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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Winden welche in Aegypten von Norden wehen. Außer den uns
bekannten und fühlbaren Winden, giebt es wahrscheinlich noch andere
Luftbewegungen von oben herab. Man sieht häufig das Gewölk in
obern Regionen sich ganz anders bewegen als das niedere. Es be-
darf wahrscheinlich nicht immer des Abhanges eines Gebirges, daß die
obern Luftschichten herabkommen, sondern häufig mögen die obern
Winde dasselbe bewirken. Solches fand L. v. Buch auf den cana-
rischen Inseln [u.]und im innern Africa findet sich wahrscheinlich etwas
Aehnliches, denn hier ist mitten unter den Tropen oft eine solche
Kälte, daß die Wasserschläuche hartgefrieren, ja daß Menschen
selbst erfrieren. So erfror Clappertons Gefährte der Dr Oudrez
in der Wüste bei einer Höhe nur von 600'. Ehrenberg hat in der
Wüste von Dongola 19° Breite, das Thermometer im December [u.]und
bei Nordwinden bis 21/2° R. herabfallen sehen. In Jamaica dagegen
welches unter derselben Breite von 19° liegt, sinkt es nie unter 15°
R. herab. Dies ist wahrscheinlich nicht alleinige Folge der Nordwinde
sondern vielleicht Folge eines Contrastes in den obern Windregio-
nen, oder der plötzlich bewirkten Ausdünstung der Dämpfe.
Die Nähe des Oceans giebt den großen Contrast zwischen Küsten-
klima [u.]und dem Klima des Innern. Den größten Contrast in
dieser Hinsicht zeigt die skandinavische Halbinsel. Im 70ten° d. B.
ist die Schneegränze bei 7300' Höhe und bei 711/2° d. B. findet man
sie schon bei 2200' Höhe. Einen eben so auffallenden Unterschied
finden wir in Gallien. In der Bretagne wachsen dieselben
Pflanzen, welche sonst nur in Italien gedeihen z. E. der Erd-
beerbaum; diese Wärme ist auch hier Folge des Küstenkli-
mas. Betrachtet man das Meer bloß als eine Masse von

Winden welche in Aegÿpten von Norden wehen. Außer den uns
bekannten und fühlbaren Winden, giebt es wahrscheinlich noch andere
Luftbewegungen von oben herab. Man sieht häufig das Gewölk in
obern Regionen sich ganz anders bewegen als das niedere. Es be-
darf wahrscheinlich nicht immer des Abhanges eines Gebirges, daß die
obern Luftschichten herabkommen, sondern häufig mögen die obern
Winde dasselbe bewirken. Solches fand L. v. Buch auf den cana-
rischen Inseln [u.]und im innern Africa findet sich wahrscheinlich etwas
Aehnliches, denn hier ist mitten unter den Tropen oft eine solche
Kälte, daß die Wasserschläuche hartgefrieren, ja daß Menschen
selbst erfrieren. So erfror Clappertons Gefährte der Dr Oudrez
in der Wüste bei einer Höhe nur von 600′. Ehrenberg hat in der
Wüste von Dongola 19° Breite, das Thermometer im December [u.]und
bei Nordwinden bis 2½° R. herabfallen sehen. In Jamaica dagegen
welches unter derselben Breite von 19° liegt, sinkt es nie unter 15°
R. herab. Dies ist wahrscheinlich nicht alleinige Folge der Nordwinde
sondern vielleicht Folge eines Contrastes in den obern Windregio-
nen, oder der plötzlich bewirkten Ausdünstung der Dämpfe.
Die Nähe des Oceans giebt den großen Contrast zwischen Küsten-
klima [u.]und dem Klima des Innern. Den größten Contrast in
dieser Hinsicht zeigt die skandinavische Halbinsel. Im 70ten° d. B.
ist die Schneegränze bei 7300′ Höhe und bei 71½° d. B. findet man
sie schon bei 2200′ Höhe. Einen eben so auffallenden Unterschied
finden wir in Gallien. In der Bretagne wachsen dieselben
Pflanzen, welche sonst nur in Italien gedeihen z. E. der Erd-
beerbaum; diese Wärme ist auch hier Folge des Küstenkli-
mas. Betrachtet man das Meer bloß als eine Masse von

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[[254]/0260] Winden welche in Aegÿpten von Norden wehen. Außer den uns bekannten und fühlbaren Winden, giebt es wahrscheinlich noch andere Luftbewegungen von oben herab. Man sieht häufig das Gewölk in obern Regionen sich ganz anders bewegen als das niedere. Es be- darf wahrscheinlich nicht immer des Abhanges eines Gebirges, daß die obern Luftschichten herabkommen, sondern häufig mögen die obern Winde dasselbe bewirken. Solches fand L. v. Buch auf den cana- rischen Inseln u.und im innern Africa findet sich wahrscheinlich etwas Aehnliches, denn hier ist mitten unter den Tropen oft eine solche Kälte, daß die Wasserschläuche hartgefrieren, ja daß Menschen selbst erfrieren. So erfror Clappertons Gefährte der Dr Oudrez in der Wüste bei einer Höhe nur von 600′. Ehrenberg hat in der Wüste von Dongola 19° Breite, das Thermometer im December u.und bei Nordwinden bis 2½° R. herabfallen sehen. In Jamaica dagegen welches unter derselben Breite von 19° liegt, sinkt es nie unter 15° R. herab. Dies ist wahrscheinlich nicht alleinige Folge der Nordwinde sondern vielleicht Folge eines Contrastes in den obern Windregio- nen, oder der plötzlich bewirkten Ausdünstung der Dämpfe. Die Nähe des Oceans giebt den großen Contrast zwischen Küsten- klima u.und dem Klima des Innern. Den größten Contrast in dieser Hinsicht zeigt die skandinavische Halbinsel. Im 70ten° d. B. ist die Schneegränze bei 7300′ Höhe und bei 71½° d. B. findet man sie schon bei 2200′ Höhe. Einen eben so auffallenden Unterschied finden wir in Gallien. In der Bretagne wachsen dieselben Pflanzen, welche sonst nur in Italien gedeihen z. E. der Erd- beerbaum; diese Wärme ist auch hier Folge des Küstenkli- mas. Betrachtet man das Meer bloß als eine Masse von

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [254]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/0260>, abgerufen am 28.03.2024.