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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 224. Köln, 17. Februar 1849.

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X Breslau, 13. Febr.

Die Wahlen in Schlesien für die erste Kammer sind zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Wählen alle Provinzen wie Schlesien d. h. Reactionäre vom reinsten brandenburgschen Wasser, so muß binnen Kurzem ein Conflict stattfinden. Der Calicot-Minister Milde ist dreimal, Brandenburg zweimal gewählt. In Oels fiel der vereinigte Landtägler Graf Dyhren wegen seiner Freisinnigkeit vollständig durch. Eine solche reactionäre erste Kammer scheinen die adligen Herren vorhergesehen und gefürchtet zu haben; so ließ z. B. Graf Renard sich in die zweite Kammer wählen und intriguirte für die Wahl seines Inspectors v. Neumann in die erste Kammer. Bei einem Conflicte könnte jedoch sich Renard verrechnet haben, da wohl dann das Volk Justiz ausüben wird an allen Feinden des Volkes auch in der zweiten Kammer.

Als Curiosum, das über den geordneten Rechtszustand des preußischen Staates helles Licht wirft, theile ich Ihnen noch mit, daß die beiden Aufsätze aus der "Neuen Rheinischen Zeitung" über den Finanzbericht der Nat. Verf. und über das interimistische Ablösungsgesetz von der schlesischen Justiz incriminirt sind -- wegen Majestätsbeleidigung.

068 Breslau, 14. Febr.

Das Vaterland ist verloren, Preußen ja ganz Deutschland steht am Rande des Verderbens: so klagten die preußischen Staatsbürger (?), so winselt die Frankfurter Linke; denn -- Heinrich Simon ist nicht gewählt!

Das Schrecklichste ist geschehen, der Mann des Volkes, der einzige Freund des Volkes (!) ist vom Volke vergessen worden, während doch, wie ein lobhudelndes Wahlplacat sagt, in dem Augenblick jeder Gefahr jeder Bewohner einer jeden Hütte rief: "Heinrich Simon muß daran." Und dieser Mann vom Volke ist jetzt nicht berücksichtigt! Was wird der Club Westendhall und die Herren Schröder, Claussen und Venedey sagen, daß per Mann nicht gewählt ist, der eine ganze Nationalversammlung vertreten kann durch Intelligenz, Rednergabe und besonders durch die sittliche Kraft seines Charakters.

Doch ich will dem Urtheil des Lesers nicht vorgreifen. Obengenannte Herren glaubten "in einem Momente, wo der Ausfall der Wahlen zur preußischen Nationalversammlung nicht nur auf Jahre hinaus die Gestaltung der preußischen Verhältnisse entscheidet, sondern gleichzeitig den wesentlichsten Einfluß ausüben wird auf die gesammten deutschen Verhältnisse, erscheint es vorzugsweise nöthig nur bewährten Männern die Vertretung des Volkes anzuvertrauen." Dies ist der Anfang eines autographirten Schreibens obiger Herren, das in alle Wahlkreise an alle hervorragenden demokratischen Persönlichkeiten in 50 Exemplaren geschickt wurde. Diese Herren wollten jedem Demokraten Schlesiens bewährte Männer vorschlagen und -- parturiunt montes nascetur ridiculus mus -- Heinrich Simon kommt heraus. "Diejenigen bewährten Männer" sind Heinrich Simon.

Von der Tribüne hat er (Heinrich Simon) durch die sittliche Kraft seines Charakters, durch seine umfassende, gründliche und gediegene Sachkenntniß, so wie durch große Klarheit und Präcision der Darstellung in Hauptfragen, insbesondere in der preußischen Verfassungs-Angelegenheit, auf das Parlament mächtig eingewirkt. Auch auf der rechten Seite des Parlaments ist ihm stets Achtung und Auszeichnung zu Theil geworden.

Heinrich Simon wirkte von der Tribüne durch die sittliche Kraft seines Charakters, er brauchte sich also nur auf die Tribüne zu stellen und die Wirkung war da durch "die sittliche Kraft seines Charakters." Die große sittliche Kraft seines Charakters hat Heinrich Simon bewiesen am 6. März 1848, daß er die Volksversammlung öffentlich förderte und heimlich hintertrieb!! In Hauptfragen wirkte er so mächtig auf das Parlament, daß alle Fragen, in denen er sprach, stets durchfielen.

"Wir würden, so schließt dieses fameuse Schreiben, es tief beklagen, wenn gerade auf diesem "Landtage" -- (und oben Nat.-Verf.) -- der so wichtig ist, und für die Freiheit Preußens und Deutschlands entscheidet, einer ihrer edelsten Vorkämpfer fehlen sollte."

"Deshalb und weil wir erfahren, daß die Reaction überall ganz besonders dahin wirken wird, derartige Männer von der Wahl auszuschließen, ersuchen wir Sie dringend, allen Intriguen der freiheitsfeindlichen Parteien entgegen

Heinrich Simon zu Ihrem Abgeordneten in die zweite Kammer zu wählen."

Trotz der Majorität, die die demokratische Partei in der Nat.-Verf. besitzt, haben die Demokraten gemeinschaftliche Sache gemacht mit der "freiheitsfeindlichen Partei" und haben Heinrich Simon nicht gewählt.

24 Breslau, 13. Januar.

Wie kürzlich die Regierung zu Oppeln "auf höhern Befehl" Steckbriefe gegen Kossuth und viele andre Magyaren erließ, so jetzt auch die hiesige Regierung. In Nr. 7. des Breslauer Amtsblattes fordert sie zufolge "der ihr höhern Orts zugegangenen Weisung" die Polizeibehörden auf, nachbenannte Personen im Betretungsfalle zu verhaften und -- an das nächste östreichische Militärkommando abliefern zu lassen!

Es sind folgende Personen bezeichnet:

Ludwig Kossuth; die Ehefrau des Kossuth; Eduard Beöthy; Graf Kasimir Bathiany; Bartholomäus Szemere; Franz Pulsky; General Bem; Michael Tancsics; Arthur Görgey; Dr. Tau[unleserliches Material]enau; Alexander Luccats; Paul Nyary; Szöllesy; Ladislaus Csanyi; Paul Vasvary; Alexander Pöte[unleserliches Material]y; Moritz Perczel; Ladislaus Madaraß!

Ueber solche schaamlose Niederträchtigkeit ist kein Wort weiter zu verlieren. Dieses Verfahren richtet sich selbst.

088 Frankenstein, 7 Febr.

Am Sonntage besuchten mehrere Unteroffiziere und ein Feldwebel vom 23. Infanterieregiment einen öffentlichen Tanzsaal und bemühten sich, mit Sticheleien mehrere von den anwesenden Civilisten in Harnisch zu bringen. Diese Neckereien hatten den gewünschten Erfolg und arteten in Schlägereien aus. Auf einmal erscheint ganz unerwartet bewaffnetes Militär im Tanzsaale und dringt mit gefälltem Bajonnette und gezogenem Säbel auf die Bürger ein. Drei Husaren hauen scharf zu. Einige Leute der vom Wachtdienst abgelösten Bürgerwehr hören auf der Straße den Skandal und gehen näher hinzu. Sie werden sogleich mit Kolbenschlägen bewillkommt. Nun beginnt ein ernstlicher Kampf. Circa sechs Mann Bürgerwehr und Civilisten entwaffnen mehrere Unteroffiziere und Gemeine. Die Waffen hat der Hauptmann erst von dem Bürgerwehrkommandeur zurückerbitten müssen! Auch einem der Husaren ward der Säbel aus der Hand gewunden. In diesem Augenblicke erscheinen 30-40 Mann vollständig bewaffnete Soldaten aus der Kaserne, die ebenfalls von den wenigen Civilisten bis in die Nähe der Kaserne zurückgedrängt wurden. Hier gelingt es den herbeigeeilten Bürgerwehroffizieren, die Ruhe wieder herzustellen. Von den Soldaten sind fünf mehr oder weniger verwundet, von den Bürgern drei. Wie fast überall, so haben auch hier die Soldaten sich gegen Wehrlose höchst brutal benommen. Ein bereits zu Boden liegender Bürger erhielt u. A. von einem Soldaten noch derbe Kolbenstöße.

Jeden Abend um 9 Uhr ist hier doppelter Zapfenstreich, der die Soldaten zum Nachhausegehen mahnt. Wie kommt es, daß in der Nacht bis 1 Uhr sich Soldaten noch auf Tanzsälen herumtreiben dürfen!

Gestern haben uns Gott sei Dank die Wasserpolaken des 23. Infanterieregiments verlassen und ist dagegen vom 11. Regiment eine Kompagnie eingerückt. Diese Leute haben jedoch heute gegen die Einquartirung in die Kasernen Protest eingelegt, weil die Betten und Strohsäcke in letzterer von Läusen und sonstigem Ungeziefer strotzen. Ein Beweis, welche Ordnung in der Kompagnie geherrscht hat.

Posen, 8. Febr.

Die Gazeta polska enthält eine im Umlauf zur Unterschrift an alle polnischen Urwähler des Großherzogthums Posen befindliche Protestation gegen die, Seitens der Regierung begangenen allgemeinen wie speziellen Uebergriffe bei Abgränzung der Wahlbezirke und bei Leitung der Wahlen, welche erstere dahin zielten, den Ausfall der letzteren im Großherzogthum zu verrücken und den Polen die Rechte der Repräsentation zu verkürzen. Sie erklärt die Annahme der sogenannten Demarkationslinie als Grundlage zur Eintheilung der Wahlbezirke für ein durch nichts zu rechtfertigendes und in den Annalen der Verwaltung bespielloses Unrecht. "Abgesehen von der Idee der Demarkationslinie selbst, "welche, falls sie zu Stande kommen sollte, eine gewaltsame Verletzung der bürgerlichen und politischen, den Polen durch Traktate und selbst durch Beschlüsse der Preußischen National-Versammlung vom 23. und 26. Oktober v. J. garantirten Rechte in sich schließen würde -- deren Wahrung wir aber unsern Deputirten überantworten, erklären wir, indem wir uns hier auf die Beurtheilung der administrativen Maßregel allein beschränken, wie es eine unerhörte Thatsache ist, daß die Behörden es sich herausgenommen, auf ein Gesetz zu fußen, welches noch gar nicht existirt, vielmehr erst gegeben werden soll, und sich auf einen Beschluß zu berufen, der noch nicht einmal durch die Autorität bestätigt worden ist, welche sich eine ausschließliche Competenz in dieser Angelegenheit angemaßt; und alles Dieses zum Zwecke einer willkürlichen und künstlichen Durchsetzung von Wahlen im Sinne einer den Polen feindlichen Partei."

Es wird ferner darin geklagt, daß das Königl. Ministerium nicht gezögert habe, den Behörden des Großherzogthums Posen auf Antrag dieser Partei und zum Vortheil der Deutschen Minorität, die einmal im Sinne des Reglements getroffene Wahlbezirks-Eintheilung zu verwerfen und eine andere im Sinne der Demarcationslinie, deren Richtung die Behörden nicht einmal kannten, zu entwerfen, wodurch 11 Kreise zerstückelt und außerdem mehrere derselben, dem § 24 des Reglements schnurstracks entgegen, ausdrücklich geviertheilt worden sind, um nur die Polnische Bevölkerung in solche Beziehung zur Deutschen zu bringen, daß für letztere eine Majorität erwachse. Wo dies gelang, da gerade ließ man je 4 und 5 Deputirte zugleich wählen.

"Endlich erklären wir", so heißt es weiter, "daß wir ohngeachtet aller dieser Beeinträchtigungen zu den Wahlen schreiten, um der Welt darzuthun, daß keine List, auch keine Uebergriffe uns von dem legalen Nießbrauch derjenigen konstitutionellen Freiheiten, nach denen wir so lange gestrebt und die unser Volk durch mehrhundertjährige Praxis kennen und schätzen gelernt hatte -- die uns aber eine feindselige Bureaukratie nun auf Kosten der Abtretung unserer Nationalität erkaufen lassen will, abhalten lassen werden."

(Ostf. Z.)
Aus Westpreußen, 9. Febr.

Vor dem 18. März reisten viele Mucker im Lande herum, um den armen Leuten Enthaltsamkeit vom Schnapse und von anderer weltlichen Lust zu predigen. Dazu wurde viel gesungen und gebetet, und Hr. Baron v. Seld aus Berlin soll's als solcher Schnapsprediger weit gebracht haben. Jetzt geht dieses Geschäft nicht mehr, und nun reist derselbe Herr zu seinen alten Kunden, predigt denen Enthaltsamkeit von der Freiheit und Demokratie und gibt ihnen dabei so vielen Schnaps zu trinken, als sie nur wollen.

(Fr. J.)
068 Danzig, den 7. Febr.

Der Redacteur des "Danziger Volksblattes" ist wegen eines Artikels über die Neujahrsgratulation an "Meine Armee," den er aus der "N. Rh. Z." in sein Blatt aufnahm, wegen Majestätsbeleidigung zur Kriminaluntersuchung gezogen worden.

* Dresden, 13. Febr.

