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Badener Zeitung. Nr. 95, Baden (Niederösterreich), 25.11.1896.

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Mittwoch Badener Zeitung 25. November 1896. Nr. 95

[Spaltenumbruch]

bis er durch die verschiedensten Gesinnungslosig-
keiten sich in Ehren und Würden hineingeschwindelt
hat. Und er sagte es dem politischen Agitator
Lueger Aug in Aug auf den Kopf, daß er sich
auf diese Art "hineingeschwindelt", daß er die
politische Gesinnungslosigkeit zum System und
Gewerbe ausgebildet hat.

Bei der Heimatsvorlage und bei der Gewerbe-
novelle haben die Antisemiten sich im Hinter-
grunde gehalten, möglichst spät als Redner ein-
tragen lassen, damit sie nur ja nicht zum Worte
kamen, weil sie nicht sprechen wollten. Hinterher
freilich hat der Abgeordnete Schneider seine glaub-
würdige Herde mit der Lüge beschwindelt, die
Antisemiten wären bei den genannten Vorlagen
von den übrigen bösen Menschen, die im Reichs-
rathe sitzen, behindert worden, zu sprechen. O die
unschuldigen antisemitischen Lämmlein! Bei Ge-
legenheit der Vorlage über die Feuerversicherung
warfen sie den Schafspelz wieder einmal ab und
zeigten sich als die reißenden Wölfe des Parla-
mentarismus. Der Abgeordnete Noske erfreut sich
des besonderen Grimmes "dieser Leute", wie er
sie zum Entsetzen Polzhofer's genannt hat. Ihn
und die wechselseitige Brandschaden-Versicherung,
bei welcher die ersten Prälaten Niederösterreichs
an der Spitze stehen, die sich aber bei den letzten
Landtagswahlen nicht zu antisemitischen Wahl-
manövern hergaben, wollten die Antisemiten zer-
reißen oder wenigstens verreißen und darum
waren sie wieder einmal in voller Stärke auf-
marschirt. Das ist so ihre Angriffsart. Lueger
oder sonst Einer, der sich das Mundwerk vorher
gehörig eingeölt hat, eröffnet mit Lüge und
Denunciation, mit Verdächtigung und Unterstellung
den Angriff, die Anderen schreien Halloh und
befeuern den Angreifer. In ihrer tapferen und
heldenmäßigen Weise geht niemals einer allein
auf den Kampfplatz; meutenweise laufen die
Anderen mit. Wehrt sich der Angegriffene, dann
kommt die ganze antisemitische Truppe in Be-
wegung und gleichzeitig werfen die Helden ihre
Prügel auf das ausgesuchte Opfer. Lueger höhnt
dann, Geßmann reißt den Mund auf, der kleine
Polzhofer stellt sich auf die Fußspitzen, der
Heurigenschänker und Zimmermaler Steiner ballt
die Fäuste, die Scene ist fertig, von welcher der
Präsident, Freiherr von Chlumecky bestätigt, er
habe gesehen, daß die Herren Abgeordneten
Lueger und Geßmann sich in einer Weise betragen
haben, welche der parlamentarischen Würde wider-
spricht. Dann kommt zum Schlusse noch Schneider,
um auch den Präsidenten zu verhöhnen. Solche
Scenen werden nach Bedarf drei oder vier in
einer Sitzung aufgeführt. Ein ganzer Chorus
von Antisemiten tritt auf, um den Angegriffenen,
das Präsidium, das ganze Haus zu verhöhnen,
zu beleidigen, zu vergewaltigen. Ein zweiter
Chorus wirkt häusig noch auf der Gallerie mit.
Das ist schon combinirte Lärmscenen-Macherei,
auf die man in Hinkunft nur gefaßt zu sein
braucht, um ihr kräftig zu begegnen.

Noch Eines gehört zur Taktik der Antisemiten.
Sie verlesen die einfachsten, selbstverständlichsten
Dinge der Welt und ihr Chorus ruft dazu "Aha"
"Hört" und dergleichen, als ob es sich um die
Enthüllungen der größten Schandthaten handelte.
Der Fabriks-Versicherungsverband, welchem Ab-
geordneter Noske als Beamter angehört, ist eine
wohlthätige, nothwendige Einrichtung -- "Hört!"
"Aha!" -- der Kanzlei dieses Verbandes wird
die Aufgabe zutheil, die die Gesellschaft berührenden
öffentlichen Vorgänge zu beobachten und das
darauf bezughabende Materiale zu sammeln; die
Directionen der versicherten Gesellschaften haben
dem Verbande Mittheilungen zu machen über das,
was für den Verband von Belang ist; es soll
ihm Kenntniß gegeben werden von in Vorbereitung
befindlichen Gesetzen, Verordnungen und Bekannt-
machungen, welche das Versicherungswesen be-
treffen, und in den Landes- und Gemeinde-
vertretungen, in Vereinen und im Kreise der
Feuerwehr angeregt werden etc. etc. "Hört!"
"Hört!" unter den Antisemiten. Das sind doch
Alles selbstverständliche, ehrliche, erlaubte, ja ge-
botene Dinge. Und Herr Dr. Lueger und sein
Rachechor weiß dies ganz genau. Das wird aber
so vorgetragen, als ob es sich um die entsetzlichsten,
haarsträubendsten Dinge, um eine hochverrätherische
Staatsverschwörung handelte und der Chorus
geberdet sich, als ob es sich wirklich um Catilina
und seine Umtriebe handelte. Es gibt ja Viele,
die von diesen Dingen keinen Begriff haben.
Diesen soll die Meinung beigebracht werden, daß
[Spaltenumbruch] es sich um ein neues Panama handelt und der
Chorus und Lueger spielen deswegen eine alberne
Entrüstungskomödie. Noske soll zu einer Ver-
sicherungsangelegenheit nicht sprechen, weil er
Versicherungstechniker, also in solchen Dingen
bewandert ist! Das ist etwas Haarsträubendes,
denn es zeigt, mit welcheln Mitteln diese Gewalt-
menschen arbeiten, um ihre Gegner mundtodt zu
machen. Die Redefreiheit wollen sie guillotiniren,
die persönliche Freiheit treten sie mit Füßen, die
Unantastbarkeit des Abgeordneten mißbrauchen sie
für sich, um schimpfen, vernadern und verleumden
zu können, und sie machen sie zu nichte für
Andere, deren Rede sie fürchten müssen. Der
Polizeistaat, die Censur, das objective Verfahren,
der Belagerungszustand, sie Alle arbeiten mit an-
ständigeren Mitteln als diese Hausknechte der
Reaction.




