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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1069, Czernowitz, 06.08.1907.

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6. August 1907. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch]

bestehen, die die Stadt Casablanca besetzen sollen. Zugleich
versammelt sich ein ansehnliches französisch-spanisches Kriegs-
geschwader vor Casablanca. Die Truppen sollen nach den
Erklärungen eines französischen Ministers so lange dort ver-
bleiben, "bis die Banden, die die französischen, spanischen
und italienischen Arbeiter niedergemetzelt haben, unschädlich
gemacht worden sind". Die handelnden Mächte bemühen sich
zugleich, darzulegen, daß sie sich bei diesen militärischen Vor-
kehrungeu der Verpflichtungen bewußt seien, die ihnen der
Algeciras-Vertrag auferlegt. Dieser Vertrag enthält als leitende
Grundsätze drei Punkte: die Souveränität des Sultans, die
Unversehrtheit seiner Staaten und die Gleichheit der Be-
handlung aller Staaten in wirtschaftlicher Beziehung. Das jetzige
spanisch-französische Einschreiten wird nur insofern durch den
Algeciras-Vertrag eingeschränkt, als die beiden Mächte ver-
pflichtet sind, obige drei Grundsätze aufrecht zu erhalten. Die
Haltung der von den letzten Geschehnissen in Casablanca nicht
betroffenen Mächte wird zunächst eine abwartende sein. Wenn
auch dem marokkanischen Gouverneur in Casablanca viel
Schuld an den Zuständen zuzuschreiben ist, so hätte doch
gerade die Ausführung der Hafenarbeiten eine vorherige
Organisation der Polizei zum Schutz dieser Arbeiten erfordert.
Daß Frankreich und Spanien das nicht getan haben, ist um
so verwunderlicher, als ihnen von den anderen Mächten irgend
welche Schwierigkeiten hierbei nicht in den Weg gelegt wurden.
Heute liegen folgende Nachrichten vor:

Die französisch-spanische Aktion.

Es verlautet aus zuverlässiger
Quelle, daß Casablanca in spätestensacht Tagen von
französisch-spanischen Streitkräften besetzt

werden soll. Die französischen Truppen, ungefähr 3000 Mann,
worunter 400 Reiter, werden unter dem Befehl eines Generals
stehen, der sich über alle Operationen mit dem Kommandeur
der spanischen Truppen verständigen wird. Sämtliche Stadt-
tore werden starke Bewachung erhalten. Die Rädelsführer
werden sofort festgenommen, die vom Lande in Casablanca
eingedrungenen Beduinen zwangsweise entfernt und die Hafen-
arbeiten unter militärischem Schutze fortgesetzt werden. Die
Besetzung Casablancas und einiger anderer Hafenorte wird
voraussichtlich von längerer Dauer sein.

(Tel. d. "Cz. Allg. Ztg.)

Zwei
Kreuzer und ein Transportdampfer sind heute nach Marokko
abgegangen. Drei Krenzer gehen heute nachts nach
Marokko ab.

Die Opfer der Metzeleien. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Wie jetzt
festgestellt wurde, sind bei den Metzeleien in Casablanca
13 Personen getötet worden. Darunter befinden sich auch
3 Italiener.

Panik in Casablanka. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

In
Casablanca herrscht große Panik. Alle Europäer verlassen die
Stadt.




Bunte Chronik.


Schweres Eisenbahnunglück.
Ein Personenzug ins Wasser gestürzt. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die
Lokomotive des nach Poitiers gehenden Zuges entgleiste auf
der Brücke bei Pondodece und stürzte mit dem Tender, dem
Lastwagen und einem Personenwagen dritter Klasse in die
Loire. 40 Personen werden vermißt. 13 Leichen wurden
geborgen.




Die Standard-Oil-Company.

Die Standard-Oil-Company will
gegen das Erkenntnis, durch welches sie zu einer Geldstrafe
von 29,240.000 Dollars (150 Millionen Kronen)
verurteilt wird, Berufung einlegen.




Ein Anschlag gegen ein französisches
Kriegsschiff.
(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

An
Bord des Kreuzers "Bouvet" brach in der Nähe der Pulver-
kammer ein Brand aus, welcher noch rechtzeitig erstickt
wurde. An der Brandstelle wurden zwei mit Oel ge-
tränkte Kleidungsstücke
gefunden. Es wurde eine
Untersuchung eingeleitet.




Die Lage in Belfast. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Wegen
wiederholter Angriffe auf Fuhrleute haben die Behörden be-
schlossen, von Montag ab Militär in den Straßen
patrouillieren zu lassen, um die Lastwagen vor Angriffen zu
schützen. Abends griff der Mob einen Polizeitranssportragen
an und versuchte, einen Gefangenen zu befreien. Die Polizei-
begleitmannschaft wurde zuerst zurückgetrieben, konnte
aber nach dem Anlangen einer Verstärkung, indem sie von
[Spaltenumbruch] ihren Knüppeln Gebrauch machte, die angesammelte Menschen-
menge auseinander treiben, wobei Verletzungen vorkamen.
Eine Lowry, die keine Bedeckungsmannschaft hatte, wurde
in Brand gesteckt und die Ladung in den Fluß
geworfen.




[Erdbeben].

Aus Mostar (Herzegowina) wird gemeldet:
Am Donnerstag abend 11 Uhr hat hier ein heftiges Erd-
beben von 10 Sekunden Dauer stattgefunden. Die Bewohner
verließen in panikartigem Schrecken ihre Wohnungen, zahl-
reiche Häuser weisen Sprünge auf, Dächer und Rauchfänge
sind eingestürzt. Das Erdbeben erfolgte bei tropischer Hitze
und war von unterirdischem Rollen begleitet. Eine halbe
Stunde später wurde in Sarajewo ein weniger heftiger Stoß
verspürt.

[Schwerer Automobilunfall].

Ein schwerer
Unfall beim Kriterium von Frankreich das bei einer Fahrt
Paris--Clermont--Ferrand die Dauerhaftigkeit der beteiligten
Kraftwagen dartun sollte, hält gegenwärtig die Gemüter in
Frankreich in Aufregung. Während der zweiten Etappe ließen
manche Teilnehmer die strenge Vorschrift, ein gemäßigtes
Tempo auf den Landstraßen einzuhalten, außer acht. In-
folgedessen ereigneten sich zwischen Clermong-Ferrand und
Bordeaux mehrere sehr ernste Unfälle. Die Kunde von ihnen
drang nach Bordeaux, wo man sogar von zehn Toten sprach.
Zwei Journalisten, Renee Herbert von der "Gironde" und
Amigues von der "Franze", wollten im Automobil die
Stätte des ernstesten Unfalles erreichen, um dem Gerücht
auf den Grund zu gehen. Ihr Wagen kollidierte mit einem
anderen, wobei die Journalisten und ihre beiden
Chauffeure lebensgefährliche Verletzungen

erlitten. Die drei Insassen des anderen Kraftwagens wurden
sofort getötet; die Chauffeure starben kurz darauf.
Wie aus Bordeaux telegraphiert wird, befindet sich unter
den fünf Getöteten Mr. Roulier, der Hauptagent der
Automobilfirma Peugeot. Roulier und die beiden Journalisten
kamen unter den Regina-Dixi-Wagen, mit dem das Peuge-
otsche Gefährt zusammenstieß. Journalist Amigues liegt
im Sterben.

