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Mährisches Tagblatt. Nr. 133, Olmütz, 10.06.1884.

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"Mährische Tagblatt"
mit der illustr. Wochenbeilage
"Illustrirt. Sonntagsblatt"
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Einzelne Nummer 5 Kreuzer.


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Mährisches
Tagblatt.

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Insertionsgebuhren
die 4mal gespaltene Pe[t]itzeile
oder deren Raum 6 Kreuzer.




Außerhalb Olmütz überueh-
men Insertions-Au[ft]räge:
Heinr. Schalek, Annonc[e]n-
Exped., in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 12, Haasenstein &
Vogler
in Wien, Prag. Buda-
pest, Berlin, Frankfurt a/M.,
Hamburg, Basel und Leipzig.
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse
in Wien, München u.
Berlin, G. L. Daube & Ce.
(Ig. Knoll)
Wien, I, Singer,
straße 11 a, Frankfurt a/M.,
Adolf Steiner's Annoncen-
bureau in Hamburg, sowie
[s]ämmtl. cone. Insertions-Bu-
reaus des In- u. Auslandes.




Manuscripte werden nicht
zurückgestellt.




Nr. 133. Olmütz, Dienstag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Zwei Ehrenbürger der Stadt
Olmütz.


Einen Act schuldiger Dankbarkeit hat gestern
unsere Stadtvertretung geübt, indem sie in die
Reihe der Ehrenbürger dieser königl. Hauptstadt
zwei Männer aufnahm, deren Verdienste um das
Gedeihen und Aufblühen derselben hellleuchtend
strahlen. Seine Excell. FML. Ritter v. Fröhlich,
der Gouverneur von Olmütz und der k. k. Genie-
Director, Herr Oberstlieutenant v. Tilzer sind
es, die gestern einhellig zu Ehrenbürgern dieser
Stadt ernannt wurden. Selten wol dürfte ein
Beschluß der Stadtvertretung so einmüthige Zu-
stimmung in den Kreisen der Bevölkerung finden,
wie dieser gestern gefaßte Beschluß, in welchem
sich die Sympathie kundgibt und die Hochachtung
ausdrückt, welche die genannten Männer in unserer
Stadt genießen.

Und sie haben diese Sympathie, die Gefühle
der Hochachtung voll verdient. In ihrer soldatischen
Brust schlägt das Herz warm für das Bedürfniß der
Bürgerschaft, und mit ganzer Seele haben sie
beigetragen die Stadt von der beengenden Schnür-
brust zu befreien, die ihr Licht und Luft benahm,
die ihre Entwicklung, ihr Aufblühen seit einem Jahr-
hundert hemmte. In beiden Männern wohnt
ein reger Sinn für Fortschritt auf allen Ge-
bieten. Nicht Stillstand, sondern Entwicklung
wollen sie und mit diesem für unsere Stadt un-
[Spaltenumbruch] schätzbaren Wollen fördern sie hier unser städti-
sches Gemeinwesen in so außerordentlicher Weise,
sie kommen dem tiefgefühlten Bedürfnisse nach
Erbreiterung und Ausdehnung der seit einem
Jahrhunderte eingeengten Stadt mit so viel Ernst
und soviel Energie entgegen, daß jeder, dem die
Heimath lieb und werth, ihnen dankbaren
Herzens seine Sympathie entgegenbringen und
Jeder auch stolz auf die Männer blicken muß,
welche heute die Reihe unserer Ehrenbürger ver-
mehren. Die Stadt hat sich selbst geehrt, indem
sie diese beiden Männer zu Ehren-Bürgern von
Olmütz erwählte, und sie hat damit gleichzeitig
damit jenen freundlichen und innigen Beziehun-
gen Ausdruck gegeben, welche die deutsche Bürger-
schaft dieser Stadt mit der Garnison und dadurch
mit unserer gesammten tapferen Armee aufs
Engste vereint. Wir sind durchdrungen von
der Ueberzeugung, daß die Zukunft unserer
Stadt eine um so gedeihlichere sein wird, wenn
unsere neuesten Ehrenbürger auch in kommen-
den Tagen derselben wie bisher ihre Neigung
und Förderung nicht entziehen. Ihre Thatkraft,
und ihr festes und freundliches Wollen ist uns
neben dem offenen Sinne der gesammten deut-
schen Bürgerschaft dieser Stadt eine Bürgschaft
für kommende Blüthe der alten Reichsveste
Olmütz.




Im Nachstehenden bringen wir die biogra-
phischen Skizzen der beiden neuernannten Ehren-
bürger der Stadt Olmütz.


[Spaltenumbruch]
FML. Ritter von Fröhlich von
Elmbach-Groara.

