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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 132. Köln, 2. November 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 132. Köln, Donnerstag den 2. November. 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Wien. (Nachrichten des "Pr. St.-A.," der "Dtsch. Ref.," der "Bresl. Ztg." und der "Const. Bl. a. B.") Olmütz. (Kaisl. Manifest). Prag. (Die Börse). Frankfurt. (National-Versammlung). Berlin. (Vereinbarungssitzung. - Vermischtes. - Die Elbinger Affaire. - Demokratischer Kongreß). Posen. (Dankadresse). Triest. (Unruhen).

Italien. Livorno. (Die Bewegung).

Schweiz. Bern. (Das Freiburger Pfaffenkomplott).

Franz. Republik. Paris. (Die Kandidatur Louis Napoleons. - Vermischtes. - National-Versammlung).

Spanien. Madrid. (Vista Hermosa. - Moptanos arretirt. - Die Insurgenten. - Cabrera).

Großbritannien. London. (Handel. - Politik. - Die Seeschlange. Die "Post" über Deutschland). Dublin. (Die Prozesse der Insurgenten).

Amerika. Rio. (Montevideo. - Colonia in den Händen der Blancas).

Deutschland.
Wien.

Zeitungen und Briefe aus Wien sind uns immer noch nicht zugekommen. Die Nachrichten, die wir mittheilen, sind dem "Preußischen Staatsanzeiger", der "Deutschen Reform", der "Breslauer Zeitung" und den "Prager Constitutionellen Blättern" entnommen. Diese Blätter sind sämmtlich gleich verdächtig. Die "Neue Preußische Zeitung" weiß sogar aus zuverlässiger Quelle", daß die Führer der akademischen Legion "feige" geflüchtet sind. Sobald uns unsere gewöhnlichen Berichte zugehen, werden wir sie sofort mittheilen.

Wien.

Aus zuverlässigen Nachrichten steht so viel fest, daß die Beschießung und der Angriff der Stadt am 28. Morgens bald nach 10 Uhr begonnen hatte. Ueber die derselben vorhergegangenen letzten Ereignisse, gehen uns aus der Umgegend Wiens noch folgende Nachrichten zu: Der Fürst Windischgrätz hatte die Bedenkzeit zweimal verlängert; die letzte Frist war am 27. Abends abgelaufen. An diesem Tage hatte fast vollständige Waffenruhe stattgefunden. Man sah zwei Feuersbrünste in der Stadt oder der unmittelbaren Nähe derselben. Der Fürst hatte dem Gemeinderathe angezeigt, er werde ihn für allen Schaden, der der Stadt aus den nothwendig werdenden Gewaltmaßregeln erwachse, verantwortlich machen. Einzelne Personen, denen es mit großer Mühe gelungen, die Stadt zu verlassen, erzählten, daß daselbst das bewaffnete Volk selbst in die Gasthäuser dringe und die Fremden zur Theilnahme am Kampfe zwinge.

Die Ungarn standen am 27. mit angeblich 40-50,000 Mann jenseits der Leitha, und über ihre Absichten herrschte vollständige Ungewißheit. Seitdem das erste Dampfschiff mit 700 Ungarn in Grund geschossen worden, ist kein weiterer Versuch von ihnen gemacht worden, der Stadt zu Hülfe zu kommen.

(Pr. St. A.)
Wien.

Die "Deutsche Reform," das Journal des Herrn Milde, läßt sich aus Wien vom 28. Oktober berichten:

Das Bombardement der Stadt hat am 28. Oktbr. Morgens begonnen.

Windischgrätz hatte die Entwaffnung der Arbeiter und des Restes der akademischen Legion gefordert. Darauf hatten die Deputationen der verschiedensten Korporationen Wiens erklärt, daß sie außer Stande seien, diese Entwaffnung auszuführen, und ihn aufgefordert, in die Stadt, die sie ihm freiwillig überliefern wollten, einzuziehen und die Entwaffnung selbst vorzunehmen. Windischgrätz erwiederte, daß er keinen Straßenkampf eingehen werde. - Schon am 27. d. M. wurden einige Bomben in die Stadt geworfen, die einige Häuser in Brand steckten. Dann trat bis zum 28. d. M. Stille ein; die Entwaffnung ward nicht angekündigt. Darauf begann am Morgen des 28. das Bombardement.

Ein Breslauer Brief vom 29. Oktbr. 4 Uhr Nachmittags enthält Folgendes: Durch das Fahrpersonal der Wiener Bahn ist Abschrift folgender gestern nach Ollmütz telegraphirten Depesche angelangt:

"General Wias an den Minister v. Wessenberg in Ollmütz. Gestern (den 28. Okt.) 11 Uhr, hat Feldmarschall Windischgrätz von allen Seiten angegriffen. Das Bataillon Schönhals, welches am Eingange der Jägerzeil die erste mit zwölf Kanonen besetzte Barrikade erstürmt hatte, ist aufgerieben worden. Die Barrikade wurde später von den Jägern und Grenadieren genommen. Das Militär ist bis an das Karlstheater vorgedrungen. Die Vorstädte Louisenstraße und Franz-Allee stehen in Flammen. Die Anführer der Studenten flüchten."

Von allen diesen Nachrichten ist nur die eine glaublich, daß das Bataillon Schönhals aufgerieben und ein allgemeiner Angriff auf Wien versucht worden ist.

Wien.

Die Prager Zeitung verkündet durch den Gubernialpräsidenten Mecsery Folgendes aus Wien:

Ueber meine Anfrage kam mir heute um 7 Uhr Abends vom Minister Wessenberg folgende telegraphische Depesche zu:

"Gestern um 11 Uhr Morgens fand ein Angriff auf die Truppen in der Leopoldstadt statt, dessen Resultat unbedeutend. Fürst Windischgrätz hat einen neuen Termin von 24 Stunden gegeben. Morgen hoffe ich Näheres zu liefern.

Prag, am 27. Oktober.

Mecsery."

Wien.

Eine der Bresl. Ztg. "auf außergewöhnlichem Wege"zugekommene Mittheilung ist von Lundenburg, 26. Oct., Nachts 11 Uhr datirt, und lautet:

"Es ist unmöglich und nicht der Augenblick erlaubt es mir, Ihnen Alles im Detail mittheilen zu können, was ich in größter Hast und Eile hier und da von verschiedenen Gruppen der auf dem Stationsplatze versammelten Menschenmassen erhaschen konnte. Doch aus dem Munde einiger Eisenbahnbediensteter, welche den heutigen Tag über in Florisdorf und Augen- und Ohrenzeugen waren, erfahre ich folgende Hauptsachen: Die tapferen Wiener sind und waren noch überall Sieger! Sie unterhalten ein wahrhaft mörderisches Feuer, welches selbst den kaiserl. Offizieren das Geständniß erpreßte: "Wenn das so fort geht, so haben wir nicht Leute genug." - Von dem 5ten Jäger-Bataillon, welches durch den Prater der Stadt sich näherte, blieben c. 150-160 Mann übrig, die andern sind alle gefallen. - Das Merkwürdigste ist, daß gestern Nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr Windischgrätz das Feuer einstellen mußte wegen gänzlichen Mangel an Munition - und von den Wienern einen Waffenstillstand verlangte, worauf jedoch diese antworteten, sie brauchen keinen Waffenstillstand, sondern sie werden kämpfen, bis sich die Sache entschieden hat. - Windischgrätz dachte bei der Nußdorfer Linie ohne Mühe und großen Widerstand einzudringen, stieß aber hier auf einen harten Stein, denn diese soll die meisten Schanzen und stärksten Barrikaden haben. - Der Wiener Nordbahnhof einzig und allein ist von dem Militär besetzt, und dies ist auch alles, was sie seit drei Tagen erreicht haben. - Nun fehlt es ihnen gänzlich an Munition, und Augenzeugen sagen aus, daß die Patronen des schweren Geschützes und Alles herhalten muß, um den Mangel zu ersetzen. - Uebrigens hört man, daß Morgen, den 27sten, ein Separat-Train von Olmütz mit Munition abgehen soll. Auch sind heute 2 Briefe an das Verpflegungs-Magazin in Brünn abgegangen, wahrscheinlich um Brod, auch fehlt es an Geld und Fleisch. Das Feuer hat Abends neuerdings begonnen, und man erwartet eine schreckliche Nacht. Windischgrätz soll fortwährend Brandraketen werfen lassen, woran wohl der Mangel an sonstiger Munition Schuld sein mag. Feuer sieht man an verschiedenen Orten, des Tages unbedeutend, so wie aber die Nacht einbricht, überzieht sich der Himmel mit einem blutrothen Schleier. - Abgebrannt sind die große Dampfmühle an der Donau, die sogenannte Schweizerfabrik am Nordbahnhofe, das Jägerhaus gegenüber. Die braven Wiener werden nicht unterliegen; denn sie kämpfen löwenmuthig und sind auf Alles gefaßt. Die Burg, die National-Bank, das Zeughaus und die Universität, ja selbst der Stephans-Dom soll unterminirt sein, um im Falle der Noth sich und das Militär unter dem Schutte zu begraben. - - Jellachich hat sich zurückgezogen. - Die kaiserl. Pioniere wollten bei Florisdorf eine kleine Schanze aufwerfen. Als sie drei Schuh hoch war, fingen die Wiener darauf zu feuern an, so zwar, daß binnen wenigen Minuten Alles in Fetzen herumflog. Die Pionier-Offiziere gestehen offen, daß die Wiener sich sehr fest gesetzt haben, was sie nie glaubten."

