Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Physikalische Geographie von Heinr. Alex. Freiherr v. Humboldt. [V]orgetragen im Wintersemester 1827/8. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Körper fest oder gasartig sind.

In geographischer Hinsicht bleiben nur noch 26 Gra-
de der Breite übrig die noch nicht bekannt sind.
Capit: Paroy hat Reisen nach den Nordpol unter-
nommen, und die Wiederholung derselben
läßt uns günstige Resultate erwarten.

Die Weltansicht wie sie auf uns gekommen ist,
ist ein Produckt der menschlichen Intelligenz. -
In frühern Zeiten hielt sie nicht Schritt mit den
physischen Wissenschaften. Da die ersten Völker
vielleicht eine größere Neigung zur Phiylosophie
und zu der Speculation zeigten, und weniger
auf Erfahrung hielten, so mußten natürlich
manche Ansichten ganz vernachlässiget werden.
Jetzt, wo fast ein jedes Volk Europas sich mit
einem andern Zweige der Natur beschäftigt,
muß die Weltansicht gleichzeitig fortschreiten.
Jedoch sind diese Fortschritte deshalb nicht gleich-
mäßig. - Einzelne Wissenschaften gehen gleich-
sam stoßweise fort, indem oft eine neue
Erfahrung, eine Erfindung Licht auf viele
Punkte verbreitet die bis dahin dunkel waren,
weil es eben an dieser Erfahrung fehlte. -
Das Streben in unsrer Zeit geht hauptsächlich
nach allgemeinen Ansichten nach Principien

die

Körper feſt oder gasartig ſind.

In geographiſcher Hinſicht bleiben nur noch 26 Gra-
de der Breite übrig die noch nicht bekannt ſind.
Capit: Paroy hat Reiſen nach den Nordpol unter-
nommen, und die Wiederholung derſelben
läßt uns günſtige Reſultate erwarten.

Die Weltanſicht wie ſie auf uns gekommen iſt,
iſt ein Produckt der menſchlichen Intelligenz. –
In frühern Zeiten hielt ſie nicht Schritt mit den
phyſiſchen Wiſsenſchaften. Da die erſten Völker
vielleicht eine größere Neigung zur Phiyloſophie
und zu der Speculation zeigten, und weniger
auf Erfahrung hielten, ſo mußten natürlich
manche Anſichten ganz vernachläſsiget werden.
Jetzt, wo faſt ein jedes Volk Europas ſich mit
einem andern Zweige der Natur beſchäftigt,
muß die Weltanſicht gleichzeitig fortſchreiten.
Jedoch ſind dieſe Fortſchritte deshalb nicht gleich-
mäßig. – Einzelne Wiſsenſchaften gehen gleich-
ſam ſtoßweiſe fort, indem oft eine neue
Erfahrung, eine Erfindung Licht auf viele
Punkte verbreitet die bis dahin dunkel waren,
weil es eben an dieſer Erfahrung fehlte. –
Das Streben in unſrer Zeit geht hauptſächlich
nach allgemeinen Anſichten nach Principien