F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich
von Elmbach und Groara
wurde in Neu-
titschein, wo sein Vater, ein k. k. Officier, in
Garnison lag, am 24. Februar 1823 geboren.
Im Alter von 6 Jahren bereits zur vaterlosen
Waise geworden, zeigte er schon im zartesten
Knabenalter eine entschiedene Vorliebe für den
Soldatenstand, dem seine drei ältesten Brüder
bereits angehörten. Er kam im Jahre 1834 in
die Wiener-Neustädter Militär-Akademie, von
welcher er am 19. September 1841 als Lieute-
nant zum Infanterie-Regimente Nr. 21 ausge-
muftert wurde, das damals in Mailand dislo-
cirt war. Hier entwickelte sich in dem jungen
Officier ein reger Sinn für ernste Studien,
insbesondere eine große Vorliebe für die Kriegs-
geschichte, wie für moderne Sprachen und suchte
sich derselbe mit allem Eifer für seinen Beruf
und das gestellte Ziel, den Generalstabs-Dienst,
bestens auszubilden. Am 10. Jänner 1844 wurde
Fröhlich dem Generalstabe in Mailand zugetheilt;
im Jahre 1845 legte er die Prüfung für den
Generalstab mit sehr gutem Erfolge ab, wurde
hierauf der Brigade Generalmajor Wolgemuth
als Generalstabs-Officier, noch im selben Jahre
dem beim k. k. Hofkriegsrathe ein Referat füh-
renden Generalmajor Rousseau zugetheilt, wo er
vom Ende October 1846 bis Mitte Februar
1848 in Verwendnng blieb. Als der Krieg 1848
in Italien ausbrach, bat Fröhlich, der inzwischen


[Spaltenumbruch]
Feuilleton.



Der Stil und der Mensch.

Der Stil ist der Mensch. Ist der Satz wahr,
dann haben wir Oesterreicher vor allen Völkern
viel voraus. Unser Kronprinz ist ein Stilist, und
zwar ein ganz ausgezeichneter. Wir erfreuen
uns also nicht blos gegenwärtig eines geliebten
Monarchen, sondern wir können auch im Vor-
aus wissen, daß unsere Enkel ausgezeichnet wer-
den regiert werden. Unser Kronprinz ist ein
Schriftsteller. Wenn der Stil in der That der
Mensch ist, so wäre es doch wirklich von Interesse,
wenn ein wahrhaft Sachverständiger sich der
Arbeit unterzöge, aus den gedruckten Schriften
des jungen Erzherzogs sein Characterbild zusammen-
zustellen, den künftigen Generationen gleichsam
im Spiegel zu zeigen, welche Art von Regent
ihnen heranblühe.

Aber, offen gesagt, es scheint mir einmal
nicht möglich, daß der Prinz heute schon in
Urtheil und Character so fertig und gereift sei,
wie er es in Stil und Darstellung ist. Schon
dies beweist mir, daß der Satz: "Der Stil ist
der Mensch" in so vollem Umfange nicht leicht
verfochten werden kann. Ich wiederstehe also der
Versuchung, mir den Kronprinzen, den wir Alle
aus der Ferne so sehr lieben, aus seinen Büchern
leibhaftig herauszuconstruiren. Ich werde mich,
anstatt mit dem Stil Sr. k. k. Hoheit, mit dem
Stil im Allgemeinen beschäftigen und die Hoheit
bei Seite lassen.


[Spaltenumbruch]

Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die
weltliche Hoheit nicht. Aber es regiert allerdings auch
eine Hoheit von Gottes Gnaden, ein angeborener
Rang, der sich ohne Stammbaum und Documente
auf den ersten Anblick geltend macht. Man hat Bei-
spiele, daß Fürsten von Geblüt die Zeichen ihres
Ranges beiseite legen und unerkannt unter den
anderen Sterblichen wandeln; es sollen ihnen
dabei schon allerhand artige Abenteuer und ko-
mische Widerwärtigkeiten passirt sein. Im Reiche
des Stils aber gibt es kein Incognito.
Ein Fürst des Stils mag sich kleiden wie er
will, er kann sich in Scherz und Ernst seiner
Eigenheit nicht begeben. Es gibt höhere und ge-
ringere Ausflüsse desselben Talents; das Genie
hat gute und schwache Stunden, namentlich was
den Inhalt seiner Emanationen betrifft. In der
Form aber kann der Stilist, der einmal seine
Gestaltung gewonnen hat, weder über sich hinaus,
noch unter sich herunter. Keiner kann besser schrei-
ben, als er eben kann -- aber auch Keiner schlech-
ter. Man lese Goethe's Groß-Kophta, gegenständlich
wohl ein ebenso flaches Ding, wie irgend ein Stück
von Kotzebue, mit welchem Göthe hier auf dessen
eigenem Terrain zu ringen scheint, und man
wird finden, das der Dialog so gut Göthe ist,
wie ein Clavigo und ein Götz. In diesem Sinne
ist der Stil der Mensch, insoferne er nämlich
vom Menschen ist und nicht cus ihm heraus kann.
Daß er der ganze Mensch sei, möchte ich be-
zweifeln, denn der Mensch und sein ganzes We-
sen hat im Stil, der nur eine Art der Aeußerung
ist, keinen Platz. Der Stil ist Können, der Mensch
ist Wollen. Jener ist Form, dieser ist Gehalt.
Die Beiden müssen sich einander anpassen, um
[Spaltenumbruch] zu einer gewissen Erscheinung zu gelangen; aber
daß sie ein und dasselbe seien, daß läßt sich nur
im Scherze sagen.

