Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Eine Himmelhohe Treppen-Pyramide diente zu gleicher Zeit zum Grabmal, zur
Sternwarte, und zum Tempel, und läßt uns den berühmten Thurm zu Babel
nicht verkennen. - Merkwürdig ist, daß derselbe Typus der Architektur sich in
Amerika wieder findet, und daß den zu Anfang des 16ten Jahrhunderts in Mexico
aufgeführten Tempel-Gebäuden eine ganz ähnliche Idee zu Grunde liegt.

Wohl mit die schönste Frucht der Züge des Alexander, ist das Werk des Aristoteles.
Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß, wie Plinius erzählt, 1000 Vogelfän-
ger und Schützen im Heere Alexander's angestellt gewesen, um alles bemer-
kenswerthe für ihn einzusammeln, so müssen wir doch ein reiches Ergebniß die-
ser Bestrebungen anerkennen. Indeß hat Aristoteles unverkennbar die Ten-
denz eine nüchterne Naturbeschreibung an die Stelle des Gedankens von der
Einheit der Natur zu setzen. - Sein Hauptwerk ist die Naturgeschichte, in
der sich der Geist des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders
ausspricht. Auf seiner schönen Villa hatte er für die damalige Zeit eine ge-
wiß einzige Naturalien-Sammlung, auf die Alexander 500 Talente gewandt
haben soll.

Später wurde in Alexandrien nach diesem Muster ein Museum angelegt, dem
bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden ebenfalls
Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus entstand,
dessen Ausfuhr in Aegypten man zu verbieten sich veranlaßt sahe.

Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schrift-
stellern nimmt Strabo eine ausgezeichnete Stelle ein, der in Augustus Gefolge die
meisten Provinzen des römischen Reiches durchwanderte: wir haben von ihm

eine

Eine Himmelhohe Treppen-Pyramide diente zu gleicher Zeit zum Grabmal, zur
Sternwarte, und zum Tempel, und läßt uns den berühmten Thurm zu Babel
nicht verkennen. – Merkwürdig ist, daß derselbe Typus der Architektur sich in
Amerika wieder findet, und daß den zu Anfang des 16ten Jahrhunderts in Mexico
aufgeführten Tempel-Gebäuden eine ganz ähnliche Idee zu Grunde liegt.

Wohl mit die schönste Frucht der Züge des Alexander, ist das Werk des Aristoteles.
Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß, wie Plinius erzählt, 1000 Vogelfän-
ger und Schützen im Heere Alexander’s angestellt gewesen, um alles bemer-
kenswerthe für ihn einzusammeln, so müssen wir doch ein reiches Ergebniß die-
ser Bestrebungen anerkennen. Indeß hat Aristoteles unverkennbar die Ten-
denz eine nüchterne Naturbeschreibung an die Stelle des Gedankens von der
Einheit der Natur zu setzen. – Sein Hauptwerk ist die Naturgeschichte, in
der sich der Geist des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders
ausspricht. Auf seiner schönen Villa hatte er für die damalige Zeit eine ge-
wiß einzige Naturalien-Sammlung, auf die Alexander 500 Talente gewandt
haben soll.

Später wurde in Alexandrien nach diesem Muster ein Museum angelegt, dem
bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden ebenfalls
Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus entstand,
dessen Ausfuhr in Aegypten man zu verbieten sich veranlaßt sahe.

Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schrift-
stellern nimmt Strabo eine ausgezeichnete Stelle ein, der in Augustus Gefolge die
meisten Provinzen des römischen Reiches durchwanderte: wir haben von ihm