In der heutigen Sitzung der ersten Kammer benutzte Abg. Böricke eine auf Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien dringende Petition zu folgendem Antrag: die Kammer möge ohne weitere Diskussion den von der zweiten Kammer in Betreff der Tödtung R. Blum's gefaßten Beschlüssen beitreten. Einstimmig angenommen. Weiterhin drehten sich die Debatten um Auslegung des Wortes "selbstständig" im provisor. Wahlgesetz vom 15. Novbr. vorigen Jahres. Die Deputation hat beantragt: "selbstständig ist gleichbedeutend mit: befähigt, seine Rechte vor Gericht selbst zu vertreten und wesentlichen Wohnsitz für gleichbedeutend mit demjenigen Wohnorte, der den Gerichtsstand einer Person begründet." Wird in namentlicher Abstimmung von der Kammer, mit Ausschluß von 2 Stimmen, angenommen.

Eben so der 2. Antrag, welcher lautet: "Die Kammer wolle im Vereine mit der 2. Kammer die Staatsregierung ersuchen, der oben ersichtlichen Auslegung der in § 4 des provisorischen Wahlgesetzes enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen beizutreten und die hierdurch ermittelte authentische Interpretation im verfassungsmäßigen Wege zu publiziren."

15 Schleswig-Holstein, 14. Febr.

Obgleich die Lage der Tagelöhner hier in Schleswig-Holstein sehr traurig ist, so hat doch noch kein Junker bis jetzt gewagt, sie so zu mißhandeln, wie es in Mecklenburg täglich geschieht. Betrogen und bestohlen werden die hiesigen Proletarier wie im Nachbarlande, aber der Säbel ist noch nicht zur Anwendung gekommen. Es ist kaum glaublich, daß folgende Thatsachen in der jetzigen Zeit möglich sind, aber was wagen jetzt nicht die Hunde- und Pferdebarone, sich auf die Bajonnette der Soldateska stützend.

Von jeher waren die Existenzmittel der Tagelöhner in Mecklenburg sehr gering, namentlich auf dem Gute des von Arnim; oft hatten dieselben den Junker um Besserung ihrer Lage gebeten, aber natürlich stets vergebens, sie wurden mit Schimpfworten zur Ruhe und Geduld verwiesen. -- Ich lasse die Erzählung der Tagelöhner hier folgen, wie sie von denselben der Mecklenburger Landesversammlung vorgelegt.

"Ohne vorau[s]gegangene oder gar erregende Vorgänge unserer Seits mit dem Gutsherrn oder dessen Administration, befanden wir achtzehn Tagelöhner uns auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt in Gegenwart des zu Pferde sitzenden, ungewöhnlich lange sich bei uns verweilenden Wirthschafters Kolmorgen, welcher uns kurz vorher gegen seine sonstige Gewohnheit mit Liebreiz ein Glas Branntwein nach dem andern aufgedrungen, als der Statthalter (Vogt) Gädke, vom Hofe kommend, ihm etwas in die Ohren raunt. Hierauf wieder zu uns heranlenkend, brüllt Kolmorgen in Begleitung der lieblichsten Schimpfworte: "wenn mir jemals wieder einer von Euch so kommt, wie letzthin zwei von Euch, so schieße ich ihn sogleich nieder." -- Diese beiden Tagelöhner hatten ihn nämlich gebeten, doch nicht so roh und unbarmherzig mit den Hofarbeitern umzugehen, denn da diese jetzt nur mit Zittern und Zagen in die Arbeit gingen und mit thränenden Augen zu Hause kämen, so müßten wir befürchten, daß sie gar nicht mehr zu Hofe gehen wollten. -- Dieses wurde im Tone freundlicher Bitte gesagt.

Auf die Drohung des Todtschießens und den vielen Neigungen durch Rohheit und Grobheit gegen uns, legten wir unser Handwerkzeug nieder, traten zu ihm heran und einer sagte: "Herr Kolmorgen, wenn Sie nach einer bloßen Bitte uns sogleich todtschießen wollen, so wollen wir doch lieber zusammen nach dem Gericht in Waren gehen und dort hören, ob Sie das Recht dazu haben.

Freudig bewilligt Kolmorgen uns sogleich unsere Aufforderung mit dem Befehl augenblicklich mitzukommen. Er reitet voran und wir folgen ihm ohne Rock und mit leeren Händen. Auf dem Hofe angelangt, kommen uns 26 Dragoner unter Anführung des Lieutenants Koenemann in den Rücken und von diesem aufgefordert vorzutreten auf den freien Platz, welches, nichts Böses ahnend, von uns geschah -- donnert uns derselbe an, warum wir die Arbeit verlassen und den Oberinspektor Kolmorgen geschlagen? Wir hatten kaum Zeit zu erwidern, daß wir keinenfalls den Inspektor geschlagen, sondern seinem Geheiße folgend, mit ihm nach Waren zu gehen, dort vor Gericht unsere Beschwerde anzubringen, als der Lieutenant mitten in unserer Antwort ein Commando erließ, worauf seine Dragoner uns wehrlose Männer umzingeln und mit scharfen Säbeln zusammenhauen. Ohne die leichten, wurden sieben von uns unschuldigen, friedlichen Menschen schwer verwundet aufs Schmerzenslager getragen und von wem verstümmelt und auf welche Ursache hin?

Allmählig zur Besinnung aus dem Todesschrecken kommend, können wir uns über solch grauenerregende, schändliche That nicht beruhigen, wir bitten um Genugthuung und Untersuchung. Diese wird uns gewährt; es kommt der Criminalrath Ackermann und befragt jeden von uns hin und her, auch über Thatsachen, von uns begangen, die wir nicht kennen, übergeht lächelnd unsere Klagen, verweist uns unsere Bitte und läßt uns wieder abtreten; aber kein Wort auch nur einer Mißbilligung über die Missethäter entfährt seinen Lippen.

Das Urtheil erfolgt, der Criminaldirektor Boldt bringt es, es lautet: hört! hört! "Ob der Vorgänge der Dragonermetzelei unter den Tagelöhnern, erhalten von den Nichtverwundeten einer acht Wochen Gefängniß, einen Tag um den andern bei Wasser und Brod -- ditto einer sechs Wochen ditto ditto, vier erhalten vier Wochen bei ditto ditto.

Stumm, vor Entsetzen stumm, wir, die wir nicht von den Dragonersäbeln zerhackt sind, sollen das Schmerzenslager nachholen ohne Wunden, aber im Gefängniß, die abgemessenen Wochen bei Wasser und Brod, dem Entlehnungsmittel des Todes, als Strafe für unsere Frage: weshalb ein Wütherich uns todtschießen wolle? Diese Frage als Verbrechen hatte uns in die Dragonersäbel auf dem Hofe geführt, aber dieselbe mag unser aller Leben gerettet haben; denn da doch die Dragoner nicht umsonst zwei Meilen weit gelockt werden durften, so wären sie jedenfalls zu uns hinaus auf's Feld gekommen, so daß es ja natürlich gewesen, wenn wir unser Arbeitszeug zur Abwehr der Säbel vorgehalten hätten, und wir hätten dann keinenfalls Pardon erhalten, sondern wir wären sämmtlich niedergehauen worden."

Was die Landesversammlung bei dieser Schlächterei thun wird, muß die nächste Zukunft zeigen; es giebt viele entschlossene Männer in derselben, ob aber ihre Stimme durchdringen wird, ist noch die Frage. Wahrscheinlich wird Mecklenburg in kurzer Zeit mit einer von der Kamarilla fabricirten Verfassung erfreut werden. Die Mecklenburgische Hoheit hat schon in Berlin sich Hülfe erbeten, im Falle die eigenen Soldaten nicht ausreichen sollten. Die Erbitterung, namentlich unter den Proletariern, ist sehr groß -- keiner ist seines Lebens sicher, da jeder Junker bei der geringfügigsten Veranlassung sogleich Soldaten requirirt, um durch den Säbel seine Macht zu beweisen. -- Die bevorstehende Aufhebung der Fideicommisse hat die adeligen Faulenzer sehr unangenehm aus ihrer Ruhe aufgerüttelt -- ihre ganze Existenz ist gefährdet; dazu kommt noch, daß die Tagelöhner das ihnen früher durch Betrug abgenommene Eigenthum an Andere wieder zurückverlangen. Die Zeit der Wiedervergeltung naht mit raschen Schritten!

Ungarn.
Vinkovce, 5. Febr.

Die Esseker Festung hat bereits in der Unter- und Oberstadt einen bedeutenden Schaden an Häusern angerichtet. Heute sahen wir abermals eine Rauchwolke aufsteigen. Unsere Truppen haben gegen die Festung eine starke Schanze aufgeworfen. Die Nordseite der Festung ist noch immer offen, das Kronwerk von Magyaren besetzt, die sich beliebig verproviantiren, verstärken können und auch in der That bereits verstärkt haben.

Hermanstadt, 26. Jan.

Unter diesem Datum bringt der "Lloyd", eins der saubersten Standrechts- und Galgenblätter Wiens, folgende Korrespondenz:

"Ich kann über die letzten Ereignisse in unserer Nähe einige weniger bekannte Thatsachen mittheilen. Am 20. Janu. brachte ein berittener sächsischer Bauer an den hiesigen Magistrat ein Schreiben des Rebellen-Generals Bem, worin derselbe die Ergebung der Stadt forderte, damit das Versprechen voll[k]ommener Mannszucht und Disciplin seiner Truppen und Schonung der Stadt verband und nur eine ihm unentbehrliche Contribution in Anspruch nahm. Im Weigerungsfalle drohte er die Stadt zu schleifen. Der Magistrat gab dem commandirenden General Kenntniß von dem Actenstück und erhielt von ihm die Antwort, nach Gutdünken zu handeln, da er bei der geringen Truppenmacht der Stadt den Schutz nicht garantiren könne. Die braven Herrmannstädter entschieden sich für den Widerstand. Muthig traten sie in die Reihen der Krieger und vermehrten die 4000 M. kaiserl. Truppen um beinahe 2000. Die tapfere Nationalgarde von Mediasch war fechtend von ihrer aufgegebenen Vaterstadt bis zu uns gelangt und schloß sich ebenfalls dem Kampf an. Die Weiber und Kinder wurden nach der Grenze gesendet und Hermannstadt war gefaßt auf einen Kampf auf Tod und Leben. Sie haben den Schlachtbericht (Nr. 43) gelesen, und so darf ich die Details übergehen. Der Sieg war erfochten, aber die Sicherheit der Stadt nicht gewährleistet.

Schon früher hatten die Behörden der sächsischen und walachischen Nation von dem kommandirenden General die peremtorische Erklärung gefordert, ob er im Stande sei, dem Vordringen des Rebellenheeres ein Ziel zu setzen und die dem Kaiser treuen Landestheile vor Verheerung zu beschützen? Die Frage erhielt jetzt, wo der Feind vor den Thoren stand, eine um so größere Wichtigkeit, als zuverlässige Berichte einliefen, daß die Szekler den kaum geleisteten Eid der Treue gebrochen hätten und sich zu neuen Einfällen in das Sachsenland rüsteten. Unter diesen Umständen von zwei Feinden in der Fronte und im Rücken bedroht, glaubten die bedrohten Landestheile nach so ungeheuern Anstrengungen für Thron und Monarchie in ihrem Rechte zu sein, wenn die Hülfe einer befreundeten Macht in Anspruch genommen würde.

Der Commandirende erklärte über die Zulässigkeit einer Bitte um Hülfe bei dem Commandanten der russischen Truppen in der Wallachei nicht entscheiden zu können, da er dem Lande keine Garantien gegen die Rebellen bieten könne, andrerseits aber die Hülfe der russischen Truppen selbst nicht herbeirufen könne, da ihm hierüber die Instruction fehle. Unter diesen Umständen sahen sich die Civilbehörden genöthigt, auf eigene Verantwortung jene Hülfe anzusuchen, die allein im Stande war, sowohl von den dem Kaiser getreuen Landestheilen die barbarische Verwüstung abzuwenden als auch dem kaiserl. Heere gegen Bem, der sich durch die rebellischen Sz[e]kler bis auf 20,000 M. verstärkt hatte, den Rücken zu sichern. Der russische Commandant soll der zu ihm gesendeten Deputation seine Bereitwilligkeit erklärt haben, zum Schutze des kaiserlichen Eigenthums für Herrmannstadt und Kronstadt Truppen abzusenden. In dieser Form schienen alle diplomatischen Bedenken ihre Beseitigung zu finden, [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

X Breslau, 13. Febr.

Die Wahlen in Schlesien für die erste Kammer sind zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Wählen alle Provinzen wie Schlesien d. h. Reactionäre vom reinsten brandenburgschen Wasser, so muß binnen Kurzem ein Conflict stattfinden. Der Calicot-Minister Milde ist dreimal, Brandenburg zweimal gewählt. In Oels fiel der vereinigte Landtägler Graf Dyhren wegen seiner Freisinnigkeit vollständig durch. Eine solche reactionäre erste Kammer scheinen die adligen Herren vorhergesehen und gefürchtet zu haben; so ließ z. B. Graf Renard sich in die zweite Kammer wählen und intriguirte für die Wahl seines Inspectors v. Neumann in die erste Kammer. Bei einem Conflicte könnte jedoch sich Renard verrechnet haben, da wohl dann das Volk Justiz ausüben wird an allen Feinden des Volkes auch in der zweiten Kammer.

