaͤter dem Koͤnige
Thoas begehen, von dem ſie großmuͤthig entlaſ-
ſen wird.

Troja.

Außerhalb Griechenland war Troja der vorzuͤg-
lichſte Schauplatz der tragiſchen Begebenheiten,
welche in Geſaͤngen der Nachwelt uͤberliefert, und
auf der Schaubuͤhne dargeſtellt, in immerwaͤhren-
dem Andenken ſich erhielten. — Vom unerbittli-
chen Fatum ſelber war die Zerſtoͤrung von Troja
einmal beſchloſſen; zu ihrem Untergang mußte ſich
alles fuͤgen; und Goͤtter und Menſchen vermoch-
ten nichts gegen den Schluß des Schickſals.

Als Eris, bei der Vermaͤhlung des Peleus
mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo
alle Goͤtter und Goͤttinnen verſamlet waren, den
goldnen Apfel mit der Inſchrift warf, die ihn der
Schoͤnſten
zutheilte, ſo wurden Juno, Venus,
und Minerva, unter allen Goͤttinnen, um den
Preis der Schoͤnheit zu wetteifern, einſtimmig
am wuͤrdigſten erkannt.

Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida
weidete, ſollte den Ausſpruch thun. Dieſer Hirt
war Paris, ein Sohn des Priamus, der uͤber
Troja herrſchte. Als die Goͤttinnen vor ihm er-

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[370/0442] wußte. Nach dieſem Ausſpruch durfte Iphigenie die Bildſaͤule der Diana nicht entwenden, und keinen Verrath an ihrem Wohlthaͤter dem Koͤnige Thoas begehen, von dem ſie großmuͤthig entlaſ- ſen wird. Troja. Außerhalb Griechenland war Troja der vorzuͤg- lichſte Schauplatz der tragiſchen Begebenheiten, welche in Geſaͤngen der Nachwelt uͤberliefert, und auf der Schaubuͤhne dargeſtellt, in immerwaͤhren- dem Andenken ſich erhielten. — Vom unerbittli- chen Fatum ſelber war die Zerſtoͤrung von Troja einmal beſchloſſen; zu ihrem Untergang mußte ſich alles fuͤgen; und Goͤtter und Menſchen vermoch- ten nichts gegen den Schluß des Schickſals. Als Eris, bei der Vermaͤhlung des Peleus mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo alle Goͤtter und Goͤttinnen verſamlet waren, den goldnen Apfel mit der Inſchrift warf, die ihn der Schoͤnſten zutheilte, ſo wurden Juno, Venus, und Minerva, unter allen Goͤttinnen, um den Preis der Schoͤnheit zu wetteifern, einſtimmig am wuͤrdigſten erkannt. Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida weidete, ſollte den Ausſpruch thun. Dieſer Hirt war Paris, ein Sohn des Priamus, der uͤber Troja herrſchte. Als die Goͤttinnen vor ihm er-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/442>, abgerufen am 28.03.2024.