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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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wo noch 14 Zoll Luftdruck (die Hälfte des gewöhnlichen) sich fand.
Wenn nun der Luftdruck so allmählig, je höher man kommt
immer abnimmt, so müsse man glauben es gäbe gar
keine eigentliche Gränze der Atmosphäre. Es ist hierüber viel
Streit zwischen Mathematikern und Physikern gewesen.
Laplace hat geglaubt, daß man nur auf den Zustand einer
Atmosphäre daraus schließen könne, daß die Elasticität
der Luft in größerer Höhe mehr abnehme als der auf sie
lastende Druck. So meinte er habe die Erde einen Theil der
Mondatmosphäre an sich gezogen. Wenn unsre Erde auf diese
Weise dem Mond einen Theil seiner Atmosphäre entzogen
hätte, so würde es noch wahrscheinlicher sein, daß die grö-
ßern Planeten uns gleichfalls unsere Atmosphäre entzogen
und sich selbst so verdickt hätten. Guliston hat die Unhaltbar-
keit dieser Laplaceschen Meinung gezeigt. Die Sonne müste
nach diesen Schlüssen eine sehr verdichtete Atmosphäre haben.
Er hat hieraus gefolgert, daß die Atmosphäre eine bestimmte
Gränze haben müsse. Nach genauern Beobachtungen geben
die Trabanten des Jupiters welche bei ihrem Durchgange durch
den Jupiter mit ihrem Schatten an der Scheibe des Hauptpla-
neten wohl beobachtet werden können. Sie müßsten aber doch,
wenn sie in seine Atmosphäre kämen, verlangsamert
werden; hiervon aber findet sich nichts.

andere Art, die Turia (?) Montana findet sich weniger hoch, bis etwa 1200 Toisen
wo 111/2° mittlere Temperatur herrscht. Man braucht weniger für die Palmen nach
der wärmsten Temperatur zu fragen, als vielmehr wie die kälteste sei. Bei 1700
Toisen Höhe finden sich keine Palmen mehr denn dort ist die mittlere Temperatur
höchstens 6-7° Reaumur. Wo die Temperatur eines Monats bis 0° herabgeht
können keine Palmen mehr gedeihen. Wo die mittlere Temperatur 10° Wärme
ist geht die Temperatur theilweise tiefer herab als 5° Reaumur Kälte.

wo noch 14 Zoll Luftdruck (die Hälfte des gewöhnlichen) sich fand.
Wenn nun der Luftdruck so allmählig, je höher man kommt
immer abnimmt, so müsse man glauben es gäbe gar
keine eigentliche Gränze der Atmosphäre. Es ist hierüber viel
Streit zwischen Mathematikern und Phÿsikern gewesen.
Laplace hat geglaubt, daß man nur auf den Zustand einer
Atmosphäre daraus schließen könne, daß die Elasticität
der Luft in größerer Höhe mehr abnehme als der auf sie
lastende Druck. So meinte er habe die Erde einen Theil der
Mondatmosphäre an sich gezogen. Wenn unsre Erde auf diese
Weise dem Mond einen Theil seiner Atmosphäre entzogen
hätte, so würde es noch wahrscheinlicher sein, daß die grö-
ßern Planeten uns gleichfalls unsere Atmosphäre entzogen
und sich selbst so verdickt hätten. Guliston hat die Unhaltbar-
keit dieser Laplaceschen Meinung gezeigt. Die Sonne müste
nach diesen Schlüssen eine sehr verdichtete Atmosphäre haben.
Er hat hieraus gefolgert, daß die Atmosphäre eine bestim̃te
Gränze haben müsse. Nach genauern Beobachtungen geben
die Trabanten des Jupiters welche bei ihrem Durchgange durch
den Jupiter mit ihrem Schatten an der Scheibe des Hauptpla-
neten wohl beobachtet werden können. Sie müßsten aber doch,
wenn sie in seine Atmosphäre kämen, verlangsamert
werden; hiervon aber findet sich nichts.

andere Art, die Turia (?) Montana findet sich weniger hoch, bis etwa 1200 Toisen
wo 11½° mittlere Temperatur herrscht. Man braucht weniger für die Palmen nach
der wärmsten Temperatur zu fragen, als vielmehr wie die kälteste sei. Bei 1700
Toisen Höhe finden sich keine Palmen mehr denn dort ist die mittlere Temperatur
höchstens 6–7° Reaumur. Wo die Temperatur eines Monats bis 0° herabgeht
können keine Palmen mehr gedeihen. Wo die mittlere Temperatur 10° Wärme
ist geht die Temperatur theilweise tiefer herab als 5° Reaumur Kälte.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [83]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/89>, abgerufen am 19.04.2024.