Als Curiosum, das über den geordneten Rechtszustand des preußischen Staates helles Licht wirft, theile ich Ihnen noch mit, daß die beiden Aufsätze aus der „Neuen Rheinischen Zeitung“ über den Finanzbericht der Nat. Verf. und über das interimistische Ablösungsgesetz von der schlesischen Justiz incriminirt sind — wegen Majestätsbeleidigung.

068 Breslau, 14. Febr.

Das Vaterland ist verloren, Preußen ja ganz Deutschland steht am Rande des Verderbens: so klagten die preußischen Staatsbürger (?), so winselt die Frankfurter Linke; denn — Heinrich Simon ist nicht gewählt!

Das Schrecklichste ist geschehen, der Mann des Volkes, der einzige Freund des Volkes (!) ist vom Volke vergessen worden, während doch, wie ein lobhudelndes Wahlplacat sagt, in dem Augenblick jeder Gefahr jeder Bewohner einer jeden Hütte rief: „Heinrich Simon muß daran.“ Und dieser Mann vom Volke ist jetzt nicht berücksichtigt! Was wird der Club Westendhall und die Herren Schröder, Claussen und Venedey sagen, daß per Mann nicht gewählt ist, der eine ganze Nationalversammlung vertreten kann durch Intelligenz, Rednergabe und besonders durch die sittliche Kraft seines Charakters.

Doch ich will dem Urtheil des Lesers nicht vorgreifen. Obengenannte Herren glaubten „in einem Momente, wo der Ausfall der Wahlen zur preußischen Nationalversammlung nicht nur auf Jahre hinaus die Gestaltung der preußischen Verhältnisse entscheidet, sondern gleichzeitig den wesentlichsten Einfluß ausüben wird auf die gesammten deutschen Verhältnisse, erscheint es vorzugsweise nöthig nur bewährten Männern die Vertretung des Volkes anzuvertrauen.“ Dies ist der Anfang eines autographirten Schreibens obiger Herren, das in alle Wahlkreise an alle hervorragenden demokratischen Persönlichkeiten in 50 Exemplaren geschickt wurde. Diese Herren wollten jedem Demokraten Schlesiens bewährte Männer vorschlagen und — parturiunt montes nascetur ridiculus mus — Heinrich Simon kommt heraus. „Diejenigen bewährten Männer“ sind Heinrich Simon.

Von der Tribüne hat er (Heinrich Simon) durch die sittliche Kraft seines Charakters, durch seine umfassende, gründliche und gediegene Sachkenntniß, so wie durch große Klarheit und Präcision der Darstellung in Hauptfragen, insbesondere in der preußischen Verfassungs-Angelegenheit, auf das Parlament mächtig eingewirkt. Auch auf der rechten Seite des Parlaments ist ihm stets Achtung und Auszeichnung zu Theil geworden.

Heinrich Simon wirkte von der Tribüne durch die sittliche Kraft seines Charakters, er brauchte sich also nur auf die Tribüne zu stellen und die Wirkung war da durch „die sittliche Kraft seines Charakters.“ Die große sittliche Kraft seines Charakters hat Heinrich Simon bewiesen am 6. März 1848, daß er die Volksversammlung öffentlich förderte und heimlich hintertrieb!! In Hauptfragen wirkte er so mächtig auf das Parlament, daß alle Fragen, in denen er sprach, stets durchfielen.

„Wir würden, so schließt dieses fameuse Schreiben, es tief beklagen, wenn gerade auf diesem „Landtage“ — (und oben Nat.-Verf.) — der so wichtig ist, und für die Freiheit Preußens und Deutschlands entscheidet, einer ihrer edelsten Vorkämpfer fehlen sollte.“

„Deshalb und weil wir erfahren, daß die Reaction überall ganz besonders dahin wirken wird, derartige Männer von der Wahl auszuschließen, ersuchen wir Sie dringend, allen Intriguen der freiheitsfeindlichen Parteien entgegen

Heinrich Simon zu Ihrem Abgeordneten in die zweite Kammer zu wählen.“

Trotz der Majorität, die die demokratische Partei in der Nat.-Verf. besitzt, haben die Demokraten gemeinschaftliche Sache gemacht mit der „freiheitsfeindlichen Partei“ und haben Heinrich Simon nicht gewählt.

24 Breslau, 13. Januar.

Wie kürzlich die Regierung zu Oppeln „auf höhern Befehl“ Steckbriefe gegen Kossuth und viele andre Magyaren erließ, so jetzt auch die hiesige Regierung. In Nr. 7. des Breslauer Amtsblattes fordert sie zufolge „der ihr höhern Orts zugegangenen Weisung“ die Polizeibehörden auf, nachbenannte Personen im Betretungsfalle zu verhaften und — an das nächste östreichische Militärkommando abliefern zu lassen!

Es sind folgende Personen bezeichnet:

Ludwig Kossuth; die Ehefrau des Kossuth; Eduard Beöthy; Graf Kasimir Bathiany; Bartholomäus Szemere; Franz Pulsky; General Bém; Michael Tancsics; Arthur Görgey; Dr. Tau[unleserliches Material]enau; Alexander Luccats; Paul Nyary; Szöllesy; Ladislaus Csanyi; Paul Vasvary; Alexander Pöte[unleserliches Material]y; Moritz Perczel; Ladislaus Madaraß!

Ueber solche schaamlose Niederträchtigkeit ist kein Wort weiter zu verlieren. Dieses Verfahren richtet sich selbst.

088 Frankenstein, 7 Febr.

Am Sonntage besuchten mehrere Unteroffiziere und ein Feldwebel vom 23. Infanterieregiment einen öffentlichen Tanzsaal und bemühten sich, mit Sticheleien mehrere von den anwesenden Civilisten in Harnisch zu bringen. Diese Neckereien hatten den gewünschten Erfolg und arteten in Schlägereien aus. Auf einmal erscheint ganz unerwartet bewaffnetes Militär im Tanzsaale und dringt mit gefälltem Bajonnette und gezogenem Säbel auf die Bürger ein. Drei Husaren hauen scharf zu. Einige Leute der vom Wachtdienst abgelösten Bürgerwehr hören auf der Straße den Skandal und gehen näher hinzu. Sie werden sogleich mit Kolbenschlägen bewillkommt. Nun beginnt ein ernstlicher Kampf. Circa sechs Mann Bürgerwehr und Civilisten entwaffnen mehrere Unteroffiziere und Gemeine. Die Waffen hat der Hauptmann erst von dem Bürgerwehrkommandeur zurückerbitten müssen! Auch einem der Husaren ward der Säbel aus der Hand gewunden. In diesem Augenblicke erscheinen 30-40 Mann vollständig bewaffnete Soldaten aus der Kaserne, die ebenfalls von den wenigen Civilisten bis in die Nähe der Kaserne zurückgedrängt wurden. Hier gelingt es den herbeigeeilten Bürgerwehroffizieren, die Ruhe wieder herzustellen. Von den Soldaten sind fünf mehr oder weniger verwundet, von den Bürgern drei. Wie fast überall, so haben auch hier die Soldaten sich gegen Wehrlose höchst brutal benommen. Ein bereits zu Boden liegender Bürger erhielt u. A. von einem Soldaten noch derbe Kolbenstöße.

Jeden Abend um 9 Uhr ist hier doppelter Zapfenstreich, der die Soldaten zum Nachhausegehen mahnt. Wie kommt es, daß in der Nacht bis 1 Uhr sich Soldaten noch auf Tanzsälen herumtreiben dürfen!

Gestern haben uns Gott sei Dank die Wasserpolaken des 23. Infanterieregiments verlassen und ist dagegen vom 11. Regiment eine Kompagnie eingerückt. Diese Leute haben jedoch heute gegen die Einquartirung in die Kasernen Protest eingelegt, weil die Betten und Strohsäcke in letzterer von Läusen und sonstigem Ungeziefer strotzen. Ein Beweis, welche Ordnung in der Kompagnie geherrscht hat.

Posen, 8. Febr.

Die Gazeta polska enthält eine im Umlauf zur Unterschrift an alle polnischen Urwähler des Großherzogthums Posen befindliche Protestation gegen die, Seitens der Regierung begangenen allgemeinen wie speziellen Uebergriffe bei Abgränzung der Wahlbezirke und bei Leitung der Wahlen, welche erstere dahin zielten, den Ausfall der letzteren im Großherzogthum zu verrücken und den Polen die Rechte der Repräsentation zu verkürzen. Sie erklärt die Annahme der sogenannten Demarkationslinie als Grundlage zur Eintheilung der Wahlbezirke für ein durch nichts zu rechtfertigendes und in den Annalen der Verwaltung bespielloses Unrecht. „Abgesehen von der Idee der Demarkationslinie selbst, „welche, falls sie zu Stande kommen sollte, eine gewaltsame Verletzung der bürgerlichen und politischen, den Polen durch Traktate und selbst durch Beschlüsse der Preußischen National-Versammlung vom 23. und 26. Oktober v. J. garantirten Rechte in sich schließen würde — deren Wahrung wir aber unsern Deputirten überantworten, erklären wir, indem wir uns hier auf die Beurtheilung der administrativen Maßregel allein beschränken, wie es eine unerhörte Thatsache ist, daß die Behörden es sich herausgenommen, auf ein Gesetz zu fußen, welches noch gar nicht existirt, vielmehr erst gegeben werden soll, und sich auf einen Beschluß zu berufen, der noch nicht einmal durch die Autorität bestätigt worden ist, welche sich eine ausschließliche Competenz in dieser Angelegenheit angemaßt; und alles Dieses zum Zwecke einer willkürlichen und künstlichen Durchsetzung von Wahlen im Sinne einer den Polen feindlichen Partei.“

Es wird ferner darin geklagt, daß das Königl. Ministerium nicht gezögert habe, den Behörden des Großherzogthums Posen auf Antrag dieser Partei und zum Vortheil der Deutschen Minorität, die einmal im Sinne des Reglements getroffene Wahlbezirks-Eintheilung zu verwerfen und eine andere im Sinne der Demarcationslinie, deren Richtung die Behörden nicht einmal kannten, zu entwerfen, wodurch 11 Kreise zerstückelt und außerdem mehrere derselben, dem § 24 des Reglements schnurstracks entgegen, ausdrücklich geviertheilt worden sind, um nur die Polnische Bevölkerung in solche Beziehung zur Deutschen zu bringen, daß für letztere eine Majorität erwachse. Wo dies gelang, da gerade ließ man je 4 und 5 Deputirte zugleich wählen.

„Endlich erklären wir“, so heißt es weiter, „daß wir ohngeachtet aller dieser Beeinträchtigungen zu den Wahlen schreiten, um der Welt darzuthun, daß keine List, auch keine Uebergriffe uns von dem legalen Nießbrauch derjenigen konstitutionellen Freiheiten, nach denen wir so lange gestrebt und die unser Volk durch mehrhundertjährige Praxis kennen und schätzen gelernt hatte — die uns aber eine feindselige Bureaukratie nun auf Kosten der Abtretung unserer Nationalität erkaufen lassen will, abhalten lassen werden.“

(Ostf. Z.)
Aus Westpreußen, 9. Febr.

Vor dem 18. März reisten viele Mucker im Lande herum, um den armen Leuten Enthaltsamkeit vom Schnapse und von anderer weltlichen Lust zu predigen. Dazu wurde viel gesungen und gebetet, und Hr. Baron v. Seld aus Berlin soll's als solcher Schnapsprediger weit gebracht haben. Jetzt geht dieses Geschäft nicht mehr, und nun reist derselbe Herr zu seinen alten Kunden, predigt denen Enthaltsamkeit von der Freiheit und Demokratie und gibt ihnen dabei so vielen Schnaps zu trinken, als sie nur wollen.

(Fr. J.)
068 Danzig, den 7. Febr.

Der Redacteur des „Danziger Volksblattes“ ist wegen eines Artikels über die Neujahrsgratulation an „Meine Armee,“ den er aus der „N. Rh. Z.“ in sein Blatt aufnahm, wegen Majestätsbeleidigung zur Kriminaluntersuchung gezogen worden.

* Dresden, 13. Febr.

In der heutigen Sitzung der ersten Kammer benutzte Abg. Böricke eine auf Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien dringende Petition zu folgendem Antrag: die Kammer möge ohne weitere Diskussion den von der zweiten Kammer in Betreff der Tödtung R. Blum's gefaßten Beschlüssen beitreten. Einstimmig angenommen. Weiterhin drehten sich die Debatten um Auslegung des Wortes „selbstständig“ im provisor. Wahlgesetz vom 15. Novbr. vorigen Jahres. Die Deputation hat beantragt: „selbstständig ist gleichbedeutend mit: befähigt, seine Rechte vor Gericht selbst zu vertreten und wesentlichen Wohnsitz für gleichbedeutend mit demjenigen Wohnorte, der den Gerichtsstand einer Person begründet.“ Wird in namentlicher Abstimmung von der Kammer, mit Ausschluß von 2 Stimmen, angenommen.