Ich gehe weiter und behaupte, der Stil ist
nicht nur nicht der Mensch selbst, er ist nicht
einmal das Abvild seiner Manier. Man denkt
wohl, der Stil, welcher nicht blos die Verkörperung
der Gedanken, sondern auch die genetische Darstellung
ihres Entstehens enthält, also einen directen Einblick
in die Gedankenfabrik gewährt, müsse doch minde-
stens so viel Licht über die Eigenart eines
Menschen verbreiten, wie das Gespräch, mit dem
Unterschiede, daß die schriftliche Sprechweise
größeres und zusammenhängenderes Material
bietet und gleichsam eine systematische Prüfung
ermöglicht. Nun erscheint uns die Art und Weise
eines Menschen, die individuelle Färbung seines
Geistes bei längerer Unterredung, wenn er sich
aufrichtig gehen läßt, bekanntlich schon in so be-
stimmten Farben, daß wir, wenn es halbwegs
die Mühe der Beobachtung lohnt, nach einstüdi-
gem Gespräch unfehlbar ein besonderes, eigen-
thümliches und nicht leicht verlöschbares Bild
seiner Art und Weise mit uns nehmen. Sollte
eine directe absichtliche, durch Gegenrede nicht
unterbrochene Aeußerung, wie sie in der Schreib-
weise eines Menschen gegeben ist, einen weniger
klaren und lebhaften Einblick gewähren?

Darauf erwidere ich, daß eben aus dieser
Parallele die große Kluft ersichtlich ist, die den
Menschen mit der Feder von dem Menschen in
Fleisch und Blut trennt. Wie der Mensch und
was er spricht, das ist wohl für seine innere
Eigenthümlichkeit in hohem Grade bezeichnend.
Er zeigt darin so Vielerlei auf einmal, daß sich


[Spaltenumbruch]

Das
„Mähriſche Tagblatt“
mit der illuſtr. Wochenbeilage
„Illuſtrirt. Sonntagsblatt“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags
im Adminiſtrations-Lokale:
Niederring Nr. 41 neu
ober den Fleiſchbänken.

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Monatlich „ —.90

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Mähriſches
Tagblatt.

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Inſertionsgebuhren
die 4mal geſpaltene Pe[t]itzeile
oder deren Raum 6 Kreuzer.




Außerhalb Olmütz überueh-
men Inſertions-Au[ft]räge:
Heinr. Schalek, Annonc[e]n-
Exped., in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 12, Haasenstein &
Vogler
in Wien, Prag. Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a/M.,
Hamburg, Baſel und Leipzig.
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse
in Wien, München u.
Berlin, G. L. Daube & Ce.
(Ig. Knoll)
Wien, I, Singer,
ſtraße 11 a, Frankfurt a/M.,
Adolf Steiner’s Annoncen-
bureau in Hamburg, ſowie
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reaus des In- u. Auslandes.




Manuſcripte werden nicht
zurückgeſtellt.




Nr. 133. Olmütz, Dienſtag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang.



[Spaltenumbruch]
Zwei Ehrenbürger der Stadt
Olmütz.


Einen Act ſchuldiger Dankbarkeit hat geſtern
unſere Stadtvertretung geübt, indem ſie in die
Reihe der Ehrenbürger dieſer königl. Hauptſtadt
zwei Männer aufnahm, deren Verdienſte um das
Gedeihen und Aufblühen derſelben hellleuchtend
ſtrahlen. Seine Excell. FML. Ritter v. Fröhlich,
der Gouverneur von Olmütz und der k. k. Genie-
Director, Herr Oberſtlieutenant v. Tilzer ſind
es, die geſtern einhellig zu Ehrenbürgern dieſer
Stadt ernannt wurden. Selten wol dürfte ein
Beſchluß der Stadtvertretung ſo einmüthige Zu-
ſtimmung in den Kreiſen der Bevölkerung finden,
wie dieſer geſtern gefaßte Beſchluß, in welchem
ſich die Sympathie kundgibt und die Hochachtung
ausdrückt, welche die genannten Männer in unſerer
Stadt genießen.

