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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Die Kriege bis zum Ausbruch des
letzten vejentischen
.

In sich geheilt, obwohl noch in seiner Entwickelung
durch Ordnungen denen es entwachsen war zurückgehal-
ten, begann Rom jetzt sich aus vieljähriger Demüthi-
gung zu Siegen und Macht zu erheben. Das einzige
Beyspiel der Geschichte daß ein gefallener und tief zer-
rütteter Staat eine zweyte Jugend erlebte.

Sind aber auch die Kriege dieses Zeitraums wichtig
als Vorbereitung der römischen Obmacht, so darf ihre
Erzählung doch das meiste übergehen, wo jede Umständ-
lichkeit historisch verdächtig ist.

Der Sieg des Consuls M. Horatius (306) endigte
die sabinischen Kriege, weniger wohl durch tiefe Schwä-
chung der Ueberwundnen, als weil die Nation sich in Aus-
wandrungen erschöpfte: denn gleich nachher erscheinen die
Samniter als Eroberer in Kampanien 35), und bald in

die dritte seitdem Griechen in Sicilien wohnten (Thukydi-
des III. c. 116.). Erdbeben wütheten während des ganzen
peloponnesischen Kriegs weit und breit: der große Geschicht-
schreiber redet unter andern namentlich von denen der Jahre
Ol, 88, 2. 3. 4., auch gedenkt er der ungewöhnlichen Dür-
ren, und des Hungers welcher aus ihnen entstand (I. c. 23.).
Er empfand daß nicht zufällig, als die selige alte griechische
Welt sich zerstörte, auch die Natur zerrissen ward: das be-
gann von dem Ausbruch des Aetna 277: auch die römische
Landschaft ward 319 durch Erdbeben verheert.
35) Hat Diodor die Entstehung der Kampaner, das heißt die
samnitische Eroberung, nach römischen Annalen angegeben, so
Die Kriege bis zum Ausbruch des
letzten vejentiſchen
.

In ſich geheilt, obwohl noch in ſeiner Entwickelung
durch Ordnungen denen es entwachſen war zuruͤckgehal-
ten, begann Rom jetzt ſich aus vieljaͤhriger Demuͤthi-
gung zu Siegen und Macht zu erheben. Das einzige
Beyſpiel der Geſchichte daß ein gefallener und tief zer-
ruͤtteter Staat eine zweyte Jugend erlebte.

Sind aber auch die Kriege dieſes Zeitraums wichtig
als Vorbereitung der roͤmiſchen Obmacht, ſo darf ihre
Erzaͤhlung doch das meiſte uͤbergehen, wo jede Umſtaͤnd-
lichkeit hiſtoriſch verdaͤchtig iſt.

Der Sieg des Conſuls M. Horatius (306) endigte
die ſabiniſchen Kriege, weniger wohl durch tiefe Schwaͤ-
chung der Ueberwundnen, als weil die Nation ſich in Aus-
wandrungen erſchoͤpfte: denn gleich nachher erſcheinen die
Samniter als Eroberer in Kampanien 35), und bald in

die dritte ſeitdem Griechen in Sicilien wohnten (Thukydi-
des III. c. 116.). Erdbeben wuͤtheten waͤhrend des ganzen
peloponneſiſchen Kriegs weit und breit: der große Geſchicht-
ſchreiber redet unter andern namentlich von denen der Jahre
Ol, 88, 2. 3. 4., auch gedenkt er der ungewoͤhnlichen Duͤr-
ren, und des Hungers welcher aus ihnen entſtand (I. c. 23.).
Er empfand daß nicht zufaͤllig, als die ſelige alte griechiſche
Welt ſich zerſtoͤrte, auch die Natur zerriſſen ward: das be-
gann von dem Ausbruch des Aetna 277: auch die roͤmiſche
Landſchaft ward 319 durch Erdbeben verheert.
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[200/0216] Die Kriege bis zum Ausbruch des letzten vejentiſchen. In ſich geheilt, obwohl noch in ſeiner Entwickelung durch Ordnungen denen es entwachſen war zuruͤckgehal- ten, begann Rom jetzt ſich aus vieljaͤhriger Demuͤthi- gung zu Siegen und Macht zu erheben. Das einzige Beyſpiel der Geſchichte daß ein gefallener und tief zer- ruͤtteter Staat eine zweyte Jugend erlebte. Sind aber auch die Kriege dieſes Zeitraums wichtig als Vorbereitung der roͤmiſchen Obmacht, ſo darf ihre Erzaͤhlung doch das meiſte uͤbergehen, wo jede Umſtaͤnd- lichkeit hiſtoriſch verdaͤchtig iſt. Der Sieg des Conſuls M. Horatius (306) endigte die ſabiniſchen Kriege, weniger wohl durch tiefe Schwaͤ- chung der Ueberwundnen, als weil die Nation ſich in Aus- wandrungen erſchoͤpfte: denn gleich nachher erſcheinen die Samniter als Eroberer in Kampanien 35), und bald in 34) 35) Hat Diodor die Entſtehung der Kampaner, das heißt die ſamnitiſche Eroberung, nach roͤmiſchen Annalen angegeben, ſo 34) die dritte ſeitdem Griechen in Sicilien wohnten (Thukydi- des III. c. 116.). Erdbeben wuͤtheten waͤhrend des ganzen peloponneſiſchen Kriegs weit und breit: der große Geſchicht- ſchreiber redet unter andern namentlich von denen der Jahre Ol, 88, 2. 3. 4., auch gedenkt er der ungewoͤhnlichen Duͤr- ren, und des Hungers welcher aus ihnen entſtand (I. c. 23.). Er empfand daß nicht zufaͤllig, als die ſelige alte griechiſche Welt ſich zerſtoͤrte, auch die Natur zerriſſen ward: das be- gann von dem Ausbruch des Aetna 277: auch die roͤmiſche Landſchaft ward 319 durch Erdbeben verheert.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/216>, abgerufen am 29.03.2024.