[Der Fernwecker.]

Ein gar launiges Postkuriosum
wird der "Bresl. Morgenztg." aus ihrem Leserkreise mit-
geteilt. "In München, meinem ehemaligen Wohnsitze", so
erzählt die Zuschrift, "war ich auch Inhaber eines königlich-
bayerischen Telephonanrufs. Wie bei uns in Preußen, wird
auch im schönen Bayerlande die telephonische Verbindung
durch Damen hergestellt. Ganz im Gegensatz zu Breslau stand
ich mit den Münchener Telephonfräulein auf einem ziemlich
freundschaftlichen drahtlichen Verkehrfuße. Eines Nachts langte
ich -- ich glaube, ich war kurz vorher im Hofbräuhause --
zu etwas später Stunde zu Hause an. Am nächsten Morgen
sollte ich um fünf Uhr früh eine Reise antreten. Mich nieder-
legen und erst in später Mittagstunde erwachen, wäre -- ich
kenne mich darin sehr genau -- eine feststehende Tatsache
gewesen. Eine Weckuhr nannte ich auch nicht mein eigen. Da
kam ich auf eine kühne Idee: das königlich-bayerische Fern-
sprechamt muß mir aus der Verlegenheit helfen. Ich hob die
Hörer ab. Das Fräulein, vom Amt meldete sich: "Hier Amt!"
-- "Ach mein liebes Fräulein ("liebes" betonte ich nach-
drücklich) hätten Sie nicht die Güte, mich um 5 Uhr tele-
phonisch zu wecken, ich muß dringend verreisen!" Ich hörte
ein lustiges Lachen. "Na -- ich werde mal so gut sein,
schlafen Sie wohl!" -- Punkt 5 Uhr schnarrte das Telephon
mit einer Vehemenz, als ob nicht ein in schweren Schlaf
Verfallener, sondern ein Toter geweckt werden sollte. Ich
sprang aus dem Bette und lief an den Fernsprecher. "Fünf
Uhr, Aufstehen!" tönte es mir lustig entgegen. Ich war ent-
zückt und gab meinen Gefühlen in beredten Worten Ausdruck.
Doch das königlich-bayerische Telephonfräulein schnitt mir das
Wort vom Munde ab, indem sie meinte: "Bitte -- keine
Beamtenbeleidigung ..."

[Eineunangenehme Erinnerung].

Aus Temes-
var wird dem "N. Wc. Tagebl." geschrieben: "Schon lange
ist die historische Inschrift am Giebel unseres Stadthauses
gewissen Kreisen ein Dorn im Auge. Immer wieder wurde
verlangt, daß sie entfernt werde, da sie einen "staatsrechtlichen
Irrtum" enthalte. Jetzt endlich ist sie gefallen, vor einigen
Tagen hat man sie in aller Stille übertüncht. Es ist aber
wohl von Interesse, daß ihr Wortlaut festgehalten werde, ehe
er aus dem Gedächtnis der Zeitgenossen schwindet. Zum
Verständnis der Innschrift sei folgendes vorausgeschickt: Am
17. Oktober 1716 eroberte Prinz Eugen die Festung Temes-
var, die etwa 170 Jahre im Besitze der Türken war.
Später wurde General Mercy zum Kolonisator des ganzen
Banats ernannt und er schuf aus dem Türkenneste eine
schöne neue Stadt, eine kaiserliche Festung. Diese Stadt aber
erhielt zum ewigen Gedächtnis ein Wappen, das ein Tor
darstellt, welche in eine palisadierten Türkenwall führt. Dieses
Wappen wurde in Reliefausführung am Giebel des Temes-
varer Stadthauses abgebildet und auf beiden Seiten prangte
über hundert Jahre die lateinische Inschrift, die jetzt gefallen
ist. Sie lautet in deutscher Uebersetzung:

"Was gewesen ich einst, das soll dies Zeichen dich lehren.
Rings auf türkische "Art siehst du die Wälle erbaut,
Die mit des Kaisers Heeren Prinz Eugen überstiegen.
Stolz prangt heute der Wall, Mercys vollendeter Bau.
Mögen die Himmlischen mir bis ans Ende der Zeiten bescheren,
Dies mein heutiges Glück, das ich so lange ersehnt,
Daß ich mich freue, so lang' der erhabene Adler mich
schirmt, Du

Herrliches Oesterreich, unsere Fluren beherrschst."

Diese Inschrift ist nicht mehr, sie mußte ausgetilgt
werden, da man in Ungarn nicht gern daran erinnert wird,
was man Oesterreich zu danken hat.




[Spaltenumbruch]


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Administration der "Czernowitzer Allg. Zeitung"




Czernowitzer Angelegenheiten.


Sektion "Bukowina" des Bundes der
österreichischen Industriellen.

Der vom Referenten Advokat Dr. Fein der Sektion
"Bukowina" in der Sitzung vom 21. v. M. vorgelegte
Bericht, über seine Tätigkeit im abgelaufenen Jahre, den wir
in der letzten Sonntagsnummer erwähnt haben, besagt:

Die Sektionsleitung ist durch die Zentrale in die Lage
gekommen im vorigen Jahre über Beschwerde der Bukowiner
Müller dahin zu wirken, daß dem empfindlichen Waggon-
mangel
abgeholfen werde. Sie hat ferner bei der Er-
neurung des Handelsvertrages
mit der Schweiz
und mit Rußland den Wünschen der Bukowiner Industriellen
Rechnung getragen und insbesondere bei letzterem durch Er-
stattung eines über Ersuchen der Bukowiner Handelskammer
erstatteten ausführlichen Gutachtens bezüglich der Zollsätze
bei Rundholz die Interessen der Bukowiner Industrie wirksam
zu vertreten versucht. Auch in Fragen, welche einzelne Inter-
essengruppen tangierten, so der Bierindustriellen der
Bukowina,
wegen Einflußnahme auf Herabsetzung des
Exportzolles auf Malz nach Rumänien; einer Anzahl von
Holzhändlern in Wiznitz, welche sich an die Sektion wegen
A[u]fhebung gewisser behindernder chikanösen Zollmanipulationen
an der russischen Grenze gewendet haben, endlich des Vereines
der landwirtschaftlichen Spiritus-Industriellen, welcher die
Sektion "Bukowina" angegangen hat, für eine Verlängerung
der für Spiritus gewährten Refaktie bis Ende August vorigen
Jahres einzutreten, hat sich die Sektionsleitung in ausführlichen
Memoranden an die Zentrale gewendet und hat dieselbe nach
Maßgabe der Verhältnisse bereitwilligst ihren großen Einfluß
geltend gemacht, um den geäußerten Wünschen tunlichst zu
ent[spr]echen. In allen jenen Fällen, in welchen sich einzelne
Industriellen an die Sektion gewendet haben, um Abhilfe
gegen Uebelstände zu suchen, ist sofort das Nötige ver-
anlaßt worden und erwähnt wird nur beispielsweise, daß über
unsere Intervention die den Sägebesitzer A. C. in
Dornawatra schwer schädigende Einstellung seiner Säge
über Intervention der Bundeszentrale aufgehoben wurde;
ebenso haben wir über Ersuchen unseres Vorstandsmitgliedes
Herrn M. Zentner gegen das ungerechte Vorgehen des
Bezirkshauptmannes in Sokal, direkt und durch die Zentrale
Beschwerde erhoben und ist weiters über Beschwerde unserer
Mitglieder Herrn J. H. und F. W. wegen ungerechter Be[-]
messung der Unfallsversicherungsbeiträge in ihren Betrieben-
durch direkte Intervention unseres Referenten bei der Landes-,
regierung Aussicht auf Sanierung vorhanden.