Und ſie haben dieſe Sympathie, die Gefühle
der Hochachtung voll verdient. In ihrer ſoldatiſchen
Bruſt ſchlägt das Herz warm für das Bedürfniß der
Bürgerſchaft, und mit ganzer Seele haben ſie
beigetragen die Stadt von der beengenden Schnür-
bruſt zu befreien, die ihr Licht und Luft benahm,
die ihre Entwicklung, ihr Aufblühen ſeit einem Jahr-
hundert hemmte. In beiden Männern wohnt
ein reger Sinn für Fortſchritt auf allen Ge-
bieten. Nicht Stillſtand, ſondern Entwicklung
wollen ſie und mit dieſem für unſere Stadt un-
[Spaltenumbruch] ſchätzbaren Wollen fördern ſie hier unſer ſtädti-
ſches Gemeinweſen in ſo außerordentlicher Weiſe,
ſie kommen dem tiefgefühlten Bedürfniſſe nach
Erbreiterung und Ausdehnung der ſeit einem
Jahrhunderte eingeengten Stadt mit ſo viel Ernſt
und ſoviel Energie entgegen, daß jeder, dem die
Heimath lieb und werth, ihnen dankbaren
Herzens ſeine Sympathie entgegenbringen und
Jeder auch ſtolz auf die Männer blicken muß,
welche heute die Reihe unſerer Ehrenbürger ver-
mehren. Die Stadt hat ſich ſelbſt geehrt, indem
ſie dieſe beiden Männer zu Ehren-Bürgern von
Olmütz erwählte, und ſie hat damit gleichzeitig
damit jenen freundlichen und innigen Beziehun-
gen Ausdruck gegeben, welche die deutſche Bürger-
ſchaft dieſer Stadt mit der Garniſon und dadurch
mit unſerer geſammten tapferen Armee aufs
Engſte vereint. Wir ſind durchdrungen von
der Ueberzeugung, daß die Zukunft unſerer
Stadt eine um ſo gedeihlichere ſein wird, wenn
unſere neueſten Ehrenbürger auch in kommen-
den Tagen derſelben wie bisher ihre Neigung
und Förderung nicht entziehen. Ihre Thatkraft,
und ihr feſtes und freundliches Wollen iſt uns
neben dem offenen Sinne der geſammten deut-
ſchen Bürgerſchaft dieſer Stadt eine Bürgſchaft
für kommende Blüthe der alten Reichsveſte
Olmütz.




Im Nachſtehenden bringen wir die biogra-
phiſchen Skizzen der beiden neuernannten Ehren-
bürger der Stadt Olmütz.


[Spaltenumbruch]
FML. Ritter von Fröhlich von
Elmbach-Groara.

F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich
von Elmbach und Groara
wurde in Neu-
titſchein, wo ſein Vater, ein k. k. Officier, in
Garniſon lag, am 24. Februar 1823 geboren.
Im Alter von 6 Jahren bereits zur vaterloſen
Waiſe geworden, zeigte er ſchon im zarteſten
Knabenalter eine entſchiedene Vorliebe für den
Soldatenſtand, dem ſeine drei älteſten Brüder
bereits angehörten. Er kam im Jahre 1834 in
die Wiener-Neuſtädter Militär-Akademie, von
welcher er am 19. September 1841 als Lieute-
nant zum Infanterie-Regimente Nr. 21 ausge-
muftert wurde, das damals in Mailand dislo-
cirt war. Hier entwickelte ſich in dem jungen
Officier ein reger Sinn für ernſte Studien,
insbeſondere eine große Vorliebe für die Kriegs-
geſchichte, wie für moderne Sprachen und ſuchte
ſich derſelbe mit allem Eifer für ſeinen Beruf
und das geſtellte Ziel, den Generalſtabs-Dienſt,
beſtens auszubilden. Am 10. Jänner 1844 wurde
Fröhlich dem Generalſtabe in Mailand zugetheilt;
im Jahre 1845 legte er die Prüfung für den
Generalſtab mit ſehr gutem Erfolge ab, wurde
hierauf der Brigade Generalmajor Wolgemuth
als Generalſtabs-Officier, noch im ſelben Jahre
dem beim k. k. Hofkriegsrathe ein Referat füh-
renden Generalmajor Rouſſeau zugetheilt, wo er
vom Ende October 1846 bis Mitte Februar
1848 in Verwendnng blieb. Als der Krieg 1848
in Italien ausbrach, bat Fröhlich, der inzwiſchen


[Spaltenumbruch]
Feuilleton.



Der Stil und der Menſch.

