Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Johann Jacob: Erste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten. Nürnberg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Europa, als einem ein. Staatscörp.
Vorzüge vor anderen christlichen Regenten zu-
gestanden worden seynd;

Die aber jezo nicht mehr zum Vorschein
kommen.

§. 9.

Seit dem 16den Jahrhundert sehen über-
haupt alle unabhängige Europäische gecrönte
Häupter sich als gleichen Standes und Wür-
de an; unter denen sie doch dem Röm. Kayser,
als ersten unter allen seines gleichen, den Vor-
gang lassen; welches sich auch der Röm. Kay-
serliche Hof je länger je mehr muß gefallen lassen.

§. 10.

Europa hat also kein gemeinschafftliches
weltliches Oberhaupt.

§. 11.

Wohl aber erkennen alle Catholische Regen-
ten und Staaten in Europa den Römischen
Pabst, in der angenommenen Eigenschafft eines
Statthalters Christi auf Erden, für das sichtbare
geistliche Oberhaupt der ganzen Christenheit:

Dessen bißanhero genossene Gerechtsame
und Gewalt aber werden seit kurzem je länger
je mehr eingeschränckt, dörfften vermuthlich auch
noch weiter fallen.



Universal-Monarchie.
§. 12.

Die im vorig- und jezigen Jahrhundert ge-
äusserte Furcht, daß Franckreich nach einer uni-
versal-Monarchie in Europa strebe, ist derma-
len verschwunden.

Pro-
B 3

Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp.
Vorzuͤge vor anderen chriſtlichen Regenten zu-
geſtanden worden ſeynd;

Die aber jezo nicht mehr zum Vorſchein
kommen.

§. 9.

Seit dem 16den Jahrhundert ſehen uͤber-
haupt alle unabhaͤngige Europaͤiſche gecroͤnte
Haͤupter ſich als gleichen Standes und Wuͤr-
de an; unter denen ſie doch dem Roͤm. Kayſer,
als erſten unter allen ſeines gleichen, den Vor-
gang laſſen; welches ſich auch der Roͤm. Kay-
ſerliche Hof je laͤnger je mehr muß gefallen laſſen.

§. 10.

Europa hat alſo kein gemeinſchafftliches
weltliches Oberhaupt.

§. 11.

Wohl aber erkennen alle Catholiſche Regen-
ten und Staaten in Europa den Roͤmiſchen
Pabſt, in der angenommenen Eigenſchafft eines
Statthalters Chriſti auf Erden, fuͤr das ſichtbare
geiſtliche Oberhaupt der ganzen Chriſtenheit:

Deſſen bißanhero genoſſene Gerechtſame
und Gewalt aber werden ſeit kurzem je laͤnger
je mehr eingeſchraͤnckt, doͤrfften vermuthlich auch
noch weiter fallen.



Univerſal-Monarchie.
§. 12.

Die im vorig- und jezigen Jahrhundert ge-
aͤuſſerte Furcht, daß Franckreich nach einer uni-
verſal-Monarchie in Europa ſtrebe, iſt derma-
len verſchwunden.

Pro-
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0033" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von Europa, als einem ein. Staatsco&#x0364;rp.</hi></fw><lb/>
Vorzu&#x0364;ge vor anderen chri&#x017F;tlichen Regenten zu-<lb/>
ge&#x017F;tanden worden &#x017F;eynd;</p><lb/>
            <p>Die aber jezo nicht mehr zum Vor&#x017F;chein<lb/>
kommen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 9.</head><lb/>
            <p>Seit dem 16den Jahrhundert &#x017F;ehen u&#x0364;ber-<lb/>
haupt alle unabha&#x0364;ngige Europa&#x0364;i&#x017F;che gecro&#x0364;nte<lb/>
Ha&#x0364;upter &#x017F;ich als gleichen Standes und Wu&#x0364;r-<lb/>
de an; unter denen &#x017F;ie doch dem Ro&#x0364;m. Kay&#x017F;er,<lb/>
als er&#x017F;ten unter allen &#x017F;eines gleichen, den Vor-<lb/>
gang la&#x017F;&#x017F;en; welches &#x017F;ich auch der Ro&#x0364;m. Kay-<lb/>
&#x017F;erliche Hof je la&#x0364;nger je mehr muß gefallen la&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 10.</head><lb/>
            <p>Europa hat al&#x017F;o kein gemein&#x017F;chafftliches<lb/>
weltliches Oberhaupt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 11.</head><lb/>
            <p>Wohl aber erkennen alle Catholi&#x017F;che Regen-<lb/>
ten und Staaten in Europa den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Pab&#x017F;t, in der angenommenen Eigen&#x017F;chafft eines<lb/>
Statthalters Chri&#x017F;ti auf Erden, fu&#x0364;r das &#x017F;ichtbare<lb/>
gei&#x017F;tliche Oberhaupt der ganzen Chri&#x017F;tenheit:</p><lb/>
            <p>De&#x017F;&#x017F;en bißanhero geno&#x017F;&#x017F;ene Gerecht&#x017F;ame<lb/>
und Gewalt aber werden &#x017F;eit kurzem je la&#x0364;nger<lb/>
je mehr einge&#x017F;chra&#x0364;nckt, do&#x0364;rfften vermuthlich auch<lb/>
noch weiter fallen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Univer&#x017F;al-Monarchie</hi>.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 12.</head><lb/>
            <p>Die im vorig- und jezigen Jahrhundert ge-<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte Furcht, daß Franckreich nach einer uni-<lb/>
ver&#x017F;al-Monarchie in Europa &#x017F;trebe, i&#x017F;t derma-<lb/>
len ver&#x017F;chwunden.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">B 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Pro-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0033] Von Europa, als einem ein. Staatscoͤrp. Vorzuͤge vor anderen chriſtlichen Regenten zu- geſtanden worden ſeynd; Die aber jezo nicht mehr zum Vorſchein kommen. §. 9. Seit dem 16den Jahrhundert ſehen uͤber- haupt alle unabhaͤngige Europaͤiſche gecroͤnte Haͤupter ſich als gleichen Standes und Wuͤr- de an; unter denen ſie doch dem Roͤm. Kayſer, als erſten unter allen ſeines gleichen, den Vor- gang laſſen; welches ſich auch der Roͤm. Kay- ſerliche Hof je laͤnger je mehr muß gefallen laſſen. §. 10. Europa hat alſo kein gemeinſchafftliches weltliches Oberhaupt. §. 11. Wohl aber erkennen alle Catholiſche Regen- ten und Staaten in Europa den Roͤmiſchen Pabſt, in der angenommenen Eigenſchafft eines Statthalters Chriſti auf Erden, fuͤr das ſichtbare geiſtliche Oberhaupt der ganzen Chriſtenheit: Deſſen bißanhero genoſſene Gerechtſame und Gewalt aber werden ſeit kurzem je laͤnger je mehr eingeſchraͤnckt, doͤrfften vermuthlich auch noch weiter fallen. Univerſal-Monarchie. §. 12. Die im vorig- und jezigen Jahrhundert ge- aͤuſſerte Furcht, daß Franckreich nach einer uni- verſal-Monarchie in Europa ſtrebe, iſt derma- len verſchwunden. Pro- B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_grundlehren_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_grundlehren_1778/33
Zitationshilfe: Moser, Johann Jacob: Erste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten. Nürnberg, 1778, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_grundlehren_1778/33>, abgerufen am 28.03.2024.