eine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="12">
        <p><pb facs="#f0115" n="56r"/><note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 156: Absatzbeginn an dieser Stelle, im Manuskript dagegen als fortgesetzter Absatz erkennbar.</note>Eine Himmelhohe <choice><orig>Treppen Pyramide</orig><reg resp="#CT">Treppen-Pyramide</reg></choice> diente zu gleicher Zeit zum Grabmal, zur<lb/>
Sternwarte, und zum Tempel, und läßt uns den berühmten Thurm zu <hi rendition="#aq">Babel</hi><lb/>
nicht verkennen. &#x2013; Merkwürdig ist, daß derselbe Typus der Architektur sich in<lb/>
Amerika wieder findet, und daß den zu Anfang des 16<hi rendition="#sup #u">ten</hi> Jahrhunderts in <hi rendition="#aq">Mexico</hi><lb/>
aufgeführten <choice><orig>TempelGebäuden</orig><reg resp="#CT">Tempel-Gebäuden</reg></choice> eine ganz ähnliche Idee zu Grunde liegt.</p><lb/>
        <p>Wohl mit die schönste Frucht der Züge des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118501828 http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName></hi>, ist das Werk des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118650130 http://d-nb.info/gnd/118650130">Aristoteles</persName></hi>.<lb/>
Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß, wie <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118595083 http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName></hi> erzählt, 1000 Vogelfän-<lb/>
ger und Schützen im Heere <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118501828 http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName></hi>&#x2019;s angestellt gewesen, um alles bemer-<lb/>
kenswerthe für ihn einzusammeln, so müssen wir doch ein reiches Ergebniß die-<lb/>
ser Bestrebungen anerkennen. Indeß hat <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118650130 http://d-nb.info/gnd/118650130">Aristoteles</persName></hi> unverkennbar die Ten-<lb/>
denz eine nüchterne Naturbeschreibung an die Stelle des Gedankens von der<lb/>
Einheit der Natur zu setzen. &#x2013; Sein Hauptwerk ist die Naturgeschichte, in<lb/>
der sich der Geist des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders<lb/>
ausspricht. Auf seiner schönen <hi rendition="#aq">Villa</hi> hatte er für die damalige Zeit eine ge-<lb/>
wiß einzige <choice><orig>Naturalien Sammlung</orig><reg resp="#CT">Naturalien-Sammlung</reg></choice>, auf die <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118501828 http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName></hi> 500 Talente gewandt<lb/>
haben soll.</p><lb/>
        <p>Später wurde in <hi rendition="#aq">Alexandrien</hi> nach diesem Muster ein Museum angelegt, dem<lb/>
bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden ebenfalls<lb/>
Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus entstand,<lb/>
dessen Ausfuhr in <hi rendition="#aq">Aegypten</hi> man zu verbieten sich veranlaßt sahe.</p><lb/>
        <p>Unter den um die Naturwissenschaft verdienten <hi rendition="#aq">römischen</hi> Schrift-<lb/>
stellern nimmt <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118618806 http://d-nb.info/gnd/118618806">Strabo</persName></hi> eine ausgezeichnete Stelle ein, der in <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118505122 http://d-nb.info/gnd/118505122">Augustus</persName></hi> Gefolge die<lb/>
meisten Provinzen des römischen Reiches durchwanderte: wir haben von ihm<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">eine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56r/0115] Eine Himmelhohe Treppen Pyramide diente zu gleicher Zeit zum Grabmal, zur Sternwarte, und zum Tempel, und läßt uns den berühmten Thurm zu Babel nicht verkennen. – Merkwürdig ist, daß derselbe Typus der Architektur sich in Amerika wieder findet, und daß den zu Anfang des 16ten Jahrhunderts in Mexico aufgeführten TempelGebäuden eine ganz ähnliche Idee zu Grunde liegt. Wohl mit die schönste Frucht der Züge des Alexander, ist das Werk des Aristoteles. Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß, wie Plinius erzählt, 1000 Vogelfän- ger und Schützen im Heere Alexander’s angestellt gewesen, um alles bemer- kenswerthe für ihn einzusammeln, so müssen wir doch ein reiches Ergebniß die- ser Bestrebungen anerkennen. Indeß hat Aristoteles unverkennbar die Ten- denz eine nüchterne Naturbeschreibung an die Stelle des Gedankens von der Einheit der Natur zu setzen. – Sein Hauptwerk ist die Naturgeschichte, in der sich der Geist des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders ausspricht. Auf seiner schönen Villa hatte er für die damalige Zeit eine ge- wiß einzige Naturalien Sammlung, auf die Alexander 500 Talente gewandt haben soll. Später wurde in Alexandrien nach diesem Muster ein Museum angelegt, dem bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden ebenfalls Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus entstand, dessen Ausfuhr in Aegypten man zu verbieten sich veranlaßt sahe. Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schrift- stellern nimmt Strabo eine ausgezeichnete Stelle ein, der in Augustus Gefolge die meisten Provinzen des römischen Reiches durchwanderte: wir haben von ihm eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/115
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 56r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/115>, abgerufen am 18.04.2024.