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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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Huld nicht verehren will. -- Das Bedürfniß,
einen Gott zu glauben, erwachte bei dieser Gele¬
genheit, da er erst bloß damit umging, ein Ge¬
dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, so mäch¬
tig in Reisers Seele, daß er gegen den, der
diesen Trost ihm rauben wolle, gleichsam eine
Art von gerechter Erbitterung fühlte, und sich in
diesem Feuer erhalten konnte, bis sein Gedicht
vollendet war, das sich mit der frohen Ueberzeu¬
gung von dem Daseyn einer vernünftigen Ursach
aller Dinge, welche sind und geschehn, anhub
und endigte, und bei aller Unregelmäßigkeit, und
dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch
ein Ganzes von Empfindungen ausmachte,
welches Reisern bis jetzt hervorzubringen noch
nicht gelungen war. -- Die Mittheilung dieses
Gedichts wird daher in dieser Rücksicht nicht
überflüßig seyn, wenn es gleich um sein selbst
willen keine Aufbewahrung verdiene:

Der Gottesleugner.

Es ist ein Gott -- wohl mir! Dem Vater
meiner Tage,
3r Theil. H

Huld nicht verehren will. — Das Beduͤrfniß,
einen Gott zu glauben, erwachte bei dieſer Gele¬
genheit, da er erſt bloß damit umging, ein Ge¬
dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, ſo maͤch¬
tig in Reiſers Seele, daß er gegen den, der
dieſen Troſt ihm rauben wolle, gleichſam eine
Art von gerechter Erbitterung fuͤhlte, und ſich in
dieſem Feuer erhalten konnte, bis ſein Gedicht
vollendet war, das ſich mit der frohen Ueberzeu¬
gung von dem Daſeyn einer vernuͤnftigen Urſach
aller Dinge, welche ſind und geſchehn, anhub
und endigte, und bei aller Unregelmaͤßigkeit, und
dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch
ein Ganzes von Empfindungen ausmachte,
welches Reiſern bis jetzt hervorzubringen noch
nicht gelungen war. — Die Mittheilung dieſes
Gedichts wird daher in dieſer Ruͤckſicht nicht
uͤberfluͤßig ſeyn, wenn es gleich um ſein ſelbſt
willen keine Aufbewahrung verdiene:

Der Gottesleugner.

Es iſt ein Gott — wohl mir! Dem Vater
meiner Tage,
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[113/0123] Huld nicht verehren will. — Das Beduͤrfniß, einen Gott zu glauben, erwachte bei dieſer Gele¬ genheit, da er erſt bloß damit umging, ein Ge¬ dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, ſo maͤch¬ tig in Reiſers Seele, daß er gegen den, der dieſen Troſt ihm rauben wolle, gleichſam eine Art von gerechter Erbitterung fuͤhlte, und ſich in dieſem Feuer erhalten konnte, bis ſein Gedicht vollendet war, das ſich mit der frohen Ueberzeu¬ gung von dem Daſeyn einer vernuͤnftigen Urſach aller Dinge, welche ſind und geſchehn, anhub und endigte, und bei aller Unregelmaͤßigkeit, und dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch ein Ganzes von Empfindungen ausmachte, welches Reiſern bis jetzt hervorzubringen noch nicht gelungen war. — Die Mittheilung dieſes Gedichts wird daher in dieſer Ruͤckſicht nicht uͤberfluͤßig ſeyn, wenn es gleich um ſein ſelbſt willen keine Aufbewahrung verdiene: Der Gottesleugner. Es iſt ein Gott — wohl mir! Dem Vater meiner Tage, 3r Theil. H

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/123>, abgerufen am 20.04.2024.