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Der Arbeitgeber. Nr. 1035. Frankfurt a. M., 3. März 1877.

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[Spaltenumbruch] waren es nur 12%. Schlimm sah es mit der Befriedigung
der Gläubiger aus: 905 erhielten weniger als 10%, 1251:
10--25%. Die Passiva betrugen 239 Mill., die Aktiva nur
77 Mill.

Eine bemerkenswerthe Mittheilung über die Bauthätigkeit
kommt aus Berlin. Dort sollen noch im Juli 1874: 5273
Maurer und Zimmerleute bei Neubauten beschäftigt gewesen sein,
im Juli 1876 nur 2851. Der Besitzwechsel war im vorigen
Jahre ziemlich groß; es sollen von 19 Hypothekenbanken an 1250
Mill. Mk. auf Grundstücke ausgeliehen worden sein. Jn andern
Städten ist die Bauthätigkeit lebhafter.

Jn Frankfurt a. M. z. B. ist eine ganze Reihe öffent-
licher und Privatbauten im Werk, die nothleidenden Arbeitern Be-
schäftigung geben werden. Die Zahl der neu eingegangenen Bau-
gesuche ist keine unbeträchtliche, trotzdem daß viele Häuser leer
stehen.

Der Wiener G. berichtet, daß der Getreide=Markt eine
freundliche Haltung zeige und die Preise steigen.

Aus Rußland dagegen meldet die Petersb. Börs.=Z.,
daß die Kredit=Noth ( der Kapital=Mangel ) in arithmet. Progression
wachse. Jm vorigen Jahre seien 180 Landgüter in Gant gera-
then, heuer seien bereits 250 angemeldet.

* Patentwesen. Der vom Bundesrath angenommene Ent-
wurf des Patentgesetzes ist am 27. dem Reichstag vorgelegt
worden. Derselbe ist in mehreren Punkten und zum Theil recht
gut verbessert, namentlich aber -- und das ist die Hauptsache --
wurde der § 10 und die fabelhafte Vorschrift desselben, Lizenzen
zu demselben Preis abzugeben, wie sie gleich das erste Mal ein-
geräumt wurden, geändert. Wir bedauern nur, daß die hohe Taxe
von 5300 M. bestehen blieb, und werden in der nächsten No.
Näheres darüber bringen. Das Gesetz soll bereits am 1. Juli
in Kraft treten. Erfinder werden daher gut thun, bis dahin zu
warten, aber Alles vorzubereiten, damit ihre Erfindung in der
richtigen Weise geschützt werde.

-- Wie man uns von Bern mittheilt, wird in der
nächsten Bundes = Versammlung der Eidgenossenschaft zunächst
vom National=Rath folgender Antrag eingebracht werden: "Der
Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen, ob es nicht im Jnteresse
der schweizer Produktion sei, den Patentschutz im Gebiete der Jn-
dustrie und der Landwirthschaft einzuführen, und bejahendenfalls
einen Gesetzentwurf darüber auszuarbeiten. -- Ebenso ist der Bun-
desrath eingeladen, zu prüfen, ob nicht durch Bundesgesetze zu
normiren wären: 1 ) die Kontrolle der Fabrikation und des Ver-
kaufs von Gold= und Silberartikeln; 2 ) der Schutz von Fabrik-
zeichen der Uhrenindustrie." Wenn wir recht berichtet sind, so sollen
Herr Nationalrath Bally und alt Ständerath Köchlin in Basel
sich angelegentlich mit dem Gegenstande beschäftigen. -- Jm An-
schlusse an Obiges erhalten wir soeben die Nachricht, daß auf An-
regung von Prof. G. Vogt ( der früher selbst Gegner der Pa-
tente war, aber aus einem Saulus ein Paulus geworden ist )
Sonntag den 11. März 10 Uhr im Caf e Meise zu Zürich eine
Versammlung Schweizer Jndustrieller und Techniker zum Zwecke
der Besprechung der Frage der Einführung des Patentschutzes in
der Schweiz stattfinden wird. Dem betr. Einladungsschreiben liegt
ein Fragebogen bei, welcher zur Rückäußerung über die wichtigsten
bei Besprechung des Gegenstandes in Frage kommenden Punkte
auffordert.