Eben so der 2. Antrag, welcher lautet: „Die Kammer wolle im Vereine mit der 2. Kammer die Staatsregierung ersuchen, der oben ersichtlichen Auslegung der in § 4 des provisorischen Wahlgesetzes enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen beizutreten und die hierdurch ermittelte authentische Interpretation im verfassungsmäßigen Wege zu publiziren.“

15 Schleswig-Holstein, 14. Febr.

Obgleich die Lage der Tagelöhner hier in Schleswig-Holstein sehr traurig ist, so hat doch noch kein Junker bis jetzt gewagt, sie so zu mißhandeln, wie es in Mecklenburg täglich geschieht. Betrogen und bestohlen werden die hiesigen Proletarier wie im Nachbarlande, aber der Säbel ist noch nicht zur Anwendung gekommen. Es ist kaum glaublich, daß folgende Thatsachen in der jetzigen Zeit möglich sind, aber was wagen jetzt nicht die Hunde- und Pferdebarone, sich auf die Bajonnette der Soldateska stützend.

Von jeher waren die Existenzmittel der Tagelöhner in Mecklenburg sehr gering, namentlich auf dem Gute des von Arnim; oft hatten dieselben den Junker um Besserung ihrer Lage gebeten, aber natürlich stets vergebens, sie wurden mit Schimpfworten zur Ruhe und Geduld verwiesen. — Ich lasse die Erzählung der Tagelöhner hier folgen, wie sie von denselben der Mecklenburger Landesversammlung vorgelegt.

„Ohne vorau[s]gegangene oder gar erregende Vorgänge unserer Seits mit dem Gutsherrn oder dessen Administration, befanden wir achtzehn Tagelöhner uns auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt in Gegenwart des zu Pferde sitzenden, ungewöhnlich lange sich bei uns verweilenden Wirthschafters Kolmorgen, welcher uns kurz vorher gegen seine sonstige Gewohnheit mit Liebreiz ein Glas Branntwein nach dem andern aufgedrungen, als der Statthalter (Vogt) Gädke, vom Hofe kommend, ihm etwas in die Ohren raunt. Hierauf wieder zu uns heranlenkend, brüllt Kolmorgen in Begleitung der lieblichsten Schimpfworte: „wenn mir jemals wieder einer von Euch so kommt, wie letzthin zwei von Euch, so schieße ich ihn sogleich nieder.“ — Diese beiden Tagelöhner hatten ihn nämlich gebeten, doch nicht so roh und unbarmherzig mit den Hofarbeitern umzugehen, denn da diese jetzt nur mit Zittern und Zagen in die Arbeit gingen und mit thränenden Augen zu Hause kämen, so müßten wir befürchten, daß sie gar nicht mehr zu Hofe gehen wollten. — Dieses wurde im Tone freundlicher Bitte gesagt.

Auf die Drohung des Todtschießens und den vielen Neigungen durch Rohheit und Grobheit gegen uns, legten wir unser Handwerkzeug nieder, traten zu ihm heran und einer sagte: „Herr Kolmorgen, wenn Sie nach einer bloßen Bitte uns sogleich todtschießen wollen, so wollen wir doch lieber zusammen nach dem Gericht in Waren gehen und dort hören, ob Sie das Recht dazu haben.

Freudig bewilligt Kolmorgen uns sogleich unsere Aufforderung mit dem Befehl augenblicklich mitzukommen. Er reitet voran und wir folgen ihm ohne Rock und mit leeren Händen. Auf dem Hofe angelangt, kommen uns 26 Dragoner unter Anführung des Lieutenants Koenemann in den Rücken und von diesem aufgefordert vorzutreten auf den freien Platz, welches, nichts Böses ahnend, von uns geschah — donnert uns derselbe an, warum wir die Arbeit verlassen und den Oberinspektor Kolmorgen geschlagen? Wir hatten kaum Zeit zu erwidern, daß wir keinenfalls den Inspektor geschlagen, sondern seinem Geheiße folgend, mit ihm nach Waren zu gehen, dort vor Gericht unsere Beschwerde anzubringen, als der Lieutenant mitten in unserer Antwort ein Commando erließ, worauf seine Dragoner uns wehrlose Männer umzingeln und mit scharfen Säbeln zusammenhauen. Ohne die leichten, wurden sieben von uns unschuldigen, friedlichen Menschen schwer verwundet aufs Schmerzenslager getragen und von wem verstümmelt und auf welche Ursache hin?

Allmählig zur Besinnung aus dem Todesschrecken kommend, können wir uns über solch grauenerregende, schändliche That nicht beruhigen, wir bitten um Genugthuung und Untersuchung. Diese wird uns gewährt; es kommt der Criminalrath Ackermann und befragt jeden von uns hin und her, auch über Thatsachen, von uns begangen, die wir nicht kennen, übergeht lächelnd unsere Klagen, verweist uns unsere Bitte und läßt uns wieder abtreten; aber kein Wort auch nur einer Mißbilligung über die Missethäter entfährt seinen Lippen.

Das Urtheil erfolgt, der Criminaldirektor Boldt bringt es, es lautet: hört! hört! „Ob der Vorgänge der Dragonermetzelei unter den Tagelöhnern, erhalten von den Nichtverwundeten einer acht Wochen Gefängniß, einen Tag um den andern bei Wasser und Brod — ditto einer sechs Wochen ditto ditto, vier erhalten vier Wochen bei ditto ditto.

Stumm, vor Entsetzen stumm, wir, die wir nicht von den Dragonersäbeln zerhackt sind, sollen das Schmerzenslager nachholen ohne Wunden, aber im Gefängniß, die abgemessenen Wochen bei Wasser und Brod, dem Entlehnungsmittel des Todes, als Strafe für unsere Frage: weshalb ein Wütherich uns todtschießen wolle? Diese Frage als Verbrechen hatte uns in die Dragonersäbel auf dem Hofe geführt, aber dieselbe mag unser aller Leben gerettet haben; denn da doch die Dragoner nicht umsonst zwei Meilen weit gelockt werden durften, so wären sie jedenfalls zu uns hinaus auf's Feld gekommen, so daß es ja natürlich gewesen, wenn wir unser Arbeitszeug zur Abwehr der Säbel vorgehalten hätten, und wir hätten dann keinenfalls Pardon erhalten, sondern wir wären sämmtlich niedergehauen worden.“

Was die Landesversammlung bei dieser Schlächterei thun wird, muß die nächste Zukunft zeigen; es giebt viele entschlossene Männer in derselben, ob aber ihre Stimme durchdringen wird, ist noch die Frage. Wahrscheinlich wird Mecklenburg in kurzer Zeit mit einer von der Kamarilla fabricirten Verfassung erfreut werden. Die Mecklenburgische Hoheit hat schon in Berlin sich Hülfe erbeten, im Falle die eigenen Soldaten nicht ausreichen sollten. Die Erbitterung, namentlich unter den Proletariern, ist sehr groß — keiner ist seines Lebens sicher, da jeder Junker bei der geringfügigsten Veranlassung sogleich Soldaten requirirt, um durch den Säbel seine Macht zu beweisen. — Die bevorstehende Aufhebung der Fideicommisse hat die adeligen Faulenzer sehr unangenehm aus ihrer Ruhe aufgerüttelt — ihre ganze Existenz ist gefährdet; dazu kommt noch, daß die Tagelöhner das ihnen früher durch Betrug abgenommene Eigenthum an Andere wieder zurückverlangen. Die Zeit der Wiedervergeltung naht mit raschen Schritten!

Ungarn.
Vinkovce, 5. Febr.

Die Esseker Festung hat bereits in der Unter- und Oberstadt einen bedeutenden Schaden an Häusern angerichtet. Heute sahen wir abermals eine Rauchwolke aufsteigen. Unsere Truppen haben gegen die Festung eine starke Schanze aufgeworfen. Die Nordseite der Festung ist noch immer offen, das Kronwerk von Magyaren besetzt, die sich beliebig verproviantiren, verstärken können und auch in der That bereits verstärkt haben.

Hermanstadt, 26. Jan.

Unter diesem Datum bringt der „Lloyd“, eins der saubersten Standrechts- und Galgenblätter Wiens, folgende Korrespondenz:

„Ich kann über die letzten Ereignisse in unserer Nähe einige weniger bekannte Thatsachen mittheilen. Am 20. Janu. brachte ein berittener sächsischer Bauer an den hiesigen Magistrat ein Schreiben des Rebellen-Generals Bem, worin derselbe die Ergebung der Stadt forderte, damit das Versprechen voll[k]ommener Mannszucht und Disciplin seiner Truppen und Schonung der Stadt verband und nur eine ihm unentbehrliche Contribution in Anspruch nahm. Im Weigerungsfalle drohte er die Stadt zu schleifen. Der Magistrat gab dem commandirenden General Kenntniß von dem Actenstück und erhielt von ihm die Antwort, nach Gutdünken zu handeln, da er bei der geringen Truppenmacht der Stadt den Schutz nicht garantiren könne. Die braven Herrmannstädter entschieden sich für den Widerstand. Muthig traten sie in die Reihen der Krieger und vermehrten die 4000 M. kaiserl. Truppen um beinahe 2000. Die tapfere Nationalgarde von Mediasch war fechtend von ihrer aufgegebenen Vaterstadt bis zu uns gelangt und schloß sich ebenfalls dem Kampf an. Die Weiber und Kinder wurden nach der Grenze gesendet und Hermannstadt war gefaßt auf einen Kampf auf Tod und Leben. Sie haben den Schlachtbericht (Nr. 43) gelesen, und so darf ich die Details übergehen. Der Sieg war erfochten, aber die Sicherheit der Stadt nicht gewährleistet.

Schon früher hatten die Behörden der sächsischen und walachischen Nation von dem kommandirenden General die peremtorische Erklärung gefordert, ob er im Stande sei, dem Vordringen des Rebellenheeres ein Ziel zu setzen und die dem Kaiser treuen Landestheile vor Verheerung zu beschützen? Die Frage erhielt jetzt, wo der Feind vor den Thoren stand, eine um so größere Wichtigkeit, als zuverlässige Berichte einliefen, daß die Szekler den kaum geleisteten Eid der Treue gebrochen hätten und sich zu neuen Einfällen in das Sachsenland rüsteten. Unter diesen Umständen von zwei Feinden in der Fronte und im Rücken bedroht, glaubten die bedrohten Landestheile nach so ungeheuern Anstrengungen für Thron und Monarchie in ihrem Rechte zu sein, wenn die Hülfe einer befreundeten Macht in Anspruch genommen würde.

Der Commandirende erklärte über die Zulässigkeit einer Bitte um Hülfe bei dem Commandanten der russischen Truppen in der Wallachei nicht entscheiden zu können, da er dem Lande keine Garantien gegen die Rebellen bieten könne, andrerseits aber die Hülfe der russischen Truppen selbst nicht herbeirufen könne, da ihm hierüber die Instruction fehle. Unter diesen Umständen sahen sich die Civilbehörden genöthigt, auf eigene Verantwortung jene Hülfe anzusuchen, die allein im Stande war, sowohl von den dem Kaiser getreuen Landestheilen die barbarische Verwüstung abzuwenden als auch dem kaiserl. Heere gegen Bem, der sich durch die rebellischen Sz[e]kler bis auf 20,000 M. verstärkt hatte, den Rücken zu sichern. Der russische Commandant soll der zu ihm gesendeten Deputation seine Bereitwilligkeit erklärt haben, zum Schutze des kaiserlichen Eigenthums für Herrmannstadt und Kronstadt Truppen abzusenden. In dieser Form schienen alle diplomatischen Bedenken ihre Beseitigung zu finden, [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