Ebenso hat der persönliche Eingriff der Sektion die
seinerzeit gerügten Uebelstände bei der hiesigen Frachtenkasse
zur sofortigen Abhilfe dieses Uebelstandes geführt. Die
Sektionsleitung hat des Fernern teils aus eigener Initiative
teils über Veranlassung der Bukowiner Handels- und Gewerbe-
kammer, welche in dankeswerter Weise bei sich darbietenden
Anlässen die Intervention der Sektion anregt, in allen die
Industrie betreffenden Fragen das Ihrige zur günstigen
Lösung beigetragen. So haben wir uns anläßlich der Er-
höhung der Telephon und Portogebühren
dem
Proteste der Zentrale in energischer Weise angeschlossen, ohne
leider einen Erfolg verzeichnen zu können, ebenso hat die
Sektionsleitung in der Frage der Errichtung einer Handels-
akademie sich für die Erfüllung dieses lebhaften Wunsches
des Landes warm eingesetzt und den in dieser Sache in Wien
weilenden Herrn Handelskammerpräsidenten, kaiserlichen Rat
Langenhan mit der Vertretung der diesfälligen Wünsche
der Sektion betraut, welcher Mission sich der genannte Herr
in überaus zuvorkommender Weise unterzogen hat. Auch in
der Frage der Schnellzugsanschlüsse von respektive
nach Itzkany ab 1. Mai 1907 an das neu eingeführte
Schnellzugspaar hat die Sektion Stellung genommen, und
würde über Initiative des Obmannes der Sektion, Herrn
Baurat Gregor von Seite der Vertreter des Eisenbahn-
ministeriums die strikte Erklärung abgegeben, daß im Jahre
1908 an den neu kreierten Eilzug von Lemberg--Wien auch
ein Anschluß von Czernowitz bis an die Reichsgrenze kreiert
werden wird. Von größeren selbständigen Aktionen der
Sektion wären hervorzuheben: Die Petition an das Herren-
haus des österreichischen Reichsrates wegen Fassung der §§ 37
und 38 a der Gewerbenovelle und die Abfassung eines er-
schöpfenden Memorandums, welches die Wünsche der Bukowiner
Industriellen zum Ausdrucke brachte und dem in unserem
Kronlande im Herbste v. J. weilenden Eisenbahnminister
Exzellenz Derschatta von einer Abordnung der Sektion
persönlich überreicht wurde. Ebenso hatte der Referent der
Sektion über Wunsch der Zentrale in Wien Anlaß, wegen

6. Auguſt 1907. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch]

beſtehen, die die Stadt Caſablanca beſetzen ſollen. Zugleich
verſammelt ſich ein anſehnliches franzöſiſch-ſpaniſches Kriegs-
geſchwader vor Caſablanca. Die Truppen ſollen nach den
Erklärungen eines franzöſiſchen Miniſters ſo lange dort ver-
bleiben, „bis die Banden, die die franzöſiſchen, ſpaniſchen
und italieniſchen Arbeiter niedergemetzelt haben, unſchädlich
gemacht worden ſind“. Die handelnden Mächte bemühen ſich
zugleich, darzulegen, daß ſie ſich bei dieſen militäriſchen Vor-
kehrungeu der Verpflichtungen bewußt ſeien, die ihnen der
Algeciras-Vertrag auferlegt. Dieſer Vertrag enthält als leitende
Grundſätze drei Punkte: die Souveränität des Sultans, die
Unverſehrtheit ſeiner Staaten und die Gleichheit der Be-
handlung aller Staaten in wirtſchaftlicher Beziehung. Das jetzige
ſpaniſch-franzöſiſche Einſchreiten wird nur inſofern durch den
Algeciras-Vertrag eingeſchränkt, als die beiden Mächte ver-
pflichtet ſind, obige drei Grundſätze aufrecht zu erhalten. Die
Haltung der von den letzten Geſchehniſſen in Caſablanca nicht
betroffenen Mächte wird zunächſt eine abwartende ſein. Wenn
auch dem marokkaniſchen Gouverneur in Caſablanca viel
Schuld an den Zuſtänden zuzuſchreiben iſt, ſo hätte doch
gerade die Ausführung der Hafenarbeiten eine vorherige
Organiſation der Polizei zum Schutz dieſer Arbeiten erfordert.
Daß Frankreich und Spanien das nicht getan haben, iſt um
ſo verwunderlicher, als ihnen von den anderen Mächten irgend
welche Schwierigkeiten hierbei nicht in den Weg gelegt wurden.
Heute liegen folgende Nachrichten vor:

Die franzöſiſch-ſpaniſche Aktion.

Es verlautet aus zuverläſſiger
Quelle, daß Caſablanca in ſpäteſtensacht Tagen von
franzöſiſch-ſpaniſchen Streitkräften beſetzt

werden ſoll. Die franzöſiſchen Truppen, ungefähr 3000 Mann,
worunter 400 Reiter, werden unter dem Befehl eines Generals
ſtehen, der ſich über alle Operationen mit dem Kommandeur
der ſpaniſchen Truppen verſtändigen wird. Sämtliche Stadt-
tore werden ſtarke Bewachung erhalten. Die Rädelsführer
werden ſofort feſtgenommen, die vom Lande in Caſablanca
eingedrungenen Beduinen zwangsweiſe entfernt und die Hafen-
arbeiten unter militäriſchem Schutze fortgeſetzt werden. Die
Beſetzung Caſablancas und einiger anderer Hafenorte wird
vorausſichtlich von längerer Dauer ſein.

(Tel. d. „Cz. Allg. Ztg.)