Abends 11 Uhr. So eben, berichtet die Bresl. Ztg., kommt uns noch ein mährisches Blatt vom 26. Oct. zu Händen, welches, obgleich älter als obige Mittheilung, doch im Allgemeinen mit derselben übereinstimmt. Dasselbe meldet nämlich: "Die Truppen des Fürsten Windischgrätz sollen eine Uebergangsbrücke geschlagen und den Angriff begonnen haben; wahrscheinlich hat Wien die Friedensbedingungen des Prager Imperators, nämlich die Entwaffnung der Proletarier und die Auflösung der Legion entrüstet zurückgewiesen. In dem Tumulte des Kampfes soll ein Grenadier-Bataillon, dann Pioniere und 18 Artilleristen zu den Wienern übergegangen sein. Die Kanonen des Volkes schossen die Uebergangsbrücke in Brand, namentlich war das Feuer von der Bastei lebhaft und von siegender Wirkung. Man erzählt, es habe das bei diesem Angriffe betheiligte Militär sehr lau und mehr mit Unwillen die Waffen gegen das Volk gebraucht. Man schildert die Arbeiter als löwenkühn: sie sollen sich furchtlos in den Bereich der feindlichen Geschütze gewagt, die militärische Bedeckung derselben aber auf sie nicht mehr gefeuert haben. Die Kanonade begann um 4 Uhr Nachmittags, und um 8 Uhr Abends, als die Reisenden abgingen, spielten noch immer die Geschütze von beiden Seiten. Zwei Häuser der Leopoldstadt geriethen in Brand; er wurde jedoch bald gelöscht."

Lemberg, 22. Okt.

In der Sitzung, welche die hier versammelten Russinen am 19. l. M. im Gebäude des griechisch-katholischen Seminars abhielten, debattirte man vornehmlich über Sicherung der russinischen Nationalität, Hebung und Ausbildung ihrer Sprache, und Hervorrufung des nationalen Bewußtseins beim Landvolke. Auch die Errichtung einer besondern russinischen Nationalgarde wurde in der Session berührt. Schon vor geraumer Zeit gelangten an das galizische Landespräsidium zahlreiche Bitten um die Bewilligung einer besondern russinischen Nationalgarde, Bitten, die von der Voraussetzung ausgegangen sein mochten, die hierlands bestehende Garde sei ein rein polnisches militärisches Institut. Deshalb projektirten die Gesuchsteller für die neue Garde eine besondere Einrichtung und eine eigene Adjustirung mit dem Beisatze, daß das Kommando der russinischen Nationalgarde nicht in polnischer Sprache geführt werden solle. - Das Landespräsidium verwarf alle Anträge zur Errichtung eines Sonderkorps mit der Begründung, daß es hier zu Lande weder eine besondere polnische noch eine eigene russinische, sondern nur eine galizische Nationalgarde gebe, deren Reglement innerhalb der Schranken des Gesetzes dem Uebereinkommen des Korps selbst anheimgestellt bleibt. - Bei dem Allen scheinen schon früher in den russinischen Kreisen Vorbereitungen zur Errichtung dieser Garde gemacht, und zu diesem Zwecke Religion und Fanatismus ausgebeutet worden zu sein, denn hier und da kam es zu störenden Auftritten. In dem Orte Konotopy namentlich, hat der Dorfpfarrer die Einigung der Bewohner in ein selbstständiges russinisches Korps mit allen Mitteln durchsetzen wollen, und als er bei dem Grundherrn Widerstand fand, bewaffnete er die Bauern mit Dreschflegeln, Sensen und Aexten, und nahm auf dem Hofe eine drohende Stellung so lange an, bis ein Kreiskommissär einschritt.

Die hiesige Deputation, die vor einiger Zeit nach Pest abgegangen war, um den Ungarn die Hülfe der Polen anzubieten, kehrte am 18. d. M. von dort zurück. Sie wurde sehr gut aufgenommen, und Kossuth soll der künftigen magyarisch-polnischen Legion sehr vortheilhafte Bedingungen angeboten haben. In Folge des Anerbietens sind in der That mehrere junge Leute nach Preßburg abgegangen; der letzte Transport verließ Lemberg am 20. dieses Monats.

(Cst. Bl. a. B.)
Olmütz, 28. Oktober.

So eben ist folgendes Manifest erschienen:

"Wir Ferdinand der Erste, konstitutioneller Kaiser von Oestreich, König von Ungarn etc. etc. Die Unserm Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie, und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst haben Uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit versetzt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unsern Manifesten vom 16. und 19. Oktober l. J. Unsern Völkern verkündigt haben. - Bei dem gestörten Zustande der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt und bei dem bevorstehenden Eintritt militärischer Maßregeln ist es für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzusetzen. Wir finden Uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sitzungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 15. November l. J. nach der Stadt Kremsier, wo er in der Lage sein wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können. - Es werden demnach alle zum konstituirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert, sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverlässig einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzuführen und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen. - Wir versehen uns, daß alle zum konstituirenden Reichstage gewählten Vertreter des Volkes ihrer Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich angelegen sein lassen werden, pünktlich zur oben bestimmten Zeit an dem bezeichneten, zeitweiligen Sitze des Reichstages zu erscheinen, um sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen.

Olmütz am 22. Oktober 1848.

Ferdinand m. p. Wessenberg m. p."

Prag, 26. Oktober.

Sie werden erwarten, daß hier in Prag die Gemüther gespannt sind auf den Ausgang der Wiener Wirren und ängstlich die Ankunft der Bahnzüge erwarten; - o Sie irren sich, die Prager sind ganz ruhig, sie sind des Ausganges gewiß. Was glauben sie? Windischgrätz's Granaten sollen helfen. Die Stockjobbers geben 8 pCt. auf das schwere Belagerungsgeschütz, das man von Theresienstadt in das Lager bei Wien geführt hat. Die Herren müssen ihres Sieges sehr gewiß sein; woher sonst die Steigerung der Metalliques von 66 auf 74 pCt. ? Nicht einmal das haben die schlauen Spekulanten aus der Märzepoche behalten, daß mit Bajonnetten und Kartätschen die Course sich nicht halten lassen, wenn ein einiges Volk sich erhebt zum Schutze der unverletzlichen Freiheit. - Die Börse und der Banquier haben seit dem 6. Oktober eine Stellung, mit nichts Anderem vergleichbar, als mit den Tauben und den gesäeten Erbsen, von denen das Wortspiel gilt, wenn sie kommen, kommen sie nicht, kommen sie nicht, so kommen sie. Die Verfallzeit der Wechsel ist über den erst bestimmten Termin bis zum 1. November hinausgeschoben und die Börsenbourgeoisie schreit Hosiannah der provisorischen Regierung von Wien. - Diese Unruhe übertäubt jede andere Betrachtung, die sonst anzustellen wäre. Sie wissen die Verlegenheit der österreichischen Bank, als von allen Seiten Leute herbeiströmten, welche statt der Banknoten die zugesicherten Zwanziger haben wollten. Die Bank verweigerte die Auswechselung größerer Summen, und um dem Verkehr im Lande zu helfen, creirte man Papiere zu 1 und 2 Gulden. Trotzdem drängten die Leute in die Auswechselungsbureaux, und bald zahlte man 3, ja auch 5 pCt. Agio im Umtausch des Papiers gegen Silber. Die Bank mußte Rath schaffen, Silber zu bekommen, man kam auf den famosen Gedanken des Silberausfuhrverbotes, und da man bald sah, daß dies nichts half, so hob man diese verkehrte Maßregel nicht auf, nein, die Bank alliirte sich mit Herrn Salomon Heine in Hamburg, welcher gegen ein gewisses Agio Silber nach Wien lieferte; das waren die geheimen Geldsendungen, von denen die Breslauer Zeitungen immer berichteten. Aber Heine sandte den Wienern keine englische Silberbarren, nein, ihre eigenen, aus dem Lande herausgeschmuggelten Zwanziger, sandte er ihnen zurück, und kein Anderer als Salomon Heine hat das Vaterland gerettet, denn wer hätte sonst den Wienern das Silber geschafft, wenn nicht er? - Halten Sie aber die Wiener Bankdirektion ja nicht für dumm, das sind schlaue Köpfe, der Ausfuhr zu steuern fabriziren sie jetzt Sechs-Kreuzerstücke mit einem Silberwerth von nur 3 3/4 Kreuzer. Sie kennen die Karrikatur von dem Adler, welcher Silber frißt und Papier.

(A. D.-Z.)
!!! Frankfurt, 30. Oktober.

Sitzung der National-Versammlung.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 132. Köln, Donnerstag den 2. November. 1848.
Uebersicht.

Deutschland. Wien. (Nachrichten des „Pr. St.-A.,“ der „Dtsch. Ref.,“ der „Bresl. Ztg.“ und der „Const. Bl. a. B.“) Olmütz. (Kaisl. Manifest). Prag. (Die Börse). Frankfurt. (National-Versammlung). Berlin. (Vereinbarungssitzung. ‒ Vermischtes. ‒ Die Elbinger Affaire. ‒ Demokratischer Kongreß). Posen. (Dankadresse). Triest. (Unruhen).