<TEI>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 13. Febr.</head>
          <p>Die Wahlen in Schlesien für die erste Kammer sind zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Wählen alle Provinzen wie Schlesien d. h. Reactionäre vom reinsten brandenburgschen Wasser, so muß binnen Kurzem ein Conflict stattfinden. Der Calicot-Minister Milde ist dreimal, Brandenburg zweimal gewählt. In Oels fiel der vereinigte Landtägler Graf Dyhren wegen seiner Freisinnigkeit vollständig durch. Eine solche reactionäre erste Kammer scheinen die adligen Herren vorhergesehen und gefürchtet zu haben; so ließ z. B. Graf Renard sich in die zweite Kammer wählen und intriguirte für die Wahl seines Inspectors v. Neumann in die erste Kammer. Bei einem Conflicte könnte jedoch sich Renard verrechnet haben, da wohl dann das Volk Justiz ausüben wird an allen Feinden des Volkes auch in der zweiten Kammer.</p>
          <p>Als Curiosum, das über den geordneten Rechtszustand des preußischen Staates helles Licht wirft, theile ich Ihnen noch mit, daß die beiden Aufsätze aus der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; über den Finanzbericht der Nat. Verf. und über das interimistische Ablösungsgesetz von der schlesischen Justiz incriminirt sind &#x2014; wegen Majestätsbeleidigung.</p>
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          <head><bibl><author>068</author></bibl> Breslau, 14. Febr.</head>
          <p>Das Vaterland ist verloren, Preußen ja ganz Deutschland steht am Rande des Verderbens: so klagten die preußischen Staatsbürger (?), so winselt die Frankfurter Linke; denn &#x2014; Heinrich Simon ist nicht gewählt!</p>
          <p>Das Schrecklichste ist geschehen, der Mann des Volkes, der einzige Freund des Volkes (!) ist vom Volke vergessen worden, während doch, wie ein lobhudelndes Wahlplacat sagt, in dem Augenblick jeder Gefahr jeder Bewohner einer jeden Hütte rief: &#x201E;Heinrich Simon muß daran.&#x201C; Und dieser Mann vom Volke ist jetzt nicht berücksichtigt! Was wird der Club Westendhall und die Herren Schröder, Claussen und Venedey sagen, daß per Mann nicht gewählt ist, der eine ganze Nationalversammlung vertreten kann durch Intelligenz, Rednergabe und besonders durch die sittliche Kraft seines Charakters.</p>
          <p>Doch ich will dem Urtheil des Lesers nicht vorgreifen. Obengenannte Herren glaubten &#x201E;in einem Momente, wo der Ausfall der Wahlen zur preußischen Nationalversammlung nicht nur auf Jahre hinaus die Gestaltung der preußischen Verhältnisse entscheidet, sondern gleichzeitig den wesentlichsten Einfluß ausüben wird auf die gesammten deutschen Verhältnisse, erscheint es vorzugsweise nöthig nur <hi rendition="#g">bewährten</hi> Männern die Vertretung des Volkes anzuvertrauen.&#x201C; Dies ist der Anfang eines autographirten Schreibens obiger Herren, das in <hi rendition="#g">alle</hi> Wahlkreise an <hi rendition="#g">alle</hi> hervorragenden demokratischen Persönlichkeiten in 50 Exemplaren geschickt wurde. Diese Herren wollten jedem Demokraten Schlesiens <hi rendition="#g">bewährte</hi> Männer vorschlagen und &#x2014; parturiunt montes nascetur ridiculus mus &#x2014; Heinrich Simon kommt heraus. &#x201E;Diejenigen bewährten Männer&#x201C; sind Heinrich Simon.</p>
          <p>Von der Tribüne hat er (Heinrich Simon) durch die sittliche Kraft seines Charakters, durch seine umfassende, gründliche und gediegene Sachkenntniß, so wie durch große Klarheit und Präcision der Darstellung in Hauptfragen, insbesondere in der preußischen Verfassungs-Angelegenheit, auf das Parlament mächtig eingewirkt. Auch auf der rechten Seite des Parlaments ist ihm stets Achtung und Auszeichnung zu Theil geworden.</p>
          <p>Heinrich Simon wirkte von der Tribüne durch die sittliche Kraft seines Charakters, er brauchte sich also nur auf die Tribüne zu stellen und die Wirkung war da durch &#x201E;die sittliche Kraft seines Charakters.&#x201C; Die große sittliche Kraft seines Charakters hat Heinrich Simon bewiesen am 6. März 1848, daß er die Volksversammlung öffentlich förderte und heimlich hintertrieb!! In Hauptfragen wirkte er so mächtig auf das Parlament, daß alle Fragen, in denen er sprach, stets durchfielen.</p>
          <p>&#x201E;Wir würden, so schließt dieses fameuse Schreiben, es tief beklagen, wenn gerade auf diesem &#x201E;Landtage&#x201C; &#x2014; (und oben Nat.-Verf.) &#x2014; der so wichtig ist, und für die Freiheit Preußens und Deutschlands entscheidet, einer ihrer edelsten Vorkämpfer fehlen sollte.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Deshalb und weil wir erfahren, daß die Reaction überall ganz besonders dahin wirken wird, derartige Männer von der Wahl auszuschließen, ersuchen wir Sie dringend, allen Intriguen der freiheitsfeindlichen Parteien entgegen</p>
          <p rendition="#et">Heinrich Simon zu Ihrem Abgeordneten in die zweite Kammer zu wählen.&#x201C;</p>
          <p>Trotz der Majorität, die die demokratische Partei in der Nat.-Verf. besitzt, haben die Demokraten gemeinschaftliche Sache gemacht mit der &#x201E;freiheitsfeindlichen Partei&#x201C; und haben Heinrich Simon nicht gewählt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar224_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>24</author></bibl> Breslau, 13. Januar.</head>
          <p>Wie kürzlich die Regierung zu Oppeln &#x201E;auf höhern Befehl&#x201C; Steckbriefe gegen Kossuth und viele andre Magyaren erließ, so jetzt auch die hiesige Regierung. In Nr. 7. des Breslauer Amtsblattes fordert sie zufolge &#x201E;der ihr höhern Orts zugegangenen Weisung&#x201C; die Polizeibehörden auf, nachbenannte Personen im Betretungsfalle zu verhaften und &#x2014; <hi rendition="#b">an das nächste östreichische Militärkommando abliefern zu lassen!</hi> </p>
          <p>Es sind folgende Personen bezeichnet:</p>
          <p>Ludwig Kossuth; die Ehefrau des Kossuth; Eduard Beöthy; Graf Kasimir Bathiany; Bartholomäus Szemere; Franz Pulsky; General Bém; Michael Tancsics; Arthur Görgey; Dr. Tau<gap reason="illegible"/>enau; Alexander Luccats; Paul Nyary; Szöllesy; Ladislaus Csanyi; Paul Vasvary; Alexander Pöte<gap reason="illegible"/>y; Moritz Perczel; Ladislaus Madaraß!</p>
          <p>Ueber solche schaamlose Niederträchtigkeit ist kein Wort weiter zu verlieren. Dieses Verfahren richtet sich selbst.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar224_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>088</author></bibl> Frankenstein, 7 Febr.</head>
          <p>Am Sonntage besuchten mehrere Unteroffiziere und ein Feldwebel vom 23. Infanterieregiment einen öffentlichen Tanzsaal und bemühten sich, mit Sticheleien mehrere von den anwesenden Civilisten in Harnisch zu bringen. Diese Neckereien hatten den gewünschten Erfolg und arteten in Schlägereien aus. Auf einmal erscheint ganz unerwartet bewaffnetes Militär im Tanzsaale und dringt mit gefälltem Bajonnette und gezogenem Säbel auf die Bürger ein. Drei Husaren hauen scharf zu. Einige Leute der vom Wachtdienst abgelösten Bürgerwehr hören auf der Straße den Skandal und gehen näher hinzu. Sie werden sogleich mit Kolbenschlägen bewillkommt. Nun beginnt ein ernstlicher Kampf. Circa sechs Mann Bürgerwehr und Civilisten entwaffnen mehrere Unteroffiziere und Gemeine. Die Waffen hat der Hauptmann erst von dem Bürgerwehrkommandeur zurückerbitten müssen! Auch einem der Husaren ward der Säbel aus der Hand gewunden. In diesem Augenblicke erscheinen 30-40 Mann vollständig bewaffnete Soldaten aus der Kaserne, die ebenfalls von den wenigen Civilisten bis in die Nähe der Kaserne zurückgedrängt wurden. Hier gelingt es den herbeigeeilten Bürgerwehroffizieren, die Ruhe wieder herzustellen. Von den Soldaten sind fünf mehr oder weniger verwundet, von den Bürgern drei. Wie fast überall, so haben auch hier die Soldaten sich gegen Wehrlose höchst brutal benommen. Ein bereits zu Boden liegender Bürger erhielt u. A. von einem Soldaten noch derbe Kolbenstöße.</p>
          <p>Jeden Abend um 9 Uhr ist hier doppelter Zapfenstreich, der die Soldaten zum Nachhausegehen mahnt. Wie kommt es, daß in der Nacht bis 1 Uhr sich Soldaten noch auf Tanzsälen herumtreiben dürfen!</p>
          <p>Gestern haben uns Gott sei Dank die Wasserpolaken des 23. Infanterieregiments verlassen und ist dagegen vom 11. Regiment eine Kompagnie eingerückt. Diese Leute haben jedoch heute gegen die Einquartirung in die Kasernen Protest eingelegt, weil die Betten und Strohsäcke in letzterer von Läusen und sonstigem Ungeziefer strotzen. Ein Beweis, welche Ordnung in der Kompagnie geherrscht hat.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar224_013" type="jArticle">
          <head>Posen, 8. Febr.</head>
          <p>Die Gazeta polska enthält eine im Umlauf zur Unterschrift an alle polnischen Urwähler des Großherzogthums Posen befindliche Protestation gegen die, Seitens der Regierung begangenen allgemeinen wie speziellen Uebergriffe bei Abgränzung der Wahlbezirke und bei Leitung der Wahlen, welche erstere dahin zielten, den Ausfall der letzteren im Großherzogthum zu verrücken und den Polen die Rechte der Repräsentation zu verkürzen. Sie erklärt die Annahme der sogenannten Demarkationslinie als Grundlage zur Eintheilung der Wahlbezirke für ein durch nichts zu rechtfertigendes und in den Annalen der Verwaltung bespielloses Unrecht. &#x201E;Abgesehen von der Idee der Demarkationslinie selbst, &#x201E;welche, falls sie zu Stande kommen sollte, eine gewaltsame Verletzung der bürgerlichen und politischen, den Polen durch Traktate und selbst durch Beschlüsse der Preußischen National-Versammlung vom 23. und 26. Oktober v. J. garantirten Rechte in sich schließen würde &#x2014; deren Wahrung wir aber unsern Deputirten überantworten, erklären wir, indem wir uns hier auf die Beurtheilung der administrativen Maßregel allein beschränken, wie es eine unerhörte Thatsache ist, daß die Behörden es sich herausgenommen, auf ein Gesetz zu fußen, welches noch gar nicht existirt, vielmehr erst gegeben werden soll, und sich auf einen Beschluß zu berufen, der noch nicht einmal durch die Autorität bestätigt worden ist, welche sich eine ausschließliche Competenz in dieser Angelegenheit angemaßt; und alles Dieses zum Zwecke einer willkürlichen und künstlichen Durchsetzung von Wahlen im Sinne einer den Polen feindlichen Partei.&#x201C;</p>
          <p>Es wird ferner darin geklagt, daß das Königl. Ministerium nicht gezögert habe, den Behörden des Großherzogthums Posen auf Antrag dieser Partei und zum Vortheil der Deutschen Minorität, die einmal im Sinne des Reglements getroffene Wahlbezirks-Eintheilung zu verwerfen und eine andere im Sinne der Demarcationslinie, deren Richtung die Behörden nicht einmal kannten, zu entwerfen, wodurch 11 Kreise zerstückelt und außerdem mehrere derselben, dem § 24 des Reglements schnurstracks entgegen, ausdrücklich geviertheilt worden sind, um nur die Polnische Bevölkerung in solche Beziehung zur Deutschen zu bringen, daß für letztere eine Majorität erwachse. Wo dies gelang, da gerade ließ man je 4 und 5 Deputirte zugleich wählen.</p>
          <p>&#x201E;Endlich erklären wir&#x201C;, so heißt es weiter, &#x201E;daß wir ohngeachtet aller dieser Beeinträchtigungen zu den Wahlen schreiten, um der Welt darzuthun, daß keine List, auch keine Uebergriffe uns von dem legalen Nießbrauch derjenigen konstitutionellen Freiheiten, nach denen wir so lange gestrebt und die unser Volk durch mehrhundertjährige Praxis kennen und schätzen gelernt hatte &#x2014; die uns aber eine feindselige Bureaukratie nun auf Kosten der Abtretung unserer Nationalität erkaufen lassen will, abhalten lassen werden.&#x201C;</p>
          <bibl>(Ostf. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar224_014" type="jArticle">