Local-Nachrichten.
-- Todesfälle.

Der fürsterzbischöfliche geist-
liche Rath Friedrich Müller, Pfarrer bei den Paulanern
in Wien, der durch viele Jahre am hiesigen Real-
Obergymnasium als Religionslehrer wirkte, ist am
22. l. M. gestorben. Der Verblichene wurde gestern
den 24. l. M. von Wien hieher überführt und
auf dem hiesigen Friedhofe im eigenen Grabe zur
ewigen Ruhe bestattet. -- Vorigen Samstag starb
an den Folgen eines schweren Lungenleidens der
hoffnungsvolle fünfzehnjährige Sohn Karl des Haus-
besitzers Herrn Ebruster, Schüler der zweiten Classe
des hiesigen Gymnasiums. An dem Montag statt-
gehabten Leichenbegängnisse des bedauernswerthen
Jünglings, der fast bis in seine letzten Lebensstunden
seinem Studium mit dem regsten Eifer oblegen war,
betheiligten sich nebst den niedergebeugten Angehörigen
die sämmtlichen Schüler des Gymnasiums mit dem
gesammten Lehrkörper. -- In Wien verschied, eben-
falls Samstag, Herr Dr. Josef Tauber, k. k Regiments-
arzt in Pension, im 84. Lebensjahre. Der Leichnam
wurde Montag nach Baden überführt und nach er-
folgter Einsegnung in der Helenenkapelle auf dem
Helenenfriedhofe zur ewigen Ruhe bestattet. Der
Verstorbene war Hausbesitzer in der Weilburgstraße
und einer der treuesten Curgäste Badens. Die
"Badener Zeitung" verliert in ihm einen ihrer
ältesten Abonnenten.

-- Grundsteinlegung

Sonntag Vor-
mittags fand in der Valeriestraße die feierliche
Grundsteinlegung zum Gebäude des katholischen
Gesellenvereines statt. Nach einer Festpredigt und
einem feierlichen Hochamte bewegte sich der Zug mit
dem Stadtpfarrer, Ehrendomherrn und Dechant Iby
an der Spitze, nach dem Festplatze, woselbst in
feierlicher Weise die Grundsteinlegung vollzogen
wurde. Seitens der Gemeinde bemerkten wir als
Theilnehmer GR. Breitenbaum und GA. Guhl,
seitens der politischen Behörde Bezikshauptmann
Graf zur Lippe-Weißenfeld. Eine zahlreiche Zuschauer-
menge umstand den Festplatz und harrte trotz des
abscheulichen Wetters bis zum Schlusse aus. Nach-
mittags fand im Saale des Hotels "Stadt Wien"
ein Festbankett statt.

-- Schloß Gutenbrunn.

Herr Dr. Eder
in Wien hat das Schloß von den Erben des Guts-
besitzers Weitmann gekauft, und beabsichtigt hier
eine Kaltwasser-Heilanstalt in großem Style zu er-
richten.

-- Veränderungen im Lehrkörper
der Volks- und Bürgerschulen des
Schulbezirkes Baden.

Ernannt wurden:
Herr Roman Piber zum Schulleiter in Altenmarkt
a. d. Tr., Herr Anton Fabiankowitsch zum Lehrer in
Rodaun, die Herren Theodor Grimme, August Gebauer
und Johann Müllner zu Lehrern in Berndorf, die
Frau Philomena Osmann und die Frau Magdalena
Brun zu Lehrerinnen in Mödling, Frl. B. Karpischek
zur Arbeitslehrerin in Vöslau, Herr Karl Manhart
zum provisorischen Unterlehrer in Siebenhirten, Herr
Franz Klingenstein zum Lehrer in Grillenberg, Herr
Johann Dzimirsky zum definitiven Unterlehrer in
Weißenbach, Frl. A. Stapf-Ruedl zur Lehrerin in
Baden, Herr Peter Wegscheider zum definitiven Unter-
lehrer in Grabenweg, Frau Louise Kubik zur Arbeits-
lehrerin in Enzesfeld, Herr Alois Meier zum
definitiven Unterlehrer in Siebenhirten, Herr Franz
Keiml und Herr Leo Latin zu provisorischen Unter-
lehrern in Pottenstein, Frl. Helene Genauck zur
provisorischen Unterlehrerin in Perchtoldsdorf, Herr
Franz Steurer zum provisorischen Unterlehrer in
Grillenberg, Herr Josef Horn zum provisorischen
Unterlehrer in Sooß, Frl. Friederike Weiß zur
[Spaltenumbruch] Arbeitslehrerin in Rodaun, Herr Karl Heindl zum
provisorischen Unterlehrer in Pfaffstätten, Frl. Sophie
Beier zur definitiven Unterlehrerin in Baden,
Frl. Marie Korisek zur provisorischen Unterlehrerin
in Guntramsdorf, Frl. Theodora Enengl zur provi-
sorischen Unterlehrerin in Mödling, Herr Karl
Kiennast zum provisorischen Unterlehrer in Mödling,
Herr Leo Mathauser zum provisorischen Unterlehrer
in Siebenhirten, Herr Victor Roßmanith zum provi-
sorischen Unterlehrer in Wr.-Neudorf, Herr Josef
Killmayer zum provisorischen Unterlehrer in Vösen-
dorf, Herr Franz Swoboda zum definitiven Lehrer
in Guntramsdorf, Herr M. Winkelmayer zum defi-
nitiven Unterlehrer in Mödling, Herr Josef Bersch
zum Schulleiter in St. Corona, Frau Anna Bersch
zur Arbeitslehrerin in St. Corona, Frl. Marie
Machinek zur definitiven Unterlehrerin in Berndorf.

-- Der Afrikareisende Karl Hoff-
mann,

welcher letzthin in Mödling infolge mehr-
facher Aufforderung vor einem Publicum aus den
intelligentesten und sich dafür interessirenden Kreisen
vier Male hintereinander Vorträge über seinen zehn-
jährigen Aufenthalt mitten unter den schwarzen und
braunen Eingebornen Egyptens, Nubiens und des
Sudans hielt, wird morgen Donnerstag einen solchen
Vortrag hier in Baden im großen Saale des "Hotel
Lamm", Wassergasse 35, abhalten. Der Vortragende
ist durch seine frische und lebendige Rede in den
besten Kreisen Wiens bekannt; er durchwürzt seinen
Vortrag mit so vielen drastischen und humoristischen
Schilderungen aus dem Leben der eingebornen
Araber, Nubier und Sudanesen und namentlich in
der Beschreibung ihrer familiären Lebensverhältnisse,
daß man ihm gern stundenlang mit der gespanntesten
Aufmerksamkeit zuhört und sich mit Leib und Seele
mitten in die sonnendurchglühten, tropischen und
äquatorialen Gefilde Inner-Afrikas versetzt fühlt.
Nach den vielfachen, das höchste Lob aussprechenden
Recensionen der Wiener- und der Provinzpresse über
diese fesselnden afrikanischen Vorträge begrüßen wir
den ersten derselben hierorts auf das Freundlichste,
und können nur mit Vergnügen auf diesen hoch-
interessanten Abend hinweisen.