Italien. Livorno. (Die Bewegung).

Schweiz. Bern. (Das Freiburger Pfaffenkomplott).

Franz. Republik. Paris. (Die Kandidatur Louis Napoleons. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung).

Spanien. Madrid. (Vista Hermosa. ‒ Moptanos arretirt. ‒ Die Insurgenten. ‒ Cabrera).

Großbritannien. London. (Handel. ‒ Politik. ‒ Die Seeschlange. Die „Post“ über Deutschland). Dublin. (Die Prozesse der Insurgenten).

Amerika. Rio. (Montevideo. ‒ Colonia in den Händen der Blancas).

Deutschland.
Wien.

Zeitungen und Briefe aus Wien sind uns immer noch nicht zugekommen. Die Nachrichten, die wir mittheilen, sind dem „Preußischen Staatsanzeiger“, der „Deutschen Reform“, der „Breslauer Zeitung“ und den „Prager Constitutionellen Blättern“ entnommen. Diese Blätter sind sämmtlich gleich verdächtig. Die „Neue Preußische Zeitung“ weiß sogar aus zuverlässiger Quelle“, daß die Führer der akademischen Legion „feige“ geflüchtet sind. Sobald uns unsere gewöhnlichen Berichte zugehen, werden wir sie sofort mittheilen.

Wien.

Aus zuverlässigen Nachrichten steht so viel fest, daß die Beschießung und der Angriff der Stadt am 28. Morgens bald nach 10 Uhr begonnen hatte. Ueber die derselben vorhergegangenen letzten Ereignisse, gehen uns aus der Umgegend Wiens noch folgende Nachrichten zu: Der Fürst Windischgrätz hatte die Bedenkzeit zweimal verlängert; die letzte Frist war am 27. Abends abgelaufen. An diesem Tage hatte fast vollständige Waffenruhe stattgefunden. Man sah zwei Feuersbrünste in der Stadt oder der unmittelbaren Nähe derselben. Der Fürst hatte dem Gemeinderathe angezeigt, er werde ihn für allen Schaden, der der Stadt aus den nothwendig werdenden Gewaltmaßregeln erwachse, verantwortlich machen. Einzelne Personen, denen es mit großer Mühe gelungen, die Stadt zu verlassen, erzählten, daß daselbst das bewaffnete Volk selbst in die Gasthäuser dringe und die Fremden zur Theilnahme am Kampfe zwinge.

Die Ungarn standen am 27. mit angeblich 40-50,000 Mann jenseits der Leitha, und über ihre Absichten herrschte vollständige Ungewißheit. Seitdem das erste Dampfschiff mit 700 Ungarn in Grund geschossen worden, ist kein weiterer Versuch von ihnen gemacht worden, der Stadt zu Hülfe zu kommen.

(Pr. St. A.)
Wien.

Die „Deutsche Reform,“ das Journal des Herrn Milde, läßt sich aus Wien vom 28. Oktober berichten:

Das Bombardement der Stadt hat am 28. Oktbr. Morgens begonnen.

Windischgrätz hatte die Entwaffnung der Arbeiter und des Restes der akademischen Legion gefordert. Darauf hatten die Deputationen der verschiedensten Korporationen Wiens erklärt, daß sie außer Stande seien, diese Entwaffnung auszuführen, und ihn aufgefordert, in die Stadt, die sie ihm freiwillig überliefern wollten, einzuziehen und die Entwaffnung selbst vorzunehmen. Windischgrätz erwiederte, daß er keinen Straßenkampf eingehen werde. ‒ Schon am 27. d. M. wurden einige Bomben in die Stadt geworfen, die einige Häuser in Brand steckten. Dann trat bis zum 28. d. M. Stille ein; die Entwaffnung ward nicht angekündigt. Darauf begann am Morgen des 28. das Bombardement.

Ein Breslauer Brief vom 29. Oktbr. 4 Uhr Nachmittags enthält Folgendes: Durch das Fahrpersonal der Wiener Bahn ist Abschrift folgender gestern nach Ollmütz telegraphirten Depesche angelangt:

„General Wias an den Minister v. Wessenberg in Ollmütz. Gestern (den 28. Okt.) 11 Uhr, hat Feldmarschall Windischgrätz von allen Seiten angegriffen. Das Bataillon Schönhals, welches am Eingange der Jägerzeil die erste mit zwölf Kanonen besetzte Barrikade erstürmt hatte, ist aufgerieben worden. Die Barrikade wurde später von den Jägern und Grenadieren genommen. Das Militär ist bis an das Karlstheater vorgedrungen. Die Vorstädte Louisenstraße und Franz-Allee stehen in Flammen. Die Anführer der Studenten flüchten.“

Von allen diesen Nachrichten ist nur die eine glaublich, daß das Bataillon Schönhals aufgerieben und ein allgemeiner Angriff auf Wien versucht worden ist.

Wien.

Die Prager Zeitung verkündet durch den Gubernialpräsidenten Mecsery Folgendes aus Wien:

Ueber meine Anfrage kam mir heute um 7 Uhr Abends vom Minister Wessenberg folgende telegraphische Depesche zu:

„Gestern um 11 Uhr Morgens fand ein Angriff auf die Truppen in der Leopoldstadt statt, dessen Resultat unbedeutend. Fürst Windischgrätz hat einen neuen Termin von 24 Stunden gegeben. Morgen hoffe ich Näheres zu liefern.

Prag, am 27. Oktober.

Mecsery.“

Wien.

Eine der Bresl. Ztg. „auf außergewöhnlichem Wege“zugekommene Mittheilung ist von Lundenburg, 26. Oct., Nachts 11 Uhr datirt, und lautet:

„Es ist unmöglich und nicht der Augenblick erlaubt es mir, Ihnen Alles im Detail mittheilen zu können, was ich in größter Hast und Eile hier und da von verschiedenen Gruppen der auf dem Stationsplatze versammelten Menschenmassen erhaschen konnte. Doch aus dem Munde einiger Eisenbahnbediensteter, welche den heutigen Tag über in Florisdorf und Augen- und Ohrenzeugen waren, erfahre ich folgende Hauptsachen: Die tapferen Wiener sind und waren noch überall Sieger! Sie unterhalten ein wahrhaft mörderisches Feuer, welches selbst den kaiserl. Offizieren das Geständniß erpreßte: „Wenn das so fort geht, so haben wir nicht Leute genug.“ ‒ Von dem 5ten Jäger-Bataillon, welches durch den Prater der Stadt sich näherte, blieben c. 150-160 Mann übrig, die andern sind alle gefallen. ‒ Das Merkwürdigste ist, daß gestern Nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr Windischgrätz das Feuer einstellen mußte wegen gänzlichen Mangel an Munition ‒ und von den Wienern einen Waffenstillstand verlangte, worauf jedoch diese antworteten, sie brauchen keinen Waffenstillstand, sondern sie werden kämpfen, bis sich die Sache entschieden hat. ‒ Windischgrätz dachte bei der Nußdorfer Linie ohne Mühe und großen Widerstand einzudringen, stieß aber hier auf einen harten Stein, denn diese soll die meisten Schanzen und stärksten Barrikaden haben. ‒ Der Wiener Nordbahnhof einzig und allein ist von dem Militär besetzt, und dies ist auch alles, was sie seit drei Tagen erreicht haben. ‒ Nun fehlt es ihnen gänzlich an Munition, und Augenzeugen sagen aus, daß die Patronen des schweren Geschützes und Alles herhalten muß, um den Mangel zu ersetzen. ‒ Uebrigens hört man, daß Morgen, den 27sten, ein Separat-Train von Olmütz mit Munition abgehen soll. Auch sind heute 2 Briefe an das Verpflegungs-Magazin in Brünn abgegangen, wahrscheinlich um Brod, auch fehlt es an Geld und Fleisch. Das Feuer hat Abends neuerdings begonnen, und man erwartet eine schreckliche Nacht. Windischgrätz soll fortwährend Brandraketen werfen lassen, woran wohl der Mangel an sonstiger Munition Schuld sein mag. Feuer sieht man an verschiedenen Orten, des Tages unbedeutend, so wie aber die Nacht einbricht, überzieht sich der Himmel mit einem blutrothen Schleier. ‒ Abgebrannt sind die große Dampfmühle an der Donau, die sogenannte Schweizerfabrik am Nordbahnhofe, das Jägerhaus gegenüber. Die braven Wiener werden nicht unterliegen; denn sie kämpfen löwenmuthig und sind auf Alles gefaßt. Die Burg, die National-Bank, das Zeughaus und die Universität, ja selbst der Stephans-Dom soll unterminirt sein, um im Falle der Noth sich und das Militär unter dem Schutte zu begraben. ‒ ‒ Jellachich hat sich zurückgezogen. ‒ Die kaiserl. Pioniere wollten bei Florisdorf eine kleine Schanze aufwerfen. Als sie drei Schuh hoch war, fingen die Wiener darauf zu feuern an, so zwar, daß binnen wenigen Minuten Alles in Fetzen herumflog. Die Pionier-Offiziere gestehen offen, daß die Wiener sich sehr fest gesetzt haben, was sie nie glaubten.“

