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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Drey und zwanzigste Unterredung, den
7ten April.

Jch habe alles genau überlegt, Herr Graf, was Sie
mir gestern auf meine Fragen geantwortet haben.
Jch finde nichts darin, das den Vorschriften des Evan-
gelii widerspricht. Zum Voraus gesetzt also, daß Sie
aufrichtig gegen mich gewesen sind, wie ich denn keine
Ursache habe daran zu zweifeln, so haben Sie durch Got-
tes Gnade die Bedingungen bis hierher erfüllt, unter
denen uns Gott seine Begnadigung versprochen hat.
Gottlob, antwortete er, meine Gemüthsruhe ist mir auch
ein Beweis davon, daß mich Gott nicht verworfen hat.
Jch kann es mir gar nicht verhehlen, daß ich itzt in mei-
nen Banden und in der Nähe eines schrecklichen Todes
viel glücklicher bin, als ich in meiner vorigen irdischen
Größe war.

Daß ich Jhnen keine falsche Hoffnung mache,
das will ich Jhnen aus dem Worte Gottes zeigen. Es
versteht sich aber von selbst, daß Sie in Jhren gegen-
wärtigen Gesinnungen bis ans Ende beharren, und sie,
so sehr Sie können, zu befestigen, zu vermehren und
fruchtbar zu machen suchen müssen, wenn folgende
Schriftstellen Jhnen die Zuverlässigkeit Jhrer Hoffnung
beweisen sollen. Joh. 3, 16. Matth. 10, 32. Matth. 6,
14. 1 Joh. 2, 5. Röm. 8, 35-39. Tit. 3, 3-7. 1 Tim.
1, 12-16. Röm. 6, 20-22. Luc. 15, 11-32. Wir giengen
alle diese Aussprüche der Schrift mit einander durch, ich
zeigte ihm, wie in einem jeden derselben die Hoffnung,
die ich ihm gemacht hätte, gegründet wäre, und einige
unter ihnen, die ganz besonders auf ihn angewendet wer-
den konnten, z. Ex. die drey letztern, waren ihm vorzüg-
lich beruhigende Zeugnisse.

Es
N 2


Drey und zwanzigſte Unterredung, den
7ten April.

Jch habe alles genau uͤberlegt, Herr Graf, was Sie
mir geſtern auf meine Fragen geantwortet haben.
Jch finde nichts darin, das den Vorſchriften des Evan-
gelii widerſpricht. Zum Voraus geſetzt alſo, daß Sie
aufrichtig gegen mich geweſen ſind, wie ich denn keine
Urſache habe daran zu zweifeln, ſo haben Sie durch Got-
tes Gnade die Bedingungen bis hierher erfuͤllt, unter
denen uns Gott ſeine Begnadigung verſprochen hat.
Gottlob, antwortete er, meine Gemuͤthsruhe iſt mir auch
ein Beweis davon, daß mich Gott nicht verworfen hat.
Jch kann es mir gar nicht verhehlen, daß ich itzt in mei-
nen Banden und in der Naͤhe eines ſchrecklichen Todes
viel gluͤcklicher bin, als ich in meiner vorigen irdiſchen
Groͤße war.

Daß ich Jhnen keine falſche Hoffnung mache,
das will ich Jhnen aus dem Worte Gottes zeigen. Es
verſteht ſich aber von ſelbſt, daß Sie in Jhren gegen-
waͤrtigen Geſinnungen bis ans Ende beharren, und ſie,
ſo ſehr Sie koͤnnen, zu befeſtigen, zu vermehren und
fruchtbar zu machen ſuchen muͤſſen, wenn folgende
Schriftſtellen Jhnen die Zuverlaͤſſigkeit Jhrer Hoffnung
beweiſen ſollen. Joh. 3, 16. Matth. 10, 32. Matth. 6,
14. 1 Joh. 2, 5. Roͤm. 8, 35-39. Tit. 3, 3-7. 1 Tim.
1, 12-16. Roͤm. 6, 20-22. Luc. 15, 11-32. Wir giengen
alle dieſe Ausſpruͤche der Schrift mit einander durch, ich
zeigte ihm, wie in einem jeden derſelben die Hoffnung,
die ich ihm gemacht haͤtte, gegruͤndet waͤre, und einige
unter ihnen, die ganz beſonders auf ihn angewendet wer-
den konnten, z. Ex. die drey letztern, waren ihm vorzuͤg-
lich beruhigende Zeugniſſe.

Es
N 2
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[195/0207] Drey und zwanzigſte Unterredung, den 7ten April. Jch habe alles genau uͤberlegt, Herr Graf, was Sie mir geſtern auf meine Fragen geantwortet haben. Jch finde nichts darin, das den Vorſchriften des Evan- gelii widerſpricht. Zum Voraus geſetzt alſo, daß Sie aufrichtig gegen mich geweſen ſind, wie ich denn keine Urſache habe daran zu zweifeln, ſo haben Sie durch Got- tes Gnade die Bedingungen bis hierher erfuͤllt, unter denen uns Gott ſeine Begnadigung verſprochen hat. Gottlob, antwortete er, meine Gemuͤthsruhe iſt mir auch ein Beweis davon, daß mich Gott nicht verworfen hat. Jch kann es mir gar nicht verhehlen, daß ich itzt in mei- nen Banden und in der Naͤhe eines ſchrecklichen Todes viel gluͤcklicher bin, als ich in meiner vorigen irdiſchen Groͤße war. Daß ich Jhnen keine falſche Hoffnung mache, das will ich Jhnen aus dem Worte Gottes zeigen. Es verſteht ſich aber von ſelbſt, daß Sie in Jhren gegen- waͤrtigen Geſinnungen bis ans Ende beharren, und ſie, ſo ſehr Sie koͤnnen, zu befeſtigen, zu vermehren und fruchtbar zu machen ſuchen muͤſſen, wenn folgende Schriftſtellen Jhnen die Zuverlaͤſſigkeit Jhrer Hoffnung beweiſen ſollen. Joh. 3, 16. Matth. 10, 32. Matth. 6, 14. 1 Joh. 2, 5. Roͤm. 8, 35-39. Tit. 3, 3-7. 1 Tim. 1, 12-16. Roͤm. 6, 20-22. Luc. 15, 11-32. Wir giengen alle dieſe Ausſpruͤche der Schrift mit einander durch, ich zeigte ihm, wie in einem jeden derſelben die Hoffnung, die ich ihm gemacht haͤtte, gegruͤndet waͤre, und einige unter ihnen, die ganz beſonders auf ihn angewendet wer- den konnten, z. Ex. die drey letztern, waren ihm vorzuͤg- lich beruhigende Zeugniſſe. Es N 2

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/207>, abgerufen am 28.03.2024.