-- Die "Nachrichten aus dem Viertel
unter dem Wienerwald", Antiliberales
Organ,

so betitelt sich das Organ der clerical-
antisemitischen Partei, welches seit Kurzem unter der
Patronanz des Führers der "Wirthschaftspartei",
des Gemeinderathes und Baumeisters Foller, in
Baden erscheint. Schon in seiner ersten Nummer hat
es dieses Blatt unternommen, uns in ziemlich ge-
schmackloser Weise anzurempeln, in derselben Nummer,
in welcher die bekannten Erklärungen Foller und
Dr. Hora aus der letzten Gemeinde-Ausschußsitzung
wörtlich unserem Berichte nachgedruckt sind, und
in welcher auch andere Berichte der "Badener Zeitung",
so z. B. die Wahlresultate der Landtagswahlen, die
wörtlich sowohl als ziffermäßig genaueste Aufnahme
fanden. Wir haben damals weder auf den dummen
Angriff der mit einem so großsprecherischen Programme
vor die Oeffentlichkeit getretenen "Nachrichten aus
dem Viertel unter dem Wienerwald" ... Uff!, noch
auf den frechen literarischen Diebstahl, den die
Redaction dieses vorgeblich anticorruptionistischen
Blattes an uns beging, reagirt, in der Erwartung,
mit dieser unserer Haltung Ruhe zu bekommen und
nicht gezwungen sein zu müssen, uns "mit diesen
Leuten", wie Noske im Abgeordnetenhause so treff-
lich sagte, herumzubalgen. Allein, wir haben uns
getäuscht. In ihrer letzten Nummer besprechen die
"Nachrichten aus dem Viertel etc." den von uns ver-
öffentlichten Bericht über eine am 15. l. M. hier
stattgehabte Versammlung des Beamtenvereines
"Selbsthilfe", der hier einen im vorigen Jahre ins
Leben gerufenen Zweigverein besitzt und diese Ver-
sammlung zu dem Zwecke veranstaltete, um auf die
hier ansässigen Mitglieder einzuwirken und sie zu
einer regeren Antheilnahme an den Vereinszielen zu
bewegen. Der größte Theil der Vereinsmitglieder
gehört dem Stande der sogenannten "Hilfsbeamten"
an, das heißt, es sind meistens im Staatsdienste
stehende Diurnisten, Leute, die um einen Straßen-
kehrerlohn ihr ganzes Leben kümmerlich und sorgen-
voll verbringen, und die nach ihrem politischen Werthe
noch unter dem vielgenannten "kleinen Manne" stehen,
weil sie keine Steuer zahlen können und daher, bis
jetzt wenigstens, nicht wahlberechtigt sind. Unter diesen
geistigen Proletariern haben sich nun einige selbst-
lose Männer gefunden, welche sich, auf die Gefahr
hin, sich nach obenhin mißliebig zu machen, der
Aufgabe unterziehen, den Stand der Hilfsbeamten
in einer Organisation zu sammeln. Was sie wollen,
haben wir in unserem Berichte gesagt; sie haben
keine himmelstürmenden Wünsche, sie streben äußerst

Mittwoch Badener Zeitung 25. November 1896. Nr. 95

[Spaltenumbruch]

bis er durch die verſchiedenſten Geſinnungsloſig-
keiten ſich in Ehren und Würden hineingeſchwindelt
hat. Und er ſagte es dem politiſchen Agitator
Lueger Aug in Aug auf den Kopf, daß er ſich
auf dieſe Art „hineingeſchwindelt“, daß er die
politiſche Geſinnungsloſigkeit zum Syſtem und
Gewerbe ausgebildet hat.

Bei der Heimatsvorlage und bei der Gewerbe-
novelle haben die Antiſemiten ſich im Hinter-
grunde gehalten, möglichſt ſpät als Redner ein-
tragen laſſen, damit ſie nur ja nicht zum Worte
kamen, weil ſie nicht ſprechen wollten. Hinterher
freilich hat der Abgeordnete Schneider ſeine glaub-
würdige Herde mit der Lüge beſchwindelt, die
Antiſemiten wären bei den genannten Vorlagen
von den übrigen böſen Menſchen, die im Reichs-
rathe ſitzen, behindert worden, zu ſprechen. O die
unſchuldigen antiſemitiſchen Lämmlein! Bei Ge-
legenheit der Vorlage über die Feuerverſicherung
warfen ſie den Schafspelz wieder einmal ab und
zeigten ſich als die reißenden Wölfe des Parla-
mentarismus. Der Abgeordnete Noske erfreut ſich
des beſonderen Grimmes „dieſer Leute“, wie er
ſie zum Entſetzen Polzhofer’s genannt hat. Ihn
und die wechſelſeitige Brandſchaden-Verſicherung,
bei welcher die erſten Prälaten Niederöſterreichs
an der Spitze ſtehen, die ſich aber bei den letzten
Landtagswahlen nicht zu antiſemitiſchen Wahl-
manövern hergaben, wollten die Antiſemiten zer-
reißen oder wenigſtens verreißen und darum
waren ſie wieder einmal in voller Stärke auf-
marſchirt. Das iſt ſo ihre Angriffsart. Lueger
oder ſonſt Einer, der ſich das Mundwerk vorher
gehörig eingeölt hat, eröffnet mit Lüge und
Denunciation, mit Verdächtigung und Unterſtellung
den Angriff, die Anderen ſchreien Halloh und
befeuern den Angreifer. In ihrer tapferen und
heldenmäßigen Weiſe geht niemals einer allein
auf den Kampfplatz; meutenweiſe laufen die
Anderen mit. Wehrt ſich der Angegriffene, dann
kommt die ganze antiſemitiſche Truppe in Be-
wegung und gleichzeitig werfen die Helden ihre
Prügel auf das ausgeſuchte Opfer. Lueger höhnt
dann, Geßmann reißt den Mund auf, der kleine
Polzhofer ſtellt ſich auf die Fußſpitzen, der
Heurigenſchänker und Zimmermaler Steiner ballt
die Fäuſte, die Scene iſt fertig, von welcher der
Präſident, Freiherr von Chlumecky beſtätigt, er
habe geſehen, daß die Herren Abgeordneten
Lueger und Geßmann ſich in einer Weiſe betragen
haben, welche der parlamentariſchen Würde wider-
ſpricht. Dann kommt zum Schluſſe noch Schneider,
um auch den Präſidenten zu verhöhnen. Solche
Scenen werden nach Bedarf drei oder vier in
einer Sitzung aufgeführt. Ein ganzer Chorus
von Antiſemiten tritt auf, um den Angegriffenen,
das Präſidium, das ganze Haus zu verhöhnen,
zu beleidigen, zu vergewaltigen. Ein zweiter
Chorus wirkt häuſig noch auf der Gallerie mit.
Das iſt ſchon combinirte Lärmſcenen-Macherei,
auf die man in Hinkunft nur gefaßt zu ſein
braucht, um ihr kräftig zu begegnen.

