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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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anständig belohnet worden, Empfehlungsschreiben an
einen ihm wohlbekannten Kolleglanten in Amsterdam.
Sebaldus suchte sogleich seine Sachen zusammen, die
ein mäßiges Päckchen ausmachten, fuhr nach Gouda,
setzte sich daselbst in die Nachtschuit, und ließ sich
unter den frohesten Erwartungen fortziehen.

Vierter Abschnitt.

Er kam des Morgens früh um fünf Uhr, vor Am-
sterdam, an dem Utrechter Thore, an. Gleich
bey dem Aussteigen aus der Schuit, kam ihm ein
Deutscher entgegen, der ihn sehr dienstfertig: Herr
Landsmann, anredete, und sich erbot, ihn in eine gute
Herberge zu bringen.

Sebaldus versetzte: ,Wenn sie nur nicht zu kost-
"bar ist, denn meine Baarschaft ist gering. Jch bin
"ein armer abgesetzter Prediger.'

,Sie sollen sehr billig behandelt, und doch gut be-
"dient werden,' rief der Herr Landsmann, und griff
nach Sebaldus Reisesack, den er dienstwillig auf die
Schulter nahm.

Sie giengen also bey Eröfnung des Thores in die
Stadt. Sebaldus konnte nicht umhin, seine Freude
zu bezeugen, daß er einen Deutschen gefunden, der

ihn
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anſtaͤndig belohnet worden, Empfehlungsſchreiben an
einen ihm wohlbekannten Kolleglanten in Amſterdam.
Sebaldus ſuchte ſogleich ſeine Sachen zuſammen, die
ein maͤßiges Paͤckchen ausmachten, fuhr nach Gouda,
ſetzte ſich daſelbſt in die Nachtſchuit, und ließ ſich
unter den froheſten Erwartungen fortziehen.

Vierter Abſchnitt.

Er kam des Morgens fruͤh um fuͤnf Uhr, vor Am-
ſterdam, an dem Utrechter Thore, an. Gleich
bey dem Ausſteigen aus der Schuit, kam ihm ein
Deutſcher entgegen, der ihn ſehr dienſtfertig: Herr
Landsmann, anredete, und ſich erbot, ihn in eine gute
Herberge zu bringen.

Sebaldus verſetzte: ‚Wenn ſie nur nicht zu koſt-
„bar iſt, denn meine Baarſchaft iſt gering. Jch bin
„ein armer abgeſetzter Prediger.‛

‚Sie ſollen ſehr billig behandelt, und doch gut be-
„dient werden,‛ rief der Herr Landsmann, und griff
nach Sebaldus Reiſeſack, den er dienſtwillig auf die
Schulter nahm.

Sie giengen alſo bey Eroͤfnung des Thores in die
Stadt. Sebaldus konnte nicht umhin, ſeine Freude
zu bezeugen, daß er einen Deutſchen gefunden, der

ihn
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[37[36]/0045] anſtaͤndig belohnet worden, Empfehlungsſchreiben an einen ihm wohlbekannten Kolleglanten in Amſterdam. Sebaldus ſuchte ſogleich ſeine Sachen zuſammen, die ein maͤßiges Paͤckchen ausmachten, fuhr nach Gouda, ſetzte ſich daſelbſt in die Nachtſchuit, und ließ ſich unter den froheſten Erwartungen fortziehen. Vierter Abſchnitt. Er kam des Morgens fruͤh um fuͤnf Uhr, vor Am- ſterdam, an dem Utrechter Thore, an. Gleich bey dem Ausſteigen aus der Schuit, kam ihm ein Deutſcher entgegen, der ihn ſehr dienſtfertig: Herr Landsmann, anredete, und ſich erbot, ihn in eine gute Herberge zu bringen. Sebaldus verſetzte: ‚Wenn ſie nur nicht zu koſt- „bar iſt, denn meine Baarſchaft iſt gering. Jch bin „ein armer abgeſetzter Prediger.‛ ‚Sie ſollen ſehr billig behandelt, und doch gut be- „dient werden,‛ rief der Herr Landsmann, und griff nach Sebaldus Reiſeſack, den er dienſtwillig auf die Schulter nahm. Sie giengen alſo bey Eroͤfnung des Thores in die Stadt. Sebaldus konnte nicht umhin, ſeine Freude zu bezeugen, daß er einen Deutſchen gefunden, der ihn C 4

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 37[36]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/45>, abgerufen am 29.03.2024.