* Kunstgewerbe. Jn Frankfurt a. M. fand am. 25. Febr.
eine weitere Versammlung betreffs Gründung eines Kunstgewerbe-
Vereins statt, in welcher sofort eine Anzahl Jndustrieller und Ver-
treter benachbarter Städte ihren Beitritt erklärten.

-- Der Verlag von Karl Scholtze zu Leipzig gibt
unter Beistand des Bauraths Dr. Mothes eine Uebersetzung
des im Jahre 1875 in Paris erschienenen Werkes des
bekannten Archäologen, Aug. Demmin, Handbuch der
bildenden und gewerblichen Künste
in Lief. heraus,
die zahlreiche Abbildungen berühmter Werke enthalten. Das Werk
soll sehr vollständig sein und darum Allen willkommen, die sich für
die Kunstgewerbe interessiren.

* Preis=Ausschreiben. Der Preis der Mich. Beer'schen
Stiftung ( 2250 M. ) für jüdische Künstler und zum Zwecke einer
Studienreise nach Jtalien, ist heuer für eine Bildhauer=Arbeit aus-
gesetzt.

[Spaltenumbruch]

* Zollwesen. Da vielfach Zweifel über die Zülle herrschen,
welche am 1. Januar fielen, so führen wir dieselben nochmals an:
Luppeneisen ( 5 Sgr. pro Ztr. ) ; geschmiedetes und gewalztes Eisen,
Eisenbahnschienen, Stahl, faconnirtes Eisen, Anker, Eisen= und
Stahlblech, Eisen= und Stahlplatten, ganz grobe Gußwaaren ec.
( 10 Sgr. ) ; grobe Eisen= und Stahlwaaren aus geschmiedetem
Eisen oder Eisenguß, aus Eisen und Stahl, Aexte, Hämmer,
Kochgeschirre, Nägel, grobe Messer, Sensen, Thurmuhren ec.,
gewalzte und schmiedeeiserne Röhren ( 25 Sgr. ) ; Lokomotiven, Ten-
der und Dampfkessel ( 20 Sgr. ) ; andere Maschinen ( 10 Sgr. ) ;
Eisenbahnfahrzeuge ohne Leder= oder Polsterarbeit ( 6 pCt. vom
Werthe ) ; Kraftmehl, Puder, Stärke, Arrowroot ( 15 Sgr. ) .

* Spiritushandel. Preußen hat beim Reich die Messung
des Spiritus nach Alkohol = Gewichts = Procenten angeregt. Die
jetzigen üblichen Volumen = Alkoholmeter würden dann in Wegfall
kommen.

* Eisenbahnwesen. Wir freuen uns mittheilen zu können,
daß Belgien die Einführung des amerikanischen Wagen=Sy-
stems
beschlossen hat. Es ist in der That schwer begreiflich, daß
man sich so schwer zu dieser Reform entschließen kann, deren eminente
Vortheile wir doch in Würtemberg, der Schweiz und anderen Län-
dern vor Augen haben. Es gibt aber wirklich Leute, die lieber in
einem Stall eingepfercht sind, als daß sie in einem hübschen ge-
heizten Zimmer sitzen, worin sie sich frei bewegen können. Das
Journ. des Inv. schreibt darüber: "man hat 15 Jahre gebraucht,
die Jndolenz der Eisenbahnbeamten zu überwinden. Niemand kann
sich eine Vorstellung machen von den Einwänden, welche erhoben
würden. Die durchgehenden Gänge sollten Unordnung erzeugen,
das Entleeren erschweren ( ! ) , das Nachsehen der Karten erschwe-
ren u. s. w. -- Heute willigen sie endlich ein, daß die Erde sich
dreht". Der neue belgische Arbeitsminister Beernaert, soll
übrigens noch mehr Reformen planen.

-- Durch das badische Höllenthal soll eine Bahn mit
Zahnrad=Strecke hinter den Sternen gebaut werden. Freiburg und
Neustadt tragen die Kosten der Vorarbeiten.