Noch Eines gehört zur Taktik der Antiſemiten.
Sie verleſen die einfachſten, ſelbſtverſtändlichſten
Dinge der Welt und ihr Chorus ruft dazu „Aha“
„Hört“ und dergleichen, als ob es ſich um die
Enthüllungen der größten Schandthaten handelte.
Der Fabriks-Verſicherungsverband, welchem Ab-
geordneter Noske als Beamter angehört, iſt eine
wohlthätige, nothwendige Einrichtung — „Hört!“
„Aha!“ — der Kanzlei dieſes Verbandes wird
die Aufgabe zutheil, die die Geſellſchaft berührenden
öffentlichen Vorgänge zu beobachten und das
darauf bezughabende Materiale zu ſammeln; die
Directionen der verſicherten Geſellſchaften haben
dem Verbande Mittheilungen zu machen über das,
was für den Verband von Belang iſt; es ſoll
ihm Kenntniß gegeben werden von in Vorbereitung
befindlichen Geſetzen, Verordnungen und Bekannt-
machungen, welche das Verſicherungsweſen be-
treffen, und in den Landes- und Gemeinde-
vertretungen, in Vereinen und im Kreiſe der
Feuerwehr angeregt werden ꝛc. ꝛc. „Hört!“
„Hört!“ unter den Antiſemiten. Das ſind doch
Alles ſelbſtverſtändliche, ehrliche, erlaubte, ja ge-
botene Dinge. Und Herr Dr. Lueger und ſein
Rachechor weiß dies ganz genau. Das wird aber
ſo vorgetragen, als ob es ſich um die entſetzlichſten,
haarſträubendſten Dinge, um eine hochverrätheriſche
Staatsverſchwörung handelte und der Chorus
geberdet ſich, als ob es ſich wirklich um Catilina
und ſeine Umtriebe handelte. Es gibt ja Viele,
die von dieſen Dingen keinen Begriff haben.
Dieſen ſoll die Meinung beigebracht werden, daß
[Spaltenumbruch] es ſich um ein neues Panama handelt und der
Chorus und Lueger ſpielen deswegen eine alberne
Entrüſtungskomödie. Noske ſoll zu einer Ver-
ſicherungsangelegenheit nicht ſprechen, weil er
Verſicherungstechniker, alſo in ſolchen Dingen
bewandert iſt! Das iſt etwas Haarſträubendes,
denn es zeigt, mit welcheln Mitteln dieſe Gewalt-
menſchen arbeiten, um ihre Gegner mundtodt zu
machen. Die Redefreiheit wollen ſie guillotiniren,
die perſönliche Freiheit treten ſie mit Füßen, die
Unantaſtbarkeit des Abgeordneten mißbrauchen ſie
für ſich, um ſchimpfen, vernadern und verleumden
zu können, und ſie machen ſie zu nichte für
Andere, deren Rede ſie fürchten müſſen. Der
Polizeiſtaat, die Cenſur, das objective Verfahren,
der Belagerungszuſtand, ſie Alle arbeiten mit an-
ſtändigeren Mitteln als dieſe Hausknechte der
Reaction.




Local-Nachrichten.
Todesfälle.

Der fürſterzbiſchöfliche geiſt-
liche Rath Friedrich Müller, Pfarrer bei den Paulanern
in Wien, der durch viele Jahre am hieſigen Real-
Obergymnaſium als Religionslehrer wirkte, iſt am
22. l. M. geſtorben. Der Verblichene wurde geſtern
den 24. l. M. von Wien hieher überführt und
auf dem hieſigen Friedhofe im eigenen Grabe zur
ewigen Ruhe beſtattet. — Vorigen Samstag ſtarb
an den Folgen eines ſchweren Lungenleidens der
hoffnungsvolle fünfzehnjährige Sohn Karl des Haus-
beſitzers Herrn Ebruſter, Schüler der zweiten Claſſe
des hieſigen Gymnaſiums. An dem Montag ſtatt-
gehabten Leichenbegängniſſe des bedauernswerthen
Jünglings, der faſt bis in ſeine letzten Lebensſtunden
ſeinem Studium mit dem regſten Eifer oblegen war,
betheiligten ſich nebſt den niedergebeugten Angehörigen
die ſämmtlichen Schüler des Gymnaſiums mit dem
geſammten Lehrkörper. — In Wien verſchied, eben-
falls Samstag, Herr Dr. Joſef Tauber, k. k Regiments-
arzt in Penſion, im 84. Lebensjahre. Der Leichnam
wurde Montag nach Baden überführt und nach er-
folgter Einſegnung in der Helenenkapelle auf dem
Helenenfriedhofe zur ewigen Ruhe beſtattet. Der
Verſtorbene war Hausbeſitzer in der Weilburgſtraße
und einer der treueſten Curgäſte Badens. Die
„Badener Zeitung“ verliert in ihm einen ihrer
älteſten Abonnenten.