          <head>Aus Westpreußen, 9. Febr.</head>
          <p>Vor dem 18. März reisten viele Mucker im Lande herum, um den armen Leuten Enthaltsamkeit vom Schnapse und von anderer weltlichen Lust zu predigen. Dazu wurde viel gesungen und gebetet, und Hr. Baron v. Seld aus Berlin soll's als solcher Schnapsprediger weit gebracht haben. Jetzt geht dieses Geschäft nicht mehr, und nun reist derselbe Herr zu seinen alten Kunden, predigt denen Enthaltsamkeit von der Freiheit und Demokratie und gibt ihnen dabei so vielen Schnaps zu trinken, als sie nur wollen.</p>
          <bibl>(Fr. J.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar224_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Danzig, den 7. Febr.</head>
          <p>Der Redacteur des &#x201E;Danziger Volksblattes&#x201C; ist wegen eines Artikels über die Neujahrsgratulation an &#x201E;Meine Armee,&#x201C; den er aus der &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C; in sein Blatt aufnahm, wegen Majestätsbeleidigung zur Kriminaluntersuchung gezogen worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar224_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 13. Febr.</head>
          <p>In der heutigen Sitzung der <hi rendition="#g">ersten</hi> Kammer benutzte Abg. <hi rendition="#g">Böricke</hi> eine auf Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien dringende Petition zu folgendem Antrag: die Kammer möge ohne weitere Diskussion den von der <hi rendition="#g">zweiten</hi> Kammer in Betreff der Tödtung R. <hi rendition="#g">Blum's</hi> gefaßten Beschlüssen beitreten. <hi rendition="#g">Einstimmig</hi> angenommen. Weiterhin drehten sich die Debatten um Auslegung des Wortes &#x201E;selbstständig&#x201C; im provisor. Wahlgesetz vom 15. Novbr. vorigen Jahres. Die Deputation hat beantragt: &#x201E;selbstständig ist gleichbedeutend mit: befähigt, seine Rechte vor Gericht selbst zu vertreten und wesentlichen Wohnsitz für gleichbedeutend mit demjenigen Wohnorte, der den Gerichtsstand einer Person begründet.&#x201C; Wird in namentlicher Abstimmung von der Kammer, mit Ausschluß von 2 Stimmen, <hi rendition="#g">angenommen</hi>.</p>
          <p>Eben so der 2. Antrag, welcher lautet: &#x201E;Die Kammer wolle im Vereine mit der 2. Kammer die Staatsregierung ersuchen, der oben ersichtlichen Auslegung der in § 4 des provisorischen Wahlgesetzes enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen beizutreten und die hierdurch ermittelte authentische Interpretation im verfassungsmäßigen Wege zu publiziren.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 14. Febr.</head>
          <p>Obgleich die Lage der Tagelöhner hier in Schleswig-Holstein sehr traurig ist, so hat doch noch kein Junker bis jetzt gewagt, sie so zu mißhandeln, wie es in Mecklenburg täglich geschieht. Betrogen und bestohlen werden die hiesigen Proletarier wie im Nachbarlande, aber der Säbel ist noch nicht zur Anwendung gekommen. Es ist kaum glaublich, daß folgende Thatsachen in der jetzigen Zeit möglich sind, aber was wagen jetzt nicht die Hunde- und Pferdebarone, sich auf die Bajonnette der Soldateska stützend.</p>
          <p>Von jeher waren die Existenzmittel der Tagelöhner in Mecklenburg sehr gering, namentlich auf dem Gute des von Arnim; oft hatten dieselben den Junker um Besserung ihrer Lage gebeten, aber natürlich stets vergebens, sie wurden mit Schimpfworten zur Ruhe und Geduld verwiesen. &#x2014; Ich lasse die Erzählung der Tagelöhner hier folgen, wie sie von denselben der Mecklenburger Landesversammlung vorgelegt.</p>
          <p>&#x201E;Ohne vorau[s]gegangene oder gar erregende Vorgänge unserer Seits mit dem Gutsherrn oder dessen Administration, befanden wir <hi rendition="#g">achtzehn Tagelöhner</hi> uns auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt in Gegenwart des zu Pferde sitzenden, ungewöhnlich lange sich bei uns verweilenden Wirthschafters Kolmorgen, welcher uns kurz vorher gegen seine sonstige Gewohnheit mit Liebreiz ein Glas Branntwein nach dem andern aufgedrungen, als der Statthalter (Vogt) Gädke, vom Hofe kommend, ihm etwas in die Ohren raunt. Hierauf wieder zu uns heranlenkend, brüllt Kolmorgen in Begleitung der lieblichsten Schimpfworte: &#x201E;wenn mir jemals wieder einer von Euch so kommt, wie letzthin zwei von Euch, so schieße ich ihn sogleich nieder.&#x201C; &#x2014; Diese beiden Tagelöhner hatten ihn nämlich gebeten, doch nicht so roh und unbarmherzig mit den Hofarbeitern umzugehen, denn da diese jetzt nur mit Zittern und Zagen in die Arbeit gingen und mit thränenden Augen zu Hause kämen, so müßten wir befürchten, daß sie gar nicht mehr zu Hofe gehen wollten. &#x2014; Dieses wurde im Tone freundlicher Bitte gesagt.</p>
          <p>Auf die Drohung des Todtschießens und den vielen Neigungen durch Rohheit und Grobheit gegen uns, legten wir unser Handwerkzeug nieder, traten zu ihm heran und einer sagte: &#x201E;Herr Kolmorgen, wenn Sie nach einer bloßen Bitte uns sogleich todtschießen wollen, so wollen wir doch lieber zusammen nach dem Gericht in Waren gehen und dort hören, ob Sie das Recht dazu haben.</p>
          <p>Freudig bewilligt Kolmorgen uns sogleich unsere Aufforderung mit dem Befehl augenblicklich mitzukommen. Er reitet voran und wir folgen ihm ohne Rock und mit leeren Händen. Auf dem Hofe angelangt, kommen uns 26 Dragoner unter Anführung des Lieutenants Koenemann in den Rücken und von diesem aufgefordert vorzutreten auf den freien Platz, welches, nichts Böses ahnend, von uns geschah &#x2014; donnert uns derselbe an, warum wir die Arbeit verlassen und den Oberinspektor Kolmorgen geschlagen? Wir hatten kaum Zeit zu erwidern, daß wir keinenfalls den Inspektor geschlagen, sondern seinem Geheiße folgend, mit ihm nach Waren zu gehen, dort vor Gericht unsere Beschwerde anzubringen, als der Lieutenant mitten in unserer Antwort ein Commando erließ, worauf seine Dragoner uns wehrlose Männer umzingeln und mit scharfen Säbeln zusammenhauen. Ohne die leichten, wurden sieben von uns unschuldigen, friedlichen Menschen schwer verwundet aufs Schmerzenslager getragen und von wem verstümmelt und auf welche Ursache hin?</p>
          <p>Allmählig zur Besinnung aus dem Todesschrecken kommend, können wir uns über solch grauenerregende, schändliche That nicht beruhigen, wir bitten um Genugthuung und Untersuchung. Diese wird uns gewährt; es kommt der Criminalrath Ackermann und befragt jeden von uns hin und her, auch über Thatsachen, von uns begangen, die wir nicht kennen, übergeht lächelnd unsere Klagen, verweist uns unsere Bitte und läßt uns wieder abtreten; aber kein Wort auch nur einer Mißbilligung über die Missethäter entfährt seinen Lippen.</p>
          <p>Das Urtheil erfolgt, der Criminaldirektor Boldt bringt es, es lautet: hört! hört! &#x201E;Ob der Vorgänge der Dragonermetzelei unter den Tagelöhnern, erhalten von den Nichtverwundeten einer acht Wochen Gefängniß, einen Tag um den andern bei Wasser und Brod &#x2014; ditto einer sechs Wochen ditto ditto, vier erhalten vier Wochen bei ditto ditto.</p>
          <p>Stumm, vor Entsetzen stumm, wir, die wir nicht von den Dragonersäbeln zerhackt sind, sollen das Schmerzenslager nachholen ohne Wunden, aber im Gefängniß, die abgemessenen Wochen bei Wasser und Brod, dem Entlehnungsmittel des Todes, als Strafe für unsere Frage: weshalb ein Wütherich uns todtschießen wolle? Diese Frage als Verbrechen hatte uns in die Dragonersäbel auf dem Hofe geführt, aber dieselbe mag unser aller Leben gerettet haben; denn da doch die Dragoner nicht umsonst zwei Meilen weit gelockt werden durften, so wären sie jedenfalls zu uns hinaus auf's Feld gekommen, so daß es ja natürlich gewesen, wenn wir unser Arbeitszeug zur Abwehr der Säbel vorgehalten hätten, und wir hätten dann keinenfalls Pardon erhalten, sondern wir wären sämmtlich niedergehauen worden.&#x201C;</p>
          <p>Was die Landesversammlung bei dieser Schlächterei thun wird, muß die nächste Zukunft zeigen; es giebt viele entschlossene Männer in derselben, ob aber ihre Stimme durchdringen wird, ist noch die Frage. Wahrscheinlich wird Mecklenburg in kurzer Zeit mit einer von der Kamarilla fabricirten Verfassung erfreut werden. Die Mecklenburgische Hoheit hat schon in Berlin sich Hülfe erbeten, im Falle die eigenen Soldaten nicht ausreichen sollten. Die Erbitterung, namentlich unter den Proletariern, ist sehr groß &#x2014; keiner ist seines Lebens sicher, da jeder Junker bei der geringfügigsten Veranlassung sogleich Soldaten requirirt, um durch den Säbel seine Macht zu beweisen. &#x2014; Die bevorstehende Aufhebung der Fideicommisse hat die adeligen Faulenzer sehr unangenehm aus ihrer Ruhe aufgerüttelt &#x2014; ihre ganze Existenz ist gefährdet; dazu kommt noch, daß die Tagelöhner das ihnen früher durch Betrug abgenommene Eigenthum an Andere wieder zurückverlangen. Die Zeit der Wiedervergeltung naht mit raschen Schritten!</p>
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        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar224_018" type="jArticle">
          <head>Vinkovce, 5. Febr.</head>
          <p>Die Esseker Festung hat bereits in der Unter- und Oberstadt einen bedeutenden Schaden an Häusern angerichtet. Heute sahen wir abermals eine Rauchwolke aufsteigen. Unsere Truppen haben gegen die Festung eine starke Schanze aufgeworfen. Die Nordseite der Festung ist noch immer offen, das Kronwerk von Magyaren besetzt, die sich beliebig verproviantiren, verstärken können und auch in der That bereits verstärkt haben.</p>
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        <div xml:id="ar224_019" type="jArticle">
          <head>Hermanstadt, 26. Jan.</head>
          <p>Unter diesem Datum bringt der &#x201E;Lloyd&#x201C;, eins der saubersten Standrechts- und Galgenblätter Wiens, folgende Korrespondenz:</p>
          <p>&#x201E;Ich kann über die letzten Ereignisse in unserer Nähe einige weniger bekannte Thatsachen mittheilen. Am 20. Janu. brachte ein berittener sächsischer Bauer an den hiesigen Magistrat ein Schreiben des Rebellen-Generals Bem, worin derselbe die Ergebung der Stadt forderte, damit das Versprechen voll[k]ommener Mannszucht und Disciplin seiner Truppen und Schonung der Stadt verband und nur eine ihm unentbehrliche Contribution in Anspruch nahm. Im Weigerungsfalle drohte er die Stadt zu schleifen. Der Magistrat gab dem commandirenden General Kenntniß von dem Actenstück und erhielt von ihm die Antwort, nach Gutdünken zu handeln, da er bei der geringen Truppenmacht der Stadt den Schutz nicht garantiren könne. Die braven Herrmannstädter entschieden sich für den Widerstand. Muthig traten sie in die Reihen der Krieger und vermehrten die 4000 M. kaiserl. Truppen um beinahe 2000. Die tapfere Nationalgarde von Mediasch war fechtend von ihrer aufgegebenen Vaterstadt bis zu uns gelangt und schloß sich ebenfalls dem Kampf an. Die Weiber und Kinder wurden nach der Grenze gesendet und Hermannstadt war gefaßt auf einen Kampf auf Tod und Leben. Sie haben den Schlachtbericht (Nr. 43) gelesen, und so darf ich die Details übergehen. Der Sieg war erfochten, aber die Sicherheit der Stadt nicht gewährleistet.</p>
          <p>Schon früher hatten die Behörden der sächsischen und walachischen Nation von dem kommandirenden General die peremtorische Erklärung gefordert, ob er im Stande sei, dem Vordringen des Rebellenheeres ein Ziel zu setzen und die dem Kaiser treuen Landestheile vor Verheerung zu beschützen? Die Frage erhielt jetzt, wo der Feind vor den Thoren stand, eine um so größere Wichtigkeit, als zuverlässige Berichte einliefen, daß die Szekler den kaum geleisteten Eid der Treue gebrochen hätten und sich zu neuen Einfällen in das Sachsenland rüsteten. Unter diesen Umständen von zwei Feinden in der Fronte und im Rücken bedroht, glaubten die bedrohten Landestheile nach so ungeheuern Anstrengungen für Thron und Monarchie in ihrem Rechte zu sein, wenn die Hülfe einer befreundeten Macht in Anspruch genommen würde.</p>