* Telegrafie. Die Tagesblätter kolportiren eben wieder die
Nachricht von einer wunderbaren Erfindung, die gemacht worden
sei, nämlich die Porträte von Spitzbuben zu telegrafiren. Diese Er-
findung, bekanntlich von Caselli herrührend, ist aber schon seit fast
20 Jahren bekannt und wir selbst hatten solche Porträte schon
vor 13 Jahren in der Hand. Es kann sich also höchstens um
eine Verbesserung handeln.

* Packetpost. Die Hess. Ludwigsbahn hat im vor. Jahre
die sehr zweckmäßige Einrichtung getroffen, daß Packete von 1 Pfd.
an bis zu 60 Pfd. mit jedem nächsten Zuge befördert werden,
wenn sie eine halbe Stunde vorher übergeben werden. Die Be-
stellung erfolgt ebenfalls sofort. Die Gebühr beträgt bis 100 Kilom.
20, 40, 80 Pf. für 7, 17, 30 Kilogr., bis 150 Km. das Dop-
pelte. Die Bestellgebühr beträgt 5 Pf. und bei großen Stücken
10, die Eilbestellung 40 Pf. -- diese Beförderung ist eine sehr
rasche und man hofft, daß die angrenzenden Bahnen sich ihr an-
schließen.

* Münzwesen. Jm Schw. M. wird der Vorschlag gemacht,
die 10 Pfennig=Stücke größer zu machen, wodurch sie noch dünner
werden und leicht von den 50 Pfennig=Stücke zu unterscheiden sein
würden. Für letztere möchten wir den Wunsch beifügen, daß sie
etwas weniger geschmacklos ausgestattet würden. Es ist geradezu
unbegreiflich, wie man so häßliche Münzen genehmigen konnte, wo
doch hübsche aus andern Ländern zum Vergleich vorliegen. -- Die
5er hält der Schw. M. auch für die wichtigste und empfiehlt ihre
Bevorzugung. Die Kupfermünzen sollen ganz abgeschafft werden
und dem Nickel 1 / 10 Silber beigefügt werden; damit es besser aus-
sehe, was sehr zu befürworten ist.

* Staats=Wirthschaft. Man erwartet in dem kommenden
Budget=Jahre einen Ausfall von 20 Mill. der sowohl von einer
Verminderung der Steuerkraft als von den beständig wachsenden
Kosten des Militärs herrührte. Es sollten deshalb neue Steuern
eingeführt werden, ein wahres Verbrechen in jetziger Zeit.

-- Der Staatshaushalt Preußens hat i. J. 1875 an
Einnahmen betragen: 704,000,000 Mk. an Ausgaben 686 Mill.

* Statistik. Die Ztschr. d. bayr. stat. Bureaus bringt im
eben erschienenen 3. Heft von 1876 die Statistik der Geburten

[Spaltenumbruch] waren es nur 12%. Schlimm sah es mit der Befriedigung
der Gläubiger aus: 905 erhielten weniger als 10%, 1251:
10--25%. Die Passiva betrugen 239 Mill., die Aktiva nur
77 Mill.

Eine bemerkenswerthe Mittheilung über die Bauthätigkeit
kommt aus Berlin. Dort sollen noch im Juli 1874: 5273
Maurer und Zimmerleute bei Neubauten beschäftigt gewesen sein,
im Juli 1876 nur 2851. Der Besitzwechsel war im vorigen
Jahre ziemlich groß; es sollen von 19 Hypothekenbanken an 1250
Mill. Mk. auf Grundstücke ausgeliehen worden sein. Jn andern
Städten ist die Bauthätigkeit lebhafter.

Jn Frankfurt a. M. z. B. ist eine ganze Reihe öffent-
licher und Privatbauten im Werk, die nothleidenden Arbeitern Be-
schäftigung geben werden. Die Zahl der neu eingegangenen Bau-
gesuche ist keine unbeträchtliche, trotzdem daß viele Häuser leer
stehen.

Der Wiener G. berichtet, daß der Getreide=Markt eine
freundliche Haltung zeige und die Preise steigen.