Grundſteinlegung

Sonntag Vor-
mittags fand in der Valerieſtraße die feierliche
Grundſteinlegung zum Gebäude des katholiſchen
Geſellenvereines ſtatt. Nach einer Feſtpredigt und
einem feierlichen Hochamte bewegte ſich der Zug mit
dem Stadtpfarrer, Ehrendomherrn und Dechant Iby
an der Spitze, nach dem Feſtplatze, woſelbſt in
feierlicher Weiſe die Grundſteinlegung vollzogen
wurde. Seitens der Gemeinde bemerkten wir als
Theilnehmer GR. Breitenbaum und GA. Guhl,
ſeitens der politiſchen Behörde Bezikshauptmann
Graf zur Lippe-Weißenfeld. Eine zahlreiche Zuſchauer-
menge umſtand den Feſtplatz und harrte trotz des
abſcheulichen Wetters bis zum Schluſſe aus. Nach-
mittags fand im Saale des Hotels „Stadt Wien“
ein Feſtbankett ſtatt.

Schloß Gutenbrunn.

Herr Dr. Eder
in Wien hat das Schloß von den Erben des Guts-
beſitzers Weitmann gekauft, und beabſichtigt hier
eine Kaltwaſſer-Heilanſtalt in großem Style zu er-
richten.

Veränderungen im Lehrkörper
der Volks- und Bürgerſchulen des
Schulbezirkes Baden.

Ernannt wurden:
Herr Roman Piber zum Schulleiter in Altenmarkt
a. d. Tr., Herr Anton Fabiankowitſch zum Lehrer in
Rodaun, die Herren Theodor Grimme, Auguſt Gebauer
und Johann Müllner zu Lehrern in Berndorf, die
Frau Philomena Osmann und die Frau Magdalena
Brun zu Lehrerinnen in Mödling, Frl. B. Karpiſchek
zur Arbeitslehrerin in Vöslau, Herr Karl Manhart
zum proviſoriſchen Unterlehrer in Siebenhirten, Herr
Franz Klingenſtein zum Lehrer in Grillenberg, Herr
Johann Dzimirsky zum definitiven Unterlehrer in
Weißenbach, Frl. A. Stapf-Ruedl zur Lehrerin in
Baden, Herr Peter Wegſcheider zum definitiven Unter-
lehrer in Grabenweg, Frau Louiſe Kubik zur Arbeits-
lehrerin in Enzesfeld, Herr Alois Meier zum
definitiven Unterlehrer in Siebenhirten, Herr Franz
Keiml und Herr Leo Latin zu proviſoriſchen Unter-
lehrern in Pottenſtein, Frl. Helene Genauck zur
proviſoriſchen Unterlehrerin in Perchtoldsdorf, Herr
Franz Steurer zum proviſoriſchen Unterlehrer in
Grillenberg, Herr Joſef Horn zum proviſoriſchen
Unterlehrer in Sooß, Frl. Friederike Weiß zur
[Spaltenumbruch] Arbeitslehrerin in Rodaun, Herr Karl Heindl zum
proviſoriſchen Unterlehrer in Pfaffſtätten, Frl. Sophie
Beier zur definitiven Unterlehrerin in Baden,
Frl. Marie Koriſek zur proviſoriſchen Unterlehrerin
in Guntramsdorf, Frl. Theodora Enengl zur provi-
ſoriſchen Unterlehrerin in Mödling, Herr Karl
Kiennaſt zum proviſoriſchen Unterlehrer in Mödling,
Herr Leo Mathauſer zum proviſoriſchen Unterlehrer
in Siebenhirten, Herr Victor Roßmanith zum provi-
ſoriſchen Unterlehrer in Wr.-Neudorf, Herr Joſef
Killmayer zum proviſoriſchen Unterlehrer in Vöſen-
dorf, Herr Franz Swoboda zum definitiven Lehrer
in Guntramsdorf, Herr M. Winkelmayer zum defi-
nitiven Unterlehrer in Mödling, Herr Joſef Berſch
zum Schulleiter in St. Corona, Frau Anna Berſch
zur Arbeitslehrerin in St. Corona, Frl. Marie
Machinek zur definitiven Unterlehrerin in Berndorf.

Der Afrikareiſende Karl Hoff-
mann,

welcher letzthin in Mödling infolge mehr-
facher Aufforderung vor einem Publicum aus den
intelligenteſten und ſich dafür intereſſirenden Kreiſen
vier Male hintereinander Vorträge über ſeinen zehn-
jährigen Aufenthalt mitten unter den ſchwarzen und
braunen Eingebornen Egyptens, Nubiens und des
Sudans hielt, wird morgen Donnerstag einen ſolchen
Vortrag hier in Baden im großen Saale des „Hotel
Lamm“, Waſſergaſſe 35, abhalten. Der Vortragende
iſt durch ſeine friſche und lebendige Rede in den
beſten Kreiſen Wiens bekannt; er durchwürzt ſeinen
Vortrag mit ſo vielen draſtiſchen und humoriſtiſchen
Schilderungen aus dem Leben der eingebornen
Araber, Nubier und Sudaneſen und namentlich in
der Beſchreibung ihrer familiären Lebensverhältniſſe,
daß man ihm gern ſtundenlang mit der geſpannteſten
Aufmerkſamkeit zuhört und ſich mit Leib und Seele
mitten in die ſonnendurchglühten, tropiſchen und
äquatorialen Gefilde Inner-Afrikas verſetzt fühlt.
Nach den vielfachen, das höchſte Lob ausſprechenden
Recenſionen der Wiener- und der Provinzpreſſe über
dieſe feſſelnden afrikaniſchen Vorträge begrüßen wir
den erſten derſelben hierorts auf das Freundlichſte,
und können nur mit Vergnügen auf dieſen hoch-
intereſſanten Abend hinweiſen.