Zwei
Kreuzer und ein Transportdampfer ſind heute nach Marokko
abgegangen. Drei Krenzer gehen heute nachts nach
Marokko ab.

Die Opfer der Metzeleien. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Wie jetzt
feſtgeſtellt wurde, ſind bei den Metzeleien in Caſablanca
13 Perſonen getötet worden. Darunter befinden ſich auch
3 Italiener.

Panik in Caſablanka. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

In
Caſablanca herrſcht große Panik. Alle Europäer verlaſſen die
Stadt.




Bunte Chronik.


Schweres Eiſenbahnunglück.
Ein Perſonenzug ins Waſſer geſtürzt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die
Lokomotive des nach Poitiers gehenden Zuges entgleiſte auf
der Brücke bei Pondodece und ſtürzte mit dem Tender, dem
Laſtwagen und einem Perſonenwagen dritter Klaſſe in die
Loire. 40 Perſonen werden vermißt. 13 Leichen wurden
geborgen.




Die Standard-Oil-Company.

Die Standard-Oil-Company will
gegen das Erkenntnis, durch welches ſie zu einer Geldſtrafe
von 29,240.000 Dollars (150 Millionen Kronen)
verurteilt wird, Berufung einlegen.




Ein Anſchlag gegen ein franzöſiſches
Kriegsſchiff.
(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

An
Bord des Kreuzers „Bouvet“ brach in der Nähe der Pulver-
kammer ein Brand aus, welcher noch rechtzeitig erſtickt
wurde. An der Brandſtelle wurden zwei mit Oel ge-
tränkte Kleidungsſtücke
gefunden. Es wurde eine
Unterſuchung eingeleitet.




Die Lage in Belfaſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Wegen
wiederholter Angriffe auf Fuhrleute haben die Behörden be-
ſchloſſen, von Montag ab Militär in den Straßen
patrouillieren zu laſſen, um die Laſtwagen vor Angriffen zu
ſchützen. Abends griff der Mob einen Polizeitransſportragen
an und verſuchte, einen Gefangenen zu befreien. Die Polizei-
begleitmannſchaft wurde zuerſt zurückgetrieben, konnte
aber nach dem Anlangen einer Verſtärkung, indem ſie von
[Spaltenumbruch] ihren Knüppeln Gebrauch machte, die angeſammelte Menſchen-
menge auseinander treiben, wobei Verletzungen vorkamen.
Eine Lowry, die keine Bedeckungsmannſchaft hatte, wurde
in Brand geſteckt und die Ladung in den Fluß
geworfen.




[Erdbeben].

Aus Moſtar (Herzegowina) wird gemeldet:
Am Donnerſtag abend 11 Uhr hat hier ein heftiges Erd-
beben von 10 Sekunden Dauer ſtattgefunden. Die Bewohner
verließen in panikartigem Schrecken ihre Wohnungen, zahl-
reiche Häuſer weiſen Sprünge auf, Dächer und Rauchfänge
ſind eingeſtürzt. Das Erdbeben erfolgte bei tropiſcher Hitze
und war von unterirdiſchem Rollen begleitet. Eine halbe
Stunde ſpäter wurde in Sarajewo ein weniger heftiger Stoß
verſpürt.

[Schwerer Automobilunfall].

Ein ſchwerer
Unfall beim Kriterium von Frankreich das bei einer Fahrt
Paris—Clermont—Ferrand die Dauerhaftigkeit der beteiligten
Kraftwagen dartun ſollte, hält gegenwärtig die Gemüter in
Frankreich in Aufregung. Während der zweiten Etappe ließen
manche Teilnehmer die ſtrenge Vorſchrift, ein gemäßigtes
Tempo auf den Landſtraßen einzuhalten, außer acht. In-
folgedeſſen ereigneten ſich zwiſchen Clermong-Ferrand und
Bordeaux mehrere ſehr ernſte Unfälle. Die Kunde von ihnen
drang nach Bordeaux, wo man ſogar von zehn Toten ſprach.
Zwei Journaliſten, Renee Herbert von der „Gironde“ und
Amigues von der „Franze“, wollten im Automobil die
Stätte des ernſteſten Unfalles erreichen, um dem Gerücht
auf den Grund zu gehen. Ihr Wagen kollidierte mit einem
anderen, wobei die Journaliſten und ihre beiden
Chauffeure lebensgefährliche Verletzungen

erlitten. Die drei Inſaſſen des anderen Kraftwagens wurden
ſofort getötet; die Chauffeure ſtarben kurz darauf.
Wie aus Bordeaux telegraphiert wird, befindet ſich unter
den fünf Getöteten Mr. Roulier, der Hauptagent der
Automobilfirma Peugeot. Roulier und die beiden Journaliſten
kamen unter den Regina-Dixi-Wagen, mit dem das Peuge-
otſche Gefährt zuſammenſtieß. Journaliſt Amigues liegt
im Sterben.

[Der Fernwecker.]

Ein gar launiges Poſtkurioſum
wird der „Bresl. Morgenztg.“ aus ihrem Leſerkreiſe mit-
geteilt. „In München, meinem ehemaligen Wohnſitze“, ſo
erzählt die Zuſchrift, „war ich auch Inhaber eines königlich-
bayeriſchen Telephonanrufs. Wie bei uns in Preußen, wird
auch im ſchönen Bayerlande die telephoniſche Verbindung
durch Damen hergeſtellt. Ganz im Gegenſatz zu Breslau ſtand
ich mit den Münchener Telephonfräulein auf einem ziemlich
freundſchaftlichen drahtlichen Verkehrfuße. Eines Nachts langte
ich — ich glaube, ich war kurz vorher im Hofbräuhauſe —
zu etwas ſpäter Stunde zu Hauſe an. Am nächſten Morgen
ſollte ich um fünf Uhr früh eine Reiſe antreten. Mich nieder-
legen und erſt in ſpäter Mittagſtunde erwachen, wäre — ich
kenne mich darin ſehr genau — eine feſtſtehende Tatſache
geweſen. Eine Weckuhr nannte ich auch nicht mein eigen. Da
kam ich auf eine kühne Idee: das königlich-bayeriſche Fern-
ſprechamt muß mir aus der Verlegenheit helfen. Ich hob die
Hörer ab. Das Fräulein, vom Amt meldete ſich: „Hier Amt!“
— „Ach mein liebes Fräulein („liebes“ betonte ich nach-
drücklich) hätten Sie nicht die Güte, mich um 5 Uhr tele-
phoniſch zu wecken, ich muß dringend verreiſen!“ Ich hörte
ein luſtiges Lachen. „Na — ich werde mal ſo gut ſein,
ſchlafen Sie wohl!“ — Punkt 5 Uhr ſchnarrte das Telephon
mit einer Vehemenz, als ob nicht ein in ſchweren Schlaf
Verfallener, ſondern ein Toter geweckt werden ſollte. Ich
ſprang aus dem Bette und lief an den Fernſprecher. „Fünf
Uhr, Aufſtehen!“ tönte es mir luſtig entgegen. Ich war ent-
zückt und gab meinen Gefühlen in beredten Worten Ausdruck.
Doch das königlich-bayeriſche Telephonfräulein ſchnitt mir das
Wort vom Munde ab, indem ſie meinte: „Bitte — keine
Beamtenbeleidigung ...“

[Eineunangenehme Erinnerung].