Aus Rußland dagegen meldet die Petersb. Börs.=Z.,
daß die Kredit=Noth ( der Kapital=Mangel ) in arithmet. Progression
wachse. Jm vorigen Jahre seien 180 Landgüter in Gant gera-
then, heuer seien bereits 250 angemeldet.

* Patentwesen. Der vom Bundesrath angenommene Ent-
wurf des Patentgesetzes ist am 27. dem Reichstag vorgelegt
worden. Derselbe ist in mehreren Punkten und zum Theil recht
gut verbessert, namentlich aber -- und das ist die Hauptsache --
wurde der § 10 und die fabelhafte Vorschrift desselben, Lizenzen
zu demselben Preis abzugeben, wie sie gleich das erste Mal ein-
geräumt wurden, geändert. Wir bedauern nur, daß die hohe Taxe
von 5300 M. bestehen blieb, und werden in der nächsten No.
Näheres darüber bringen. Das Gesetz soll bereits am 1. Juli
in Kraft treten. Erfinder werden daher gut thun, bis dahin zu
warten, aber Alles vorzubereiten, damit ihre Erfindung in der
richtigen Weise geschützt werde.

-- Wie man uns von Bern mittheilt, wird in der
nächsten Bundes = Versammlung der Eidgenossenschaft zunächst
vom National=Rath folgender Antrag eingebracht werden: „Der
Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen, ob es nicht im Jnteresse
der schweizer Produktion sei, den Patentschutz im Gebiete der Jn-
dustrie und der Landwirthschaft einzuführen, und bejahendenfalls
einen Gesetzentwurf darüber auszuarbeiten. -- Ebenso ist der Bun-
desrath eingeladen, zu prüfen, ob nicht durch Bundesgesetze zu
normiren wären: 1 ) die Kontrolle der Fabrikation und des Ver-
kaufs von Gold= und Silberartikeln; 2 ) der Schutz von Fabrik-
zeichen der Uhrenindustrie.“ Wenn wir recht berichtet sind, so sollen
Herr Nationalrath Bally und alt Ständerath Köchlin in Basel
sich angelegentlich mit dem Gegenstande beschäftigen. -- Jm An-
schlusse an Obiges erhalten wir soeben die Nachricht, daß auf An-
regung von Prof. G. Vogt ( der früher selbst Gegner der Pa-
tente war, aber aus einem Saulus ein Paulus geworden ist )
Sonntag den 11. März 10 Uhr im Caf é Meise zu Zürich eine
Versammlung Schweizer Jndustrieller und Techniker zum Zwecke
der Besprechung der Frage der Einführung des Patentschutzes in
der Schweiz stattfinden wird. Dem betr. Einladungsschreiben liegt
ein Fragebogen bei, welcher zur Rückäußerung über die wichtigsten
bei Besprechung des Gegenstandes in Frage kommenden Punkte
auffordert.

* Kunstgewerbe. Jn Frankfurt a. M. fand am. 25. Febr.
eine weitere Versammlung betreffs Gründung eines Kunstgewerbe-
Vereins statt, in welcher sofort eine Anzahl Jndustrieller und Ver-
treter benachbarter Städte ihren Beitritt erklärten.

-- Der Verlag von Karl Scholtze zu Leipzig gibt
unter Beistand des Bauraths Dr. Mothes eine Uebersetzung
des im Jahre 1875 in Paris erschienenen Werkes des
bekannten Archäologen, Aug. Demmin, Handbuch der
bildenden und gewerblichen Künste
in Lief. heraus,
die zahlreiche Abbildungen berühmter Werke enthalten. Das Werk
soll sehr vollständig sein und darum Allen willkommen, die sich für
die Kunstgewerbe interessiren.

* Preis=Ausschreiben. Der Preis der Mich. Beer'schen
Stiftung ( 2250 M. ) für jüdische Künstler und zum Zwecke einer
Studienreise nach Jtalien, ist heuer für eine Bildhauer=Arbeit aus-
gesetzt.