Die „Nachrichten aus dem Viertel
unter dem Wienerwald“, Antiliberales
Organ,

ſo betitelt ſich das Organ der clerical-
antiſemitiſchen Partei, welches ſeit Kurzem unter der
Patronanz des Führers der „Wirthſchaftspartei“,
des Gemeinderathes und Baumeiſters Foller, in
Baden erſcheint. Schon in ſeiner erſten Nummer hat
es dieſes Blatt unternommen, uns in ziemlich ge-
ſchmackloſer Weiſe anzurempeln, in derſelben Nummer,
in welcher die bekannten Erklärungen Foller und
Dr. Hora aus der letzten Gemeinde-Ausſchußſitzung
wörtlich unſerem Berichte nachgedruckt ſind, und
in welcher auch andere Berichte der „Badener Zeitung“,
ſo z. B. die Wahlreſultate der Landtagswahlen, die
wörtlich ſowohl als ziffermäßig genaueſte Aufnahme
fanden. Wir haben damals weder auf den dummen
Angriff der mit einem ſo großſprecheriſchen Programme
vor die Oeffentlichkeit getretenen „Nachrichten aus
dem Viertel unter dem Wienerwald“ ... Uff!, noch
auf den frechen literariſchen Diebſtahl, den die
Redaction dieſes vorgeblich anticorruptioniſtiſchen
Blattes an uns beging, reagirt, in der Erwartung,
mit dieſer unſerer Haltung Ruhe zu bekommen und
nicht gezwungen ſein zu müſſen, uns „mit dieſen
Leuten“, wie Noske im Abgeordnetenhauſe ſo treff-
lich ſagte, herumzubalgen. Allein, wir haben uns
getäuſcht. In ihrer letzten Nummer beſprechen die
„Nachrichten aus dem Viertel ꝛc.“ den von uns ver-
öffentlichten Bericht über eine am 15. l. M. hier
ſtattgehabte Verſammlung des Beamtenvereines
„Selbſthilfe“, der hier einen im vorigen Jahre ins
Leben gerufenen Zweigverein beſitzt und dieſe Ver-
ſammlung zu dem Zwecke veranſtaltete, um auf die
hier anſäſſigen Mitglieder einzuwirken und ſie zu
einer regeren Antheilnahme an den Vereinszielen zu
bewegen. Der größte Theil der Vereinsmitglieder
gehört dem Stande der ſogenannten „Hilfsbeamten“
an, das heißt, es ſind meiſtens im Staatsdienſte
ſtehende Diurniſten, Leute, die um einen Straßen-
kehrerlohn ihr ganzes Leben kümmerlich und ſorgen-
voll verbringen, und die nach ihrem politiſchen Werthe
noch unter dem vielgenannten „kleinen Manne“ ſtehen,
weil ſie keine Steuer zahlen können und daher, bis
jetzt wenigſtens, nicht wahlberechtigt ſind. Unter dieſen
geiſtigen Proletariern haben ſich nun einige ſelbſt-
loſe Männer gefunden, welche ſich, auf die Gefahr
hin, ſich nach obenhin mißliebig zu machen, der
Aufgabe unterziehen, den Stand der Hilfsbeamten
in einer Organiſation zu ſammeln. Was ſie wollen,
haben wir in unſerem Berichte geſagt; ſie haben
keine himmelſtürmenden Wünſche, ſie ſtreben äußerſt