Aus Temes-
var wird dem „N. Wc. Tagebl.“ geſchrieben: „Schon lange
iſt die hiſtoriſche Inſchrift am Giebel unſeres Stadthauſes
gewiſſen Kreiſen ein Dorn im Auge. Immer wieder wurde
verlangt, daß ſie entfernt werde, da ſie einen „ſtaatsrechtlichen
Irrtum“ enthalte. Jetzt endlich iſt ſie gefallen, vor einigen
Tagen hat man ſie in aller Stille übertüncht. Es iſt aber
wohl von Intereſſe, daß ihr Wortlaut feſtgehalten werde, ehe
er aus dem Gedächtnis der Zeitgenoſſen ſchwindet. Zum
Verſtändnis der Innſchrift ſei folgendes vorausgeſchickt: Am
17. Oktober 1716 eroberte Prinz Eugen die Feſtung Temes-
var, die etwa 170 Jahre im Beſitze der Türken war.
Später wurde General Mercy zum Koloniſator des ganzen
Banats ernannt und er ſchuf aus dem Türkenneſte eine
ſchöne neue Stadt, eine kaiſerliche Feſtung. Dieſe Stadt aber
erhielt zum ewigen Gedächtnis ein Wappen, das ein Tor
darſtellt, welche in eine paliſadierten Türkenwall führt. Dieſes
Wappen wurde in Reliefausführung am Giebel des Temes-
varer Stadthauſes abgebildet und auf beiden Seiten prangte
über hundert Jahre die lateiniſche Inſchrift, die jetzt gefallen
iſt. Sie lautet in deutſcher Ueberſetzung:

„Was geweſen ich einſt, das ſoll dies Zeichen dich lehren.
Rings auf türkiſche „Art ſiehſt du die Wälle erbaut,
Die mit des Kaiſers Heeren Prinz Eugen überſtiegen.
Stolz prangt heute der Wall, Mercys vollendeter Bau.
Mögen die Himmliſchen mir bis ans Ende der Zeiten beſcheren,
Dies mein heutiges Glück, das ich ſo lange erſehnt,
Daß ich mich freue, ſo lang’ der erhabene Adler mich
ſchirmt, Du

Herrliches Oeſterreich, unſere Fluren beherrſchſt.“

Dieſe Inſchrift iſt nicht mehr, ſie mußte ausgetilgt
werden, da man in Ungarn nicht gern daran erinnert wird,
was man Oeſterreich zu danken hat.




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Czernowitzer Angelegenheiten.


Sektion „Bukowina“ des Bundes der
öſterreichiſchen Induſtriellen.

Der vom Referenten Advokat Dr. Fein der Sektion
„Bukowina“ in der Sitzung vom 21. v. M. vorgelegte
Bericht, über ſeine Tätigkeit im abgelaufenen Jahre, den wir
in der letzten Sonntagsnummer erwähnt haben, beſagt:

Die Sektionsleitung iſt durch die Zentrale in die Lage
gekommen im vorigen Jahre über Beſchwerde der Bukowiner
Müller dahin zu wirken, daß dem empfindlichen Waggon-
mangel
abgeholfen werde. Sie hat ferner bei der Er-
neurung des Handelsvertrages
mit der Schweiz
und mit Rußland den Wünſchen der Bukowiner Induſtriellen
Rechnung getragen und insbeſondere bei letzterem durch Er-
ſtattung eines über Erſuchen der Bukowiner Handelskammer
erſtatteten ausführlichen Gutachtens bezüglich der Zollſätze
bei Rundholz die Intereſſen der Bukowiner Induſtrie wirkſam
zu vertreten verſucht. Auch in Fragen, welche einzelne Inter-
eſſengruppen tangierten, ſo der Bierinduſtriellen der
Bukowina,
wegen Einflußnahme auf Herabſetzung des
Exportzolles auf Malz nach Rumänien; einer Anzahl von
Holzhändlern in Wiznitz, welche ſich an die Sektion wegen
A[u]fhebung gewiſſer behindernder chikanöſen Zollmanipulationen
an der ruſſiſchen Grenze gewendet haben, endlich des Vereines
der landwirtſchaftlichen Spiritus-Induſtriellen, welcher die
Sektion „Bukowina“ angegangen hat, für eine Verlängerung
der für Spiritus gewährten Refaktie bis Ende Auguſt vorigen
Jahres einzutreten, hat ſich die Sektionsleitung in ausführlichen
Memoranden an die Zentrale gewendet und hat dieſelbe nach
Maßgabe der Verhältniſſe bereitwilligſt ihren großen Einfluß
geltend gemacht, um den geäußerten Wünſchen tunlichſt zu
ent[ſpr]echen. In allen jenen Fällen, in welchen ſich einzelne
Induſtriellen an die Sektion gewendet haben, um Abhilfe
gegen Uebelſtände zu ſuchen, iſt ſofort das Nötige ver-
anlaßt worden und erwähnt wird nur beiſpielsweiſe, daß über
unſere Intervention die den Sägebeſitzer A. C. in
Dornawatra ſchwer ſchädigende Einſtellung ſeiner Säge
über Intervention der Bundeszentrale aufgehoben wurde;
ebenſo haben wir über Erſuchen unſeres Vorſtandsmitgliedes
Herrn M. Zentner gegen das ungerechte Vorgehen des
Bezirkshauptmannes in Sokal, direkt und durch die Zentrale
Beſchwerde erhoben und iſt weiters über Beſchwerde unſerer
Mitglieder Herrn J. H. und F. W. wegen ungerechter Be[-]
meſſung der Unfallsverſicherungsbeiträge in ihren Betrieben-
durch direkte Intervention unſeres Referenten bei der Landes-,
regierung Ausſicht auf Sanierung vorhanden.