[Spaltenumbruch]

* Zollwesen. Da vielfach Zweifel über die Zülle herrschen,
welche am 1. Januar fielen, so führen wir dieselben nochmals an:
Luppeneisen ( 5 Sgr. pro Ztr. ) ; geschmiedetes und gewalztes Eisen,
Eisenbahnschienen, Stahl, façonnirtes Eisen, Anker, Eisen= und
Stahlblech, Eisen= und Stahlplatten, ganz grobe Gußwaaren ec.
( 10 Sgr. ) ; grobe Eisen= und Stahlwaaren aus geschmiedetem
Eisen oder Eisenguß, aus Eisen und Stahl, Aexte, Hämmer,
Kochgeschirre, Nägel, grobe Messer, Sensen, Thurmuhren ec.,
gewalzte und schmiedeeiserne Röhren ( 25 Sgr. ) ; Lokomotiven, Ten-
der und Dampfkessel ( 20 Sgr. ) ; andere Maschinen ( 10 Sgr. ) ;
Eisenbahnfahrzeuge ohne Leder= oder Polsterarbeit ( 6 pCt. vom
Werthe ) ; Kraftmehl, Puder, Stärke, Arrowroot ( 15 Sgr. ) .

* Spiritushandel. Preußen hat beim Reich die Messung
des Spiritus nach Alkohol = Gewichts = Procenten angeregt. Die
jetzigen üblichen Volumen = Alkoholmeter würden dann in Wegfall
kommen.

* Eisenbahnwesen. Wir freuen uns mittheilen zu können,
daß Belgien die Einführung des amerikanischen Wagen=Sy-
stems
beschlossen hat. Es ist in der That schwer begreiflich, daß
man sich so schwer zu dieser Reform entschließen kann, deren eminente
Vortheile wir doch in Würtemberg, der Schweiz und anderen Län-
dern vor Augen haben. Es gibt aber wirklich Leute, die lieber in
einem Stall eingepfercht sind, als daß sie in einem hübschen ge-
heizten Zimmer sitzen, worin sie sich frei bewegen können. Das
Journ. des Inv. schreibt darüber: „man hat 15 Jahre gebraucht,
die Jndolenz der Eisenbahnbeamten zu überwinden. Niemand kann
sich eine Vorstellung machen von den Einwänden, welche erhoben
würden. Die durchgehenden Gänge sollten Unordnung erzeugen,
das Entleeren erschweren ( ! ) , das Nachsehen der Karten erschwe-
ren u. s. w. -- Heute willigen sie endlich ein, daß die Erde sich
dreht“. Der neue belgische Arbeitsminister Beernaert, soll
übrigens noch mehr Reformen planen.

-- Durch das badische Höllenthal soll eine Bahn mit
Zahnrad=Strecke hinter den Sternen gebaut werden. Freiburg und
Neustadt tragen die Kosten der Vorarbeiten.

* Telegrafie. Die Tagesblätter kolportiren eben wieder die
Nachricht von einer wunderbaren Erfindung, die gemacht worden
sei, nämlich die Porträte von Spitzbuben zu telegrafiren. Diese Er-
findung, bekanntlich von Caselli herrührend, ist aber schon seit fast
20 Jahren bekannt und wir selbst hatten solche Porträte schon
vor 13 Jahren in der Hand. Es kann sich also höchstens um
eine Verbesserung handeln.

* Packetpost. Die Hess. Ludwigsbahn hat im vor. Jahre
die sehr zweckmäßige Einrichtung getroffen, daß Packete von 1 Pfd.
an bis zu 60 Pfd. mit jedem nächsten Zuge befördert werden,
wenn sie eine halbe Stunde vorher übergeben werden. Die Be-
stellung erfolgt ebenfalls sofort. Die Gebühr beträgt bis 100 Kilom.
20, 40, 80 Pf. für 7, 17, 30 Kilogr., bis 150 Km. das Dop-
pelte. Die Bestellgebühr beträgt 5 Pf. und bei großen Stücken
10, die Eilbestellung 40 Pf. -- diese Beförderung ist eine sehr
rasche und man hofft, daß die angrenzenden Bahnen sich ihr an-
schließen.