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[2/0002] Mittwoch Badener Zeitung 25. November 1896. Nr. 95 bis er durch die verſchiedenſten Geſinnungsloſig- keiten ſich in Ehren und Würden hineingeſchwindelt hat. Und er ſagte es dem politiſchen Agitator Lueger Aug in Aug auf den Kopf, daß er ſich auf dieſe Art „hineingeſchwindelt“, daß er die politiſche Geſinnungsloſigkeit zum Syſtem und Gewerbe ausgebildet hat. Bei der Heimatsvorlage und bei der Gewerbe- novelle haben die Antiſemiten ſich im Hinter- grunde gehalten, möglichſt ſpät als Redner ein- tragen laſſen, damit ſie nur ja nicht zum Worte kamen, weil ſie nicht ſprechen wollten. Hinterher freilich hat der Abgeordnete Schneider ſeine glaub- würdige Herde mit der Lüge beſchwindelt, die Antiſemiten wären bei den genannten Vorlagen von den übrigen böſen Menſchen, die im Reichs- rathe ſitzen, behindert worden, zu ſprechen. O die unſchuldigen antiſemitiſchen Lämmlein! Bei Ge- legenheit der Vorlage über die Feuerverſicherung warfen ſie den Schafspelz wieder einmal ab und zeigten ſich als die reißenden Wölfe des Parla- mentarismus. Der Abgeordnete Noske erfreut ſich des beſonderen Grimmes „dieſer Leute“, wie er ſie zum Entſetzen Polzhofer’s genannt hat. Ihn und die wechſelſeitige Brandſchaden-Verſicherung, bei welcher die erſten Prälaten Niederöſterreichs an der Spitze ſtehen, die ſich aber bei den letzten Landtagswahlen nicht zu antiſemitiſchen Wahl- manövern hergaben, wollten die Antiſemiten zer- reißen oder wenigſtens verreißen und darum waren ſie wieder einmal in voller Stärke auf- marſchirt. Das iſt ſo ihre Angriffsart. Lueger oder ſonſt Einer, der ſich das Mundwerk vorher gehörig eingeölt hat, eröffnet mit Lüge und Denunciation, mit Verdächtigung und Unterſtellung den Angriff, die Anderen ſchreien Halloh und befeuern den Angreifer. In ihrer tapferen und heldenmäßigen Weiſe geht niemals einer allein auf den Kampfplatz; meutenweiſe laufen die Anderen mit. Wehrt ſich der Angegriffene, dann kommt die ganze antiſemitiſche Truppe in Be- wegung und gleichzeitig werfen die Helden ihre Prügel auf das ausgeſuchte Opfer. Lueger höhnt dann, Geßmann reißt den Mund auf, der kleine Polzhofer ſtellt ſich auf die Fußſpitzen, der Heurigenſchänker und Zimmermaler Steiner ballt die Fäuſte, die Scene iſt fertig, von welcher der Präſident, Freiherr von Chlumecky beſtätigt, er habe geſehen, daß die Herren Abgeordneten Lueger und Geßmann ſich in einer Weiſe betragen haben, welche der parlamentariſchen Würde wider- ſpricht. Dann kommt zum Schluſſe noch Schneider, um auch den Präſidenten zu verhöhnen. Solche Scenen werden nach Bedarf drei oder vier in einer Sitzung aufgeführt. Ein ganzer Chorus von Antiſemiten tritt auf, um den Angegriffenen, das Präſidium, das ganze Haus zu verhöhnen, zu beleidigen, zu vergewaltigen. Ein zweiter Chorus wirkt häuſig noch auf der Gallerie mit. Das iſt ſchon combinirte Lärmſcenen-Macherei, auf die man in Hinkunft nur gefaßt zu ſein braucht, um ihr kräftig zu begegnen. Noch Eines gehört zur Taktik der Antiſemiten. Sie verleſen die einfachſten, ſelbſtverſtändlichſten Dinge der Welt und ihr Chorus ruft dazu „Aha“ „Hört“ und dergleichen, als ob es ſich um die Enthüllungen der größten Schandthaten handelte. Der Fabriks-Verſicherungsverband, welchem Ab- geordneter Noske als Beamter angehört, iſt eine wohlthätige, nothwendige Einrichtung — „Hört!“ „Aha!“ — der Kanzlei dieſes Verbandes wird die Aufgabe zutheil, die die Geſellſchaft berührenden öffentlichen Vorgänge zu beobachten und das darauf bezughabende Materiale zu ſammeln; die Directionen der verſicherten Geſellſchaften haben dem Verbande Mittheilungen zu machen über das, was für den Verband von Belang iſt; es ſoll ihm Kenntniß gegeben werden von in Vorbereitung befindlichen Geſetzen, Verordnungen und Bekannt- machungen, welche das Verſicherungsweſen be- treffen, und in den Landes- und Gemeinde- vertretungen, in Vereinen und im Kreiſe der Feuerwehr angeregt werden ꝛc. ꝛc. „Hört!“ „Hört!“ unter den Antiſemiten. Das ſind doch Alles ſelbſtverſtändliche, ehrliche, erlaubte, ja ge- botene Dinge. Und Herr Dr. Lueger und ſein Rachechor weiß dies ganz genau. Das wird aber ſo vorgetragen, als ob es ſich um die entſetzlichſten, haarſträubendſten Dinge, um eine hochverrätheriſche Staatsverſchwörung handelte und der Chorus geberdet ſich, als ob es ſich wirklich um Catilina und ſeine Umtriebe handelte. Es gibt ja Viele, die von dieſen Dingen keinen Begriff haben. Dieſen ſoll die Meinung beigebracht werden, daß es ſich um ein neues Panama handelt und der Chorus und Lueger ſpielen deswegen eine alberne Entrüſtungskomödie. Noske ſoll zu einer Ver- ſicherungsangelegenheit nicht ſprechen, weil er Verſicherungstechniker, alſo in ſolchen Dingen bewandert iſt! Das iſt etwas Haarſträubendes, denn es zeigt, mit welcheln Mitteln dieſe Gewalt- menſchen arbeiten, um ihre Gegner mundtodt zu machen. Die Redefreiheit wollen ſie guillotiniren, die perſönliche Freiheit treten ſie mit Füßen, die Unantaſtbarkeit des Abgeordneten mißbrauchen ſie für ſich, um ſchimpfen, vernadern und verleumden zu können, und ſie machen ſie zu nichte für Andere, deren Rede ſie fürchten müſſen. Der Polizeiſtaat, die Cenſur, das objective Verfahren, der Belagerungszuſtand, ſie Alle arbeiten mit an- ſtändigeren Mitteln als dieſe Hausknechte der Reaction. X. Local-Nachrichten. — Todesfälle. Der fürſterzbiſchöfliche geiſt- liche Rath Friedrich Müller, Pfarrer bei den Paulanern in Wien, der durch viele Jahre am hieſigen Real- Obergymnaſium als Religionslehrer wirkte, iſt am 22. l. M. geſtorben. Der Verblichene wurde geſtern den 24. l. M. von Wien hieher überführt und auf dem hieſigen Friedhofe im eigenen Grabe zur ewigen Ruhe beſtattet. — Vorigen Samstag ſtarb an den Folgen eines ſchweren Lungenleidens der hoffnungsvolle fünfzehnjährige Sohn Karl des Haus- beſitzers Herrn Ebruſter, Schüler der zweiten Claſſe des hieſigen Gymnaſiums. An dem Montag ſtatt- gehabten Leichenbegängniſſe des bedauernswerthen Jünglings, der faſt bis in ſeine letzten Lebensſtunden ſeinem Studium mit dem regſten Eifer oblegen war, betheiligten ſich nebſt den niedergebeugten Angehörigen die ſämmtlichen Schüler des Gymnaſiums mit dem geſammten Lehrkörper. — In Wien verſchied, eben- falls Samstag, Herr Dr. Joſef Tauber, k. k Regiments- arzt in Penſion, im 84. Lebensjahre. Der Leichnam wurde Montag nach Baden überführt und nach er- folgter Einſegnung in der Helenenkapelle auf dem Helenenfriedhofe zur ewigen Ruhe beſtattet. Der Verſtorbene war Hausbeſitzer in der Weilburgſtraße und einer der treueſten Curgäſte Badens. Die „Badener Zeitung“ verliert in ihm einen ihrer älteſten Abonnenten. — Grundſteinlegung Sonntag Vor- mittags fand in der Valerieſtraße die feierliche Grundſteinlegung zum Gebäude des katholiſchen