Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

ernsteres Streben, auf den Ursprung der Dinge zurückzugehen.

Thales, der Stifter der jonischen Schule erkannte in dem Wasser das Prinzip al-
ler Dinge, und nach ihm war die Erde aus dem Urfeuchten hervorgegangen.
Anaximenes meinte dagegen alles sey aus der Luft entstanden, und Anaximan-
der
nahm einen Grundstoff an, zwischen dem Feuchten und der Luft. - Wir finden
in dieser Schule die Idee der Verdichtung und Verdünnung ausgesprochen, folglich
schon den Begriff der Attraction und Repulsion. - Empedocles behauptete die
Gleichartigkeit aller Materie, und bezeichnete die zuerst von ihm aufgestellten
4 Elemente als einen Zustand der Materie. Diese 4 Elemente haben durch
viele Jahrhunderte sich erhalten, und erst in der neuesten Zeit ist es mit Mühe
gelungen, sich davon los zu machen.

Es darf nicht übergangen werden, daß die jonische Schule in manchen Einzel-
heiten sehr richtige Beobachtungen angestellt hat. So untersuchte Diogenes von
Apollonia
die Respiration der Fische, und gelangte zu einem ganz richtigen Re-
sultate. - Thales mag sich lange in Aegypten aufgehalten, und von den dorti-
gen Priestern seine astronomischen Kenntniße mitgetheilt erhalten haben. Von
ihm soll die Bestimmung des beweglichen Sonnenjahres herrühren, und sogar
eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt, oder errathen worden seyn. Die Ver-
finsterung trat ein, während die berühmte Schlacht am Halys, zwischen den Me-
dern und [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]Lydiern statt fand, die mit der Flucht der durch das unerwartete Natur-
ereigniß erschreckten Lyder endete.

Anaximander soll die ersten Sonnen-Uhren aus Babylon nach Griechenland
gebracht haben, wobei ich anmerken will, daß noch zur Zeit des Aristophanes, die

Eintheilung

ernsteres Streben, auf den Ursprung der Dinge zurückzugehen.

Thales, der Stifter der jonischen Schule erkannte in dem Wasser das Prinzip al-
ler Dinge, und nach ihm war die Erde aus dem Urfeuchten hervorgegangen.
Anaximenes meinte dagegen alles sey aus der Luft entstanden, und Anaximan-
der
nahm einen Grundstoff an, zwischen dem Feuchten und der Luft. – Wir finden
in dieser Schule die Idee der Verdichtung und Verdünnung ausgesprochen, folglich
schon den Begriff der Attraction und Repulsion. – Empedocles behauptete die
Gleichartigkeit aller Materie, und bezeichnete die zuerst von ihm aufgestellten
4 Elemente als einen Zustand der Materie. Diese 4 Elemente haben durch
viele Jahrhunderte sich erhalten, und erst in der neuesten Zeit ist es mit Mühe
gelungen, sich davon los zu machen.

Es darf nicht übergangen werden, daß die jonische Schule in manchen Einzel-
heiten sehr richtige Beobachtungen angestellt hat. So untersuchte Diogenes von
Apollonia
die Respiration der Fische, und gelangte zu einem ganz richtigen Re-
sultate. – Thales mag sich lange in Aegypten aufgehalten, und von den dorti-
gen Priestern seine astronomischen Kenntniße mitgetheilt erhalten haben. Von
ihm soll die Bestimmung des beweglichen Sonnenjahres herrühren, und sogar
eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt, oder errathen worden seyn. Die Ver-
finsterung trat ein, während die berühmte Schlacht am Halys, zwischen den Me-
dern und [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]Lydiern statt fand, die mit der Flucht der durch das unerwartete Natur-
ereigniß erschreckten Lyder endete.

Anaximander soll die ersten Sonnen-Uhren aus Babylon nach Griechenland
gebracht haben, wobei ich anmerken will, daß noch zur Zeit des Aristophanes, die