Der Stil iſt der Menſch. Iſt der Satz wahr,
dann haben wir Oeſterreicher vor allen Völkern
viel voraus. Unſer Kronprinz iſt ein Stiliſt, und
zwar ein ganz ausgezeichneter. Wir erfreuen
uns alſo nicht blos gegenwärtig eines geliebten
Monarchen, ſondern wir können auch im Vor-
aus wiſſen, daß unſere Enkel ausgezeichnet wer-
den regiert werden. Unſer Kronprinz iſt ein
Schriftſteller. Wenn der Stil in der That der
Menſch iſt, ſo wäre es doch wirklich von Intereſſe,
wenn ein wahrhaft Sachverſtändiger ſich der
Arbeit unterzöge, aus den gedruckten Schriften
des jungen Erzherzogs ſein Characterbild zuſammen-
zuſtellen, den künftigen Generationen gleichſam
im Spiegel zu zeigen, welche Art von Regent
ihnen heranblühe.

Aber, offen geſagt, es ſcheint mir einmal
nicht möglich, daß der Prinz heute ſchon in
Urtheil und Character ſo fertig und gereift ſei,
wie er es in Stil und Darſtellung iſt. Schon
dies beweiſt mir, daß der Satz: „Der Stil iſt
der Menſch“ in ſo vollem Umfange nicht leicht
verfochten werden kann. Ich wiederſtehe alſo der
Verſuchung, mir den Kronprinzen, den wir Alle
aus der Ferne ſo ſehr lieben, aus ſeinen Büchern
leibhaftig herauszuconſtruiren. Ich werde mich,
anſtatt mit dem Stil Sr. k. k. Hoheit, mit dem
Stil im Allgemeinen beſchäftigen und die Hoheit
bei Seite laſſen.


[Spaltenumbruch]

Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die
weltliche Hoheit nicht. Aber es regiert allerdings auch
eine Hoheit von Gottes Gnaden, ein angeborener
Rang, der ſich ohne Stammbaum und Documente
auf den erſten Anblick geltend macht. Man hat Bei-
ſpiele, daß Fürſten von Geblüt die Zeichen ihres
Ranges beiſeite legen und unerkannt unter den
anderen Sterblichen wandeln; es ſollen ihnen
dabei ſchon allerhand artige Abenteuer und ko-
miſche Widerwärtigkeiten paſſirt ſein. Im Reiche
des Stils aber gibt es kein Incognito.
Ein Fürſt des Stils mag ſich kleiden wie er
will, er kann ſich in Scherz und Ernſt ſeiner
Eigenheit nicht begeben. Es gibt höhere und ge-
ringere Ausflüſſe desſelben Talents; das Genie
hat gute und ſchwache Stunden, namentlich was
den Inhalt ſeiner Emanationen betrifft. In der
Form aber kann der Stiliſt, der einmal ſeine
Geſtaltung gewonnen hat, weder über ſich hinaus,
noch unter ſich herunter. Keiner kann beſſer ſchrei-
ben, als er eben kann — aber auch Keiner ſchlech-
ter. Man leſe Goethe’s Groß-Kophta, gegenſtändlich
wohl ein ebenſo flaches Ding, wie irgend ein Stück
von Kotzebue, mit welchem Göthe hier auf deſſen
eigenem Terrain zu ringen ſcheint, und man
wird finden, das der Dialog ſo gut Göthe iſt,
wie ein Clavigo und ein Götz. In dieſem Sinne
iſt der Stil der Menſch, inſoferne er nämlich
vom Menſchen iſt und nicht cus ihm heraus kann.
Daß er der ganze Menſch ſei, möchte ich be-
zweifeln, denn der Menſch und ſein ganzes We-
ſen hat im Stil, der nur eine Art der Aeußerung
iſt, keinen Platz. Der Stil iſt Können, der Menſch
iſt Wollen. Jener iſt Form, dieſer iſt Gehalt.
Die Beiden müſſen ſich einander anpaſſen, um
[Spaltenumbruch] zu einer gewiſſen Erſcheinung zu gelangen; aber
daß ſie ein und dasſelbe ſeien, daß läßt ſich nur
im Scherze ſagen.