Geſellenvereines ſtatt. Nach einer Feſtpredigt und einem feierlichen Hochamte bewegte ſich der Zug mit dem Stadtpfarrer, Ehrendomherrn und Dechant Iby an der Spitze, nach dem Feſtplatze, woſelbſt in feierlicher Weiſe die Grundſteinlegung vollzogen wurde. Seitens der Gemeinde bemerkten wir als Theilnehmer GR. Breitenbaum und GA. Guhl, ſeitens der politiſchen Behörde Bezikshauptmann Graf zur Lippe-Weißenfeld. Eine zahlreiche Zuſchauer- menge umſtand den Feſtplatz und harrte trotz des abſcheulichen Wetters bis zum Schluſſe aus. Nach- mittags fand im Saale des Hotels „Stadt Wien“ ein Feſtbankett ſtatt. — Schloß Gutenbrunn. Herr Dr. Eder in Wien hat das Schloß von den Erben des Guts- beſitzers Weitmann gekauft, und beabſichtigt hier eine Kaltwaſſer-Heilanſtalt in großem Style zu er- richten. — Veränderungen im Lehrkörper der Volks- und Bürgerſchulen des Schulbezirkes Baden. Ernannt wurden: Herr Roman Piber zum Schulleiter in Altenmarkt a. d. Tr., Herr Anton Fabiankowitſch zum Lehrer in Rodaun, die Herren Theodor Grimme, Auguſt Gebauer und Johann Müllner zu Lehrern in Berndorf, die Frau Philomena Osmann und die Frau Magdalena Brun zu Lehrerinnen in Mödling, Frl. B. Karpiſchek zur Arbeitslehrerin in Vöslau, Herr Karl Manhart zum proviſoriſchen Unterlehrer in Siebenhirten, Herr Franz Klingenſtein zum Lehrer in Grillenberg, Herr Johann Dzimirsky zum definitiven Unterlehrer in Weißenbach, Frl. A. Stapf-Ruedl zur Lehrerin in Baden, Herr Peter Wegſcheider zum definitiven Unter- lehrer in Grabenweg, Frau Louiſe Kubik zur Arbeits- lehrerin in Enzesfeld, Herr Alois Meier zum definitiven Unterlehrer in Siebenhirten, Herr Franz Keiml und Herr Leo Latin zu proviſoriſchen Unter- lehrern in Pottenſtein, Frl. Helene Genauck zur proviſoriſchen Unterlehrerin in Perchtoldsdorf, Herr Franz Steurer zum proviſoriſchen Unterlehrer in Grillenberg, Herr Joſef Horn zum proviſoriſchen Unterlehrer in Sooß, Frl. Friederike Weiß zur Arbeitslehrerin in Rodaun, Herr Karl Heindl zum proviſoriſchen Unterlehrer in Pfaffſtätten, Frl. Sophie Beier zur definitiven Unterlehrerin in Baden, Frl. Marie Koriſek zur proviſoriſchen Unterlehrerin in Guntramsdorf, Frl. Theodora Enengl zur provi- ſoriſchen Unterlehrerin in Mödling, Herr Karl Kiennaſt zum proviſoriſchen Unterlehrer in Mödling, Herr Leo Mathauſer zum proviſoriſchen Unterlehrer in Siebenhirten, Herr Victor Roßmanith zum provi- ſoriſchen Unterlehrer in Wr.-Neudorf, Herr Joſef Killmayer zum proviſoriſchen Unterlehrer in Vöſen- dorf, Herr Franz Swoboda zum definitiven Lehrer in Guntramsdorf, Herr M. Winkelmayer zum defi- nitiven Unterlehrer in Mödling, Herr Joſef Berſch zum Schulleiter in St. Corona, Frau Anna Berſch zur Arbeitslehrerin in St. Corona, Frl. Marie Machinek zur definitiven Unterlehrerin in Berndorf. — Der Afrikareiſende Karl Hoff- mann, welcher letzthin in Mödling infolge mehr- facher Aufforderung vor einem Publicum aus den intelligenteſten und ſich dafür intereſſirenden Kreiſen vier Male hintereinander Vorträge über ſeinen zehn- jährigen Aufenthalt mitten unter den ſchwarzen und braunen Eingebornen Egyptens, Nubiens und des Sudans hielt, wird morgen Donnerstag einen ſolchen Vortrag hier in Baden im großen Saale des „Hotel Lamm“, Waſſergaſſe 35, abhalten. Der Vortragende iſt durch ſeine friſche und lebendige Rede in den beſten Kreiſen Wiens bekannt; er durchwürzt ſeinen Vortrag mit ſo vielen draſtiſchen und humoriſtiſchen Schilderungen aus dem Leben der eingebornen Araber, Nubier und Sudaneſen und namentlich in der Beſchreibung ihrer familiären Lebensverhältniſſe, daß man ihm gern ſtundenlang mit der geſpannteſten Aufmerkſamkeit zuhört und ſich mit Leib und Seele mitten in die ſonnendurchglühten, tropiſchen und äquatorialen Gefilde Inner-Afrikas verſetzt fühlt. Nach den vielfachen, das höchſte Lob ausſprechenden Recenſionen der Wiener- und der Provinzpreſſe über dieſe feſſelnden afrikaniſchen Vorträge begrüßen wir den erſten derſelben hierorts auf das Freundlichſte, und können nur mit Vergnügen auf dieſen hoch- intereſſanten Abend hinweiſen. — Die „Nachrichten aus dem Viertel unter dem Wienerwald“, Antiliberales Organ, ſo betitelt ſich das Organ der clerical- antiſemitiſchen Partei, welches ſeit Kurzem unter der Patronanz des Führers der „Wirthſchaftspartei“, des Gemeinderathes und Baumeiſters Foller, in Baden erſcheint. Schon in ſeiner erſten Nummer hat es dieſes Blatt unternommen, uns in ziemlich ge- ſchmackloſer Weiſe anzurempeln, in derſelben Nummer, in welcher die bekannten Erklärungen Foller und Dr. Hora aus der letzten Gemeinde-Ausſchußſitzung wörtlich unſerem Berichte nachgedruckt ſind, und in welcher auch andere Berichte der „Badener Zeitung“, ſo z. B. die Wahlreſultate der Landtagswahlen, die wörtlich ſowohl als ziffermäßig genaueſte Aufnahme fanden. Wir haben damals weder auf den dummen Angriff der mit einem ſo großſprecheriſchen Programme vor die Oeffentlichkeit getretenen „Nachrichten aus dem Viertel unter dem Wienerwald“ ... Uff!, noch auf den frechen literariſchen Diebſtahl, den die Redaction dieſes vorgeblich anticorruptioniſtiſchen Blattes an uns beging, reagirt, in der Erwartung, mit dieſer unſerer Haltung Ruhe zu bekommen und nicht gezwungen ſein zu müſſen, uns „mit dieſen Leuten“, wie Noske im Abgeordnetenhauſe ſo treff- lich ſagte, herumzubalgen. Allein, wir haben uns getäuſcht. In ihrer letzten Nummer beſprechen die „Nachrichten aus dem Viertel ꝛc.“ den von uns ver- öffentlichten Bericht über eine am 15. l. M. hier ſtattgehabte Verſammlung des Beamtenvereines „Selbſthilfe“, der hier einen im vorigen Jahre ins Leben gerufenen Zweigverein beſitzt und dieſe Ver- ſammlung zu dem Zwecke veranſtaltete, um auf die hier anſäſſigen Mitglieder einzuwirken und ſie zu einer regeren Antheilnahme an den Vereinszielen zu bewegen. Der größte Theil der Vereinsmitglieder gehört dem Stande der ſogenannten „Hilfsbeamten“ an, das heißt, es ſind meiſtens im Staatsdienſte ſtehende Diurniſten, Leute, die um einen Straßen- kehrerlohn ihr ganzes Leben kümmerlich und ſorgen- voll verbringen, und die nach ihrem politiſchen Werthe noch unter dem vielgenannten „kleinen Manne“ ſtehen, weil ſie keine Steuer zahlen können und daher, bis jetzt wenigſtens, nicht wahlberechtigt ſind. Unter dieſen geiſtigen Proletariern haben ſich nun einige ſelbſt- loſe Männer gefunden, welche ſich, auf die Gefahr hin, ſich nach obenhin mißliebig zu machen, der Aufgabe unterziehen, den Stand der Hilfsbeamten in einer Organiſation zu ſammeln. Was ſie wollen, haben wir in unſerem Berichte geſagt; ſie haben keine himmelſtürmenden Wünſche, ſie ſtreben äußerſt

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 95, Baden (Niederösterreich), 25.11.1896, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener095_1896/2>, abgerufen am 19.04.2024.