Ebenſo hat der perſönliche Eingriff der Sektion die
ſeinerzeit gerügten Uebelſtände bei der hieſigen Frachtenkaſſe
zur ſofortigen Abhilfe dieſes Uebelſtandes geführt. Die
Sektionsleitung hat des Fernern teils aus eigener Initiative
teils über Veranlaſſung der Bukowiner Handels- und Gewerbe-
kammer, welche in dankeswerter Weiſe bei ſich darbietenden
Anläſſen die Intervention der Sektion anregt, in allen die
Induſtrie betreffenden Fragen das Ihrige zur günſtigen
Löſung beigetragen. So haben wir uns anläßlich der Er-
höhung der Telephon und Portogebühren
dem
Proteſte der Zentrale in energiſcher Weiſe angeſchloſſen, ohne
leider einen Erfolg verzeichnen zu können, ebenſo hat die
Sektionsleitung in der Frage der Errichtung einer Handels-
akademie ſich für die Erfüllung dieſes lebhaften Wunſches
des Landes warm eingeſetzt und den in dieſer Sache in Wien
weilenden Herrn Handelskammerpräſidenten, kaiſerlichen Rat
Langenhan mit der Vertretung der diesfälligen Wünſche
der Sektion betraut, welcher Miſſion ſich der genannte Herr
in überaus zuvorkommender Weiſe unterzogen hat. Auch in
der Frage der Schnellzugsanſchlüſſe von reſpektive
nach Itzkany ab 1. Mai 1907 an das neu eingeführte
Schnellzugspaar hat die Sektion Stellung genommen, und
würde über Initiative des Obmannes der Sektion, Herrn
Baurat Gregor von Seite der Vertreter des Eiſenbahn-
miniſteriums die ſtrikte Erklärung abgegeben, daß im Jahre
1908 an den neu kreierten Eilzug von Lemberg—Wien auch
ein Anſchluß von Czernowitz bis an die Reichsgrenze kreiert
werden wird. Von größeren ſelbſtändigen Aktionen der
Sektion wären hervorzuheben: Die Petition an das Herren-
haus des öſterreichiſchen Reichsrates wegen Faſſung der §§ 37
und 38 a der Gewerbenovelle und die Abfaſſung eines er-
ſchöpfenden Memorandums, welches die Wünſche der Bukowiner
Induſtriellen zum Ausdrucke brachte und dem in unſerem
Kronlande im Herbſte v. J. weilenden Eiſenbahnminiſter
Exzellenz Derſchatta von einer Abordnung der Sektion
perſönlich überreicht wurde. Ebenſo hatte der Referent der
Sektion über Wunſch der Zentrale in Wien Anlaß, wegen