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="8">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0054" n="46"/>
Körper fe&#x017F;t oder gasartig &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>In geographi&#x017F;cher Hin&#x017F;icht bleiben nur noch 26 Gra-<lb/>
de der Breite übrig die noch nicht bekannt &#x017F;ind.<lb/>
Capit: <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116048166 http://d-nb.info/gnd/116048166">Paroy</persName> hat Rei&#x017F;en nach den Nor<add place="intralinear">d</add>pol unter-<lb/>
nommen, und die Wiederholung der&#x017F;elben<lb/>
läßt uns gün&#x017F;tige Re&#x017F;ultate erwarten.</p><lb/>
              <p>Die Weltan&#x017F;icht wie &#x017F;ie auf uns gekommen i&#x017F;t,<lb/>
i&#x017F;t ein Produckt der men&#x017F;chlichen Intelligenz. &#x2013;<lb/>
In frühern Zeiten hielt &#x017F;ie nicht Schritt mit den<lb/>
phy&#x017F;i&#x017F;chen Wi&#x017F;sen&#x017F;chaften. Da die er&#x017F;ten Völker<lb/>
vielleicht eine größere Neigung zur Ph<subst><del rendition="#ow">i</del><add place="across">y</add></subst>lo&#x017F;ophie<lb/>
und zu der Speculation zeigten, und weniger<lb/>
auf Erfahrung hielten, &#x017F;o mußten natürlich<lb/>
manche An&#x017F;ichten ganz vernachlä&#x017F;siget werden.<lb/>
Jetzt, wo fa&#x017F;t ein jedes Volk Europas &#x017F;ich mit<lb/>
einem andern Zweige der Natur be&#x017F;chäftigt,<lb/>
muß die Weltan&#x017F;icht gleichzeitig fort&#x017F;chreiten.<lb/>
Jedoch &#x017F;ind die&#x017F;e Fort&#x017F;chritte deshalb nicht gleich-<lb/>
mäßig. &#x2013; Einzelne Wi&#x017F;sen&#x017F;chaften gehen gleich-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;toßwei&#x017F;e fort, indem oft eine neue<lb/>
Erfahrung, eine Erfindung Licht auf viele<lb/>
Punkte verbreitet die bis dahin dunkel waren,<lb/>
weil es eben an die&#x017F;er Erfahrung fehlte. &#x2013;<lb/>
Das Streben in un&#x017F;rer Zeit geht haupt&#x017F;ächlich<lb/>
nach allgemeinen An&#x017F;ichten nach Principien<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0054] Körper feſt oder gasartig ſind. In geographiſcher Hinſicht bleiben nur noch 26 Gra- de der Breite übrig die noch nicht bekannt ſind. Capit: Paroy hat Reiſen nach den Nordpol unter- nommen, und die Wiederholung derſelben läßt uns günſtige Reſultate erwarten. Die Weltanſicht wie ſie auf uns gekommen iſt, iſt ein Produckt der menſchlichen Intelligenz. – In frühern Zeiten hielt ſie nicht Schritt mit den phyſiſchen Wiſsenſchaften. Da die erſten Völker vielleicht eine größere Neigung zur Phiyloſophie und zu der Speculation zeigten, und weniger auf Erfahrung hielten, ſo mußten natürlich manche Anſichten ganz vernachläſsiget werden. Jetzt, wo faſt ein jedes Volk Europas ſich mit einem andern Zweige der Natur beſchäftigt, muß die Weltanſicht gleichzeitig fortſchreiten. Jedoch ſind dieſe Fortſchritte deshalb nicht gleich- mäßig. – Einzelne Wiſsenſchaften gehen gleich- ſam ſtoßweiſe fort, indem oft eine neue Erfahrung, eine Erfindung Licht auf viele Punkte verbreitet die bis dahin dunkel waren, weil es eben an dieſer Erfahrung fehlte. – Das Streben in unſrer Zeit geht hauptſächlich nach allgemeinen Anſichten nach Principien die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Ibero-Amerikanisches Institut Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Edition: Im Manuskript fehlt ein Blatt (S. 359–360), aus technischen Gründen wurde auf die Einschaltung von zwei Leerseiten im Digitalisat verzichtet. Ein entsprechendes Tag weist an der betreffenden Stelle darauf hin.

Zwei Blätter sind vom Schreiber falsch paginiert und falsch gebunden (S. 291–294). Die Reihenfolge der Bilder wurde korrigiert, die dementsprechend korrigierten Seitenzahlen wurden durch eckige Klammern gekennzeichnet.

Vom Schreiber selbst berichtigte Seitenzahlen wurden ebenfalls durch eckige Klammern gekennzeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_n0171w1_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_n0171w1_1828/54
Zitationshilfe: [N. N.]: Physikalische Geographie von Heinr. Alex. Freiherr v. Humboldt. [V]orgetragen im Wintersemester 1827/8. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_n0171w1_1828/54>, abgerufen am 16.04.2024.