          <p>Der Commandirende erklärte über die Zulässigkeit einer Bitte um Hülfe bei dem Commandanten der russischen Truppen in der Wallachei nicht entscheiden zu können, da er dem Lande keine Garantien gegen die Rebellen bieten könne, andrerseits aber die Hülfe der russischen Truppen selbst nicht herbeirufen könne, da ihm hierüber die Instruction fehle. Unter diesen Umständen sahen sich die Civilbehörden genöthigt, auf eigene Verantwortung jene Hülfe anzusuchen, die allein im Stande war, sowohl von den dem Kaiser getreuen Landestheilen die barbarische Verwüstung abzuwenden als auch dem kaiserl. Heere gegen Bem, der sich durch die rebellischen Sz[e]kler bis auf 20,000 M. verstärkt hatte, den Rücken zu sichern. Der russische Commandant soll der zu ihm gesendeten Deputation seine Bereitwilligkeit erklärt haben, zum Schutze des kaiserlichen Eigenthums für Herrmannstadt und Kronstadt Truppen abzusenden. In dieser Form schienen alle diplomatischen Bedenken ihre Beseitigung zu finden, <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                   <ref type="link"><hi rendition="#b">Hierzu eine Beilage.</hi></ref>                 </p>
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[1232/0004] X Breslau, 13. Febr. Die Wahlen in Schlesien für die erste Kammer sind zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. Wählen alle Provinzen wie Schlesien d. h. Reactionäre vom reinsten brandenburgschen Wasser, so muß binnen Kurzem ein Conflict stattfinden. Der Calicot-Minister Milde ist dreimal, Brandenburg zweimal gewählt. In Oels fiel der vereinigte Landtägler Graf Dyhren wegen seiner Freisinnigkeit vollständig durch. Eine solche reactionäre erste Kammer scheinen die adligen Herren vorhergesehen und gefürchtet zu haben; so ließ z. B. Graf Renard sich in die zweite Kammer wählen und intriguirte für die Wahl seines Inspectors v. Neumann in die erste Kammer. Bei einem Conflicte könnte jedoch sich Renard verrechnet haben, da wohl dann das Volk Justiz ausüben wird an allen Feinden des Volkes auch in der zweiten Kammer. Als Curiosum, das über den geordneten Rechtszustand des preußischen Staates helles Licht wirft, theile ich Ihnen noch mit, daß die beiden Aufsätze aus der „Neuen Rheinischen Zeitung“ über den Finanzbericht der Nat. Verf. und über das interimistische Ablösungsgesetz von der schlesischen Justiz incriminirt sind — wegen Majestätsbeleidigung. 068 Breslau, 14. Febr. Das Vaterland ist verloren, Preußen ja ganz Deutschland steht am Rande des Verderbens: so klagten die preußischen Staatsbürger (?), so winselt die Frankfurter Linke; denn — Heinrich Simon ist nicht gewählt! Das Schrecklichste ist geschehen, der Mann des Volkes, der einzige Freund des Volkes (!) ist vom Volke vergessen worden, während doch, wie ein lobhudelndes Wahlplacat sagt, in dem Augenblick jeder Gefahr jeder Bewohner einer jeden Hütte rief: „Heinrich Simon muß daran.“ Und dieser Mann vom Volke ist jetzt nicht berücksichtigt! Was wird der Club Westendhall und die Herren Schröder, Claussen und Venedey sagen, daß per Mann nicht gewählt ist, der eine ganze Nationalversammlung vertreten kann durch Intelligenz, Rednergabe und besonders durch die sittliche Kraft seines Charakters. Doch ich will dem Urtheil des Lesers nicht vorgreifen. Obengenannte Herren glaubten „in einem Momente, wo der Ausfall der Wahlen zur preußischen Nationalversammlung nicht nur auf Jahre hinaus die Gestaltung der preußischen Verhältnisse entscheidet, sondern gleichzeitig den wesentlichsten Einfluß ausüben wird auf die gesammten deutschen Verhältnisse, erscheint es vorzugsweise nöthig nur bewährten Männern die Vertretung des Volkes anzuvertrauen.“ Dies ist der Anfang eines autographirten Schreibens obiger Herren, das in alle Wahlkreise an alle hervorragenden demokratischen Persönlichkeiten in 50 Exemplaren geschickt wurde. Diese Herren wollten jedem Demokraten Schlesiens bewährte Männer vorschlagen und — parturiunt montes nascetur ridiculus mus — Heinrich Simon kommt heraus. „Diejenigen bewährten Männer“ sind Heinrich Simon. Von der Tribüne hat er (Heinrich Simon) durch die sittliche Kraft seines Charakters, durch seine umfassende, gründliche und gediegene Sachkenntniß, so wie durch große Klarheit und Präcision der Darstellung in Hauptfragen, insbesondere in der preußischen Verfassungs-Angelegenheit, auf das Parlament mächtig eingewirkt. Auch auf der rechten Seite des Parlaments ist ihm stets Achtung und Auszeichnung zu Theil geworden. Heinrich Simon wirkte von der Tribüne durch die sittliche Kraft seines Charakters, er brauchte sich also nur auf die Tribüne zu stellen und die Wirkung war da durch „die sittliche Kraft seines Charakters.“ Die große sittliche Kraft seines Charakters hat Heinrich Simon bewiesen am 6. März 1848, daß er die Volksversammlung öffentlich förderte und heimlich hintertrieb!! In Hauptfragen wirkte er so mächtig auf das Parlament, daß alle Fragen, in denen er sprach, stets durchfielen. „Wir würden, so schließt dieses fameuse Schreiben, es tief beklagen, wenn gerade auf diesem „Landtage“ — (und oben Nat.-Verf.) — der so wichtig ist, und für die Freiheit Preußens und Deutschlands entscheidet, einer ihrer edelsten Vorkämpfer fehlen sollte.“ „Deshalb und weil wir erfahren, daß die Reaction überall ganz besonders dahin wirken wird, derartige Männer von der Wahl auszuschließen, ersuchen wir Sie dringend, allen Intriguen der freiheitsfeindlichen Parteien entgegen Heinrich Simon zu Ihrem Abgeordneten in die zweite Kammer zu wählen.“ Trotz der Majorität, die die demokratische Partei in der Nat.-Verf. besitzt, haben die Demokraten gemeinschaftliche Sache gemacht mit der „freiheitsfeindlichen Partei“ und haben Heinrich Simon nicht gewählt. 24 Breslau, 13. Januar. Wie kürzlich die Regierung zu Oppeln „auf höhern Befehl“ Steckbriefe gegen Kossuth und viele andre Magyaren erließ, so jetzt auch die hiesige Regierung. In Nr. 7. des Breslauer Amtsblattes fordert sie zufolge „der ihr höhern Orts zugegangenen Weisung“ die Polizeibehörden auf, nachbenannte Personen im Betretungsfalle zu verhaften und — an das nächste östreichische Militärkommando abliefern zu lassen! Es sind folgende Personen bezeichnet: Ludwig Kossuth; die Ehefrau des Kossuth; Eduard Beöthy; Graf Kasimir Bathiany; Bartholomäus Szemere; Franz Pulsky; General Bém; Michael Tancsics; Arthur Görgey; Dr. Tau_ enau; Alexander Luccats; Paul Nyary; Szöllesy; Ladislaus Csanyi; Paul Vasvary; Alexander Pöte_ y; Moritz Perczel; Ladislaus Madaraß! Ueber solche schaamlose Niederträchtigkeit ist kein Wort weiter zu verlieren. Dieses Verfahren richtet sich selbst. 088 Frankenstein, 7 Febr. Am Sonntage besuchten mehrere Unteroffiziere und ein Feldwebel vom 23. Infanterieregiment einen öffentlichen Tanzsaal und bemühten sich, mit Sticheleien mehrere von den anwesenden Civilisten in Harnisch zu bringen. Diese Neckereien hatten den gewünschten Erfolg und arteten in Schlägereien aus. Auf einmal erscheint ganz unerwartet bewaffnetes Militär im Tanzsaale und dringt mit gefälltem Bajonnette und gezogenem Säbel auf die Bürger ein. Drei Husaren hauen scharf zu. Einige Leute der vom Wachtdienst abgelösten Bürgerwehr hören auf der Straße den Skandal und gehen näher hinzu. Sie werden sogleich mit Kolbenschlägen bewillkommt. Nun beginnt ein ernstlicher Kampf. Circa sechs Mann Bürgerwehr und Civilisten entwaffnen mehrere Unteroffiziere und Gemeine. Die Waffen hat der Hauptmann erst von dem Bürgerwehrkommandeur zurückerbitten müssen! Auch einem der Husaren ward der Säbel aus der Hand gewunden. In diesem Augenblicke erscheinen 30-40 Mann vollständig bewaffnete Soldaten aus der Kaserne, die ebenfalls von den wenigen Civilisten bis in die Nähe der Kaserne zurückgedrängt wurden. Hier gelingt es den herbeigeeilten Bürgerwehroffizieren, die Ruhe wieder herzustellen. Von den Soldaten sind fünf mehr oder weniger verwundet, von den Bürgern drei. Wie fast überall, so haben auch hier die Soldaten sich gegen Wehrlose höchst brutal benommen. Ein bereits zu Boden liegender Bürger erhielt u. A. von einem Soldaten noch derbe Kolbenstöße. Jeden Abend um 9 Uhr ist hier doppelter Zapfenstreich, der die Soldaten zum Nachhausegehen mahnt. Wie kommt es, daß in der Nacht bis 1 Uhr sich Soldaten noch auf Tanzsälen herumtreiben dürfen! Gestern haben uns Gott sei Dank die Wasserpolaken des 23. Infanterieregiments verlassen und ist dagegen vom 11. Regiment eine Kompagnie eingerückt. Diese Leute haben jedoch heute gegen die Einquartirung in die Kasernen Protest eingelegt, weil die Betten und Strohsäcke in letzterer von Läusen und sonstigem Ungeziefer strotzen. Ein Beweis, welche Ordnung in der Kompagnie geherrscht hat. Posen, 8. Febr. Die Gazeta polska enthält eine im Umlauf zur Unterschrift an alle polnischen Urwähler des Großherzogthums Posen befindliche Protestation gegen die, Seitens der Regierung begangenen allgemeinen wie speziellen Uebergriffe bei Abgränzung der Wahlbezirke und bei Leitung der Wahlen, welche erstere dahin zielten, den Ausfall der letzteren im Großherzogthum zu verrücken und den Polen die Rechte der Repräsentation zu verkürzen. Sie erklärt die Annahme der sogenannten Demarkationslinie als Grundlage zur Eintheilung der Wahlbezirke für ein durch nichts zu rechtfertigendes und in den Annalen der Verwaltung bespielloses Unrecht. „Abgesehen von der Idee der Demarkationslinie selbst, „welche, falls sie zu Stande kommen sollte, eine gewaltsame Verletzung der bürgerlichen und politischen, den Polen durch Traktate und selbst durch Beschlüsse der Preußischen National-Versammlung vom 23. und 26. Oktober v. J. garantirten Rechte in sich schließen würde — deren Wahrung wir aber unsern Deputirten überantworten, erklären wir, indem wir uns hier auf die Beurtheilung der administrativen Maßregel allein beschränken, wie es eine unerhörte Thatsache ist, daß die Behörden es sich herausgenommen, auf ein Gesetz zu fußen, welches noch gar nicht existirt, vielmehr erst gegeben werden soll, und sich auf einen Beschluß zu berufen, der noch nicht einmal durch die Autorität bestätigt worden ist, welche sich eine ausschließliche Competenz in dieser Angelegenheit angemaßt; und alles Dieses zum Zwecke einer willkürlichen und künstlichen Durchsetzung von Wahlen im Sinne einer den Polen feindlichen Partei.“ Es wird ferner darin geklagt, daß das Königl. Ministerium nicht gezögert habe, den Behörden des Großherzogthums Posen auf Antrag dieser Partei und zum Vortheil der Deutschen Minorität, die einmal im Sinne des Reglements getroffene Wahlbezirks-Eintheilung zu verwerfen und eine andere im Sinne der Demarcationslinie, deren Richtung die Behörden nicht einmal kannten, zu entwerfen, wodurch 11 Kreise zerstückelt und außerdem mehrere derselben, dem § 24 des Reglements schnurstracks entgegen, ausdrücklich geviertheilt worden sind, um nur die Polnische Bevölkerung in solche Beziehung zur Deutschen zu bringen, daß für letztere eine Majorität erwachse. Wo dies gelang, da gerade ließ man je 4 und 5 Deputirte zugleich wählen. „Endlich erklären wir“, so heißt es weiter, „daß wir ohngeachtet aller dieser Beeinträchtigungen zu den Wahlen schreiten, um der Welt darzuthun, daß keine List, auch keine Uebergriffe uns von dem legalen Nießbrauch derjenigen konstitutionellen Freiheiten, nach denen wir so lange gestrebt und die unser Volk durch mehrhundertjährige Praxis kennen und schätzen gelernt hatte — die uns aber eine feindselige Bureaukratie nun auf Kosten der Abtretung unserer Nationalität erkaufen lassen will, abhalten lassen werden.