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[3/0003] 6. Auguſt 1907. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. beſtehen, die die Stadt Caſablanca beſetzen ſollen. Zugleich verſammelt ſich ein anſehnliches franzöſiſch-ſpaniſches Kriegs- geſchwader vor Caſablanca. Die Truppen ſollen nach den Erklärungen eines franzöſiſchen Miniſters ſo lange dort ver- bleiben, „bis die Banden, die die franzöſiſchen, ſpaniſchen und italieniſchen Arbeiter niedergemetzelt haben, unſchädlich gemacht worden ſind“. Die handelnden Mächte bemühen ſich zugleich, darzulegen, daß ſie ſich bei dieſen militäriſchen Vor- kehrungeu der Verpflichtungen bewußt ſeien, die ihnen der Algeciras-Vertrag auferlegt. Dieſer Vertrag enthält als leitende Grundſätze drei Punkte: die Souveränität des Sultans, die Unverſehrtheit ſeiner Staaten und die Gleichheit der Be- handlung aller Staaten in wirtſchaftlicher Beziehung. Das jetzige ſpaniſch-franzöſiſche Einſchreiten wird nur inſofern durch den Algeciras-Vertrag eingeſchränkt, als die beiden Mächte ver- pflichtet ſind, obige drei Grundſätze aufrecht zu erhalten. Die Haltung der von den letzten Geſchehniſſen in Caſablanca nicht betroffenen Mächte wird zunächſt eine abwartende ſein. Wenn auch dem marokkaniſchen Gouverneur in Caſablanca viel Schuld an den Zuſtänden zuzuſchreiben iſt, ſo hätte doch gerade die Ausführung der Hafenarbeiten eine vorherige Organiſation der Polizei zum Schutz dieſer Arbeiten erfordert. Daß Frankreich und Spanien das nicht getan haben, iſt um ſo verwunderlicher, als ihnen von den anderen Mächten irgend welche Schwierigkeiten hierbei nicht in den Weg gelegt wurden. Heute liegen folgende Nachrichten vor: Die franzöſiſch-ſpaniſche Aktion. Paris, 4. Auguſt. Es verlautet aus zuverläſſiger Quelle, daß Caſablanca in ſpäteſtensacht Tagen von franzöſiſch-ſpaniſchen Streitkräften beſetzt werden ſoll. Die franzöſiſchen Truppen, ungefähr 3000 Mann, worunter 400 Reiter, werden unter dem Befehl eines Generals ſtehen, der ſich über alle Operationen mit dem Kommandeur der ſpaniſchen Truppen verſtändigen wird. Sämtliche Stadt- tore werden ſtarke Bewachung erhalten. Die Rädelsführer werden ſofort feſtgenommen, die vom Lande in Caſablanca eingedrungenen Beduinen zwangsweiſe entfernt und die Hafen- arbeiten unter militäriſchem Schutze fortgeſetzt werden. Die Beſetzung Caſablancas und einiger anderer Hafenorte wird vorausſichtlich von längerer Dauer ſein. Toulon, 4. Auguſt. (Tel. d. „Cz. Allg. Ztg.) Zwei Kreuzer und ein Transportdampfer ſind heute nach Marokko abgegangen. Drei Krenzer gehen heute nachts nach Marokko ab. Die Opfer der Metzeleien. Rom, 4. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Wie jetzt feſtgeſtellt wurde, ſind bei den Metzeleien in Caſablanca 13 Perſonen getötet worden. Darunter befinden ſich auch 3 Italiener. Panik in Caſablanka. Tanger, 4. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) In Caſablanca herrſcht große Panik. Alle Europäer verlaſſen die Stadt. Bunte Chronik. Czernowitz, 5. Auguſt. Schweres Eiſenbahnunglück. Ein Perſonenzug ins Waſſer geſtürzt. Angers, 4. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Lokomotive des nach Poitiers gehenden Zuges entgleiſte auf der Brücke bei Pondodece und ſtürzte mit dem Tender, dem Laſtwagen und einem Perſonenwagen dritter Klaſſe in die Loire. 40 Perſonen werden vermißt. 13 Leichen wurden geborgen. Die Standard-Oil-Company. Chicago, 3. Auguſt. Die Standard-Oil-Company will gegen das Erkenntnis, durch welches ſie zu einer Geldſtrafe von 29,240.000 Dollars (150 Millionen Kronen) verurteilt wird, Berufung einlegen. Ein Anſchlag gegen ein franzöſiſches Kriegsſchiff. Toulon, 4. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) An Bord des Kreuzers „Bouvet“ brach in der Nähe der Pulver- kammer ein Brand aus, welcher noch rechtzeitig erſtickt wurde. An der Brandſtelle wurden zwei mit Oel ge- tränkte Kleidungsſtücke gefunden. Es wurde eine Unterſuchung eingeleitet. Die Lage in Belfaſt. Belfaſt, 4. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Wegen wiederholter Angriffe auf Fuhrleute haben die Behörden be- ſchloſſen, von Montag ab Militär in den Straßen patrouillieren zu laſſen, um die Laſtwagen vor Angriffen zu ſchützen. Abends griff der Mob einen Polizeitransſportragen an und verſuchte, einen Gefangenen zu befreien. Die Polizei- begleitmannſchaft wurde zuerſt zurückgetrieben, konnte aber nach dem Anlangen einer Verſtärkung, indem ſie von ihren Knüppeln Gebrauch machte, die angeſammelte Menſchen- menge auseinander treiben, wobei Verletzungen vorkamen. Eine Lowry, die keine Bedeckungsmannſchaft hatte, wurde in Brand geſteckt und die Ladung in den Fluß geworfen. [Erdbeben]. Aus Moſtar (Herzegowina) wird gemeldet: Am Donnerſtag abend 11 Uhr hat hier ein heftiges Erd- beben von 10 Sekunden Dauer ſtattgefunden. Die Bewohner verließen in panikartigem Schrecken ihre Wohnungen, zahl- reiche Häuſer weiſen Sprünge auf, Dächer und Rauchfänge ſind eingeſtürzt. Das Erdbeben erfolgte bei tropiſcher Hitze und war von unterirdiſchem Rollen begleitet. Eine halbe Stunde ſpäter wurde in Sarajewo ein weniger heftiger Stoß verſpürt. [Schwerer Automobilunfall]. Ein ſchwerer Unfall beim Kriterium von Frankreich das bei einer Fahrt Paris—Clermont—Ferrand die Dauerhaftigkeit der beteiligten Kraftwagen dartun ſollte, hält gegenwärtig die Gemüter in Frankreich in Aufregung. Während der zweiten Etappe ließen manche Teilnehmer die ſtrenge Vorſchrift, ein gemäßigtes Tempo auf den Landſtraßen einzuhalten, außer acht. In- folgedeſſen ereigneten ſich zwiſchen Clermong-Ferrand und Bordeaux mehrere ſehr ernſte Unfälle. Die Kunde von ihnen drang nach Bordeaux, wo man ſogar von zehn Toten ſprach. Zwei Journaliſten, Renee Herbert von der „Gironde“ und Amigues von der „Franze“, wollten im Automobil die Stätte des ernſteſten Unfalles erreichen, um dem Gerücht auf den Grund zu gehen. Ihr Wagen kollidierte mit einem anderen, wobei die Journaliſten und ihre beiden Chauffeure lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Die drei Inſaſſen des anderen Kraftwagens wurden ſofort getötet; die Chauffeure ſtarben kurz darauf. Wie aus Bordeaux telegraphiert wird, befindet ſich unter den fünf Getöteten Mr. Roulier, der Hauptagent der Automobilfirma Peugeot. Roulier und die beiden Journaliſten kamen unter den Regina-Dixi-Wagen, mit dem das Peuge- otſche Gefährt zuſammenſtieß. Journaliſt Amigues liegt im Sterben. [Der Fernwecker.] Ein gar launiges Poſtkurioſum wird der „Bresl. Morgenztg.“ aus ihrem Leſerkreiſe mit- geteilt. „In München, meinem ehemaligen Wohnſitze“, ſo erzählt die Zuſchrift, „war ich auch Inhaber eines königlich- bayeriſchen Telephonanrufs. Wie bei uns in Preußen, wird auch im ſchönen Bayerlande die telephoniſche Verbindung durch Damen hergeſtellt. Ganz im Gegenſatz zu Breslau ſtand ich mit den Münchener Telephonfräulein auf einem ziemlich freundſchaftlichen drahtlichen Verkehrfuße. Eines Nachts langte ich — ich glaube, ich war kurz vorher im Hofbräuhauſe — zu etwas ſpäter Stunde zu Hauſe an. Am nächſten Morgen ſollte ich um fünf Uhr früh eine Reiſe antreten. Mich nieder- legen und erſt in ſpäter Mittagſtunde erwachen, wäre — ich kenne mich darin ſehr genau — eine feſtſtehende Tatſache geweſen. Eine Weckuhr nannte ich auch nicht mein eigen. Da kam ich auf eine kühne Idee: das königlich-bayeriſche Fern- ſprechamt muß mir aus der Verlegenheit helfen. Ich hob die Hörer ab. Das Fräulein, vom Amt meldete ſich: „Hier Amt!“ — „Ach mein liebes Fräulein („liebes“ betonte ich nach- drücklich) hätten Sie nicht die Güte, mich um 5 Uhr tele- phoniſch zu wecken, ich muß dringend verreiſen!