Abends 11 Uhr. So eben, berichtet die Bresl. Ztg., kommt uns noch ein mährisches Blatt vom 26. Oct. zu Händen, welches, obgleich älter als obige Mittheilung, doch im Allgemeinen mit derselben übereinstimmt. Dasselbe meldet nämlich: „Die Truppen des Fürsten Windischgrätz sollen eine Uebergangsbrücke geschlagen und den Angriff begonnen haben; wahrscheinlich hat Wien die Friedensbedingungen des Prager Imperators, nämlich die Entwaffnung der Proletarier und die Auflösung der Legion entrüstet zurückgewiesen. In dem Tumulte des Kampfes soll ein Grenadier-Bataillon, dann Pioniere und 18 Artilleristen zu den Wienern übergegangen sein. Die Kanonen des Volkes schossen die Uebergangsbrücke in Brand, namentlich war das Feuer von der Bastei lebhaft und von siegender Wirkung. Man erzählt, es habe das bei diesem Angriffe betheiligte Militär sehr lau und mehr mit Unwillen die Waffen gegen das Volk gebraucht. Man schildert die Arbeiter als löwenkühn: sie sollen sich furchtlos in den Bereich der feindlichen Geschütze gewagt, die militärische Bedeckung derselben aber auf sie nicht mehr gefeuert haben. Die Kanonade begann um 4 Uhr Nachmittags, und um 8 Uhr Abends, als die Reisenden abgingen, spielten noch immer die Geschütze von beiden Seiten. Zwei Häuser der Leopoldstadt geriethen in Brand; er wurde jedoch bald gelöscht.“

Lemberg, 22. Okt.

In der Sitzung, welche die hier versammelten Russinen am 19. l. M. im Gebäude des griechisch-katholischen Seminars abhielten, debattirte man vornehmlich über Sicherung der russinischen Nationalität, Hebung und Ausbildung ihrer Sprache, und Hervorrufung des nationalen Bewußtseins beim Landvolke. Auch die Errichtung einer besondern russinischen Nationalgarde wurde in der Session berührt. Schon vor geraumer Zeit gelangten an das galizische Landespräsidium zahlreiche Bitten um die Bewilligung einer besondern russinischen Nationalgarde, Bitten, die von der Voraussetzung ausgegangen sein mochten, die hierlands bestehende Garde sei ein rein polnisches militärisches Institut. Deshalb projektirten die Gesuchsteller für die neue Garde eine besondere Einrichtung und eine eigene Adjustirung mit dem Beisatze, daß das Kommando der russinischen Nationalgarde nicht in polnischer Sprache geführt werden solle. ‒ Das Landespräsidium verwarf alle Anträge zur Errichtung eines Sonderkorps mit der Begründung, daß es hier zu Lande weder eine besondere polnische noch eine eigene russinische, sondern nur eine galizische Nationalgarde gebe, deren Reglement innerhalb der Schranken des Gesetzes dem Uebereinkommen des Korps selbst anheimgestellt bleibt. ‒ Bei dem Allen scheinen schon früher in den russinischen Kreisen Vorbereitungen zur Errichtung dieser Garde gemacht, und zu diesem Zwecke Religion und Fanatismus ausgebeutet worden zu sein, denn hier und da kam es zu störenden Auftritten. In dem Orte Konotopy namentlich, hat der Dorfpfarrer die Einigung der Bewohner in ein selbstständiges russinisches Korps mit allen Mitteln durchsetzen wollen, und als er bei dem Grundherrn Widerstand fand, bewaffnete er die Bauern mit Dreschflegeln, Sensen und Aexten, und nahm auf dem Hofe eine drohende Stellung so lange an, bis ein Kreiskommissär einschritt.

Die hiesige Deputation, die vor einiger Zeit nach Pest abgegangen war, um den Ungarn die Hülfe der Polen anzubieten, kehrte am 18. d. M. von dort zurück. Sie wurde sehr gut aufgenommen, und Kossuth soll der künftigen magyarisch-polnischen Legion sehr vortheilhafte Bedingungen angeboten haben. In Folge des Anerbietens sind in der That mehrere junge Leute nach Preßburg abgegangen; der letzte Transport verließ Lemberg am 20. dieses Monats.

(Cst. Bl. a. B.)
Olmütz, 28. Oktober.

So eben ist folgendes Manifest erschienen:

„Wir Ferdinand der Erste, konstitutioneller Kaiser von Oestreich, König von Ungarn etc. etc. Die Unserm Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie, und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst haben Uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit versetzt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unsern Manifesten vom 16. und 19. Oktober l. J. Unsern Völkern verkündigt haben. ‒ Bei dem gestörten Zustande der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt und bei dem bevorstehenden Eintritt militärischer Maßregeln ist es für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzusetzen. Wir finden Uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sitzungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 15. November l. J. nach der Stadt Kremsier, wo er in der Lage sein wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können. ‒ Es werden demnach alle zum konstituirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert, sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverlässig einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzuführen und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen. ‒ Wir versehen uns, daß alle zum konstituirenden Reichstage gewählten Vertreter des Volkes ihrer Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich angelegen sein lassen werden, pünktlich zur oben bestimmten Zeit an dem bezeichneten, zeitweiligen Sitze des Reichstages zu erscheinen, um sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen.

Olmütz am 22. Oktober 1848.

Ferdinand m. p. Wessenberg m. p.“

Prag, 26. Oktober.

Sie werden erwarten, daß hier in Prag die Gemüther gespannt sind auf den Ausgang der Wiener Wirren und ängstlich die Ankunft der Bahnzüge erwarten; ‒ o Sie irren sich, die Prager sind ganz ruhig, sie sind des Ausganges gewiß. Was glauben sie? Windischgrätz's Granaten sollen helfen. Die Stockjobbers geben 8 pCt. auf das schwere Belagerungsgeschütz, das man von Theresienstadt in das Lager bei Wien geführt hat. Die Herren müssen ihres Sieges sehr gewiß sein; woher sonst die Steigerung der Metalliques von 66 auf 74 pCt. ? Nicht einmal das haben die schlauen Spekulanten aus der Märzepoche behalten, daß mit Bajonnetten und Kartätschen die Course sich nicht halten lassen, wenn ein einiges Volk sich erhebt zum Schutze der unverletzlichen Freiheit. ‒ Die Börse und der Banquier haben seit dem 6. Oktober eine Stellung, mit nichts Anderem vergleichbar, als mit den Tauben und den gesäeten Erbsen, von denen das Wortspiel gilt, wenn sie kommen, kommen sie nicht, kommen sie nicht, so kommen sie. Die Verfallzeit der Wechsel ist über den erst bestimmten Termin bis zum 1. November hinausgeschoben und die Börsenbourgeoisie schreit Hosiannah der provisorischen Regierung von Wien. ‒ Diese Unruhe übertäubt jede andere Betrachtung, die sonst anzustellen wäre. Sie wissen die Verlegenheit der österreichischen Bank, als von allen Seiten Leute herbeiströmten, welche statt der Banknoten die zugesicherten Zwanziger haben wollten. Die Bank verweigerte die Auswechselung größerer Summen, und um dem Verkehr im Lande zu helfen, creirte man Papiere zu 1 und 2 Gulden. Trotzdem drängten die Leute in die Auswechselungsbureaux, und bald zahlte man 3, ja auch 5 pCt. Agio im Umtausch des Papiers gegen Silber. Die Bank mußte Rath schaffen, Silber zu bekommen, man kam auf den famosen Gedanken des Silberausfuhrverbotes, und da man bald sah, daß dies nichts half, so hob man diese verkehrte Maßregel nicht auf, nein, die Bank alliirte sich mit Herrn Salomon Heine in Hamburg, welcher gegen ein gewisses Agio Silber nach Wien lieferte; das waren die geheimen Geldsendungen, von denen die Breslauer Zeitungen immer berichteten. Aber Heine sandte den Wienern keine englische Silberbarren, nein, ihre eigenen, aus dem Lande herausgeschmuggelten Zwanziger, sandte er ihnen zurück, und kein Anderer als Salomon Heine hat das Vaterland gerettet, denn wer hätte sonst den Wienern das Silber geschafft, wenn nicht er? ‒ Halten Sie aber die Wiener Bankdirektion ja nicht für dumm, das sind schlaue Köpfe, der Ausfuhr zu steuern fabriziren sie jetzt Sechs-Kreuzerstücke mit einem Silberwerth von nur 3 3/4 Kreuzer. Sie kennen die Karrikatur von dem Adler, welcher Silber frißt und Papier.

(A. D.-Z.)
!!! Frankfurt, 30. Oktober.

Sitzung der National-Versammlung.