“ (Ostf. Z.) Aus Westpreußen, 9. Febr. Vor dem 18. März reisten viele Mucker im Lande herum, um den armen Leuten Enthaltsamkeit vom Schnapse und von anderer weltlichen Lust zu predigen. Dazu wurde viel gesungen und gebetet, und Hr. Baron v. Seld aus Berlin soll's als solcher Schnapsprediger weit gebracht haben. Jetzt geht dieses Geschäft nicht mehr, und nun reist derselbe Herr zu seinen alten Kunden, predigt denen Enthaltsamkeit von der Freiheit und Demokratie und gibt ihnen dabei so vielen Schnaps zu trinken, als sie nur wollen. (Fr. J.) 068 Danzig, den 7. Febr. Der Redacteur des „Danziger Volksblattes“ ist wegen eines Artikels über die Neujahrsgratulation an „Meine Armee,“ den er aus der „N. Rh. Z.“ in sein Blatt aufnahm, wegen Majestätsbeleidigung zur Kriminaluntersuchung gezogen worden. * Dresden, 13. Febr. In der heutigen Sitzung der ersten Kammer benutzte Abg. Böricke eine auf Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien dringende Petition zu folgendem Antrag: die Kammer möge ohne weitere Diskussion den von der zweiten Kammer in Betreff der Tödtung R. Blum's gefaßten Beschlüssen beitreten. Einstimmig angenommen. Weiterhin drehten sich die Debatten um Auslegung des Wortes „selbstständig“ im provisor. Wahlgesetz vom 15. Novbr. vorigen Jahres. Die Deputation hat beantragt: „selbstständig ist gleichbedeutend mit: befähigt, seine Rechte vor Gericht selbst zu vertreten und wesentlichen Wohnsitz für gleichbedeutend mit demjenigen Wohnorte, der den Gerichtsstand einer Person begründet.“ Wird in namentlicher Abstimmung von der Kammer, mit Ausschluß von 2 Stimmen, angenommen. Eben so der 2. Antrag, welcher lautet: „Die Kammer wolle im Vereine mit der 2. Kammer die Staatsregierung ersuchen, der oben ersichtlichen Auslegung der in § 4 des provisorischen Wahlgesetzes enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen beizutreten und die hierdurch ermittelte authentische Interpretation im verfassungsmäßigen Wege zu publiziren.“ 15 Schleswig-Holstein, 14. Febr. Obgleich die Lage der Tagelöhner hier in Schleswig-Holstein sehr traurig ist, so hat doch noch kein Junker bis jetzt gewagt, sie so zu mißhandeln, wie es in Mecklenburg täglich geschieht. Betrogen und bestohlen werden die hiesigen Proletarier wie im Nachbarlande, aber der Säbel ist noch nicht zur Anwendung gekommen. Es ist kaum glaublich, daß folgende Thatsachen in der jetzigen Zeit möglich sind, aber was wagen jetzt nicht die Hunde- und Pferdebarone, sich auf die Bajonnette der Soldateska stützend. Von jeher waren die Existenzmittel der Tagelöhner in Mecklenburg sehr gering, namentlich auf dem Gute des von Arnim; oft hatten dieselben den Junker um Besserung ihrer Lage gebeten, aber natürlich stets vergebens, sie wurden mit Schimpfworten zur Ruhe und Geduld verwiesen. — Ich lasse die Erzählung der Tagelöhner hier folgen, wie sie von denselben der Mecklenburger Landesversammlung vorgelegt. „Ohne vorau[s]gegangene oder gar erregende Vorgänge unserer Seits mit dem Gutsherrn oder dessen Administration, befanden wir achtzehn Tagelöhner uns auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt in Gegenwart des zu Pferde sitzenden, ungewöhnlich lange sich bei uns verweilenden Wirthschafters Kolmorgen, welcher uns kurz vorher gegen seine sonstige Gewohnheit mit Liebreiz ein Glas Branntwein nach dem andern aufgedrungen, als der Statthalter (Vogt) Gädke, vom Hofe kommend, ihm etwas in die Ohren raunt. Hierauf wieder zu uns heranlenkend, brüllt Kolmorgen in Begleitung der lieblichsten Schimpfworte: „wenn mir jemals wieder einer von Euch so kommt, wie letzthin zwei von Euch, so schieße ich ihn sogleich nieder.“ — Diese beiden Tagelöhner hatten ihn nämlich gebeten, doch nicht so roh und unbarmherzig mit den Hofarbeitern umzugehen, denn da diese jetzt nur mit Zittern und Zagen in die Arbeit gingen und mit thränenden Augen zu Hause kämen, so müßten wir befürchten, daß sie gar nicht mehr zu Hofe gehen wollten. — Dieses wurde im Tone freundlicher Bitte gesagt. Auf die Drohung des Todtschießens und den vielen Neigungen durch Rohheit und Grobheit gegen uns, legten wir unser Handwerkzeug nieder, traten zu ihm heran und einer sagte: „Herr Kolmorgen, wenn Sie nach einer bloßen Bitte uns sogleich todtschießen wollen, so wollen wir doch lieber zusammen nach dem Gericht in Waren gehen und dort hören, ob Sie das Recht dazu haben. Freudig bewilligt Kolmorgen uns sogleich unsere Aufforderung mit dem Befehl augenblicklich mitzukommen. Er reitet voran und wir folgen ihm ohne Rock und mit leeren Händen. Auf dem Hofe angelangt, kommen uns 26 Dragoner unter Anführung des Lieutenants Koenemann in den Rücken und von diesem aufgefordert vorzutreten auf den freien Platz, welches, nichts Böses ahnend, von uns geschah — donnert uns derselbe an, warum wir die Arbeit verlassen und den Oberinspektor Kolmorgen geschlagen? Wir hatten kaum Zeit zu erwidern, daß wir keinenfalls den Inspektor geschlagen, sondern seinem Geheiße folgend, mit ihm nach Waren zu gehen, dort vor Gericht unsere Beschwerde anzubringen, als der Lieutenant mitten in unserer Antwort ein Commando erließ, worauf seine Dragoner uns wehrlose Männer umzingeln und mit scharfen Säbeln zusammenhauen. Ohne die leichten, wurden sieben von uns unschuldigen, friedlichen Menschen schwer verwundet aufs Schmerzenslager getragen und von wem verstümmelt und auf welche Ursache hin? Allmählig zur Besinnung aus dem Todesschrecken kommend, können wir uns über solch grauenerregende, schändliche That nicht beruhigen, wir bitten um Genugthuung und Untersuchung. Diese wird uns gewährt; es kommt der Criminalrath Ackermann und befragt jeden von uns hin und her, auch über Thatsachen, von uns begangen, die wir nicht kennen, übergeht lächelnd unsere Klagen, verweist uns unsere Bitte und läßt uns wieder abtreten; aber kein Wort auch nur einer Mißbilligung über die Missethäter entfährt seinen Lippen. Das Urtheil erfolgt, der Criminaldirektor Boldt bringt es, es lautet: hört! hört! „Ob der Vorgänge der Dragonermetzelei unter den Tagelöhnern, erhalten von den Nichtverwundeten einer acht Wochen Gefängniß, einen Tag um den andern bei Wasser und Brod — ditto einer sechs Wochen ditto ditto, vier erhalten vier Wochen bei ditto ditto. Stumm, vor Entsetzen stumm, wir, die wir nicht von den Dragonersäbeln zerhackt sind, sollen das Schmerzenslager nachholen ohne Wunden, aber im Gefängniß, die abgemessenen Wochen bei Wasser und Brod, dem Entlehnungsmittel des Todes, als Strafe für unsere Frage: weshalb ein Wütherich uns todtschießen wolle? Diese Frage als Verbrechen hatte uns in die Dragonersäbel auf dem Hofe geführt, aber dieselbe mag unser aller Leben gerettet haben; denn da doch die Dragoner nicht umsonst zwei Meilen weit gelockt werden durften, so wären sie jedenfalls zu uns hinaus auf's Feld gekommen, so daß es ja natürlich gewesen, wenn wir unser Arbeitszeug zur Abwehr der Säbel vorgehalten hätten, und wir hätten dann keinenfalls Pardon erhalten, sondern wir wären sämmtlich niedergehauen worden.“ Was die Landesversammlung bei dieser Schlächterei thun wird, muß die nächste Zukunft zeigen; es giebt viele entschlossene Männer in derselben, ob aber ihre Stimme durchdringen wird, ist noch die Frage. Wahrscheinlich wird Mecklenburg in kurzer Zeit mit einer von der Kamarilla fabricirten Verfassung erfreut werden. Die Mecklenburgische Hoheit hat schon in Berlin sich Hülfe erbeten, im Falle die eigenen Soldaten nicht ausreichen sollten. Die Erbitterung, namentlich unter den Proletariern, ist sehr groß — keiner ist seines Lebens sicher, da jeder Junker bei der geringfügigsten Veranlassung sogleich Soldaten requirirt, um durch den Säbel seine Macht zu beweisen. — Die bevorstehende Aufhebung der Fideicommisse hat die adeligen Faulenzer sehr unangenehm aus ihrer Ruhe aufgerüttelt — ihre ganze Existenz ist gefährdet; dazu kommt noch, daß die Tagelöhner das ihnen früher durch Betrug abgenommene Eigenthum an Andere wieder zurückverlangen. Die Zeit der Wiedervergeltung naht mit raschen Schritten! Ungarn. Vinkovce, 5. Febr. Die Esseker Festung hat bereits in der Unter- und Oberstadt einen bedeutenden Schaden an Häusern angerichtet. Heute sahen wir abermals eine Rauchwolke aufsteigen. Unsere Truppen haben gegen die Festung eine starke Schanze aufgeworfen. Die Nordseite der Festung ist noch immer offen, das Kronwerk von Magyaren besetzt, die sich beliebig verproviantiren, verstärken können und auch in der That bereits verstärkt haben. Hermanstadt, 26. Jan. Unter diesem Datum bringt der „Lloyd“, eins der saubersten Standrechts- und Galgenblätter Wiens, folgende Korrespondenz: „Ich kann über die letzten Ereignisse in unserer Nähe einige weniger bekannte Thatsachen mittheilen. Am 20. Janu. brachte ein berittener sächsischer Bauer an den hiesigen Magistrat ein Schreiben des Rebellen-Generals Bem, worin derselbe die Ergebung der Stadt forderte, damit das Versprechen voll[k]ommener Mannszucht und Disciplin seiner Truppen und Schonung der Stadt verband und nur eine ihm unentbehrliche Contribution in Anspruch nahm. Im Weigerungsfalle drohte er die Stadt zu schleifen. Der Magistrat gab dem commandirenden General Kenntniß von dem Actenstück und erhielt von ihm die Antwort, nach Gutdünken zu handeln, da er bei der geringen Truppenmacht der Stadt den Schutz nicht garantiren könne. Die braven Herrmannstädter entschieden sich für den Widerstand. Muthig traten sie in die Reihen der Krieger und vermehrten die 4000 M. kaiserl. Truppen um beinahe 2000. Die tapfere Nationalgarde von Mediasch war fechtend von ihrer aufgegebenen Vaterstadt bis zu uns gelangt und schloß sich ebenfalls dem Kampf an. Die Weiber und Kinder wurden nach der Grenze gesendet und Hermannstadt war gefaßt auf einen Kampf auf Tod und Leben. Sie haben den Schlachtbericht (Nr. 43) gelesen, und so darf ich die Details übergehen. Der Sieg war erfochten, aber die Sicherheit der Stadt nicht gewährleistet. Schon früher hatten die Behörden der sächsischen und walachischen Nation von dem kommandirenden General die peremtorische Erklärung gefordert, ob er im Stande sei, dem Vordringen des Rebellenheeres ein Ziel zu setzen und die dem Kaiser treuen Landestheile vor Verheerung zu beschützen? Die Frage erhielt jetzt, wo der Feind vor den Thoren stand, eine um so größere Wichtigkeit, als zuverlässige Berichte einliefen, daß die Szekler den kaum geleisteten Eid der Treue gebrochen hätten und sich zu neuen Einfällen in das Sachsenland rüsteten. Unter diesen Umständen von zwei Feinden in der Fronte und im Rücken bedroht, glaubten die bedrohten Landestheile nach so ungeheuern Anstrengungen für Thron und Monarchie in ihrem Rechte zu sein, wenn die Hülfe einer befreundeten Macht in Anspruch genommen würde. Der Commandirende erklärte über die Zulässigkeit einer Bitte um Hülfe bei dem Commandanten der russischen Truppen in der Wallachei nicht entscheiden zu können, da er dem Lande keine Garantien gegen die Rebellen bieten könne, andrerseits aber die Hülfe der russischen Truppen selbst nicht herbeirufen könne, da ihm hierüber die Instruction fehle. Unter diesen Umständen sahen sich die Civilbehörden genöthigt, auf eigene Verantwortung jene Hülfe anzusuchen, die allein im Stande war, sowohl von den dem Kaiser getreuen Landestheilen die barbarische Verwüstung abzuwenden als auch dem kaiserl. Heere gegen Bem, der sich durch die rebellischen Sz[e]kler bis auf 20,000 M. verstärkt hatte, den Rücken zu sichern. Der russische Commandant soll der zu ihm gesendeten Deputation seine Bereitwilligkeit erklärt haben, zum Schutze des kaiserlichen Eigenthums für Herrmannstadt und Kronstadt Truppen abzusenden. In dieser Form schienen alle diplomatischen Bedenken ihre Beseitigung zu finden, [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 224. Köln, 17. Februar 1849, S. 1232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz224_1849/4>, abgerufen am 28.03.2024.