“ Ich hörte ein luſtiges Lachen. „Na — ich werde mal ſo gut ſein, ſchlafen Sie wohl!“ — Punkt 5 Uhr ſchnarrte das Telephon mit einer Vehemenz, als ob nicht ein in ſchweren Schlaf Verfallener, ſondern ein Toter geweckt werden ſollte. Ich ſprang aus dem Bette und lief an den Fernſprecher. „Fünf Uhr, Aufſtehen!“ tönte es mir luſtig entgegen. Ich war ent- zückt und gab meinen Gefühlen in beredten Worten Ausdruck. Doch das königlich-bayeriſche Telephonfräulein ſchnitt mir das Wort vom Munde ab, indem ſie meinte: „Bitte — keine Beamtenbeleidigung ...“ [Eineunangenehme Erinnerung]. Aus Temes- var wird dem „N. Wc. Tagebl.“ geſchrieben: „Schon lange iſt die hiſtoriſche Inſchrift am Giebel unſeres Stadthauſes gewiſſen Kreiſen ein Dorn im Auge. Immer wieder wurde verlangt, daß ſie entfernt werde, da ſie einen „ſtaatsrechtlichen Irrtum“ enthalte. Jetzt endlich iſt ſie gefallen, vor einigen Tagen hat man ſie in aller Stille übertüncht. Es iſt aber wohl von Intereſſe, daß ihr Wortlaut feſtgehalten werde, ehe er aus dem Gedächtnis der Zeitgenoſſen ſchwindet. Zum Verſtändnis der Innſchrift ſei folgendes vorausgeſchickt: Am 17. Oktober 1716 eroberte Prinz Eugen die Feſtung Temes- var, die etwa 170 Jahre im Beſitze der Türken war. Später wurde General Mercy zum Koloniſator des ganzen Banats ernannt und er ſchuf aus dem Türkenneſte eine ſchöne neue Stadt, eine kaiſerliche Feſtung. Dieſe Stadt aber erhielt zum ewigen Gedächtnis ein Wappen, das ein Tor darſtellt, welche in eine paliſadierten Türkenwall führt. Dieſes Wappen wurde in Reliefausführung am Giebel des Temes- varer Stadthauſes abgebildet und auf beiden Seiten prangte über hundert Jahre die lateiniſche Inſchrift, die jetzt gefallen iſt. Sie lautet in deutſcher Ueberſetzung: „Was geweſen ich einſt, das ſoll dies Zeichen dich lehren. Rings auf türkiſche „Art ſiehſt du die Wälle erbaut, Die mit des Kaiſers Heeren Prinz Eugen überſtiegen. Stolz prangt heute der Wall, Mercys vollendeter Bau. Mögen die Himmliſchen mir bis ans Ende der Zeiten beſcheren, Dies mein heutiges Glück, das ich ſo lange erſehnt, Daß ich mich freue, ſo lang’ der erhabene Adler mich ſchirmt, Du Herrliches Oeſterreich, unſere Fluren beherrſchſt.“ Dieſe Inſchrift iſt nicht mehr, ſie mußte ausgetilgt werden, da man in Ungarn nicht gern daran erinnert wird, was man Oeſterreich zu danken hat. Zum Monatswechsel! Wir bitten hiemit um gütige Erneuerung des Abonnements, ſowie um freundliche Begleichung der Rückſtände. — Neuein- tretende Abonnenten erhalten auf Verlangen die bisher erſchienenen Teile des laufenden Romans gratis nachgeliefert. Adminiſtration der „Czernowitzer Allg. Zeitung“ Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 5. Auguſt. Sektion „Bukowina“ des Bundes der öſterreichiſchen Induſtriellen. Der vom Referenten Advokat Dr. Fein der Sektion „Bukowina“ in der Sitzung vom 21. v. M. vorgelegte Bericht, über ſeine Tätigkeit im abgelaufenen Jahre, den wir in der letzten Sonntagsnummer erwähnt haben, beſagt: Die Sektionsleitung iſt durch die Zentrale in die Lage gekommen im vorigen Jahre über Beſchwerde der Bukowiner Müller dahin zu wirken, daß dem empfindlichen Waggon- mangel abgeholfen werde. Sie hat ferner bei der Er- neurung des Handelsvertrages mit der Schweiz und mit Rußland den Wünſchen der Bukowiner Induſtriellen Rechnung getragen und insbeſondere bei letzterem durch Er- ſtattung eines über Erſuchen der Bukowiner Handelskammer erſtatteten ausführlichen Gutachtens bezüglich der Zollſätze bei Rundholz die Intereſſen der Bukowiner Induſtrie wirkſam zu vertreten verſucht. Auch in Fragen, welche einzelne Inter- eſſengruppen tangierten, ſo der Bierinduſtriellen der Bukowina, wegen Einflußnahme auf Herabſetzung des Exportzolles auf Malz nach Rumänien; einer Anzahl von Holzhändlern in Wiznitz, welche ſich an die Sektion wegen Aufhebung gewiſſer behindernder chikanöſen Zollmanipulationen an der ruſſiſchen Grenze gewendet haben, endlich des Vereines der landwirtſchaftlichen Spiritus-Induſtriellen, welcher die Sektion „Bukowina“ angegangen hat, für eine Verlängerung der für Spiritus gewährten Refaktie bis Ende Auguſt vorigen Jahres einzutreten, hat ſich die Sektionsleitung in ausführlichen Memoranden an die Zentrale gewendet und hat dieſelbe nach Maßgabe der Verhältniſſe bereitwilligſt ihren großen Einfluß geltend gemacht, um den geäußerten Wünſchen tunlichſt zu entſprechen. In allen jenen Fällen, in welchen ſich einzelne Induſtriellen an die Sektion gewendet haben, um Abhilfe gegen Uebelſtände zu ſuchen, iſt ſofort das Nötige ver- anlaßt worden und erwähnt wird nur beiſpielsweiſe, daß über unſere Intervention die den Sägebeſitzer A. C. in Dornawatra ſchwer ſchädigende Einſtellung ſeiner Säge über Intervention der Bundeszentrale aufgehoben wurde; ebenſo haben wir über Erſuchen unſeres Vorſtandsmitgliedes Herrn M. Zentner gegen das ungerechte Vorgehen des Bezirkshauptmannes in Sokal, direkt und durch die Zentrale Beſchwerde erhoben und iſt weiters über Beſchwerde unſerer Mitglieder Herrn J. H. und F. W. wegen ungerechter Be- meſſung der Unfallsverſicherungsbeiträge in ihren Betrieben- durch direkte Intervention unſeres Referenten bei der Landes-, regierung Ausſicht auf Sanierung vorhanden. Ebenſo hat der perſönliche Eingriff der Sektion die ſeinerzeit gerügten Uebelſtände bei der hieſigen Frachtenkaſſe zur ſofortigen Abhilfe dieſes Uebelſtandes geführt. Die Sektionsleitung hat des Fernern teils aus eigener Initiative teils über Veranlaſſung der Bukowiner Handels- und Gewerbe- kammer, welche in dankeswerter Weiſe bei ſich darbietenden Anläſſen die Intervention der Sektion anregt, in allen die Induſtrie betreffenden Fragen das Ihrige zur günſtigen Löſung beigetragen. So haben wir uns anläßlich der Er- höhung der Telephon und Portogebühren dem Proteſte der Zentrale in energiſcher Weiſe angeſchloſſen, ohne leider einen Erfolg verzeichnen zu können, ebenſo hat die Sektionsleitung in der Frage der Errichtung einer Handels- akademie ſich für die Erfüllung dieſes lebhaften Wunſches des Landes warm eingeſetzt und den in dieſer Sache in Wien weilenden Herrn Handelskammerpräſidenten, kaiſerlichen Rat Langenhan mit der Vertretung der diesfälligen Wünſche der Sektion betraut, welcher Miſſion ſich der genannte Herr in überaus zuvorkommender Weiſe unterzogen hat. Auch in der Frage der Schnellzugsanſchlüſſe von reſpektive nach Itzkany ab 1. Mai 1907 an das neu eingeführte Schnellzugspaar hat die Sektion Stellung genommen, und würde über Initiative des Obmannes der Sektion, Herrn Baurat Gregor von Seite der Vertreter des Eiſenbahn- miniſteriums die ſtrikte Erklärung abgegeben, daß im Jahre 1908 an den neu kreierten Eilzug von Lemberg—Wien auch ein Anſchluß von Czernowitz bis an die Reichsgrenze kreiert werden wird. Von größeren ſelbſtändigen Aktionen der Sektion wären hervorzuheben: Die Petition an das Herren- haus des öſterreichiſchen Reichsrates wegen Faſſung der §§ 37 und 38 a der Gewerbenovelle und die Abfaſſung eines er- ſchöpfenden Memorandums, welches die Wünſche der Bukowiner Induſtriellen zum Ausdrucke brachte und dem in unſerem Kronlande im Herbſte v. J. weilenden Eiſenbahnminiſter Exzellenz Derſchatta von einer Abordnung der Sektion perſönlich überreicht wurde. Ebenſo hatte der Referent der Sektion über Wunſch der Zentrale in Wien Anlaß, wegen

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1069, Czernowitz, 06.08.1907, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer1069_1907/3>, abgerufen am 28.03.2024.