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      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No 132. Köln, Donnerstag den 2. November. 1848.</docDate>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Wien. (Nachrichten des &#x201E;Pr. St.-A.,&#x201C; der &#x201E;Dtsch. Ref.,&#x201C; der &#x201E;Bresl. Ztg.&#x201C; und der &#x201E;Const. Bl. a. B.&#x201C;) Olmütz. (Kaisl. Manifest). Prag. (Die Börse). Frankfurt. (National-Versammlung). Berlin. (Vereinbarungssitzung. &#x2012; Vermischtes. &#x2012; Die Elbinger Affaire. &#x2012; Demokratischer Kongreß). Posen. (Dankadresse). Triest. (Unruhen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Livorno. (Die Bewegung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Schweiz.</hi> Bern. (Das Freiburger Pfaffenkomplott).</p>
        <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Die Kandidatur Louis Napoleons. &#x2012; Vermischtes. &#x2012; National-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Spanien.</hi> Madrid. (Vista Hermosa. &#x2012; Moptanos arretirt. &#x2012; Die Insurgenten. &#x2012; Cabrera).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Handel. &#x2012; Politik. &#x2012; Die Seeschlange. Die &#x201E;Post&#x201C; über Deutschland). Dublin. (Die Prozesse der Insurgenten).</p>
        <p><hi rendition="#g">Amerika.</hi> Rio. (Montevideo. &#x2012; Colonia in den Händen der Blancas).</p>
      </div>
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        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar132_001" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Zeitungen und Briefe aus Wien sind uns immer noch nicht zugekommen. Die Nachrichten, die wir mittheilen, sind dem &#x201E;Preußischen Staatsanzeiger&#x201C;, der &#x201E;Deutschen Reform&#x201C;, der &#x201E;Breslauer Zeitung&#x201C; und den &#x201E;Prager Constitutionellen Blättern&#x201C; entnommen. Diese Blätter sind sämmtlich gleich verdächtig. Die &#x201E;Neue Preußische Zeitung&#x201C; weiß sogar aus zuverlässiger Quelle&#x201C;, daß die Führer der akademischen Legion &#x201E;feige&#x201C; geflüchtet sind. Sobald uns unsere gewöhnlichen Berichte zugehen, werden wir sie sofort mittheilen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar132_002" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Aus zuverlässigen Nachrichten steht so viel fest, daß die Beschießung und der Angriff der Stadt am 28. Morgens bald nach 10 Uhr begonnen hatte. Ueber die derselben vorhergegangenen letzten Ereignisse, gehen uns aus der Umgegend Wiens noch folgende Nachrichten zu: Der Fürst Windischgrätz hatte die Bedenkzeit zweimal verlängert; die letzte Frist war am 27. Abends abgelaufen. An diesem Tage hatte fast vollständige Waffenruhe stattgefunden. Man sah zwei Feuersbrünste in der Stadt oder der unmittelbaren Nähe derselben. Der Fürst hatte dem Gemeinderathe angezeigt, er werde ihn für allen Schaden, der der Stadt aus den nothwendig werdenden Gewaltmaßregeln erwachse, verantwortlich machen. Einzelne Personen, denen es mit großer Mühe gelungen, die Stadt zu verlassen, erzählten, daß daselbst das bewaffnete Volk selbst in die Gasthäuser dringe und die Fremden zur Theilnahme am Kampfe zwinge.</p>
          <p>Die Ungarn standen am 27. mit angeblich 40-50,000 Mann jenseits der Leitha, und über ihre Absichten herrschte vollständige Ungewißheit. Seitdem das erste Dampfschiff mit 700 Ungarn in Grund geschossen worden, ist kein weiterer Versuch von ihnen gemacht worden, der Stadt zu Hülfe zu kommen.</p>
          <bibl>(Pr. St. A.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar132_003" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Die &#x201E;Deutsche Reform,&#x201C; das Journal des Herrn <hi rendition="#g">Milde,</hi> läßt sich aus Wien vom 28. Oktober berichten:</p>
          <p>Das Bombardement der Stadt hat am 28. Oktbr. Morgens begonnen.</p>
          <p>Windischgrätz hatte die Entwaffnung der Arbeiter und des Restes der akademischen Legion gefordert. Darauf hatten die Deputationen der verschiedensten Korporationen Wiens erklärt, daß sie außer Stande seien, diese Entwaffnung auszuführen, und ihn aufgefordert, in die Stadt, die sie ihm freiwillig überliefern wollten, einzuziehen und die Entwaffnung selbst vorzunehmen. Windischgrätz erwiederte, daß er keinen Straßenkampf eingehen werde. &#x2012; Schon am 27. d. M. wurden einige Bomben in die Stadt geworfen, die einige Häuser in Brand steckten. Dann trat bis zum 28. d. M. Stille ein; die Entwaffnung ward nicht angekündigt. Darauf begann am Morgen des 28. das Bombardement.</p>
          <p>Ein Breslauer Brief vom 29. Oktbr. 4 Uhr Nachmittags enthält Folgendes: Durch das Fahrpersonal der Wiener Bahn ist Abschrift folgender gestern nach Ollmütz telegraphirten Depesche angelangt:</p>
          <p>&#x201E;General Wias an den Minister v. Wessenberg in Ollmütz. Gestern (den 28. Okt.) 11 Uhr, hat Feldmarschall Windischgrätz von allen Seiten angegriffen. Das Bataillon Schönhals, welches am Eingange der Jägerzeil die erste mit zwölf Kanonen besetzte Barrikade erstürmt hatte, ist aufgerieben worden. Die Barrikade wurde später von den Jägern und Grenadieren genommen. Das Militär ist bis an das Karlstheater vorgedrungen. Die Vorstädte Louisenstraße und Franz-Allee stehen in Flammen. Die Anführer der Studenten flüchten.&#x201C;</p>
          <p>Von allen diesen Nachrichten ist nur die eine glaublich, daß das Bataillon Schönhals aufgerieben und ein allgemeiner Angriff auf Wien versucht worden ist.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar132_004" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Die Prager Zeitung verkündet durch den Gubernialpräsidenten Mecsery Folgendes aus Wien:</p>
          <p>Ueber meine Anfrage kam mir heute um 7 Uhr Abends vom Minister Wessenberg folgende telegraphische Depesche zu:</p>
          <p>&#x201E;Gestern um 11 Uhr Morgens fand ein Angriff auf die Truppen in der Leopoldstadt statt, dessen Resultat unbedeutend. Fürst Windischgrätz hat einen neuen Termin von 24 Stunden gegeben. Morgen hoffe ich Näheres zu liefern.</p>
          <p>Prag, am 27. Oktober.</p>
          <p>Mecsery.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar132_005" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Eine der Bresl. Ztg. &#x201E;auf außergewöhnlichem Wege&#x201C;zugekommene Mittheilung ist von <hi rendition="#g">Lundenburg,</hi> 26. Oct., Nachts 11 Uhr datirt, und lautet:</p>
          <p>&#x201E;Es ist unmöglich und nicht der Augenblick erlaubt es mir, Ihnen Alles im Detail mittheilen zu können, was ich in größter Hast und Eile hier und da von verschiedenen Gruppen der auf dem Stationsplatze versammelten Menschenmassen erhaschen konnte. Doch aus dem Munde einiger Eisenbahnbediensteter, welche den heutigen Tag über in Florisdorf und Augen- und Ohrenzeugen waren, erfahre ich folgende Hauptsachen: Die tapferen Wiener sind und waren noch überall Sieger! Sie unterhalten ein wahrhaft mörderisches Feuer, welches selbst den kaiserl. Offizieren das Geständniß erpreßte: &#x201E;Wenn das so fort geht, so haben wir nicht Leute genug.&#x201C; &#x2012; Von dem 5ten Jäger-Bataillon, welches durch den Prater der Stadt sich näherte, blieben c. 150-160 Mann übrig, die andern sind alle gefallen. &#x2012; Das Merkwürdigste ist, daß gestern Nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr Windischgrätz das Feuer einstellen mußte wegen gänzlichen Mangel an Munition &#x2012; und von den Wienern einen Waffenstillstand verlangte, worauf jedoch diese antworteten, sie brauchen keinen Waffenstillstand, sondern sie werden kämpfen, bis sich die Sache entschieden hat. &#x2012; Windischgrätz dachte bei der Nußdorfer Linie ohne Mühe und großen Widerstand einzudringen, stieß aber hier auf einen harten Stein, denn diese soll die meisten Schanzen und stärksten Barrikaden haben. &#x2012; Der Wiener Nordbahnhof einzig und allein ist von dem Militär besetzt, und dies ist auch alles, was sie seit drei Tagen erreicht haben. &#x2012; Nun fehlt es ihnen gänzlich an Munition, und Augenzeugen sagen aus, daß die Patronen des schweren Geschützes und Alles herhalten muß, um den Mangel zu ersetzen. &#x2012; Uebrigens hört man, daß Morgen, den 27sten, ein Separat-Train von Olmütz mit Munition abgehen soll. Auch sind heute 2 Briefe an das Verpflegungs-Magazin in Brünn abgegangen, wahrscheinlich um Brod, auch fehlt es an Geld und Fleisch. Das Feuer hat Abends neuerdings begonnen, und man erwartet eine schreckliche Nacht. Windischgrätz soll fortwährend Brandraketen werfen lassen, woran wohl der Mangel an sonstiger Munition Schuld sein mag. Feuer sieht man an verschiedenen Orten, des Tages unbedeutend, so wie aber die Nacht einbricht, überzieht sich der Himmel mit einem blutrothen Schleier. &#x2012; Abgebrannt sind die große Dampfmühle an der Donau, die sogenannte Schweizerfabrik am Nordbahnhofe, das Jägerhaus gegenüber. Die braven Wiener werden nicht unterliegen; denn sie kämpfen löwenmuthig und sind auf Alles gefaßt. Die Burg, die National-Bank, das Zeughaus und die Universität, ja selbst der Stephans-Dom soll unterminirt sein, um im Falle der Noth sich und das Militär unter dem Schutte zu begraben. &#x2012; &#x2012; Jellachich hat sich zurückgezogen. &#x2012; Die kaiserl. Pioniere wollten bei Florisdorf eine kleine Schanze aufwerfen. Als sie drei Schuh hoch war, fingen die Wiener darauf zu feuern an, so zwar, daß binnen wenigen Minuten Alles in Fetzen herumflog. Die Pionier-Offiziere gestehen offen, daß die Wiener sich sehr fest gesetzt haben, was sie nie glaubten.