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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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So erkennen wir an der Erscheinung der farbigen oder unfarbigen Polarisa-
tion, ob ein leuchtender Körper im Lichtproceß begriffen, oder ob sein Licht ein
reflectirtes sey, welches die Complementarfarben giebt. Die kolorirte Polari-
sation des Kometenlichtes lehrt uns, daß diese Körper kein eignes Licht aus-
strahlen, sondern wie die Planeten ein reflectirtes Licht verbreiten.

Rochon hat bei seinem Micrometer von der doppelten Brechung der Kristalle
eine Anwendung auf die Messung kleiner Winkel gemacht, die für Astrono-
mie und Physik von großem Nutzen ist. Zur Messung des scheinbaren Durch-
messers der Himmelskörper wird das System der beiden Prismen, von Berg-
kristal oder Doppelspath, in ein astronomisches Fernrohr eingesetzt. Dasselbe Instru-
ment findet eine wichtige Anwendung als Distanzmesser, bei militairischen Opera-
tionen. So auch läßt sich damit auf dem Meere die Entfernung eines Schiffes schät-
zen, und auf Stunden Weite entscheiden, ob es herannaht, oder sich entfernt, indem
im letztern Falle der Winkel unter dem das Bild zweier Masten erscheint, stets
größer und größer wird.

Die letztverflossenen 5-6 Jahre sind für die Wissenschaft merkwürdig gewor-
den, durch die wichtigsten Entdeckungen über den Magnetismus, dessen Identität
mit der Elektricität die berühmten Versuche des Prof. Oerstaedt zu Coppenhagen
wahrscheinlich gemacht haben. Wenn ich zuvor die physiologischen und chemischen Wir-
kungen anführte, welche ein stetiger Strom von Elektricität in dem Voltaschen
Apparate hervorbringt, indem er durch lebende Körper oder leitende Flüssigkeiten
hindurchgeht, welche trennbare Grundstoffe enthalten, so hat Oerstaedt an diesem Strome
noch ein anderes Vermögen entdeckt. Wenn er nämlich Metalle, welcher Art sie auch

seyn

So erkennen wir an der Erscheinung der farbigen oder unfarbigen Polarisa-
tion, ob ein leuchtender Körper im Lichtproceß begriffen, oder ob sein Licht ein
reflectirtes sey, welches die Complementarfarben giebt. Die kolorirte Polari-
sation des Kometenlichtes lehrt uns, daß diese Körper kein eignes Licht aus-
strahlen, sondern wie die Planeten ein reflectirtes Licht verbreiten.

Rochon hat bei seinem Micrometer von der doppelten Brechung der Kristalle
eine Anwendung auf die Messung kleiner Winkel gemacht, die für Astrono-
mie und Physik von großem Nutzen ist. Zur Messung des scheinbaren Durch-
messers der Himmelskörper wird das System der beiden Prismen, von Berg-
kristal oder Doppelspath, in ein astronomisches Fernrohr eingesetzt. Dasselbe Instru-
ment findet eine wichtige Anwendung als Distanzmesser, bei militairischen Opera-
tionen. So auch läßt sich damit auf dem Meere die Entfernung eines Schiffes schät-
zen, und auf Stunden Weite entscheiden, ob es herannaht, oder sich entfernt, indem
im letztern Falle der Winkel unter dem das Bild zweier Masten erscheint, stets
größer und größer wird.

Die letztverflossenen 5–6 Jahre sind für die Wissenschaft merkwürdig gewor-
den, durch die wichtigsten Entdeckungen über den Magnetismus, dessen Identität
mit der Elektricität die berühmten Versuche des Prof. Oerstaedt zu Coppenhagen
wahrscheinlich gemacht haben. Wenn ich zuvor die physiologischen und chemischen Wir-
kungen anführte, welche ein stetiger Strom von Elektricität in dem Voltaschen
Apparate hervorbringt, indem er durch lebende Körper oder leitende Flüssigkeiten
hindurchgeht, welche trennbare Grundstoffe enthalten, so hat Oerstaedt an diesem Strome
noch ein anderes Vermögen entdeckt. Wenn er nämlich Metalle, welcher Art sie auch

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[65v/0134] So erkennen wir an der Erscheinung der farbigen od. unfarbigen Polarisa- tion, ob ein leuchtender Körper im Lichtproceß begriffen, oder ob sein Licht ein reflectirtes sey, welches die Complementarfarben giebt. Die kolorirte Polari- sation des Kometenlichtes lehrt uns, daß diese Körper kein eignes Licht aus- strahlen, sondern wie die Planeten ein reflectirtes Licht verbreiten. Rochon hat bei seinem Micrometer von der doppelten Brechung der Kristalle eine Anwendung auf die Messung kleiner Winkel gemacht, die für Astrono- mie und Physik von großem Nutzen ist. Zur Messung des scheinbaren Durch- messers der Himmelskörper wird das System der beiden Prismen, von Berg- kristal od. Doppelspath, in ein astronomisches Fernrohr eingesetzt. Dasselbe Instru- ment findet eine wichtige Anwendung als Distanzmesser, bei militairischen Opera- tionen. So auch läßt sich damit auf dem Meere die Entfernung eines Schiffes schät- zen, und auf Stunden Weite entscheiden, ob es herannaht, oder sich entfernt, indem im letztern Falle der Winkel unter dem das Bild zweier Masten erscheint, stets größer und größer wird. Die letztverflossenen 5–6 Jahre sind für die Wissenschaft merkwürdig gewor- den, durch die wichtigsten Entdeckungen über den Magnetismus, dessen Identität mit der Elektricität die berühmten Versuche des Prof. Oerstaedt zu Coppenhagen wahrscheinlich gemacht haben. Wenn ich zuvor die physiologischen und chemischen Wir- kungen anführte, welche ein stetiger Strom von Elektricität in dem Voltaschen Apparate hervorbringt, indem er durch lebende Körper od. leitende Flüssigkeiten hindurchgeht, welche trennbare Grundstoffe enthalten, so hat Oerstaedt an diesem Strome noch ein anderes Vermögen entdeckt. Wenn er nämlich Metalle, welcher Art sie auch seyn

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 65v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/134>, abgerufen am 28.03.2024.