zu halten. -- Da es nun aber wieder anfing zu frieren, so konnte er oben auf seiner Kammer nicht mehr allein seyn, sondern mußte wieder des Abends unten bei den Wirthsleuten in der Stube sitzen, wo die einquartirten Soldaten nebst dem Wirth ihn mit zu ihren Spielen nöthigten, mit denen sie sich die langen Winterabende vertrie¬ ben. -- Hier verfertigte er nun größtentheils des Nachmittags und des Abends in der Dämme¬ rung, indem er sich mit dem Kopf an den Ofen legte, seine Rede. -- Und nun hatte er auch ein schönes Mittel gegen seine schwermüthige Laune gefunden; so oft er nehmlich merkte, daß sie anfing, seiner Herr zu werden, ging er im größten Regen und Schnee des Abends, wenn es schon dunkel war, aus, und einmal um den Wall spatzieren, und es fehlte ihm niemals, daß sich nicht, so wie er mit schnellen Schritten vor¬ wärts ging, neue Aussichten und Hoffnungen unvermerkt in seiner Seele entwickelt hätten, von welchen freilich die glanzendste ihm am nächsten lag. -- Bei diesen Spatziergängen um den Wall gelangen ihm auch die besten Stellen in seiner Rede, und Schwierigkeiten in Ansehung des
zu halten. — Da es nun aber wieder anfing zu frieren, ſo konnte er oben auf ſeiner Kammer nicht mehr allein ſeyn, ſondern mußte wieder des Abends unten bei den Wirthsleuten in der Stube ſitzen, wo die einquartirten Soldaten nebſt dem Wirth ihn mit zu ihren Spielen noͤthigten, mit denen ſie ſich die langen Winterabende vertrie¬ ben. — Hier verfertigte er nun groͤßtentheils des Nachmittags und des Abends in der Daͤmme¬ rung, indem er ſich mit dem Kopf an den Ofen legte, ſeine Rede. — Und nun hatte er auch ein ſchoͤnes Mittel gegen ſeine ſchwermuͤthige Laune gefunden; ſo oft er nehmlich merkte, daß ſie anfing, ſeiner Herr zu werden, ging er im groͤßten Regen und Schnee des Abends, wenn es ſchon dunkel war, aus, und einmal um den Wall ſpatzieren, und es fehlte ihm niemals, daß ſich nicht, ſo wie er mit ſchnellen Schritten vor¬ waͤrts ging, neue Ausſichten und Hoffnungen unvermerkt in ſeiner Seele entwickelt haͤtten, von welchen freilich die glanzendſte ihm am naͤchſten lag. — Bei dieſen Spatziergaͤngen um den Wall gelangen ihm auch die beſten Stellen in ſeiner Rede, und Schwierigkeiten in Anſehung des
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zu halten. — Da es nun aber wieder anfing zu
frieren, ſo konnte er oben auf ſeiner Kammer
nicht mehr allein ſeyn, ſondern mußte wieder des
Abends unten bei den Wirthsleuten in der Stube
ſitzen, wo die einquartirten Soldaten nebſt dem
Wirth ihn mit zu ihren Spielen noͤthigten, mit
denen ſie ſich die langen Winterabende vertrie¬
ben. — Hier verfertigte er nun groͤßtentheils des
Nachmittags und des Abends in der Daͤmme¬
rung, indem er ſich mit dem Kopf an den Ofen
legte, ſeine Rede. — Und nun hatte er auch
ein ſchoͤnes Mittel gegen ſeine ſchwermuͤthige
Laune gefunden; ſo oft er nehmlich merkte, daß
ſie anfing, ſeiner Herr zu werden, ging er im
groͤßten Regen und Schnee des Abends, wenn
es ſchon dunkel war, aus, und einmal um den
Wall ſpatzieren, und es fehlte ihm niemals, daß
ſich nicht, ſo wie er mit ſchnellen Schritten vor¬
waͤrts ging, neue Ausſichten und Hoffnungen
unvermerkt in ſeiner Seele entwickelt haͤtten, von
welchen freilich die glanzendſte ihm am naͤchſten
lag. — Bei dieſen Spatziergaͤngen um den Wall
gelangen ihm auch die beſten Stellen in ſeiner
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/146>, abgerufen am 20.04.2024.
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