Ich gehe weiter und behaupte, der Stil iſt
nicht nur nicht der Menſch ſelbſt, er iſt nicht
einmal das Abvild ſeiner Manier. Man denkt
wohl, der Stil, welcher nicht blos die Verkörperung
der Gedanken, ſondern auch die genetiſche Darſtellung
ihres Entſtehens enthält, alſo einen directen Einblick
in die Gedankenfabrik gewährt, müſſe doch minde-
ſtens ſo viel Licht über die Eigenart eines
Menſchen verbreiten, wie das Geſpräch, mit dem
Unterſchiede, daß die ſchriftliche Sprechweiſe
größeres und zuſammenhängenderes Material
bietet und gleichſam eine ſyſtematiſche Prüfung
ermöglicht. Nun erſcheint uns die Art und Weiſe
eines Menſchen, die individuelle Färbung ſeines
Geiſtes bei längerer Unterredung, wenn er ſich
aufrichtig gehen läßt, bekanntlich ſchon in ſo be-
ſtimmten Farben, daß wir, wenn es halbwegs
die Mühe der Beobachtung lohnt, nach einſtüdi-
gem Geſpräch unfehlbar ein beſonderes, eigen-
thümliches und nicht leicht verlöſchbares Bild
ſeiner Art und Weiſe mit uns nehmen. Sollte
eine directe abſichtliche, durch Gegenrede nicht
unterbrochene Aeußerung, wie ſie in der Schreib-
weiſe eines Menſchen gegeben iſt, einen weniger
klaren und lebhaften Einblick gewähren?

Darauf erwidere ich, daß eben aus dieſer
Parallele die große Kluft erſichtlich iſt, die den
Menſchen mit der Feder von dem Menſchen in
Fleiſch und Blut trennt. Wie der Menſch und
was er ſpricht, das iſt wohl für ſeine innere
Eigenthümlichkeit in hohem Grade bezeichnend.
Er zeigt darin ſo Vielerlei auf einmal, daß ſich


