Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

menschenfeindliche Begierde nach ausschließendem Besitz, die
kein Eigenthum, wie groß es auch sey, und zuletzt auch
keine Krone befriedigen kann. Es offenbart sich dann, wie-
wohl auf falschem Wege, das richtige Verlangen nach dem
Ganzen; und es ist nichts abgeschmackter, als wenn ein
Philosoph die Gemeingüter der Menschheit zerstören hilft,
und hinterher über den Eigennutz und Egoismus der Menschen
klagt. --

Wenn ihr den Einzelnen aus feinem Vaterhause emanci-
pirt, und darauf laufen doch eure Freyheitsproclamationen
hinaus, so habt ihr sein Schicksal dem Zufall anheim ge-
stellt, der feindseligen Begierde die Welt preis gegeben, die
Ungleichheit aller vor dem Schicksal anstatt der Gleichheit vor
dem Gesetze constituirt, und von Staatsordnung ist nicht wei-
ter die Rede. Die Schranken, die ihr ihm hinterher durch
den Buchstaben eines Gesetzes stellt, habt ihr im Voraus
durch den Widerspruch schon aufgehoben, daß ihr ihm erlaubt,
nach allem Besitze überhaupt zu streben. Wenn der vater-
häusliche Geist verschwunden, der befriedigend in die ge-
heimsten Falten des Herzens drang, dann wollen wir sehen,
wie weit ihr mit eurem Privatrecht und euren Polizeygesetzen
kommt, die an der Außenseite des Menschen umherspielen,
und die er, der Einzelne auch wieder spielend abzufertigen
wissen wird. Wenn der Einzelne erst die gehörige Macht er-
reicht hat, so wird er alle privatrechtlichen Schranken zu
schonen, und dennoch alle eure Besitzthümer sich anzueignen
wissen.

menſchenfeindliche Begierde nach ausſchließendem Beſitz, die
kein Eigenthum, wie groß es auch ſey, und zuletzt auch
keine Krone befriedigen kann. Es offenbart ſich dann, wie-
wohl auf falſchem Wege, das richtige Verlangen nach dem
Ganzen; und es iſt nichts abgeſchmackter, als wenn ein
Philoſoph die Gemeinguͤter der Menſchheit zerſtoͤren hilft,
und hinterher uͤber den Eigennutz und Egoismus der Menſchen
klagt. —