* Münzwesen. Jm Schw. M. wird der Vorschlag gemacht,
die 10 Pfennig=Stücke größer zu machen, wodurch sie noch dünner
werden und leicht von den 50 Pfennig=Stücke zu unterscheiden sein
würden. Für letztere möchten wir den Wunsch beifügen, daß sie
etwas weniger geschmacklos ausgestattet würden. Es ist geradezu
unbegreiflich, wie man so häßliche Münzen genehmigen konnte, wo
doch hübsche aus andern Ländern zum Vergleich vorliegen. -- Die
5er hält der Schw. M. auch für die wichtigste und empfiehlt ihre
Bevorzugung. Die Kupfermünzen sollen ganz abgeschafft werden
und dem Nickel 1 / 10 Silber beigefügt werden; damit es besser aus-
sehe, was sehr zu befürworten ist.

* Staats=Wirthschaft. Man erwartet in dem kommenden
Budget=Jahre einen Ausfall von 20 Mill. der sowohl von einer
Verminderung der Steuerkraft als von den beständig wachsenden
Kosten des Militärs herrührte. Es sollten deshalb neue Steuern
eingeführt werden, ein wahres Verbrechen in jetziger Zeit.

-- Der Staatshaushalt Preußens hat i. J. 1875 an
Einnahmen betragen: 704,000,000 Mk. an Ausgaben 686 Mill.

* Statistik. Die Ztschr. d. bayr. stat. Bureaus bringt im
eben erschienenen 3. Heft von 1876 die Statistik der Geburten

