Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
mit andern wolriechenden Kräutern/ als Jsop und Lavendel
bewachsen/ welches/ also hindurch zu reiten/ eine grosse Lust und
anmuthigen/ auch sonderlich er quickenden Geruch giebet/ daß
ob gleich das Gebürge sonst wegen seiner Höhe und Rauhigkeit
noch so beschwerlich zu reisen ist/ einem dennoch durch diesen
lieblichen Anblick und Geruch alle Beschwer und Unlust ver-
gehet und einem Zeit und Weile nicht lang wird.

Darnach kamen wir in einen ebenen Weg biß an ein Holtz
über welches wir den sehr hohen jehen Felß herüber ragen ge-
sehen/ darinnen Maria Magdalena ihre Busse gethan. Da
wir demnach vollends durchs Holtz waren/ welches denn sehr
lange wärete/ sind wir an denselben Felsen kommen. Sehr hoch
droben stehet ein ziemlich groß Gebäude/ oder Hauß/ welches
natürlich wie ein Schwalben-Nest lebet und wunderbarlich
von unten hinauf anzusehen ist. Sind demnach miteinander
hinauf gestiegen/ musten aber erst durch etzliche eiserne Thüren
gehen und also auf steinern Stuffen hinauf steigen/ da funden
wir einen Wirth/ welcher frembde Leute/ die dahin kommen den
Ort zubesehen/ mit Essen/ Trincken/ Betten und anderer Noth-
durfft um ihre Zahlung gar wol versorget. Der empfieng auch
uns gar freundlich und führete uns in ein Zimmer/ das hinaus ge-
gen das Gehöltze lag/ und ließ es an nichts mangeln/ wormit
wir wol und statlich tractirt und bewirthet werden konten.

Nach diesem führten sie mich hinunter in eine tieffe Höhle
welche im Felsen war/ worüber ich mich höchlich verwundern
muste/ denn sie war sehr lang/ tieff und hoch und nassete al-
lenthalben so/ daß sie troffe/ ausgenommen der Orth/ wo Ma-
ria Magdalena ihre Buß- und Thränen-Stäte gehabt/ biß an
ihr Ende/ da war es treuge und hätte man weder Nässe/ noch
Tropffen gesehen/ massen denn derselben Bildnüß eben an der

Stel-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
mit andern wolriechenden Kraͤutern/ als Jſop und Lavendel
bewachſen/ welches/ alſo hindurch zu reiten/ eine groſſe Luſt und
anmuthigen/ auch ſonderlich er quickenden Geruch giebet/ daß
ob gleich das Gebuͤrge ſonſt wegen ſeiner Hoͤhe und Rauhigkeit
noch ſo beſchwerlich zu reiſen iſt/ einem dennoch durch dieſen
lieblichen Anblick und Geruch alle Beſchwer und Unluſt ver-
gehet und einem Zeit und Weile nicht lang wird.

Darnach kamen wir in einen ebenen Weg biß an ein Holtz
uͤber welches wir den ſehr hohen jehen Felß heruͤber ragen ge-
ſehen/ darinnen Maria Magdalena ihre Buſſe gethan. Da
wir demnach vollends durchs Holtz waren/ welches denn ſehr
lange waͤrete/ ſind wir an denſelben Felſen kommen. Sehr hoch
droben ſtehet ein ziemlich groß Gebaͤude/ oder Hauß/ welches
natuͤrlich wie ein Schwalben-Neſt lebet und wunderbarlich
von unten hinauf anzuſehen iſt. Sind demnach miteinander
hinauf geſtiegen/ muſten aber erſt durch etzliche eiſerne Thuͤren
gehen und alſo auf ſteinern Stuffen hinauf ſteigen/ da funden
wir einen Wirth/ welcher frembde Leute/ die dahin kom̃en den
Ort zubeſehen/ mit Eſſen/ Trincken/ Betten und anderer Noth-
durfft um ihre Zahlung gar wol verſorget. Der empfieng auch
uns gar freundlich uñ fuͤhrete uns in ein Zim̃er/ das hinaus ge-
gen das Gehoͤltze lag/ und ließ es an nichts mangeln/ wormit
wir wol und ſtatlich tractirt und bewirthet werden konten.

Nach dieſem fuͤhrten ſie mich hinunter in eine tieffe Hoͤhle
welche im Felſen war/ woruͤber ich mich hoͤchlich verwundern
muſte/ denn ſie war ſehr lang/ tieff und hoch und naſſete al-
lenthalben ſo/ daß ſie troffe/ ausgenommen der Orth/ wo Ma-
ria Magdalena ihre Buß- uñ Thraͤnen-Staͤte gehabt/ biß an
ihr Ende/ da war es treuge und haͤtte man weder Naͤſſe/ noch
Tropffen geſehen/ maſſen denn derſelben Bildnuͤß eben an der