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[[1]/0001] Das „Mähriſche Tagblatt“ mit der illuſtr. Wochenbeilage „Illuſtrirt. Sonntagsblatt“ erſcheint mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage täglich Ausgabe 2 Uhr Nachmittags im Adminiſtrations-Lokale: Niederring Nr. 41 neu ober den Fleiſchbänken. Abonnement für Olmütz: Ganzjährig fl. 10.— Halbjährig „ 5.— Vierteljährig „ 2.50 Monatlich „ —.90 Zuſtellung ins Haus monat- lich 10 Kreuzer. Auswärts durch die Poſt: Ganzjährig fl. 14.— Halbjährig „ 7.— Vierteljährig „ 3.50 Einzelne Nummer 5 Kreuzer. Mähriſches Tagblatt. Inſertionsgebuhren die 4mal geſpaltene Petitzeile oder deren Raum 6 Kreuzer. Außerhalb Olmütz überueh- men Inſertions-Aufträge: Heinr. Schalek, Annoncen- Exped., in Wien, I., Woll- zeile Nr. 12, Haasenstein & Vogler in Wien, Prag. Buda- peſt, Berlin, Frankfurt a/M., Hamburg, Baſel und Leipzig. Alois Opellik, in Wien, Rud. Mosse in Wien, München u. Berlin, G. L. Daube & Ce. (Ig. Knoll) Wien, I, Singer, ſtraße 11 a, Frankfurt a/M., Adolf Steiner’s Annoncen- bureau in Hamburg, ſowie ſämmtl. cone. Inſertions-Bu- reaus des In- u. Auslandes. Manuſcripte werden nicht zurückgeſtellt. Nr. 133. Olmütz, Dienſtag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang. Zwei Ehrenbürger der Stadt Olmütz. Olmütz, 10. Juni. Einen Act ſchuldiger Dankbarkeit hat geſtern unſere Stadtvertretung geübt, indem ſie in die Reihe der Ehrenbürger dieſer königl. Hauptſtadt zwei Männer aufnahm, deren Verdienſte um das Gedeihen und Aufblühen derſelben hellleuchtend ſtrahlen. Seine Excell. FML. Ritter v. Fröhlich, der Gouverneur von Olmütz und der k. k. Genie- Director, Herr Oberſtlieutenant v. Tilzer ſind es, die geſtern einhellig zu Ehrenbürgern dieſer Stadt ernannt wurden. Selten wol dürfte ein Beſchluß der Stadtvertretung ſo einmüthige Zu- ſtimmung in den Kreiſen der Bevölkerung finden, wie dieſer geſtern gefaßte Beſchluß, in welchem ſich die Sympathie kundgibt und die Hochachtung ausdrückt, welche die genannten Männer in unſerer Stadt genießen. Und ſie haben dieſe Sympathie, die Gefühle der Hochachtung voll verdient. In ihrer ſoldatiſchen Bruſt ſchlägt das Herz warm für das Bedürfniß der Bürgerſchaft, und mit ganzer Seele haben ſie beigetragen die Stadt von der beengenden Schnür- bruſt zu befreien, die ihr Licht und Luft benahm, die ihre Entwicklung, ihr Aufblühen ſeit einem Jahr- hundert hemmte. In beiden Männern wohnt ein reger Sinn für Fortſchritt auf allen Ge- bieten. Nicht Stillſtand, ſondern Entwicklung wollen ſie und mit dieſem für unſere Stadt un- ſchätzbaren Wollen fördern ſie hier unſer ſtädti- ſches Gemeinweſen in ſo außerordentlicher Weiſe, ſie kommen dem tiefgefühlten Bedürfniſſe nach Erbreiterung und Ausdehnung der ſeit einem Jahrhunderte eingeengten Stadt mit ſo viel Ernſt und ſoviel Energie entgegen, daß jeder, dem die Heimath lieb und werth, ihnen dankbaren Herzens ſeine Sympathie entgegenbringen und Jeder auch ſtolz auf die Männer blicken muß, welche heute die Reihe unſerer Ehrenbürger ver- mehren. Die Stadt hat ſich ſelbſt geehrt, indem ſie dieſe beiden Männer zu Ehren-Bürgern von Olmütz erwählte, und ſie hat damit gleichzeitig damit jenen freundlichen und innigen Beziehun- gen Ausdruck gegeben, welche die deutſche Bürger- ſchaft dieſer Stadt mit der Garniſon und dadurch mit unſerer geſammten tapferen Armee aufs Engſte vereint. Wir ſind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die Zukunft unſerer Stadt eine um ſo gedeihlichere ſein wird, wenn unſere neueſten Ehrenbürger auch in kommen- den Tagen derſelben wie bisher ihre Neigung und Förderung nicht entziehen. Ihre Thatkraft, und ihr feſtes und freundliches Wollen iſt uns neben dem offenen Sinne der geſammten deut- ſchen Bürgerſchaft dieſer Stadt eine Bürgſchaft für kommende Blüthe der alten Reichsveſte Olmütz. Im Nachſtehenden bringen wir die biogra- phiſchen Skizzen der beiden neuernannten Ehren- bürger der Stadt Olmütz. FML. Ritter von Fröhlich von Elmbach-Groara. F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich von Elmbach und Groara wurde in Neu- titſchein, wo ſein Vater, ein k. k. Officier, in Garniſon lag, am 24. Februar 1823 geboren. Im Alter von 6 Jahren bereits zur vaterloſen Waiſe geworden, zeigte er ſchon im zarteſten Knabenalter eine entſchiedene Vorliebe für den Soldatenſtand, dem ſeine drei älteſten Brüder bereits angehörten. Er kam im Jahre 1834 in die Wiener-Neuſtädter Militär-Akademie, von welcher er am 19. September 1841 als Lieute- nant zum Infanterie-Regimente Nr. 21 ausge- muftert wurde, das damals in Mailand dislo- cirt war. Hier entwickelte ſich in dem jungen Officier ein reger Sinn für ernſte Studien, insbeſondere eine große Vorliebe für die Kriegs- geſchichte, wie für moderne Sprachen und ſuchte ſich derſelbe mit allem Eifer für ſeinen Beruf und das geſtellte Ziel, den Generalſtabs-Dienſt, beſtens auszubilden. Am 10. Jänner 1844 wurde Fröhlich dem Generalſtabe in Mailand zugetheilt; im Jahre 1845 legte er die Prüfung für den Generalſtab mit ſehr gutem Erfolge ab, wurde hierauf der Brigade Generalmajor Wolgemuth als Generalſtabs-Officier, noch