Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

sichtbar. Zuerst zeigt sich gewöhnlich eine leuchtende Erscheinung, die so genannten Sonnen-
fackeln, als wenn eine Explosion elastischer Flüssigkeiten die Photosphäre theil-
te. Einige Zeit darauf erscheint der schwarze Fleck, mit einer Penumbra,
welche vollkommen scharf begränzt ist. Lambert, Herschel, Bode, Fischer in
Halberstadt, der Bruder unseres verdienten Physikers haben sich mit der Beo-
bachtung dieser Flecken vielfach beschäftigt, und ihre Erklärung auf mannig-
fache Weise versucht. Die genügendste scheint, indem wir zu der Hypothese
unsere Zuflucht nehmen, daß der Sonnenkörper von 2 Wolkenschichten umge-
ben sey, von denen die nächsten der Sonne aschfarben, die entferntere aber
hell angenommen werden muß. Denken wir uns nun, daß wahrscheinlich
auf der Sonne sich Gasarten oder ähnliche fluida entwickeln, welche beim Auf-
strömen die beiden Wolkenschichten trennen, und den dunkeln Sonnenkörper
sichtbar machen, so wird die Erscheinung der Flecken, in der Projection in wel-
cher wir sie erblicken, vollkommen erklärlich.

Die jetzt allgemein angenommene Meinung, daß die Sonne nicht selbst
leuchtend, sondern ein dunkler Körper sey, wurde lange lächerlich gemacht
und eben so bestritten, wie die Existenz der Aerolithen, obgleich diese in vie-
len Tempeln, selbst in der Caaba aufbewahrt wurden. Noch vor 40 Jahren
rettete die Meinung, daß die Sonne schwarz sey, einem Menschen das Leben.
Ein gewisser Smithman hatte in einer Dissertation zu beweisen gesucht, daß
die Sonne nicht selbstleuchtend sey, und wurde später wegen einer Fälschung
zum Tode verurtheilt. Sein Verteidiger führte diese Dissertation als augenschein-
lichen Beweis an, daß er schon seit seiner frühen Jugend den Verstand verlo-

ren habe.

sichtbar. Zuerst zeigt sich gewöhnlich eine leuchtende Erscheinung, die so genannten Sonnen-
fackeln, als wenn eine Explosion elastischer Flüssigkeiten die Photosphäre theil-
te. Einige Zeit darauf erscheint der schwarze Fleck, mit einer Penumbra,
welche vollkommen scharf begränzt ist. Lambert, Herschel, Bode, Fischer in
Halberstadt, der Bruder unseres verdienten Physikers haben sich mit der Beo-
bachtung dieser Flecken vielfach beschäftigt, und ihre Erklärung auf mannig-
fache Weise versucht. Die genügendste scheint, indem wir zu der Hypothese
unsere Zuflucht nehmen, daß der Sonnenkörper von 2 Wolkenschichten umge-
ben sey, von denen die nächsten der Sonne aschfarben, die entferntere aber
hell angenommen werden muß. Denken wir uns nun, daß wahrscheinlich
auf der Sonne sich Gasarten oder ähnliche fluida entwickeln, welche beim Auf-
strömen die beiden Wolkenschichten trennen, und den dunkeln Sonnenkörper
sichtbar machen, so wird die Erscheinung der Flecken, in der Projection in wel-
cher wir sie erblicken, vollkommen erklärlich.

Die jetzt allgemein angenommene Meinung, daß die Sonne nicht selbst
leuchtend, sondern ein dunkler Körper sey, wurde lange lächerlich gemacht
und eben so bestritten, wie die Existenz der Aerolithen, obgleich diese in vie-
len Tempeln, selbst in der Caaba aufbewahrt wurden. Noch vor 40 Jahren
rettete die Meinung, daß die Sonne schwarz sey, einem Menschen das Leben.
Ein gewisser Smithman hatte in einer Dissertation zu beweisen gesucht, daß
die Sonne nicht selbstleuchtend sey, und wurde später wegen einer Fälschung
zum Tode verurtheilt. Sein Verteidiger führte diese Dissertation als augenschein-
lichen Beweis an, daß er schon seit seiner frühen Jugend den Verstand verlo-