Stel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0376" n="370"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
mit andern wolriechenden Kra&#x0364;utern/ als J&#x017F;op und Lavendel<lb/>
bewach&#x017F;en/ welches/ al&#x017F;o hindurch zu reiten/ eine gro&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t und<lb/>
anmuthigen/ auch &#x017F;onderlich er quickenden Geruch giebet/ daß<lb/>
ob gleich das Gebu&#x0364;rge &#x017F;on&#x017F;t wegen &#x017F;einer Ho&#x0364;he und Rauhigkeit<lb/>
noch &#x017F;o be&#x017F;chwerlich zu rei&#x017F;en i&#x017F;t/ einem dennoch durch die&#x017F;en<lb/>
lieblichen Anblick und Geruch alle Be&#x017F;chwer und Unlu&#x017F;t ver-<lb/>
gehet und einem Zeit und Weile nicht lang wird.</p><lb/>
            <p>Darnach kamen wir in einen ebenen Weg biß an ein Holtz<lb/>
u&#x0364;ber welches wir den &#x017F;ehr hohen jehen Felß heru&#x0364;ber ragen ge-<lb/>
&#x017F;ehen/ darinnen Maria Magdalena ihre Bu&#x017F;&#x017F;e gethan. Da<lb/>
wir demnach vollends durchs Holtz waren/ welches denn &#x017F;ehr<lb/>
lange wa&#x0364;rete/ &#x017F;ind wir an den&#x017F;elben Fel&#x017F;en kommen. Sehr hoch<lb/>
droben &#x017F;tehet ein ziemlich groß Geba&#x0364;ude/ oder Hauß/ welches<lb/>
natu&#x0364;rlich wie ein Schwalben-Ne&#x017F;t lebet und wunderbarlich<lb/>
von unten hinauf anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t. Sind demnach miteinander<lb/>
hinauf ge&#x017F;tiegen/ mu&#x017F;ten aber er&#x017F;t durch etzliche ei&#x017F;erne Thu&#x0364;ren<lb/>
gehen und al&#x017F;o auf &#x017F;teinern Stuffen hinauf &#x017F;teigen/ da funden<lb/>
wir einen Wirth/ welcher frembde Leute/ die dahin kom&#x0303;en den<lb/>
Ort zube&#x017F;ehen/ mit E&#x017F;&#x017F;en/ Trincken/ Betten und anderer Noth-<lb/>
durfft um ihre Zahlung gar wol ver&#x017F;orget. Der empfieng auch<lb/>
uns gar freundlich un&#x0303; fu&#x0364;hrete uns in ein Zim&#x0303;er/ das hinaus ge-<lb/>
gen das Geho&#x0364;ltze lag/ und ließ es an nichts mangeln/ wormit<lb/>
wir wol und &#x017F;tatlich <hi rendition="#aq">tractirt</hi> und bewirthet werden konten.</p><lb/>
            <p>Nach die&#x017F;em fu&#x0364;hrten &#x017F;ie mich hinunter in eine tieffe Ho&#x0364;hle<lb/>
welche im Fel&#x017F;en war/ woru&#x0364;ber ich mich ho&#x0364;chlich verwundern<lb/>
mu&#x017F;te/ denn &#x017F;ie war &#x017F;ehr lang/ tieff und hoch und na&#x017F;&#x017F;ete al-<lb/>
lenthalben &#x017F;o/ daß &#x017F;ie troffe/ ausgenommen der Orth/ wo Ma-<lb/>
ria Magdalena ihre <choice><orig>Buß-un&#x0303;</orig><reg>Buß- un&#x0303;</reg></choice> Thra&#x0364;nen-Sta&#x0364;te gehabt/ biß an<lb/>
ihr Ende/ da war es treuge und ha&#x0364;tte man weder Na&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ noch<lb/>
Tropffen ge&#x017F;ehen/ ma&#x017F;&#x017F;en denn der&#x017F;elben Bildnu&#x0364;ß eben an der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stel-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0376] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. mit andern wolriechenden Kraͤutern/ als Jſop und Lavendel bewachſen/ welches/ alſo hindurch zu reiten/ eine groſſe Luſt und anmuthigen/ auch ſonderlich er quickenden Geruch giebet/ daß ob gleich das Gebuͤrge ſonſt wegen ſeiner Hoͤhe und Rauhigkeit noch ſo beſchwerlich zu reiſen iſt/ einem dennoch durch dieſen lieblichen Anblick und Geruch alle Beſchwer und Unluſt ver- gehet und einem Zeit und Weile nicht lang wird. Darnach kamen wir in einen ebenen Weg biß an ein Holtz uͤber welches wir den ſehr hohen jehen Felß heruͤber ragen ge- ſehen/ darinnen Maria Magdalena ihre Buſſe gethan. Da wir demnach vollends durchs Holtz waren/ welches denn ſehr lange waͤrete/ ſind wir an denſelben Felſen kommen. Sehr hoch droben ſtehet ein ziemlich groß Gebaͤude/ oder Hauß/ welches natuͤrlich wie ein Schwalben-Neſt lebet und wunderbarlich von unten hinauf anzuſehen iſt. Sind demnach miteinander hinauf geſtiegen/ muſten aber erſt durch etzliche eiſerne Thuͤren gehen und alſo auf ſteinern Stuffen hinauf ſteigen/ da funden wir einen Wirth/ welcher frembde Leute/ die dahin kom̃en den Ort zubeſehen/ mit Eſſen/ Trincken/ Betten und anderer Noth- durfft um ihre Zahlung gar wol verſorget. Der empfieng auch uns gar freundlich uñ fuͤhrete uns in ein Zim̃er/ das hinaus ge- gen das Gehoͤltze lag/ und ließ es an nichts mangeln/ wormit wir wol und ſtatlich tractirt und bewirthet werden konten. Nach dieſem fuͤhrten ſie mich hinunter in eine tieffe Hoͤhle welche im Felſen war/ woruͤber ich mich hoͤchlich verwundern muſte/ denn ſie war ſehr lang/ tieff und hoch und naſſete al- lenthalben ſo/ daß ſie troffe/ ausgenommen der Orth/ wo Ma- ria Magdalena ihre Buß-uñ Thraͤnen-Staͤte gehabt/ biß an ihr Ende/ da war es treuge und haͤtte man weder Naͤſſe/ noch Tropffen geſehen/ maſſen denn derſelben Bildnuͤß eben an der Stel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/376
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/376>, abgerufen am 29.03.2024.