im ſelben Jahre dem beim k. k. Hofkriegsrathe ein Referat füh- renden Generalmajor Rouſſeau zugetheilt, wo er vom Ende October 1846 bis Mitte Februar 1848 in Verwendnng blieb. Als der Krieg 1848 in Italien ausbrach, bat Fröhlich, der inzwiſchen Feuilleton. Der Stil und der Menſch. Der Stil iſt der Menſch. Iſt der Satz wahr, dann haben wir Oeſterreicher vor allen Völkern viel voraus. Unſer Kronprinz iſt ein Stiliſt, und zwar ein ganz ausgezeichneter. Wir erfreuen uns alſo nicht blos gegenwärtig eines geliebten Monarchen, ſondern wir können auch im Vor- aus wiſſen, daß unſere Enkel ausgezeichnet wer- den regiert werden. Unſer Kronprinz iſt ein Schriftſteller. Wenn der Stil in der That der Menſch iſt, ſo wäre es doch wirklich von Intereſſe, wenn ein wahrhaft Sachverſtändiger ſich der Arbeit unterzöge, aus den gedruckten Schriften des jungen Erzherzogs ſein Characterbild zuſammen- zuſtellen, den künftigen Generationen gleichſam im Spiegel zu zeigen, welche Art von Regent ihnen heranblühe. Aber, offen geſagt, es ſcheint mir einmal nicht möglich, daß der Prinz heute ſchon in Urtheil und Character ſo fertig und gereift ſei, wie er es in Stil und Darſtellung iſt. Schon dies beweiſt mir, daß der Satz: „Der Stil iſt der Menſch“ in ſo vollem Umfange nicht leicht verfochten werden kann. Ich wiederſtehe alſo der Verſuchung, mir den Kronprinzen, den wir Alle aus der Ferne ſo ſehr lieben, aus ſeinen Büchern leibhaftig herauszuconſtruiren. Ich werde mich, anſtatt mit dem Stil Sr. k. k. Hoheit, mit dem Stil im Allgemeinen beſchäftigen und die Hoheit bei Seite laſſen. Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die weltliche Hoheit nicht. Aber es regiert allerdings auch eine Hoheit von Gottes Gnaden, ein angeborener Rang, der ſich ohne Stammbaum und Documente auf den erſten Anblick geltend macht. Man hat Bei- ſpiele, daß Fürſten von Geblüt die Zeichen ihres Ranges beiſeite legen und unerkannt unter den anderen Sterblichen wandeln; es ſollen ihnen dabei ſchon allerhand artige Abenteuer und ko- miſche Widerwärtigkeiten paſſirt ſein. Im Reiche des Stils aber gibt es kein Incognito. Ein Fürſt des Stils mag ſich kleiden wie er will, er kann ſich in Scherz und Ernſt ſeiner Eigenheit nicht begeben. Es gibt höhere und ge- ringere Ausflüſſe desſelben Talents; das Genie hat gute und ſchwache Stunden, namentlich was den Inhalt ſeiner Emanationen betrifft. In der Form aber kann der Stiliſt, der einmal ſeine Geſtaltung gewonnen hat, weder über ſich hinaus, noch unter ſich herunter. Keiner kann beſſer ſchrei- ben, als er eben kann — aber auch Keiner ſchlech- ter. Man leſe Goethe’s Groß-Kophta, gegenſtändlich wohl ein ebenſo flaches Ding, wie irgend ein Stück von Kotzebue, mit welchem Göthe hier auf deſſen eigenem Terrain zu ringen ſcheint, und man wird finden, das der Dialog ſo gut Göthe iſt, wie ein Clavigo und ein Götz. In dieſem Sinne iſt der Stil der Menſch, inſoferne er nämlich vom Menſchen iſt und nicht cus ihm heraus kann. Daß er der ganze Menſch ſei, möchte ich be- zweifeln, denn der Menſch und ſein ganzes We- ſen hat im Stil, der nur eine Art der Aeußerung iſt, keinen Platz. Der Stil iſt Können, der Menſch iſt Wollen. Jener iſt Form, dieſer iſt Gehalt. Die Beiden müſſen ſich einander anpaſſen, um zu einer gewiſſen Erſcheinung zu gelangen; aber daß ſie ein und dasſelbe ſeien, daß läßt ſich nur im Scherze ſagen. Ich gehe weiter und behaupte, der Stil iſt nicht nur nicht der Menſch ſelbſt, er iſt nicht einmal das Abvild ſeiner Manier. Man denkt wohl, der Stil, welcher nicht blos die Verkörperung der Gedanken, ſondern auch die genetiſche Darſtellung ihres Entſtehens enthält, alſo einen directen Einblick in die Gedankenfabrik gewährt, müſſe doch minde- ſtens ſo viel Licht über die Eigenart eines Menſchen verbreiten, wie das Geſpräch, mit dem Unterſchiede, daß die ſchriftliche Sprechweiſe größeres und zuſammenhängenderes Material bietet und gleichſam eine ſyſtematiſche Prüfung ermöglicht. Nun erſcheint uns die Art und Weiſe eines Menſchen, die individuelle Färbung ſeines Geiſtes bei längerer Unterredung, wenn er ſich aufrichtig gehen läßt, bekanntlich ſchon in ſo be- ſtimmten Farben, daß wir, wenn es halbwegs die Mühe der Beobachtung lohnt, nach einſtüdi- gem Geſpräch unfehlbar ein beſonderes, eigen- thümliches und nicht leicht verlöſchbares Bild ſeiner Art und Weiſe mit uns nehmen. Sollte eine directe abſichtliche, durch Gegenrede nicht unterbrochene Aeußerung, wie ſie in der Schreib- weiſe eines Menſchen gegeben iſt, einen weniger klaren und lebhaften Einblick gewähren? Darauf erwidere ich, daß eben aus dieſer Parallele die große Kluft erſichtlich iſt, die den Menſchen mit der Feder von dem Menſchen in Fleiſch und Blut trennt. Wie der Menſch und was er ſpricht, das iſt wohl für ſeine innere Eigenthümlichkeit in hohem Grade bezeichnend. Er zeigt darin ſo Vielerlei auf einmal, daß ſich

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T15:49:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 133, Olmütz, 10.06.1884, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches133_1884/1>, abgerufen am 28.03.2024.