Eintheilung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="12">
        <p><pb facs="#f0109" n="53r"/>
ernsteres Streben, auf den Ursprung der Dinge zurückzugehen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118801732 http://d-nb.info/gnd/118801732">Thales</persName></hi>, der Stifter der jonischen Schule erkannte in dem Wasser das Prinzip al-<lb/>
ler Dinge, und nach ihm war die Erde aus dem Urfeuchten hervorgegangen.<lb/><hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118649043 http://d-nb.info/gnd/118649043">Anaximenes</persName></hi> meinte dagegen alles sey aus der Luft entstanden, und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118645102 http://d-nb.info/gnd/118645102">Anaximan-<lb/>
der</persName></hi> nahm einen Grundstoff an, zwischen dem Feuchten und der Luft. &#x2013; Wir finden<lb/>
in dieser Schule die Idee der Verdichtung und Verdünnung ausgesprochen, folglich<lb/>
schon den Begriff der Attraction und Repulsion. &#x2013; <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118530224 http://d-nb.info/gnd/118530224">Empedocles</persName></hi> behauptete die<lb/>
Gleichartigkeit aller Materie, und bezeichnete die zuerst von ihm aufgestellten<lb/>
4 Elemente als einen Zustand der Materie. Diese 4 Elemente haben durch<lb/>
viele Jahrhunderte sich erhalten, und erst in der neuesten Zeit ist es mit Mühe<lb/>
gelungen, sich davon los zu machen.</p><lb/>
        <p>Es darf nicht übergangen werden, daß die jonische Schule in manchen Einzel-<lb/>
heiten sehr richtige Beobachtungen angestellt hat. So untersuchte <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118672029 http://d-nb.info/gnd/118672029">Diogenes von<lb/>
Apollonia</persName></hi> die Respiration der Fische, und gelangte zu einem ganz richtigen Re-<lb/>
sultate. &#x2013; <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118801732 http://d-nb.info/gnd/118801732">Thales</persName></hi> mag sich lange in <hi rendition="#aq">Aegypten</hi><note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 151: Kursivierung zur Kennzeichnung des Wechsels von deutscher in lateinische Schrift fehlt.</note> aufgehalten, und von den dorti-<lb/>
gen Priestern seine astronomischen Kenntniße mitgetheilt erhalten haben. Von<lb/>
ihm soll die Bestimmung des beweglichen Sonnenjahres herrühren, und sogar<lb/>
eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt, oder errathen worden seyn. Die Ver-<lb/>
finsterung trat ein, während die berühmte Schlacht am Halys, zwischen den Me-<lb/>
dern und <subst><del rendition="#erased"><gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/></del><add place="across">Lyd<del rendition="#erased">i</del>ern</add></subst> statt fand, die mit der Flucht der durch das unerwartete Natur-<lb/>
ereigniß erschreckten Lyder endete.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118645102 http://d-nb.info/gnd/118645102">Anaximander</persName></hi> soll die ersten <choice><orig>Sonnen Uhren</orig><reg resp="#CT">Sonnen-Uhren</reg></choice> aus <hi rendition="#aq">Babylon</hi> nach Griechenland<lb/>
gebracht haben, wobei ich anmerken will, daß noch zur Zeit des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118503987 http://d-nb.info/gnd/118503987">Aristophanes</persName></hi>, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Eintheilung</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53r/0109] ernsteres Streben, auf den Ursprung der Dinge zurückzugehen. Thales, der Stifter der jonischen Schule erkannte in dem Wasser das Prinzip al- ler Dinge, und nach ihm war die Erde aus dem Urfeuchten hervorgegangen. Anaximenes meinte dagegen alles sey aus der Luft entstanden, und Anaximan- der nahm einen Grundstoff an, zwischen dem Feuchten und der Luft. – Wir finden in dieser Schule die Idee der Verdichtung und Verdünnung ausgesprochen, folglich schon den Begriff der Attraction und Repulsion. – Empedocles behauptete die Gleichartigkeit aller Materie, und bezeichnete die zuerst von ihm aufgestellten 4 Elemente als einen Zustand der Materie. Diese 4 Elemente haben durch viele Jahrhunderte sich erhalten, und erst in der neuesten Zeit ist es mit Mühe gelungen, sich davon los zu machen. Es darf nicht übergangen werden, daß die jonische Schule in manchen Einzel- heiten sehr richtige Beobachtungen angestellt hat. So untersuchte Diogenes von Apollonia die Respiration der Fische, und gelangte zu einem ganz richtigen Re- sultate. – Thales mag sich lange in Aegypten aufgehalten, und von den dorti- gen Priestern seine astronomischen Kenntniße mitgetheilt erhalten haben. Von ihm soll die Bestimmung des beweglichen Sonnenjahres herrühren, und sogar eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt, oder errathen worden seyn. Die Ver- finsterung trat ein, während die berühmte Schlacht am Halys, zwischen den Me- dern und _Lydiern statt fand, die mit der Flucht der durch das unerwartete Natur- ereigniß erschreckten Lyder endete. Anaximander soll die ersten Sonnen Uhren aus Babylon nach Griechenland gebracht haben, wobei ich anmerken will, daß noch zur Zeit des Aristophanes, die Eintheilung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/109
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 53r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/109>, abgerufen am 20.04.2024.