Wenn ihr den Einzelnen aus feinem Vaterhauſe emanci-
pirt, und darauf laufen doch eure Freyheitsproclamationen
hinaus, ſo habt ihr ſein Schickſal dem Zufall anheim ge-
ſtellt, der feindſeligen Begierde die Welt preis gegeben, die
Ungleichheit aller vor dem Schickſal anſtatt der Gleichheit vor
dem Geſetze conſtituirt, und von Staatsordnung iſt nicht wei-
ter die Rede. Die Schranken, die ihr ihm hinterher durch
den Buchſtaben eines Geſetzes ſtellt, habt ihr im Voraus
durch den Widerſpruch ſchon aufgehoben, daß ihr ihm erlaubt,
nach allem Beſitze uͤberhaupt zu ſtreben. Wenn der vater-
haͤusliche Geiſt verſchwunden, der befriedigend in die ge-
heimſten Falten des Herzens drang, dann wollen wir ſehen,
wie weit ihr mit eurem Privatrecht und euren Polizeygeſetzen
kommt, die an der Außenſeite des Menſchen umherſpielen,
und die er, der Einzelne auch wieder ſpielend abzufertigen
wiſſen wird. Wenn der Einzelne erſt die gehoͤrige Macht er-
reicht hat, ſo wird er alle privatrechtlichen Schranken zu
ſchonen, und dennoch alle eure Beſitzthuͤmer ſich anzueignen
wiſſen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0023" n="9"/>
men&#x017F;chenfeindliche Begierde nach aus&#x017F;chließendem Be&#x017F;itz, die<lb/>
kein Eigenthum, wie groß es auch &#x017F;ey, und zuletzt auch<lb/>
keine Krone befriedigen kann. Es offenbart &#x017F;ich dann, wie-<lb/>
wohl auf fal&#x017F;chem Wege, das richtige Verlangen nach dem<lb/>
Ganzen; und es i&#x017F;t nichts abge&#x017F;chmackter, als wenn ein<lb/>
Philo&#x017F;oph die Gemeingu&#x0364;ter der Men&#x017F;chheit zer&#x017F;to&#x0364;ren hilft,<lb/>
und hinterher u&#x0364;ber den Eigennutz und Egoismus der Men&#x017F;chen<lb/>
klagt. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Wenn ihr den Einzelnen aus feinem Vaterhau&#x017F;e emanci-<lb/>
pirt, und darauf laufen doch eure Freyheitsproclamationen<lb/>
hinaus, &#x017F;o habt ihr &#x017F;ein Schick&#x017F;al dem Zufall anheim ge-<lb/>
&#x017F;tellt, der feind&#x017F;eligen Begierde die Welt preis gegeben, die<lb/>
Ungleichheit aller vor dem Schick&#x017F;al an&#x017F;tatt der Gleichheit vor<lb/>
dem Ge&#x017F;etze con&#x017F;tituirt, und von Staatsordnung i&#x017F;t nicht wei-<lb/>
ter die Rede. Die Schranken, die ihr ihm hinterher durch<lb/>
den Buch&#x017F;taben eines Ge&#x017F;etzes &#x017F;tellt, habt ihr im Voraus<lb/>
durch den Wider&#x017F;pruch &#x017F;chon aufgehoben, daß ihr ihm erlaubt,<lb/>
nach allem Be&#x017F;itze u&#x0364;berhaupt zu &#x017F;treben. Wenn der vater-<lb/>
ha&#x0364;usliche Gei&#x017F;t ver&#x017F;chwunden, der befriedigend in die ge-<lb/>
heim&#x017F;ten Falten des Herzens drang, dann wollen wir &#x017F;ehen,<lb/>
wie weit ihr mit eurem Privatrecht und euren Polizeyge&#x017F;etzen<lb/>
kommt, die an der Außen&#x017F;eite des Men&#x017F;chen umher&#x017F;pielen,<lb/>
und die er, der Einzelne auch wieder &#x017F;pielend abzufertigen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wird. Wenn der Einzelne er&#x017F;t die geho&#x0364;rige Macht er-<lb/>
reicht hat, &#x017F;o wird er alle privatrechtlichen Schranken zu<lb/>
&#x017F;chonen, und dennoch alle eure Be&#x017F;itzthu&#x0364;mer &#x017F;ich anzueignen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0023] menſchenfeindliche Begierde nach ausſchließendem Beſitz, die kein Eigenthum, wie groß es auch ſey, und zuletzt auch keine Krone befriedigen kann. Es offenbart ſich dann, wie- wohl auf falſchem Wege, das richtige Verlangen nach dem Ganzen; und es iſt nichts abgeſchmackter, als wenn ein Philoſoph die Gemeinguͤter der Menſchheit zerſtoͤren hilft, und hinterher uͤber den Eigennutz und Egoismus der Menſchen klagt. — Wenn ihr den Einzelnen aus feinem Vaterhauſe emanci- pirt, und darauf laufen doch eure Freyheitsproclamationen hinaus, ſo habt ihr ſein Schickſal dem Zufall anheim ge- ſtellt, der feindſeligen Begierde die Welt preis gegeben, die Ungleichheit aller vor dem Schickſal anſtatt der Gleichheit vor dem Geſetze conſtituirt, und von Staatsordnung iſt nicht wei- ter die Rede. Die Schranken, die ihr ihm hinterher durch den Buchſtaben eines Geſetzes ſtellt, habt ihr im Voraus durch den Widerſpruch ſchon aufgehoben, daß ihr ihm erlaubt, nach allem Beſitze uͤberhaupt zu ſtreben. Wenn der vater- haͤusliche Geiſt verſchwunden, der befriedigend in die ge- heimſten Falten des Herzens drang, dann wollen wir ſehen, wie weit ihr mit eurem Privatrecht und euren Polizeygeſetzen kommt, die an der Außenſeite des Menſchen umherſpielen, und die er, der Einzelne auch wieder ſpielend abzufertigen wiſſen wird. Wenn der Einzelne erſt die gehoͤrige Macht er- reicht hat, ſo wird er alle privatrechtlichen Schranken zu ſchonen, und dennoch alle eure Beſitzthuͤmer ſich anzueignen wiſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/23
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/23>, abgerufen am 28.03.2024.