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Abends 11 Uhr.</hi> So eben, berichtet die Bresl. Ztg., kommt uns noch ein mährisches Blatt vom 26. Oct. zu Händen, welches, obgleich älter als obige Mittheilung, doch im Allgemeinen mit derselben übereinstimmt. Dasselbe meldet nämlich: &#x201E;Die Truppen des Fürsten Windischgrätz sollen eine Uebergangsbrücke geschlagen und den Angriff begonnen haben; wahrscheinlich hat Wien die Friedensbedingungen des Prager Imperators, nämlich die Entwaffnung der Proletarier und die Auflösung der Legion entrüstet zurückgewiesen. In dem Tumulte des Kampfes soll ein Grenadier-Bataillon, dann Pioniere und 18 Artilleristen zu den Wienern übergegangen sein. Die Kanonen des Volkes schossen die Uebergangsbrücke in Brand, namentlich war das Feuer von der Bastei lebhaft und von siegender Wirkung. Man erzählt, es habe das bei diesem Angriffe betheiligte Militär sehr lau und mehr mit Unwillen die Waffen gegen das Volk gebraucht. Man schildert die Arbeiter als löwenkühn: sie sollen sich furchtlos in den Bereich der feindlichen Geschütze gewagt, die militärische Bedeckung derselben aber auf sie nicht mehr gefeuert haben. Die Kanonade begann um 4 Uhr Nachmittags, und um 8 Uhr Abends, als die Reisenden abgingen, spielten noch immer die Geschütze von beiden Seiten. Zwei Häuser der Leopoldstadt geriethen in Brand; er wurde jedoch bald gelöscht.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar132_006" type="jArticle">
          <head>Lemberg, 22. Okt.</head>
          <p>In der Sitzung, welche die hier versammelten Russinen am 19. l. M. im Gebäude des griechisch-katholischen Seminars abhielten, debattirte man vornehmlich über Sicherung der russinischen Nationalität, Hebung und Ausbildung ihrer Sprache, und Hervorrufung des nationalen Bewußtseins beim Landvolke. Auch die Errichtung einer besondern russinischen Nationalgarde wurde in der Session berührt. Schon vor geraumer Zeit gelangten an das galizische Landespräsidium zahlreiche Bitten um die Bewilligung einer besondern russinischen Nationalgarde, Bitten, die von der Voraussetzung ausgegangen sein mochten, die hierlands bestehende Garde sei ein rein polnisches militärisches Institut. Deshalb projektirten die Gesuchsteller für die neue Garde eine besondere Einrichtung und eine eigene Adjustirung mit dem Beisatze, daß das Kommando der russinischen Nationalgarde nicht in polnischer Sprache geführt werden solle. &#x2012; Das Landespräsidium verwarf alle Anträge zur Errichtung eines Sonderkorps mit der Begründung, daß es hier zu Lande weder eine besondere polnische noch eine eigene russinische, sondern nur eine galizische Nationalgarde gebe, deren Reglement innerhalb der Schranken des Gesetzes dem Uebereinkommen des Korps selbst anheimgestellt bleibt. &#x2012; Bei dem Allen scheinen schon früher in den russinischen Kreisen Vorbereitungen zur Errichtung dieser Garde gemacht, und zu diesem Zwecke Religion und Fanatismus ausgebeutet worden zu sein, denn hier und da kam es zu störenden Auftritten. In dem Orte Konotopy namentlich, hat der Dorfpfarrer die Einigung der Bewohner in ein selbstständiges russinisches Korps mit allen Mitteln durchsetzen wollen, und als er bei dem Grundherrn Widerstand fand, bewaffnete er die Bauern mit Dreschflegeln, Sensen und Aexten, und nahm auf dem Hofe eine drohende Stellung so lange an, bis ein Kreiskommissär einschritt.</p>
          <p>Die hiesige Deputation, die vor einiger Zeit nach Pest abgegangen war, um den Ungarn die Hülfe der Polen anzubieten, kehrte am 18. d. M. von dort zurück. Sie wurde sehr gut aufgenommen, und Kossuth soll der künftigen magyarisch-polnischen Legion sehr vortheilhafte Bedingungen angeboten haben. In Folge des Anerbietens sind in der That mehrere junge Leute nach Preßburg abgegangen; der letzte Transport verließ Lemberg am 20. dieses Monats.</p>
          <bibl>(Cst. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar132_007" type="jArticle">
          <head>Olmütz, 28. Oktober.</head>
          <p>So eben ist folgendes Manifest erschienen:</p>
          <p>&#x201E;Wir Ferdinand der Erste, konstitutioneller Kaiser von Oestreich, König von Ungarn etc. etc. Die Unserm Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie, und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst haben Uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit versetzt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unsern Manifesten vom 16. und 19. Oktober l. J. Unsern Völkern verkündigt haben. &#x2012; Bei dem gestörten Zustande der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt und bei dem bevorstehenden Eintritt militärischer Maßregeln ist es für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzusetzen. Wir finden Uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sitzungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 15. November l. J. nach der Stadt Kremsier, wo er in der Lage sein wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können. &#x2012; Es werden demnach alle zum konstituirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert, sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverlässig einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzuführen und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen. &#x2012; Wir versehen uns, daß alle zum konstituirenden Reichstage gewählten Vertreter des Volkes ihrer Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich angelegen sein lassen werden, pünktlich zur oben bestimmten Zeit an dem bezeichneten, zeitweiligen Sitze des Reichstages zu erscheinen, um sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen.</p>
          <p>Olmütz am 22. Oktober 1848.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ferdinand</hi> m. p. <hi rendition="#g">Wessenberg</hi> m. p.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head>Prag, 26. Oktober.</head>
          <p>Sie werden erwarten, daß hier in Prag die Gemüther gespannt sind auf den Ausgang der Wiener Wirren und ängstlich die Ankunft der Bahnzüge erwarten; &#x2012; o Sie irren sich, die Prager sind ganz ruhig, sie sind des Ausganges gewiß. Was glauben sie? Windischgrätz's Granaten sollen helfen. Die Stockjobbers geben 8 pCt. auf das schwere Belagerungsgeschütz, das man von Theresienstadt in das Lager bei Wien geführt hat. Die Herren müssen ihres Sieges sehr gewiß sein; woher sonst die Steigerung der Metalliques von 66 auf 74 pCt. ? Nicht einmal das haben die schlauen Spekulanten aus der Märzepoche behalten, daß mit Bajonnetten und Kartätschen die Course sich nicht halten lassen, wenn ein einiges Volk sich erhebt zum Schutze der unverletzlichen Freiheit. &#x2012; Die Börse und der Banquier haben seit dem 6. Oktober eine Stellung, mit nichts Anderem vergleichbar, als mit den Tauben und den gesäeten Erbsen, von denen das Wortspiel gilt, wenn sie kommen, kommen sie nicht, kommen sie nicht, so kommen sie. Die Verfallzeit der Wechsel ist über den erst bestimmten Termin bis zum 1. November hinausgeschoben und die Börsenbourgeoisie schreit Hosiannah der provisorischen Regierung von Wien. &#x2012; Diese Unruhe übertäubt jede andere Betrachtung, die sonst anzustellen wäre. Sie wissen die Verlegenheit der österreichischen Bank, als von allen Seiten Leute herbeiströmten, welche statt der Banknoten die zugesicherten Zwanziger haben wollten. Die Bank verweigerte die Auswechselung größerer Summen, und um dem Verkehr im Lande zu helfen, creirte man Papiere zu 1 und 2 Gulden. Trotzdem drängten die Leute in die Auswechselungsbureaux, und bald zahlte man 3, ja auch 5 pCt. Agio im Umtausch des Papiers gegen Silber. Die Bank mußte Rath schaffen, Silber zu bekommen, man kam auf den famosen Gedanken des Silberausfuhrverbotes, und da man bald sah, daß dies nichts half, so hob man diese verkehrte Maßregel nicht auf, nein, die Bank alliirte sich mit Herrn Salomon Heine in Hamburg, welcher gegen ein gewisses Agio Silber nach Wien lieferte; das waren die geheimen Geldsendungen, von denen die Breslauer Zeitungen immer berichteten. Aber Heine sandte den Wienern keine englische Silberbarren, nein, ihre eigenen, aus dem Lande herausgeschmuggelten Zwanziger, sandte er ihnen zurück, und kein Anderer als Salomon Heine hat das Vaterland gerettet, denn wer hätte sonst den Wienern das Silber geschafft, wenn nicht er? &#x2012; Halten Sie aber die Wiener Bankdirektion ja nicht für dumm, das sind schlaue Köpfe, der Ausfuhr zu steuern fabriziren sie jetzt Sechs-Kreuzerstücke mit einem Silberwerth von nur 3 3/4 Kreuzer. Sie kennen die Karrikatur von dem Adler, welcher Silber frißt und Papier.</p>