ren habe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="16">
        <p><pb facs="#f0162" n="79v"/>
sichtbar. Zuerst zeigt sich gewöhnlich eine leuchtende Erscheinung, die <choice><abbr>s. g.</abbr><expan resp="#BF">so genannten</expan></choice> Sonnen<choice><sic/><corr resp="#CT">-</corr></choice><lb/>
fackeln, als wenn eine Explosion elastischer Flüssigkeiten die Photosphäre theil-<lb/>
te. Einige Zeit darauf erscheint der schwarze Fleck, mit einer Penumbra,<lb/>
welche vollkommen scharf begränzt ist. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118568876 http://d-nb.info/gnd/118568876">Lambert</persName></hi>, <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118841920 http://d-nb.info/gnd/118841920">Herschel</persName></hi>, <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116215372 http://d-nb.info/gnd/116215372">Bode</persName></hi>, <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-100132936 http://d-nb.info/gnd/100132936">Fischer</persName></hi> in<lb/><hi rendition="#aq">Halberstadt</hi>, der Bruder unseres verdienten Physikers<note resp="#CT" type="editorial">D. i. <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116551445 http://d-nb.info/gnd/116551445">Fischer, Ernst Gottfried</persName> (1754&#x2013;1831, http://d-nb.info/gnd/116551445).</note> haben sich mit der Beo-<lb/>
bachtung dieser Flecken vielfach beschäftigt, und ihre Erklärung auf mannig-<lb/>
fache Weise versucht. Die genügendste scheint, indem wir zu der Hypothese<lb/>
unsere Zuflucht nehmen, daß der Sonnenkörper von 2 Wolkenschichten umge-<lb/>
ben sey, von denen die nächsten der Sonne aschfarben, die entferntere aber<lb/>
hell angenommen werden muß. Denken wir uns nun, daß wahrscheinlich<lb/>
auf der Sonne sich Gasarten oder ähnliche <hi rendition="#aq">fluida</hi> entwickeln, welche beim<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 209: "bei".</note> Auf-<lb/>
strömen die beiden Wolkenschichten trennen, und den dunkeln Sonnenkörper<lb/>
sichtbar machen, so wird die Erscheinung der Flecken, in der Projection in wel-<lb/>
cher<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 209: "welche".</note> wir sie erblicken, vollkommen erklärlich.</p><lb/>
        <p>Die jetzt allgemein angenommene Meinung, daß die Sonne nicht selbst<lb/>
leuchtend, sondern ein dunkler Körper sey, wurde lange lächerlich gemacht<lb/>
und eben so bestritten, wie die Existenz der Aerolithen, obgleich diese in vie-<lb/>
len Tempeln, selbst in der <hi rendition="#aq">Caaba</hi> aufbewahrt wurden. Noch vor 40 Jahren<lb/>
rettete die Meinung, daß die Sonne schwarz sey, einem Menschen das Leben.<lb/>
Ein gewisser <hi rendition="#aq"><persName>Smithman</persName></hi> hatte in einer <hi rendition="#aq">Dissertation</hi> zu beweisen gesucht, daß<lb/>
die Sonne nicht selbstleuchtend sey, und wurde später wegen einer Fälschung<lb/>
zum Tode verurtheilt. Sein Verteidiger führte diese <hi rendition="#aq">Dissertation</hi> als augenschein-<lb/>
lichen Beweis an, daß er schon seit seiner frühen Jugend den Verstand verlo-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren habe.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79v/0162] sichtbar. Zuerst zeigt sich gewöhnlich eine leuchtende Erscheinung, die s. g. Sonnen- fackeln, als wenn eine Explosion elastischer Flüssigkeiten die Photosphäre theil- te. Einige Zeit darauf erscheint der schwarze Fleck, mit einer Penumbra, welche vollkommen scharf begränzt ist. Lambert, Herschel, Bode, Fischer in Halberstadt, der Bruder unseres verdienten Physikers haben sich mit der Beo- bachtung dieser Flecken vielfach beschäftigt, und ihre Erklärung auf mannig- fache Weise versucht. Die genügendste scheint, indem wir zu der Hypothese unsere Zuflucht nehmen, daß der Sonnenkörper von 2 Wolkenschichten umge- ben sey, von denen die nächsten der Sonne aschfarben, die entferntere aber hell angenommen werden muß. Denken wir uns nun, daß wahrscheinlich auf der Sonne sich Gasarten oder ähnliche fluida entwickeln, welche beim Auf- strömen die beiden Wolkenschichten trennen, und den dunkeln Sonnenkörper sichtbar machen, so wird die Erscheinung der Flecken, in der Projection in wel- cher wir sie erblicken, vollkommen erklärlich. Die jetzt allgemein angenommene Meinung, daß die Sonne nicht selbst leuchtend, sondern ein dunkler Körper sey, wurde lange lächerlich gemacht und eben so bestritten, wie die Existenz der Aerolithen, obgleich diese in vie- len Tempeln, selbst in der Caaba aufbewahrt wurden. Noch vor 40 Jahren rettete die Meinung, daß die Sonne schwarz sey, einem Menschen das Leben. Ein gewisser Smithman hatte in einer Dissertation zu beweisen gesucht, daß die Sonne nicht selbstleuchtend sey, und wurde später wegen einer Fälschung zum Tode verurtheilt. Sein Verteidiger führte diese Dissertation als augenschein- lichen Beweis an, daß er schon seit seiner frühen Jugend den Verstand verlo- ren habe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/162
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 79v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/162>, abgerufen am 18.04.2024.