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[0003] waren es nur 12%. Schlimm sah es mit der Befriedigung der Gläubiger aus: 905 erhielten weniger als 10%, 1251: 10--25%. Die Passiva betrugen 239 Mill., die Aktiva nur 77 Mill. Eine bemerkenswerthe Mittheilung über die Bauthätigkeit kommt aus Berlin. Dort sollen noch im Juli 1874: 5273 Maurer und Zimmerleute bei Neubauten beschäftigt gewesen sein, im Juli 1876 nur 2851. Der Besitzwechsel war im vorigen Jahre ziemlich groß; es sollen von 19 Hypothekenbanken an 1250 Mill. Mk. auf Grundstücke ausgeliehen worden sein. Jn andern Städten ist die Bauthätigkeit lebhafter. Jn Frankfurt a. M. z. B. ist eine ganze Reihe öffent- licher und Privatbauten im Werk, die nothleidenden Arbeitern Be- schäftigung geben werden. Die Zahl der neu eingegangenen Bau- gesuche ist keine unbeträchtliche, trotzdem daß viele Häuser leer stehen. Der Wiener G. berichtet, daß der Getreide=Markt eine freundliche Haltung zeige und die Preise steigen. Aus Rußland dagegen meldet die Petersb. Börs.=Z., daß die Kredit=Noth ( der Kapital=Mangel ) in arithmet. Progression wachse. Jm vorigen Jahre seien 180 Landgüter in Gant gera- then, heuer seien bereits 250 angemeldet. * Patentwesen. Der vom Bundesrath angenommene Ent- wurf des Patentgesetzes ist am 27. dem Reichstag vorgelegt worden. Derselbe ist in mehreren Punkten und zum Theil recht gut verbessert, namentlich aber -- und das ist die Hauptsache -- wurde der § 10 und die fabelhafte Vorschrift desselben, Lizenzen zu demselben Preis abzugeben, wie sie gleich das erste Mal ein- geräumt wurden, geändert. Wir bedauern nur, daß die hohe Taxe von 5300 M. bestehen blieb, und werden in der nächsten No. Näheres darüber bringen. Das Gesetz soll bereits am 1. Juli in Kraft treten. Erfinder werden daher gut thun, bis dahin zu warten, aber Alles vorzubereiten, damit ihre Erfindung in der richtigen Weise geschützt werde. -- Wie man uns von Bern mittheilt, wird in der nächsten Bundes = Versammlung der Eidgenossenschaft zunächst vom National=Rath folgender Antrag eingebracht werden: „Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen, ob es nicht im Jnteresse der schweizer Produktion sei, den Patentschutz im Gebiete der Jn- dustrie und der Landwirthschaft einzuführen, und bejahendenfalls einen Gesetzentwurf darüber auszuarbeiten. -- Ebenso ist der Bun- desrath eingeladen, zu prüfen, ob nicht durch Bundesgesetze zu normiren wären: 1 ) die Kontrolle der Fabrikation und des Ver- kaufs von Gold= und Silberartikeln; 2 ) der Schutz von Fabrik- zeichen der Uhrenindustrie.“ Wenn wir recht berichtet sind, so sollen Herr Nationalrath Bally und alt Ständerath Köchlin in Basel sich angelegentlich mit dem Gegenstande beschäftigen. -- Jm An- schlusse an Obiges erhalten wir soeben die Nachricht, daß auf An- regung von Prof. G. Vogt ( der früher selbst Gegner der Pa- tente war, aber aus einem Saulus ein Paulus geworden ist ) Sonntag den 11. März 10 Uhr im Caf é Meise zu Zürich eine Versammlung Schweizer Jndustrieller und Techniker zum Zwecke der Besprechung der Frage der Einführung des Patentschutzes in der Schweiz stattfinden wird. Dem betr. Einladungsschreiben liegt ein Fragebogen bei, welcher zur Rückäußerung über die wichtigsten bei Besprechung des Gegenstandes in Frage kommenden Punkte auffordert. * Kunstgewerbe. Jn Frankfurt a. M. fand am. 25. Febr. eine weitere Versammlung betreffs Gründung eines Kunstgewerbe- Vereins statt, in welcher sofort eine Anzahl Jndustrieller und Ver- treter benachbarter Städte ihren Beitritt erklärten. -- Der Verlag von Karl Scholtze zu Leipzig gibt unter Beistand des Bauraths Dr. Mothes eine Uebersetzung des im Jahre 1875 in Paris erschienenen Werkes des bekannten Archäologen, Aug. Demmin, Handbuch der bildenden und gewerblichen Künste in Lief. heraus, die zahlreiche Abbildungen berühmter Werke enthalten. Das Werk soll sehr vollständig sein und darum Allen willkommen, die sich für die Kunstgewerbe interessiren. * Preis=Ausschreiben. Der Preis der Mich. Beer'schen Stiftung ( 2250 M. ) für jüdische Künstler und zum Zwecke einer Studienreise nach Jtalien, ist heuer für eine Bildhauer=Arbeit aus- gesetzt. * Zollwesen. Da vielfach Zweifel über die Zülle herrschen, welche am 1. Januar fielen, so führen wir dieselben nochmals an: Luppeneisen ( 5 Sgr. pro Ztr. ) ; geschmiedetes und gewalztes Eisen, Eisenbahnschienen, Stahl, façonnirtes Eisen, Anker, Eisen= und Stahlblech, Eisen= und Stahlplatten, ganz grobe Gußwaaren ec. ( 10 Sgr. ) ; grobe Eisen= und Stahlwaaren aus geschmiedetem Eisen oder Eisenguß, aus Eisen und Stahl, Aexte, Hämmer, Kochgeschirre, Nägel, grobe Messer, Sensen, Thurmuhren ec., gewalzte und schmiedeeiserne Röhren ( 25 Sgr. ) ; Lokomotiven, Ten- der und Dampfkessel ( 20 Sgr. ) ; andere Maschinen ( 10 Sgr. ) ; Eisenbahnfahrzeuge ohne Leder= oder Polsterarbeit ( 6 pCt. vom Werthe ) ; Kraftmehl, Puder, Stärke, Arrowroot ( 15 Sgr. ) . * Spiritushandel. Preußen hat beim Reich die Messung des Spiritus nach Alkohol = Gewichts = Procenten angeregt. Die jetzigen üblichen Volumen = Alkoholmeter würden dann in Wegfall kommen. * Eisenbahnwesen. Wir freuen uns mittheilen zu können, daß Belgien die Einführung des amerikanischen Wagen=Sy- stems beschlossen hat. Es ist in der That schwer begreiflich, daß man sich so schwer zu dieser Reform entschließen kann, deren eminente Vortheile wir doch in Würtemberg, der Schweiz und anderen Län- dern vor Augen haben. Es gibt aber wirklich Leute, die lieber in einem Stall eingepfercht sind, als daß sie in einem hübschen ge- heizten Zimmer sitzen, worin sie sich frei bewegen können. Das Journ. des Inv. schreibt darüber: „man hat 15 Jahre gebraucht, die Jndolenz der Eisenbahnbeamten zu überwinden. Niemand kann sich eine Vorstellung machen von den Einwänden, welche erhoben würden. Die durchgehenden Gänge sollten Unordnung erzeugen, das Entleeren erschweren ( ! ) , das Nachsehen der Karten erschwe- ren u. s. w. -- Heute willigen sie endlich ein, daß die Erde sich dreht“. Der neue belgische Arbeitsminister Beernaert, soll übrigens noch mehr Reformen planen. -- Durch das badische Höllenthal soll eine Bahn mit Zahnrad=Strecke hinter den Sternen gebaut werden. Freiburg und Neustadt tragen die Kosten der Vorarbeiten. * Telegrafie. Die Tagesblätter kolportiren eben wieder die Nachricht von einer wunderbaren Erfindung, die gemacht worden sei, nämlich die Porträte von Spitzbuben zu telegrafiren. Diese Er- findung, bekanntlich von Caselli herrührend, ist aber schon seit fast 20 Jahren bekannt und wir selbst hatten solche Porträte schon vor 13 Jahren in der Hand. Es kann sich also höchstens um eine Verbesserung handeln. * Packetpost. Die Hess. Ludwigsbahn hat im vor. Jahre die sehr zweckmäßige Einrichtung getroffen, daß Packete von 1 Pfd. an bis zu 60 Pfd. mit jedem nächsten Zuge befördert werden, wenn sie eine halbe Stunde vorher übergeben werden. Die Be- stellung erfolgt ebenfalls sofort. Die Gebühr beträgt bis 100 Kilom. 20, 40, 80 Pf. für 7, 17, 30 Kilogr., bis 150 Km. das Dop- pelte. Die Bestellgebühr beträgt 5 Pf. und bei großen Stücken 10, die Eilbestellung 40 Pf. -- diese Beförderung ist eine sehr rasche und man hofft, daß die angrenzenden Bahnen sich ihr an- schließen. * Münzwesen. Jm Schw. M. wird der Vorschlag gemacht, die 10 Pfennig=Stücke größer zu machen, wodurch sie noch dünner werden und leicht von den 50 Pfennig=Stücke zu unterscheiden sein würden. Für letztere möchten wir den Wunsch beifügen, daß sie etwas weniger geschmacklos ausgestattet würden. Es ist geradezu unbegreiflich, wie man so häßliche Münzen genehmigen konnte, wo doch hübsche aus andern Ländern zum Vergleich vorliegen. -- Die 5er hält der Schw. M. auch für die wichtigste und empfiehlt ihre Bevorzugung. Die Kupfermünzen sollen ganz abgeschafft werden und dem Nickel 1 / 10 Silber beigefügt werden; damit es besser aus- sehe, was sehr zu befürworten ist. * Staats=Wirthschaft. Man erwartet in dem kommenden Budget=Jahre einen Ausfall von 20 Mill. der sowohl von einer Verminderung der Steuerkraft als von den beständig wachsenden Kosten des Militärs herrührte. Es sollten deshalb neue Steuern eingeführt werden, ein wahres Verbrechen in jetziger Zeit. -- Der Staatshaushalt Preußens hat i. J. 1875 an Einnahmen betragen: 704,000,000 Mk. an Ausgaben 686 Mill. * Statistik. Die Ztschr. d. bayr. stat. Bureaus bringt im eben erschienenen 3. Heft von 1876 die Statistik der Geburten

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1035. Frankfurt a. M., 3. März 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1035_1877/3>, abgerufen am 19.04.2024.