          <bibl>(A. D.-Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 30. Oktober.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung.</p>
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[0665/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 132. Köln, Donnerstag den 2. November. 1848. Uebersicht. Deutschland. Wien. (Nachrichten des „Pr. St.-A.,“ der „Dtsch. Ref.,“ der „Bresl. Ztg.“ und der „Const. Bl. a. B.“) Olmütz. (Kaisl. Manifest). Prag. (Die Börse). Frankfurt. (National-Versammlung). Berlin. (Vereinbarungssitzung. ‒ Vermischtes. ‒ Die Elbinger Affaire. ‒ Demokratischer Kongreß). Posen. (Dankadresse). Triest. (Unruhen). Italien. Livorno. (Die Bewegung). Schweiz. Bern. (Das Freiburger Pfaffenkomplott). Franz. Republik. Paris. (Die Kandidatur Louis Napoleons. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung). Spanien. Madrid. (Vista Hermosa. ‒ Moptanos arretirt. ‒ Die Insurgenten. ‒ Cabrera). Großbritannien. London. (Handel. ‒ Politik. ‒ Die Seeschlange. Die „Post“ über Deutschland). Dublin. (Die Prozesse der Insurgenten). Amerika. Rio. (Montevideo. ‒ Colonia in den Händen der Blancas). Deutschland. Wien. Zeitungen und Briefe aus Wien sind uns immer noch nicht zugekommen. Die Nachrichten, die wir mittheilen, sind dem „Preußischen Staatsanzeiger“, der „Deutschen Reform“, der „Breslauer Zeitung“ und den „Prager Constitutionellen Blättern“ entnommen. Diese Blätter sind sämmtlich gleich verdächtig. Die „Neue Preußische Zeitung“ weiß sogar aus zuverlässiger Quelle“, daß die Führer der akademischen Legion „feige“ geflüchtet sind. Sobald uns unsere gewöhnlichen Berichte zugehen, werden wir sie sofort mittheilen. Wien. Aus zuverlässigen Nachrichten steht so viel fest, daß die Beschießung und der Angriff der Stadt am 28. Morgens bald nach 10 Uhr begonnen hatte. Ueber die derselben vorhergegangenen letzten Ereignisse, gehen uns aus der Umgegend Wiens noch folgende Nachrichten zu: Der Fürst Windischgrätz hatte die Bedenkzeit zweimal verlängert; die letzte Frist war am 27. Abends abgelaufen. An diesem Tage hatte fast vollständige Waffenruhe stattgefunden. Man sah zwei Feuersbrünste in der Stadt oder der unmittelbaren Nähe derselben. Der Fürst hatte dem Gemeinderathe angezeigt, er werde ihn für allen Schaden, der der Stadt aus den nothwendig werdenden Gewaltmaßregeln erwachse, verantwortlich machen. Einzelne Personen, denen es mit großer Mühe gelungen, die Stadt zu verlassen, erzählten, daß daselbst das bewaffnete Volk selbst in die Gasthäuser dringe und die Fremden zur Theilnahme am Kampfe zwinge. Die Ungarn standen am 27. mit angeblich 40-50,000 Mann jenseits der Leitha, und über ihre Absichten herrschte vollständige Ungewißheit. Seitdem das erste Dampfschiff mit 700 Ungarn in Grund geschossen worden, ist kein weiterer Versuch von ihnen gemacht worden, der Stadt zu Hülfe zu kommen. (Pr. St. A.) Wien. Die „Deutsche Reform,“ das Journal des Herrn Milde, läßt sich aus Wien vom 28. Oktober berichten: Das Bombardement der Stadt hat am 28. Oktbr. Morgens begonnen. Windischgrätz hatte die Entwaffnung der Arbeiter und des Restes der akademischen Legion gefordert. Darauf hatten die Deputationen der verschiedensten Korporationen Wiens erklärt, daß sie außer Stande seien, diese Entwaffnung auszuführen, und ihn aufgefordert, in die Stadt, die sie ihm freiwillig überliefern wollten, einzuziehen und die Entwaffnung selbst vorzunehmen. Windischgrätz erwiederte, daß er keinen Straßenkampf eingehen werde. ‒ Schon am 27. d. M. wurden einige Bomben in die Stadt geworfen, die einige Häuser in Brand steckten. Dann trat bis zum 28. d. M. Stille ein; die Entwaffnung ward nicht angekündigt. Darauf begann am Morgen des 28. das Bombardement. Ein Breslauer Brief vom 29. Oktbr. 4 Uhr Nachmittags enthält Folgendes: Durch das Fahrpersonal der Wiener Bahn ist Abschrift folgender gestern nach Ollmütz telegraphirten Depesche angelangt: „General Wias an den Minister v. Wessenberg in Ollmütz. Gestern (den 28. Okt.) 11 Uhr, hat Feldmarschall Windischgrätz von allen Seiten angegriffen. Das Bataillon Schönhals, welches am Eingange der Jägerzeil die erste mit zwölf Kanonen besetzte Barrikade erstürmt hatte, ist aufgerieben worden. Die Barrikade wurde später von den Jägern und Grenadieren genommen. Das Militär ist bis an das Karlstheater vorgedrungen. Die Vorstädte Louisenstraße und Franz-Allee stehen in Flammen. Die Anführer der Studenten flüchten.“ Von allen diesen Nachrichten ist nur die eine glaublich, daß das Bataillon Schönhals aufgerieben und ein allgemeiner Angriff auf Wien versucht worden ist. Wien. Die Prager Zeitung verkündet durch den Gubernialpräsidenten Mecsery Folgendes aus Wien: Ueber meine Anfrage kam mir heute um 7 Uhr Abends vom Minister Wessenberg folgende telegraphische Depesche zu: „Gestern um 11 Uhr Morgens fand ein Angriff auf die Truppen in der Leopoldstadt statt, dessen Resultat unbedeutend. Fürst Windischgrätz hat einen neuen Termin von 24 Stunden gegeben. Morgen hoffe ich Näheres zu liefern. Prag, am 27. Oktober. Mecsery.“ Wien. Eine der Bresl. Ztg. „auf außergewöhnlichem Wege“zugekommene Mittheilung ist von Lundenburg, 26. Oct., Nachts 11 Uhr datirt, und lautet: „Es ist unmöglich und nicht der Augenblick erlaubt es mir, Ihnen Alles im Detail mittheilen zu können, was ich in größter Hast und Eile hier und da von verschiedenen Gruppen der auf dem Stationsplatze versammelten Menschenmassen erhaschen konnte. Doch aus dem Munde einiger Eisenbahnbediensteter, welche den heutigen Tag über in Florisdorf und Augen- und Ohrenzeugen waren, erfahre ich folgende Hauptsachen: Die tapferen Wiener sind und waren noch überall Sieger! Sie unterhalten ein wahrhaft mörderisches Feuer, welches selbst den kaiserl. Offizieren das Geständniß erpreßte: „Wenn das so fort geht, so haben wir nicht Leute genug.“ ‒ Von dem 5ten Jäger-Bataillon, welches durch den Prater der Stadt sich näherte, blieben c. 150-160 Mann übrig, die andern sind alle gefallen. ‒ Das Merkwürdigste ist, daß gestern Nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr Windischgrätz das Feuer einstellen mußte wegen gänzlichen Mangel an Munition ‒ und von den Wienern einen Waffenstillstand verlangte, worauf jedoch diese antworteten, sie brauchen keinen Waffenstillstand, sondern sie werden kämpfen, bis sich die Sache entschieden hat. ‒ Windischgrätz dachte bei der Nußdorfer Linie ohne Mühe und großen Widerstand einzudringen, stieß aber hier auf einen harten Stein, denn diese soll die meisten Schanzen und stärksten Barrikaden haben. ‒ Der Wiener Nordbahnhof einzig und allein ist von dem Militär besetzt, und dies ist auch alles, was sie seit drei Tagen erreicht haben. ‒ Nun fehlt es ihnen gänzlich an Munition, und Augenzeugen sagen aus, daß die Patronen des schweren Geschützes und Alles herhalten muß, um den Mangel zu ersetzen. ‒ Uebrigens hört man, daß Morgen, den 27sten, ein Separat-Train von Olmütz mit Munition abgehen soll. Auch sind heute 2 Briefe an das Verpflegungs-Magazin in Brünn abgegangen, wahrscheinlich um Brod, auch fehlt es an Geld und Fleisch. Das Feuer hat Abends neuerdings begonnen, und man erwartet eine schreckliche Nacht. Windischgrätz soll fortwährend Brandraketen werfen lassen, woran wohl der Mangel an sonstiger Munition Schuld sein mag. Feuer sieht man an verschiedenen Orten, des Tages unbedeutend, so wie aber die Nacht einbricht, überzieht sich der Himmel mit einem blutrothen Schleier. ‒ Abgebrannt sind die große Dampfmühle an der Donau, die sogenannte Schweizerfabrik am Nordbahnhofe, das Jägerhaus gegenüber. Die braven Wiener werden nicht unterliegen; denn sie kämpfen löwenmuthig und sind auf Alles gefaßt. Die Burg, die National-Bank, das Zeughaus und die Universität, ja selbst der Stephans-Dom soll unterminirt sein, um im Falle der Noth sich und das Militär unter dem Schutte zu begraben. ‒ ‒ Jellachich hat sich zurückgezogen. ‒ Die kaiserl. Pioniere wollten bei Florisdorf eine kleine Schanze aufwerfen. Als sie drei Schuh hoch war, fingen die Wiener darauf zu feuern an, so zwar, daß binnen wenigen Minuten Alles in Fetzen herumflog. Die Pionier-Offiziere gestehen offen, daß die Wiener sich sehr fest gesetzt haben, was sie nie glaubten.“ Abends 11 Uhr. So eben, berichtet die Bresl. Ztg., kommt uns noch ein mährisches Blatt vom 26. Oct. zu Händen, welches, obgleich älter als obige Mittheilung, doch im Allgemeinen mit derselben übereinstimmt. Dasselbe meldet nämlich: „Die Truppen des Fürsten Windischgrätz sollen eine Uebergangsbrücke geschlagen und den Angriff begonnen haben; wahrscheinlich hat Wien die Friedensbedingungen des Prager Imperators, nämlich die Entwaffnung der Proletarier und die Auflösung der Legion entrüstet zurückgewiesen. In dem Tumulte des Kampfes soll ein Grenadier-Bataillon, dann Pioniere und 18 Artilleristen zu den Wienern übergegangen sein. Die Kanonen des Volkes schossen die Uebergangsbrücke in Brand, namentlich war das Feuer von der Bastei lebhaft und von siegender Wirkung. Man erzählt, es habe das bei diesem Angriffe betheiligte Militär sehr lau und mehr mit Unwillen die Waffen gegen das Volk gebraucht. Man schildert die Arbeiter als löwenkühn: sie sollen sich furchtlos in den Bereich der feindlichen Geschütze gewagt, die militärische Bedeckung derselben aber auf sie nicht mehr gefeuert haben. Die Kanonade begann um 4 Uhr Nachmittags, und um 8 Uhr Abends, als die Reisenden abgingen, spielten noch immer die Geschütze von beiden Seiten. Zwei Häuser der Leopoldstadt geriethen in Brand; er wurde jedoch bald gelöscht.“ Lemberg, 22. Okt. In der Sitzung, welche die hier versammelten Russinen am 19. l. M. im Gebäude des griechisch-katholischen Seminars abhielten, debattirte man vornehmlich über Sicherung der russinischen Nationalität, Hebung und Ausbildung ihrer Sprache, und Hervorrufung des nationalen Bewußtseins beim Landvolke. Auch die Errichtung einer besondern russinischen Nationalgarde wurde in der Session berührt. Schon vor geraumer Zeit gelangten an das galizische Landespräsidium zahlreiche Bitten um die Bewilligung einer besondern russinischen Nationalgarde, Bitten, die von der Voraussetzung ausgegangen sein mochten, die hierlands bestehende Garde sei ein rein polnisches militärisches Institut. Deshalb projektirten die Gesuchsteller für die neue Garde eine besondere Einrichtung und eine eigene Adjustirung mit dem Beisatze, daß das Kommando der russinischen Nationalgarde nicht in polnischer Sprache geführt werden solle. ‒ Das Landespräsidium verwarf alle Anträge zur Errichtung eines Sonderkorps mit der Begründung, daß es hier zu Lande weder eine besondere polnische noch eine eigene russinische, sondern nur eine galizische Nationalgarde gebe, deren Reglement innerhalb der Schranken des Gesetzes dem Uebereinkommen des Korps selbst anheimgestellt bleibt. ‒ Bei dem Allen scheinen schon früher in den russinischen Kreisen Vorbereitungen zur Errichtung dieser Garde gemacht, und zu diesem Zwecke Religion und Fanatismus ausgebeutet worden zu sein, denn hier und da kam es zu störenden Auftritten. In dem Orte Konotopy namentlich, hat der Dorfpfarrer die Einigung der Bewohner in ein selbstständiges russinisches Korps mit allen Mitteln durchsetzen wollen, und als er bei dem Grundherrn Widerstand fand, bewaffnete er die Bauern mit Dreschflegeln, Sensen und Aexten, und nahm auf dem Hofe eine drohende Stellung so lange an, bis ein Kreiskommissär einschritt. Die hiesige Deputation, die vor einiger Zeit nach Pest abgegangen war, um den Ungarn die Hülfe der Polen anzubieten, kehrte am 18. d. M. von dort zurück. Sie wurde sehr gut aufgenommen, und Kossuth soll der künftigen magyarisch-polnischen Legion sehr vortheilhafte Bedingungen angeboten haben. In Folge des Anerbietens sind in der That mehrere junge Leute nach Preßburg abgegangen; der letzte Transport verließ Lemberg am 20. dieses Monats. (Cst. Bl. a. B.) Olmütz, 28. Oktober. So eben ist folgendes Manifest erschienen: „Wir Ferdinand der Erste, konstitutioneller Kaiser von Oestreich, König von Ungarn etc. etc. Die Unserm Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie, und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst haben Uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit versetzt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unsern Manifesten vom 16. und 19. Oktober l. J. Unsern Völkern verkündigt haben. ‒ Bei dem gestörten Zustande der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt und bei dem bevorstehenden Eintritt militärischer Maßregeln ist es für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzusetzen. Wir finden Uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sitzungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 15. November l. J. nach der Stadt Kremsier, wo er in der Lage sein wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können. ‒ Es werden demnach alle zum konstituirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert, sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverlässig einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzuführen und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen. ‒ Wir versehen uns, daß alle zum konstituirenden Reichstage gewählten Vertreter des Volkes ihrer Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich angelegen sein lassen werden, pünktlich zur oben bestimmten Zeit an dem bezeichneten, zeitweiligen Sitze des Reichstages zu erscheinen, um sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen. Olmütz am 22. Oktober 1848. Ferdinand m. p. Wessenberg m. p.“ Prag, 26. Oktober. Sie werden erwarten, daß hier in Prag die Gemüther gespannt sind auf den Ausgang der Wiener Wirren und ängstlich die Ankunft der Bahnzüge erwarten; ‒ o Sie irren sich, die Prager sind ganz ruhig, sie sind des Ausganges gewiß. Was glauben sie? Windischgrätz's Granaten sollen helfen. Die Stockjobbers geben 8 pCt. auf das schwere Belagerungsgeschütz, das man von Theresienstadt in das Lager bei Wien geführt hat. Die Herren müssen ihres Sieges sehr gewiß sein; woher sonst die Steigerung der Metalliques von 66 auf 74 pCt. ? Nicht einmal das haben die schlauen Spekulanten aus der Märzepoche behalten, daß mit Bajonnetten und Kartätschen die Course sich nicht halten lassen, wenn ein einiges Volk sich erhebt zum Schutze der unverletzlichen Freiheit. ‒ Die Börse und der Banquier haben seit dem 6. Oktober eine Stellung, mit nichts Anderem vergleichbar, als mit den Tauben und den gesäeten Erbsen, von denen das Wortspiel gilt, wenn sie kommen, kommen sie nicht, kommen sie nicht, so kommen sie. Die Verfallzeit der Wechsel ist über den erst bestimmten Termin bis zum 1. November hinausgeschoben und die Börsenbourgeoisie schreit Hosiannah der provisorischen Regierung von Wien. ‒ Diese Unruhe übertäubt jede andere Betrachtung, die sonst anzustellen wäre. Sie wissen die Verlegenheit der österreichischen Bank, als von allen Seiten Leute herbeiströmten, welche statt der Banknoten die zugesicherten Zwanziger haben wollten. Die Bank verweigerte die Auswechselung größerer Summen, und um dem Verkehr im Lande zu helfen, creirte man Papiere zu 1 und 2 Gulden. Trotzdem drängten die Leute in die Auswechselungsbureaux, und bald zahlte man 3, ja auch 5 pCt. Agio im Umtausch des Papiers gegen Silber. Die Bank mußte Rath schaffen, Silber zu bekommen, man kam auf den famosen Gedanken des Silberausfuhrverbotes, und da man bald sah, daß dies nichts half, so hob man diese verkehrte Maßregel nicht auf, nein, die Bank alliirte sich mit Herrn Salomon Heine in Hamburg, welcher gegen ein gewisses Agio Silber nach Wien lieferte; das waren die geheimen Geldsendungen, von denen die Breslauer Zeitungen immer berichteten. Aber Heine sandte den Wienern keine englische Silberbarren, nein, ihre eigenen, aus dem Lande herausgeschmuggelten Zwanziger, sandte er ihnen zurück, und kein Anderer als Salomon Heine hat das Vaterland gerettet, denn wer hätte sonst den Wienern das Silber geschafft, wenn nicht er? ‒ Halten Sie aber die Wiener Bankdirektion ja nicht für dumm, das sind schlaue Köpfe, der Ausfuhr zu steuern fabriziren sie jetzt Sechs-Kreuzerstücke mit einem Silberwerth von nur 3 3/4 Kreuzer. Sie kennen die Karrikatur von dem Adler, welcher Silber frißt und Papier. (A. D.-Z.) !!! Frankfurt, 30. Oktober. Sitzung der National-Versammlung.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 132. Köln, 2. November 1848, S. 0665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz132_1848/1>, abgerufen am 28.03.2024.